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Veröffentlicht am 05.08.2023

Nicht immer ganz nachvollziehbar

Villette
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Als Lucy Snowe allein und mittellos dasteht, nimmt sie all ihren Mut zusammen und versucht ihr Glück in Frankreich, da ihr in England kaum berufliche Chancen gegeben sind. Eher durch Zufall als durch Verdienst ...

Als Lucy Snowe allein und mittellos dasteht, nimmt sie all ihren Mut zusammen und versucht ihr Glück in Frankreich, da ihr in England kaum berufliche Chancen gegeben sind. Eher durch Zufall als durch Verdienst findet sie eine Anstellung im Pensionat der Madame Beck, wo sie von der Kinderfrau schnell zur Lehrerin aufsteigt. Dabei spielt Bildung kaum eine Rolle. Die Hauptsache ist, es sich nicht mit den Familien der höheren Töchter zu verderben. Trotz der bedrückenden Atmosphäre der Schule, in der jeder jedem misstraut und nachspioniert, richtet sich Lucy, die vom Leben gar nicht erwartet begünstigt zu werden, gut ein und findet Zufriedenheit und ein berufliches Auskommen. Da begegnet sie den Bekannten aus Kindheitstagen wieder und sie beginnt zu hoffen, dass das Leben für sie vielleicht doch mehr als Arbeit bereithält. Doch hat dieses bescheidene Quäntchen Glück wirklich eine Chance gegen Neid, Missgunst und naive Herzlosigkeit der Umwelt?

Als großer Fan der Brontë-Schwestern habe ich mich begeistert auf dieses Buch gestürzt und bleibe nun etwas verwirrt und ratlos zurück. Eigentlich fand ich es streckenweise grauenhaft. Diese bedrückende Atmosphäre der Missgunst, des Neides, der Perspektivlosigkeit hat mich fertig gemacht. Alle spionieren einander nach. Private Habseligkeiten werden völlig ungeniert durchstöbert, entwendet, „bereinigt“ von selbsternannten Sittenwächtern, die ausschließlich auf ihr eigenes Wohlergehen fixiert sind. Lucy wird auf jedem Gang verfolgt, jedes Wort eifrig geprüft, jedes Schriftstück gewendet und jede noch so kleine Veränderung niedergemacht. Mit Madame Beck arrangiert man sich, genau wie Lucy, irgendwann, aber dieser widerliche kleine Professor, der Lucy noch die kleinste Freude missgönnt, ihr jede Schleife, von denen sie nun wahrlich kaum welche trägt, als eitle, protzige Spielerei herunterreißt, und sie wegen jeder Kleinigkeit, die nichts mit dem Fegen von Staub zu tun hat, geradezu fertig macht, hat mich krank gemacht! Sehr viel später wird geradezu halbherzig versucht diesen Charakter etwas zu rehabilitieren, aber für mich ist das nicht gelungen. Die gesamte Charakterentwicklung und die Entwicklung der Geschichte konnte ich nicht nachvollziehen.

Auch die Protagonistin Lucy selbst hat mich etwas zwiespältig zurückgelassen. Von Anfang an wirkt sie sehr statisch. Vieles lässt sie mit einem geradezu unverständlichen Phlegma über sich ergehen. Sie stellt sich absichtlich in den Schatten des Lebens, um zu sagen, dass das Leben nichts anderes für sie vorsieht. Dabei ist sie bei weitem weder depressiv, noch untätig oder resigniert. Im Gegenteil. Mit einer geradezu heiteren Gelassenheit durchschaut sie viel, nimmt das Leben wie es kommt und wird mit allen Herausforderungen fertig. Eine trotz aller Statik sehr starke Frauenfigur, deren Lebensziel niemals in der standesgemäßen Heirat liegt, sondern immer im Berufsleben.

Was mich wirklich durch das Buch getragen hat, ist das unvergleichliche Flair und der tolle Stil Charlotte Brontës. Ein schöner Einblick in die Welt des 18. Jahrhunderts. Neben aller düsteren, bedrückenden Atmosphäre, ist auch immer noch der Witz zu sehen, der gerade dadurch, dass sich Lucy durch nichts beirren lässt, deutlich wird. Lucy und der Leser haben den größten Teil des Romans dieselbe Position: Sie stehen außerhalb der Geschichte, nehmen sie distanziert und objektiv war- wenn man Lucy auch manchmal schütteln möchte, damit sie endlich Teil des Geschehens wird.

