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Aglaja

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.06.2023

"Youkali, wo unser Land der Sehnsucht liegt..."

Die Zeitreisende
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Zeit für sich hat sie sich genommen, um ihr Leben zu überdenken, die schöne Künstlerin Ute Lemper ist sechzig geworden.
Wie eine Sphinx erschien sie, geheimnisvoll, streng ihr Privatleben hütend. In diesem ...

Zeit für sich hat sie sich genommen, um ihr Leben zu überdenken, die schöne Künstlerin Ute Lemper ist sechzig geworden.
Wie eine Sphinx erschien sie, geheimnisvoll, streng ihr Privatleben hütend. In diesem Buch öffnet sie sich, gibt Einblick in ihr Inneres, sowohl in ihre Gedanken als auch in ihre Gefühle. Kein kühles Aufzählen von Fakten und Ereignissen ist es geworden, im Gegenteil, sie überrascht mit völliger Offenheit.
Ute Lemper blickt hinter viele Kulissen und das nicht nur in der Theaterwelt, obwohl sie lichterloh brennt für ihre Kunst, sich verliert in Askese und Extase, läuft sie nicht mit Scheuklappen durch ihr Leben, sie steht mitten in der Realität, mit weit offenem Geist, nimmt sie wahr und reflektiert, was in der Welt vor sich geht.
Mit kraftvollen Sätzen und poetischem Blick beschreibt sie, was sie um sich herum wahrnimmt, mal mit ironischen, mal mit zornigen Untertönen, aber immer unendlich liebevoll, warmherzig und voller Verständnis. Manches was pathetisch klingen mag ist ihrer Kunst und ihrer großen Empathie geschuldet, strömt aus einem überquellenden Leben, aus einer grenzenlosen Kraft, aus Liebe, Inspiration und Fantasie, aus einer Obsession.
Ute Lemper hat in ihrer Autobiographie die Tore zu ihrem Inneren weit geöffnet, mehr braucht man über sie nicht zu wissen. Sie hat preisgegeben, was man in vielen anderen Memoiren vermisst. Das innere Feuer, das sie treibt, kommt auf jeder Seite zum Ausdruck.

Ich kannte vor dem Lesen ihres Buches nur ihren Namen und ein Bild von ihr, dann habe ich mir auf youtube "Youkali" angehört!
Eine bewundernswerte Frau!

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Veröffentlicht am 12.05.2023

nicht nur für Förster

Die Sache mit dem Wald
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Ein Buch über den Wald kann aus so vielen Sichtweisen geschrieben werden, dass es fast nicht möglich erscheint, sämtlichen Aspekten gerecht zu werden. Wieviel allein in den letzten hundert Jahren, aus ...

Ein Buch über den Wald kann aus so vielen Sichtweisen geschrieben werden, dass es fast nicht möglich erscheint, sämtlichen Aspekten gerecht zu werden. Wieviel allein in den letzten hundert Jahren, aus meist forstwirtschaftlicher Perspektive geschrieben wurde, davon geben die mehr als zweihundert Quellenangaben des Autors einen Überblick

Das Buch ist nicht nur für Förster von einem Forstmann geschrieben, jeder andere Mensch, der sich für die Thematik "Wald" interessiert wird mit profundem Wissen belohnt. Man muss sich im Klaren sein, dass man keine Waldromantik erwarten darf, oder Einblicke in die Verarbeitung des Waldes in der Literatur.
Der Autor ist Arzt und Diplomforstwirt, er hat einen Lehrstuhl für Wildökologie und Jagdwirtschaft an der TU Dresden inne. Dies zu wissen, hilft zu verstehen, von welcher Seite er sich hauptsächlich mit dem Thema "Wald"befasst. Als Wissenschaftler hat er sich fundiert mit den Fakten auseinandergesetzt und eröffnet dem Leser sein umfassendes Wissen und zeigt die Vielschichtigkeit der Problematiken auf.
Viele Veröffentlichungen in einschlägigen Fachzeitschriften bezeugen seine Leidenschaft für Forst und Wild.
Das vorliegende Buch ist ein Sachbuch von einem absoluten Kenner der Materie geschrieben.
Eine Bewusstmachung, welche Rolle der Wald für die Menschheit von Anfang an gespielt hat.

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Veröffentlicht am 25.03.2023

schockierender Blick in die USA

Institut für gute Mütter
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Frida Liu, 38 Jahre, Akademikerin, lebt mit ihrer 18 Monate alten Tochter Harriet alleine. Ihr Mann, mit dem sie sich das Sorgerecht teilt, hat sie wegen einer Jüngeren verlassen.
An einem einzigenTag ...

Frida Liu, 38 Jahre, Akademikerin, lebt mit ihrer 18 Monate alten Tochter Harriet alleine. Ihr Mann, mit dem sie sich das Sorgerecht teilt, hat sie wegen einer Jüngeren verlassen.
An einem einzigenTag lässt sie die Tochter für zweieinhalb Stunden alleine, weil sie vor lauter Stress die Zeit vergisst. Prompt wird sie angezeigt.

