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Aglaja

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.03.2023

spannungsgeladen und stilvoll

Die Passage nach Maskat
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Theodor Jung, ein Berliner Fotoreporter, macht in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, mit seiner Frau Dora eine Reise in den Orient.
Doras Eltern, eine reiche Hamburger Familie, die mit ...

Theodor Jung, ein Berliner Fotoreporter, macht in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, mit seiner Frau Dora eine Reise in den Orient.
Doras Eltern, eine reiche Hamburger Familie, die mit Gewürzen handelt, hat
die jungen Eheleute eingeladen zu der Seereise auf dem Luxusdampfer
"Champollion" von Marseille nach Ägypten, durch den Suezkanal bis nach
Maskat im Oman.
Theodor ist nicht ganz so begeistert von Seereisen, da er den Untergang des
U-Bootes U68 unter General Dönitz nur knapp überlebt hat und seither das
Gefühl in sich trägt, dass er im Meer seinen Tod finden wird.
Gleich am zweiten Tag der Reise auf dem Schiff, beginnen geheimnissvolle und beängstigende Vorgänge Theodor zu verwirren.

Der Autor versteht es durch seine schöne Sprache den Leser mitten hinein zu locken in seine Geschichte mit ihren treffend inspirierten Bildern und Beschreibungen, denen es auch an Poesie nicht fehlt. Spannenden Charakteren geht er bis auf den Grund, Wissen verpackt er brillant.
Auf die unterhaltsamste Weise ist man mittendrin in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts, in den politischen und kulturellen Strömungen, in
Gesinnungen und Denkarten der Zeit.
Zu schätzen ist auch das Nachwort des Autors.

Das Cover des Buches passt genau in die Zeit, sehr erfreulich ist die geographische Karte auf seiner Innenseite.

Ein Fehler hat sich im Text eingeschlichen, S. 247 ist von Talg und Talgstaub die Rede, wobei Talk, Talcum, Talkstaub gemeint ist. Zwischen beiden besteht
ein riesiger Unterschied. Talg ist ein Tierfett, Talkum eine Magnesiumsilikat-Verbindung.

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Veröffentlicht am 21.03.2023

wahrhaft tragisch

Elektra, die hell Leuchtende
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Aus der Ferne von mehr als drei vergangenen Jahrtausenden erstehen Schicksale vor uns, ergreifend und erschreckend, Götter und Menschen, Halbgötter und Helden erstehen vor unseren Augen. Tragödien, die ...

Aus der Ferne von mehr als drei vergangenen Jahrtausenden erstehen Schicksale vor uns, ergreifend und erschreckend, Götter und Menschen, Halbgötter und Helden erstehen vor unseren Augen. Tragödien, die sich zu jeder Zeit, an jedem Ort abgespielt haben und immer wieder den menschlichen Geist beschäftigen.
Nicht die Helden, sondern das Leid der Frauen kommt in diesem Buch, das einen Teil der griechischen Sagen nacherzählt, zu Wort.
Die Autorin beleuchtet das Schicksal der Frauen in ihrem Werk.
Klytämnestra, die Gattin Agamemnons und ihre Tochter Elektra, die zwei tragischen Hauptgestalten, die ihr friedloses Leben bestimmen ließen durch Vergeltung und Rache. "Bitterer Rachedurst, ein schlimmeres Leiden als das des Tantalos in seinem einsamen See", so sagt Elektra.
Die Autorin hat sich tief hineingefühlt in die fürchterlichen Seelenlandschaften der beiden Figuren, in ihre psychische Entwicklung bis zum bitteren Ende.
Das Buch wäre gut in einer Schulbibliothek aufgehoben, neben den klassischen Werken der griechischen Götter- und Heldensagen.

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Veröffentlicht am 21.03.2023

Wovon leben wir

Wovon wir leben
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Es wird nicht viel geredet in dem Dorf im Innergebirg, wo der Hausberg mit seinen langen Schatten vor der Sonne steht. Getratscht wird, doch das, was in der Tiefe der Seele vor sich geht, erzählt man sich ...