Ein ganz besonderer Reiz liegt in dem Mystery-Element, das dem Roman einen eigenen Reiz gibt.
Mein größter Kritikpunkt ist, dass ich den Schluss des Romans nicht nachvollziehen konnte. Selbst im Vergleich mit den anderen Geschichten der Brontë-Schwestern kann ich mir überhaupt nicht erklären was dieser Schluss aussagen soll. Ich konnte nur den Kopf schütteln.

Die Insel-Ausgabe bietet neben dem ungekürzten Text auch einen Anmerkungsteil, der vor allem, die zahlreichen französischen Passagen übersetzt und das Textverständnis fördert. Leider gibt es kein Nachwort, das in irgendeiner Form Hintergrundinformationen oder Interpretationsansätze liefern könnte.

Im Großen und Ganzen ein gutes Buch, mit dem fesselnden Stil der Brontës, das in seinen kritisierten Aspekten sicherlich eines näheren interpretatorischen Blicks wert ist. 4 Sterne bleiben es trotzdem, weil hier viel mehr erzählt wird als das trübseliger Leben einer vom Leben stiefmütterlich sitzen gelassenen. Man sieht mehrere Lebensentwürfe vorüberziehen, mit denen die vom Glück begünstigt wurden, ihr Glück erkämpft oder auch erzwungen haben. Gerade darin findet sich wieder die ruhige Heiterkeit und Faszination, die für mich von den Werken der Brontë-Schwestern ausgeht.

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Veröffentlicht am 05.08.2023

Korsaren greifen an

TANAR VON PELLUCIDAR
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Das junge Kaiserreich von David Innes hat sich kaum etabliert, da kommen überraschende Meldungen von Piratenüberfällen herein. Eine große Korsaren-Flotte greift das Reich an und verlangt Tribut von Kaiser ...

Das junge Kaiserreich von David Innes hat sich kaum etabliert, da kommen überraschende Meldungen von Piratenüberfällen herein. Eine große Korsaren-Flotte greift das Reich an und verlangt Tribut von Kaiser David I. Woher kommen sie? Bevor David Innes und Abner Perry in der steinzeitlichen Welt Pellucidar auftauchten, hatten deren Einwohner doch weder von der Kunst des Schiffsbaus noch von Schießpulver eine Ahnung. Wer sind dann die geheimnisvollen Korsaren? David bricht selbst mit einer Mannschaft auf als sein Bote Tanar von den Korsaren gefangen genommen wird. Während der Kaiser unterwegs ist, sieht sich Tanar den grausamen Korsaren und unberechenbaren Stürmen des Meeres ausgeliefert – und der schönen Korsarentochter Stellara, die ihm einfach nicht aus dem Kopf geht.

Was als abenteuerliche Rettungsmission durch David beginnt verlagert seinen Fokus schnell auf Tanar, der sich aus allen möglichen Notlagen selbst heraushelfen muss. Mal spannend, mal ein bisschen flach, selbst für das Genre des Kolportageromans, entwickelt sich schnell zu einer Art Brautwerbungsgeschichte mit allen möglichen und unmöglichen Verwicklungen. Irgendwann wird das viele Hin und Her und die immer weniger gut motivierten Eifersuchtsszenen etwas lächerlich, die permanenten Entführungen etwas nervig, aber trotz allem folgt man doch gebannt Tanars Abenteuern. Die Brautwerbung wird für den Leser schnell Nebensache. Interessant sind die Gesellschaftsentwürfe mit den vielen Formen wie Beziehungen zwischen Partner aussehen sollten, könnten oder gerade nicht sein dürfen. Alles ist eng mit dem Ideal verbunden, das wohl schließlich im Kaiserreich verwirklicht sein soll, vorgebildet in der Beziehung von Kaiser David zu Dian. Nicht aus den Augen verlieren sollte man bei Tanars Privatgeschichte die so unauffällig ins Abseits verschobene Nebenhandlung: die Korsaren. Hier scheint das eigentlich Interessante zu passieren, das für den weiteren Verlauf der Pellucidarromane entscheidend werden wird.

