Ich liebe Krimis und Bücher über den „Rand der Gesellschaft“ (in Klammern, da mein alter VWL-Lehrer immer meinte, die Gesellschaft habe keinen Rand). Deshalb war ich auch begeistert, als ich die Leserunde zu „Endstation Neukölln“ von Connie Roters auf LovelyBooks sah. Zugegebener Maßen, die Romane um Hauptkommissar Breschnow kannte ich zuvor auch nicht, aber die Inhaltsangabe hat ganz klar dafür gesprochen, dass ich sie kennenlernen sollte:
„Zwischen Drogen, Dämonen und Gedichten: ein atmosphärisch dichter Berlin Krimi, schonungslos und eindringlich erzählt. Zwei Tote in Neukölln: ein Drogendealer und ein Rechtsextremer. Hauptkommissar Breschnow stößt auf entwurzelte Existenzen, die den Weg zurück ins Leben nicht finden, und auf andere, die daraus ihren Nutzen ziehen. Unaufhaltsam dringt er in ein Geflecht aus Schmutz und Verrat ein und bringt sich und andere damit in tödliche Gefahr.“
Auch wenn der Kriminalroman stellenweise spannender sein könnte, trumpft er mit seinen Charakteren auf.
Da wäre zum einen Hauptkommissar Stefan Breschnow, der auf der einen Seite ein erfolgreicher Polizist des alten Schlags ist, welcher jedoch ein starkes Alkoholproblem hat. Auf der anderen Seite hat Breschnow jedoch auch eine sensible Seite, so ist er ein begabter Lyriker im Literaturclub in Spandau und hängt sehr an seiner Schwester und Nichte.
„Sie riechen nach Alkohol und Nikotin, Herr Hauptkommissar.“
„Das ist nun mal so, wenn man raucht und trinkt“, sagte Breschnow […].“ S. 156
Zudem gibt es Kimmie Naumann, eine 18-jährige Schulabbrecherin, die sich zur Zeit des Mordes mit der Tatwaffe am Tatort befand. Da ihre soziale Situation mit einer alkoholkranken Mutter sowie als „Opfer“ einer gewalttätigen Clique jedoch sehr schwierig ist, traut sie der Polizei nicht. Dies tut sie unter anderem auch, weil ihr sehr viel an ihren kleinen Geschwistern liegt und sie befürchtet, dass die Polizei das Sozialamt einschalten würde.
„Abgestandene Luft vermischt mit dem Geruch nach Zigaretten und Alkohol schlug ihr entgegen und verschlechterte ihre Laune augenblicklich.“ S. 38
Auch Cosma Anderson spielt eine wichtige Rolle im Roman. Sie ist eine Journalistin, die davon träumt eine investigative Kriminalreporterin zu werden, jedoch ist sie in ihrer momentanen Anstellung bei einer lokalen Zeitung unglücklich und alles andere als von Erfolg gekrönt. Für Cosma sind diese Gewalttaten eine Chance einen Fuß in die Tür zu ihrem Traum zu kriegen. Sei es auch nur in dem sie ihrem besten Freund, Robert, einem Kriminalreporter, zuarbeitet.
„Sie musste durchhalten und endlich lernen, kleine Brötchen zu backen und sich langsam hochzuschreiben.“ S. 63
Jedoch gibt es noch sehr viele andere Charaktere, wie beispielsweisen den Obdachlosen Willy oder auch Breschnows Kollegen Regina, Delegro, Drass und Schmitti, die auch wichtige Rollen besitzen. Am Anfang war ich etwas erschlagen von den ganzen Namen, was jedoch auch daran liegen kann, dass ich mit dem dritten statt mit dem ersten Band begonnen habe.
Weiterhin springt die Erzählung zwischen den Charakteren hin und her. Insbesondere zwischen den oben näher beschriebenen. Dies hat mich jedoch häufiger aus dem Lesefluss gerissen, da ich nochmal schnell einen Blick in mein Lesetagebuch riskiert habe, was diesen Personen zuletzt passiert ist bzw. was sie zuletzt getan haben. Ein paar dieser Abschnitte endeten zudem mit Cliffhangern, die ich im weiteren Verlauf der Geschichte teilweise nicht gut gelöst fand.
Trotzdem überzeugte mich der Twist-in-the-Tail am Ende (wobei ich an dieser Stelle nicht mehr dazu verrate). Und auch finde ich, dass die Geschichte sehr realistisch gehalten ist, so wird den Kommissaren nichts auf dem silber Tablet serviert und alle Ermittlungsergebnisse sind harte Arbeit und Erfahrung.