Der mächtige KSB Kinderschutzbund bestimmt von da an ihr Leben. Sie gerät in die Mühlen der Justiz. Die absurden Beobachtungen, Behauptungen, Meinungen und Analysen von Beamten, Psychologen, Sozialarbeiterinnen und Richterinnen, die ihr Innerstes nach außen wenden, entscheiden über ihr weiteres Leben. Sie wird vor die Wahl gestellt, entweder sie geht ein Jahr lang in ein geschlossenes Trainingscamp, wo sie lernen soll, eine gute Mutter zu sein, oder ihr werden ihre elterlichen Rechte entzogen. Da Frida natürlich ihr Kind nicht verlieren will, muss sie sich für das Trainingsprogramm entscheiden.
Was das bedeutet weiß vorher niemand, es ist geheim und soll geheim bleiben.
Als Leser ergreift einen eine tiefe Verzweiflung, Hilflosigkeit und Wut über das, was da geschieht.
Die Autorin hat in großer Sensibilität und profunden Beobachtungen Fiktion und Realität meisterhaft verknüpft.
Die Grausamkeit des willkürlichen Kindesentzugs beschreibt sie in tiefen Erkenntnissen und Gefühlen, die den Leser zu Tränen rühren.

Zur weiteren Information sei dem Leser empfohlen einige der vielen Artikel, die im Internet zu finden sind, über den amerikanischen Kinderschutz zu lesen.

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Veröffentlicht am 21.03.2023

Deutsche Geschichte in Kasachstan

Sibir
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Josef, der als kleiner Junge all dies erlebt hat, verbrennt eines Tages seine gesamten Aufzeichnungen, Tagebücher und Erinnerungsstücke, die er aus Sibirien mit nach Deutschland gebracht hat, er will sich ...

Josef, der als kleiner Junge all dies erlebt hat, verbrennt eines Tages seine gesamten Aufzeichnungen, Tagebücher und Erinnerungsstücke, die er aus Sibirien mit nach Deutschland gebracht hat, er will sich nicht mehr erinnern,
er will endgültig vergessen.
Jetzt ist er alt und sein Gedächtnis scheint nachzulassen.
Seine Tochter Leila versucht alles was ihr aus Erzählungen ihres Vaters geblieben ist aufzuschreiben, ehe es im Dunkel des Vergessens für immer verschwindet.
Es ist die Geschichte der Deutschen, die aus ihren blühenden Dörfern in Russland, während der Stalinzeit nach Sibirien verschleppt wurden.
Ein hunderttausendfaches Schicksal. Gemeinsam war ihnen allen der Wille zum Überleben in dieser fremden Welt.
Josef wurde mit seiner Familie nach Kasachstan deportiert, in eine schier unendliche Steppe, in der sie mittellos ausgesetzt wurden, schutzlos den Naturgewalten ausgesetzt, in dem gnadenlosen System der stalinistischen Arbeitslager, in dem sie Kälte, Hunger und Feindschaft kennen lernten.
Sie gehörten aber auch zu denen, die schon nach zehn Jahren durch politische Verhandlungen nach Deutschland ausreisen durften.
Man nannte es "die Heimkehr der Zehntausend".
Deutsche Geschichte, die nicht vergessen werden darf!

Meisterhaft verknüpft die Autorin die Vergangenheit in Kasachstan mit der Gegenwart in Deutschland, von der Zeit des Neuankommens und dem Bruch mit dem alten Leben.
Dieses Buch könnte man als Reminiszenz der Autorin an ihre Vorfahren betrachten, im Besonderen an ihren Vater.
Ohne das überraschende Ende, wäre das Buch vielleicht so nicht möglich gewesen.

Das Buchcover mit der Regenbogenforelle hat sich mir nicht erschlossen,
eine Darstellung, die die Weite der zentralasiatischen Steppe zum Ausdruck
bringt, hätte mir besser gefallen.

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Veröffentlicht am 10.07.2024

Pures Lesevergnügen!

Eve
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Von katharina.51

Das Buch von Amor Towles beginnt mit einem kultivierten Parlando der verschiedenen Protagonisten, das sich langsam, ohne, dass der Leser es ahnt, zu einem literarischen Kriminalstück ...

Von katharina.51

Das Buch von Amor Towles beginnt mit einem kultivierten Parlando der verschiedenen Protagonisten, das sich langsam, ohne, dass der Leser es ahnt, zu einem literarischen Kriminalstück entwickelt. Die Szenen spielen im Hollywood der dreissiger Jahre und sind verknüpft mit den großen Filmstudios der Zeit, die auch heute noch existieren und sowohl ihren Zauber als auch ihre Macht ausüben. Eve, die Titelheldin war die "neueste Nachtigall in der Stadt" und eine Frau par excellence.
Eine leichte Lektüre in eleganter Sprache, gewürzt mit Humor und Schmerz, die direkt nebeneinander liegen.
Ein Autor, der schon lange Jahre den Menschen in der Gesellschaft beobachtet hat, seine klugen Schlüsse daraus zieht und fein formuliert, in einer geschliffenen und durchdachten Sprache, die von Bildung, Weltläufigkeit und Kultiviertheit zeugt.
Ein absolut unterhaltsames Buch, das mir großes Lesevergnügen bereitet hat!
Von diesem Autor werde ich sicher noch mehr lesen.

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