Während die Haupthandlung um Tanar irgendwann für den Leser etwas an Reiz verliert, da die Werbungs-, Eifersuchts- und Entführungsszenen sich ziemlich aneinanderreihen, gewinnen die Nebenhandlungen zunehmend an Spannung und lassen den Leser schließlich mit einem gemeinen Cliffhanger hängen, wenn die Geschichte Tanars auserzählt ist. Ein solider Abenteuerroman im typischen Kolportagestil und einem überraschend neuen Fokus, weg von David und den neuen Strukturen Pellucidars.

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Veröffentlicht am 19.03.2023

Schöner zweiter Band

Love Songs in London – Here comes my Sun
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Jamie ist fertig mit den Männern. Als sie ihren Freund, der ihr gerade erst einen Heiratsantrag gemacht hatte, mit einer anderen im Bett erwischt, zieht sie einen klaren Schlussstrich. Doch für ihren Liebeskummer ...

Jamie ist fertig mit den Männern. Als sie ihren Freund, der ihr gerade erst einen Heiratsantrag gemacht hatte, mit einer anderen im Bett erwischt, zieht sie einen klaren Schlussstrich. Doch für ihren Liebeskummer bleibt ihr wenig Zeit, denn ausgerechnet jetzt erhält sie bei ihrem Praktikumsplatz bei einem renommierten Londoner Magazin ihren ersten eigenen Auftrag: ein Artikel über die großen Liebesgeschichten in London. Dabei soll sie mit Ryan zusammenarbeiten, einem äußerst talentierten und attraktiven jungen Mann, der bekannt für seine One-Night-Stands ist. Nun hat weder Jamie Interesse an einer Romanze noch Ryan, der sehr abweisend und merkwürdig ist. Wie sollen zwei Menschen, die von der Liebe nichts mehr wissen wollen über die großen Liebesgeschichten Londons schreiben können?

Nachdem mich der erste Band der Reihe so begeistert hat musste ich auch zum zweiten greifen. Für mich kam dieses Buch nicht an die Qualität des ersten ran.
Die Charaktere konnten mich nicht so packen wie es im ersten Band der Fall war. Jamie ist durchaus sympathisch, witzig und in ihrem Aufbau konsequent, aber Ryan war mir ein bisschen zu übertrieben ausgestaltet. Er verhält sich sehr sprunghaft selbst wenn man schließlich seinen äußerst melodramatischen Hintergrund kennt. Er hat seine Momente bleibt sonst aber unfertig. Außerdem fand ich es übertrieben wie er beschrieben wurde. Spätestens bei der zwanzigsten Wiederholung hat auch der Leser mit Kurzzeitgedächtnis begriffen, dass er wahnsinnig gut aussieht und Jamies Hormone auf ihn reagieren. Man neigt schließlich dazu diese Passagen zu überspringen, was ich nicht gerne mache.

So viel zu meinen Kritikpunkten. Das Buch ist trotzdem ein schönes Lesevergnügen. Es erzählt eine süße, unterhaltsame Frühlingsgeschichte mit sympathischen Charakteren, Witz und einer guten Portion Romantik. Mag es am Ende mir auch etwas zu melodramatisch gewesen sein, es hinterlässt trotzdem einen guten Eindruck. Die Verbindung zum ersten Buch ist locker eingeflochten. Man trifft bekannte Charaktere wieder, freut sich über neue Szenen; dennoch kann das Buch auch unabhängig vom ersten Band gelesen werden. Die Verbindung zum dritten Buch habe ich schon entdeckt und bin schon sehr neugierig auf die Umsetzung.

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Veröffentlicht am 19.03.2023

Verhängnisvolles Gold

Der Goldschatz der Badlands
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Ein Postkutschenraub, der schief ging, drei Männer, die Glück hatten und doch vom Schicksal eingeholt werden – so beginnt das neue Abenteuer Old Shatterhands. Als der Abenteurer in seiner Heimat vom jungen ...

Ein Postkutschenraub, der schief ging, drei Männer, die Glück hatten und doch vom Schicksal eingeholt werden – so beginnt das neue Abenteuer Old Shatterhands. Als der Abenteurer in seiner Heimat vom jungen Hans Faller um Hilfe gebeten wird, den Mörder seines Vaters aufzuspüren, weiß Old Shatterhand noch nicht, dass er den Machenschaften einer kontinentübergreifenden Verbrecherbande in Quere kommen wird.