Es wird nicht viel geredet in dem Dorf im Innergebirg, wo der Hausberg mit seinen langen Schatten vor der Sonne steht. Getratscht wird, doch das, was in der Tiefe der Seele vor sich geht, erzählt man sich oft selbst nicht, Arbeit bestimmt das Leben.
Julia ist aus der Stadt zurückgekehrt in ihr Heimatdorf, die zwei schrecklichen Wörter arbeitslos und lungenkrank zieht sie hinter sich her. Sie will sich von ihrer Mutter trösten und pflegen lassen, doch die ist weg, hat den Vater sitzenlassen in dem trostlosen Dorf, wo es nicht einmal mehr eine Bäckerei gibt. Der Vater ist auch arbeitslos, die Fabriken haben zugemacht, für die Männer ist das Rauchen und Saufen im Wirtshaus geblieben.
Es herrscht ein rauer Ton, "es fehlt ihnen der Segen der Arbeit, der Dank der Ablenkung, damit es um nichts sonst gehen muss."
Da die Mutter nicht mehr da ist, soll Julia in Anspruch genommen werden.
"Wenn eine Frau ausfällt, muss die andere herhalten. So geht das Rezept zur alten und ewigen Suppe."
Der Vater und der Freund, beide haben Erwartungen an Julia, sie soll mit ihnen zum Wir werden, wo sie doch gerade erst auf dem Weg war ihr Ich zu finden. "Sie hat ein anderes spezifisches Gewicht."
Sie gerät in das Dilemma Pflicht und Verantwortung zu übernehmen, oder ihren eigenen Weg zu gehen, eine der schwersten Entscheidungen, vor die das Leben einen stellen kann.
Was ist das Richtige, oder darf man auch mal was Falsches tun?

In diesem Buch ist nicht die Rede von Feinsinn oder Schöngeist, es geht um das alltägliche harte Leben, das einem zugeteilt wird. Man hat keinen Einfluss darauf, in welches Elternhaus man hineingeboren wurde, man muss mit Krankheit und Schicksaschlägen zurechtkommen. Als Leser ist man froh, wenn man dort nicht leben muss, dass es einen selbst nicht getroffen hat.
Die Autorin hat mit ihren klugen Sätzen, ihren erfahrenen Beobachtungen, wie mit Hammerschlägen den Nagel auf den Kopf getroffen.
Die nüchterne Sprache in lapidarer Poesie trifft genau das Thema und die Umwelt des Buches.
Man sollte nicht den Hinweis der Autorin übersehen, in dem sie auf die Quelle ihrer Inspiration zu diesem Werk aufmerksam macht. Es sind wissenschaftliche Arbeiten der Sozialpsychologin Marie Jahoda über die arbeitende Klasse aus den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts.

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Veröffentlicht am 21.03.2023

nicht allein aus ihrer Sicht

Aus ihrer Sicht
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Alessandra ist das Mädchen, aus dessen Sicht dieses Buch geschrieben wurde.
Sie wächst in einem ärmlichen römischen Haushalt auf, zusammen mit ihren Eltern und der Hausdienerin.
Die Mutter, eine feinsinnige ...

Alessandra ist das Mädchen, aus dessen Sicht dieses Buch geschrieben wurde.
Sie wächst in einem ärmlichen römischen Haushalt auf, zusammen mit ihren Eltern und der Hausdienerin.
Die Mutter, eine feinsinnige Pianistin, die als Klavierlehrerin Geld verdienen muss ist ihre absolute Bezugsperson, der sie in jeder Hinsicht ähnlich ist.
Sie öffnet ihr die Augen und schärft ihre Sinne für die Umwelt, die Natur, das Leben der Frauen des Südens, wo man heiratet um Kinder zu bekommen, das Leben der Männer des Südens, die erst spät nach Hause kommen, erwarten, dass das Essen auf dem Tisch steht und die Hemden gebügelt sind. Die Männer, die ihr Leben getrennt von den Frauen führen, geschuldet der Tradition, der Erziehung, der Religion und der Armut, sind das ewige Thema.
Alessandras Eltern leben so.
Der Vater ist innerlich und äußerlich fern von den Frauen der Familie, ein kleiner Beamter, der keinerlei Interesse oder gar Verständnis hat für die Sensibilität und Feinsinnigkeit von Frau und Tochter, im Gegenteil, er verhöhnt, verlacht und verbietet sogar.
So sieht das Männerbild von Alessandra aus, bis sie jemanden heiratet, von dem sie will, dass er ganz anders sein soll.
Alessandra hat eine naive Vorstellung von der idealen Liebe, ähnlich der, wie man sie in den englischen Romanen des 19. Jahrhunderts findet, romantisch, mädchenhaft, märchenhaft, ewiges Verliebtsein, niemals sich ändernd. Sie soll nicht den Zwängen des alltäglichen Lebens unterworfen sein.
Alessandras Leben ist völlig verschieden von dem typischen Leben der damaligen italienischen Frau und doch ist es ihr nicht genug, sie will den Freiraum, den sie hat nicht selbst füllen. Sie will wahrgenommen werden, unbedingt reflektiert werden, in der Person ihres Geliebten. Sie ist übersensibel, sie steigert sich hinein in diese nicht zu stillende Sehnsucht nach dem absoluten Aufgehen in der Person des Geliebten. Bis zu einer tiefen Verzweiflung.
Ihr Mann lebt in seiner Männerwelt und kann ihr das was sie braucht nicht geben. Kein erfahrener Mensch ist um sie, der ihr das Leben erklären könnte.
Und so nimmt das Schicksal seinen Lauf.