Ein neues Abenteuer mit den bekannten Karl May-Helden erzählt von Reinhard Marheinecke. Der Autor schafft es die Spannung und Verschachtelung eines May-Romans zu kreieren, aber ihm fehlt dabei die leichte Hand. Manche Formulierung erscheint im Vergleich zu May fast plump, so die permanente Anrede Winnetous mit Blutsbruder, wenn das Weglassen der Anrede und die Nutzung seines Namens viel flüssiger zu lesen wäre. Auch die Konstruktion des Abenteuers ist nicht immer so gelungen wie es im Original wäre, aber das alles beeinträchtigt nicht den Lesespaß.

Die Szenen in Deutschland und England sind mir etwas zu ausufernd gewesen, da von Anfang an feststeht, dass sich die eigentliche Geschichte im Wilden Westen abspielen wird, doch führt der Autor sämtliche Motive schön zusammen, sodass man rückblickend auch die ersten Abschnitte als berechtigt einordnen kann.

Auch wenn ich persönlich die Faszination, die ein Original-Karl-May ausmacht hier vermisse, liegt mit diesem Buch ein spannender Abenteuerroman vor, der dem Leser ein neues Abenteuer mit Old Shatterhand, Winnetou und dem Kleeblatt (Sam Hawkins, Will Parker und Dick Stone) bietet.

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Veröffentlicht am 21.08.2022

Ein kurzweiliger, interessanter Ausflug in die Geschichte unserer Sprache

Die außergewöhnliche Geschichte unserer Wörter
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Wer sich schon immer mal gefragt hat, woher die Namen unserer Wochentage kommen oder warum das Wort Bank sowohl die Sitzbank als auch das Geldinstitut beschreibt, ist hier goldrichtig. Auf unterhaltsame ...

Wer sich schon immer mal gefragt hat, woher die Namen unserer Wochentage kommen oder warum das Wort Bank sowohl die Sitzbank als auch das Geldinstitut beschreibt, ist hier goldrichtig. Auf unterhaltsame Weise wird der Leser auf eine Reise durch die Geschichte unserer Sprache mitgenommen. Nicht als Wörterbuch, sondern in unterhaltsamen kurzen Sachtexten, die durch ihren Satz oft schon den Inhalt widerspiegeln (z.B. als stilisierter Napoleon, zu den sprachlichen Auswirkungen der französischen Revolution und des Kaiserreiches).

Das Buch verliert sich nicht in trockenen Fachtexten, sondern bringt die Information quasi in Wort und Bild unterhaltsam und eingängig für jeden verständlich rüber. Der kreative Satz und die – ausschließlich aus Satzzeichen gestalteten Bildern, macht das Buch besonders, manchmal aber auch etwas anstrengend zu lesen, da sich das Auge jedes Mal auf eine neue Form einstellen muss. Mit jeder Seite muss man sich also wieder neu auf Text und Form einstellen. Grauenhaft fand ich allerdings das grelle Pink, das nicht nur das Cover ziert, sondern sich auch innerhalb des Buches auf jeder Seite findet. Zum einen etwas zu hell, um es problemlos lesen zu können und dann doch wieder so grell, dass es in den Augen beißt. Hier hätte eine etwas abgemilderte Farbvariante gut getan, auch wenn ich die Intention das Buch dadurch modern und ansprechend zu gestalten und aus dem trockenen Sachbuchgenre bereits optisch hervorzuheben, nachvollziehen kann. Das ändert nichts daran, dass ich die Farbe schlecht leserlich und viel zu aggressiv finde.

Fazit: Ein hochinteressantes Buch, sehr unterhaltsam geschrieben, dabei sachlich und informativ. Für jeden, der einen Ausflug in die Sprachgeschichte machen möchte, die perfekte Lektüre. Wieder wird deutlich, dass unsere Sprache lebt und trotz aller Prophezeiungen, sie würde untergehen, sich kichernd verändert – ein quecksilbriges, nicht auf unveränderbare Regeln festzulegendes Wesen, das länger leben wird als wir alle glauben und zwar auf die Weise, die ihm passt.

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