Alba de Céspedes hat ein Buch geschrieben vom Erwachsenwerden, vom Erwachsensein, ein Buch von Männern und Frauen, ein Buch von grundverschiedenen Arten zu leben, von früher und von heute und vor allem ein Buch von der Liebe, die, nicht richtig verstanden, zu einer großen Qual werden kann.
Ihr Buch erfüllt die Kriterien der guten Literatur: prodesse et delectare, nützen und erfreuen, belehrend und unterhaltend.

Unbedingt lesenswert ist im Nachwort die Analyse von Barbara Vinken.

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Veröffentlicht am 28.02.2023

Wovon leben wir?

Wovon wir leben
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Es wird nicht viel geredet in dem Dorf im Innergebirg, wo der Hausberg mit seinen langen Schatten vor der Sonne steht. Getratscht wird, doch das, was in der Tiefe der Seele vor sich geht, erzählt man sich ...

Es wird nicht viel geredet in dem Dorf im Innergebirg, wo der Hausberg mit seinen langen Schatten vor der Sonne steht. Getratscht wird, doch das, was in der Tiefe der Seele vor sich geht, erzählt man sich oft selbst nicht, Arbeit bestimmt das Leben.
Julia ist aus der Stadt zurückgekehrt in ihr Heimatdorf, die zwei schrecklichen Wörter arbeitslos und lungenkrank zieht sie hinter sich her. Sie will sich von ihrer Mutter trösten und pflegen lassen, doch die ist weg, hat den Vater sitzenlassen in dem trostlosen Dorf, wo es nicht einmal mehr eine Bäckerei gibt. Der Vater ist auch arbeitslos, die Fabriken haben zugemacht, für die Männer ist das Rauchen und Saufen im Wirtshaus geblieben.
Es herrscht ein rauer Ton, "es fehlt ihnen der Segen der Arbeit, der Dank der Ablenkung, damit es um nichts sonst gehen muss."
Da die Mutter nicht mehr da ist, soll Julia in Anspruch genommen werden.
"Wenn eine Frau ausfällt, muss die andere herhalten. So geht das Rezept zur alten und ewigen Suppe."
Der Vater und der Freund, beide haben Erwartungen an Julia, sie soll mit ihnen zum Wir werden, wo sie doch gerade erst auf dem Weg war ihr Ich zu finden. "Sie hat ein anderes spezifisches Gewicht."
Sie gerät in das Dilemma Pflicht und Verantwortung zu übernehmen, oder ihren eigenen Weg zu gehen, eine der schwersten Entscheidungen, vor die das Leben einen stellen kann.
Was ist das Richtige, oder darf man auch mal was Falsches tun?

In diesem Buch ist nicht die Rede von Feinsinn oder Schöngeist, es geht um das alltägliche harte Leben, das einem zugeteilt wird. Man hat keinen Einfluss darauf, in welches Elternhaus man hineingeboren wurde, man muss mit Krankheit und Schicksaschlägen zurechtkommen. Als Leser ist man froh, wenn man dort nicht leben muss, dass es einen selbst nicht getroffen hat.
Die Autorin hat mit ihren klugen Sätzen, ihren erfahrenen Beobachtungen, wie mit Hammerschlägen den Nagel auf den Kopf getroffen.
Die nüchterne Sprache in lapidarer Poesie trifft genau das Thema und die Umwelt des Buches.
Man sollte nicht den Hinweis der Autorin übersehen, in dem sie auf die Quelle ihrer Inspiration zu diesem Werk aufmerksam macht. Es sind wissenschaftliche Arbeiten der Sozialpsychologin Marie Jahoda über die arbeitende Klasse aus den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts.

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