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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.11.2023

Modernes Erwachsenwerden

All dies könnte anders sein
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In „All dies könnte anders sein“ von Sarah Thankam Mathews folgen wir der jungen indisch-stämmigen Immigrantin Sneha und ihrem Leben nach dem College in ihrer neuen Heimatstadt Milwaukee. Dabei kämpft ...

In „All dies könnte anders sein“ von Sarah Thankam Mathews folgen wir der jungen indisch-stämmigen Immigrantin Sneha und ihrem Leben nach dem College in ihrer neuen Heimatstadt Milwaukee. Dabei kämpft sich die queere/lesbische junge Frau sowohl im Beruflichen als auch im Privaten durch einige Probleme, die sehr nachvollziehbar sind, wenn man ans Erwachsenwerden denkt und die ihr noch durch ihre Herkunft und Sexualität erschwert werden oder dadurch zumindest noch mehr Druck entsteht. Im Laufe der Geschichte mit vielen Ups and Downs lernen wir einige Weggefährt*innen und mehr über aller Hintergrundgeschichten und Päckchen kennen.
Nachdem ich mich durch den sehr langatmigen Anfang des Buches gekämpft habe, der ehrlicherweise nicht die größte Lust aufs Weiterlesen macht, ist mir die Geschichte mit all ihren Charakteren und Handlungen immer mehr ans Herz gewachsen. Man konnte und wollte der Entwicklung durch tiefe Einblicke immer mehr folgen und ich bin froh, am Ende ein toll geschriebenes Buch gelesen zu haben. Den Schreibstil würde ich nämlich als sehr modern und lässig beschreiben, auch wenn bei der Übersetzung ins Deutsche sicherlich etwas von dieser Coolheit verloren geht, vor allem in den gesprochenen Parts zwischen Charakteren (wer hört/liest denn gerne ein „Dude“ oder „Bruh“ in ansonsten deutsch gesprochenen (übersetzten) Sätzen, ohne es als sehr sperrig und unauthentisch zu empfinden?!). Die Themen und Konflikte sind wirklich sehr zeitgemäß und wie erwähnt nachvollziehbar, was mich einfach sehr mitfühlen ließ und somit war es trotz aller Melancholie und allem Verdruss ein Leservergnügen für mich. Außerdem stelle ich das Buch jetzt sehr gerne und prominent in mein Bücherregal, die Gestaltung des Covers finde ich nämlich auch sehr gelungen mit dieser modernen und geschmackvollen Verwendung der Regenbogenfarben.

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Veröffentlicht am 31.08.2023

Frustriert und frustrierend

Tasmanien
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Während man den Roman „Tasmanien“ von Paolo Giordano liest, erlebt man unweigerlich eine schonungslose Konfrontation mit der Realität, indem man diverse reale Ereignisse, darunter Katastrophen und terroristische ...

Während man den Roman „Tasmanien“ von Paolo Giordano liest, erlebt man unweigerlich eine schonungslose Konfrontation mit der Realität, indem man diverse reale Ereignisse, darunter Katastrophen und terroristische Anschläge, aus den Jahren 2016-2020 noch einmal durchlebt und dabei ähnlich wie der Protagonist die schiere Macht- und Ratlosigkeit empfindet. Gleichzeitig verfolgt man ganz profane, alltägliche Dramen aus dem fiktiven Leben des frustrierten Protagonisten Paolo. Von Abstumpfung über Aussichtslosigkeit bis hin zu Empfindungen von Panik reichen die Emotionen in der Auseinandersetzung mit der Gegenwart und der Alltagsrealität darin.
Grundsätzlich erweckt der Roman beim Lesen ein mulmiges und pessimistisches Gefühl, gespickt von Momenten und Textstellen, die einen (mich zumindest) wirklich sprachlos und entsetzt zurücklassen. Mit einem großen Kloß im Hals las ich beispielsweise den historischen Exkurs über den Abwurf der Atomraketen über Hiroshima und Nagasaki mitsamt sehr expliziten und dementsprechend grausamen Beschreibungen von Augenzeugen über die unmittelbaren und langfristigen Opfer und Schäden. Das ist aber keinesfalls ein negativer Kritikpunkt, sondern ein Lob an die schonungslose Darstellungsweise und Beweis für die Notwendigkeit, Geschehnisse und Entwicklungen solcher Art immer wieder in Erinnerung zu rufen und nicht in Vergessenheit oder Ignoranz geraten zu lassen.
Der Protagonist ist dabei ein Beispiel für einen gebildeten und informierten Menschen, der ganz seiner Natur versucht, allen grausamen globalen und persönlichen Realitäten soweit zu entkommen oder eher zu entfliehen, um sein Leben zu leben und seine Karriere voranzutreiben. In diesem Zwiespalt entwickelt sich das Leben von Paolo mehr oder weniger erfolgreich.
Insgesamt gab mir das Buch unheimlich viel Stoff um nachzudenken – über die Geschichte, die Welt, das Leben, mein Leben und den Umgang mit alledem bzw. der Verarbeitung von alledem. So viel Stoff, dass es mich wohl erstmal nicht wirklich loslassen wird. Ich habe noch nicht alle Gedanken und Empfindungen sortiert bekommen, aber trotzdem möchte ich das Buch weiterempfehlen, während meine Auseinandersetzung damit noch in vollem Gange ist.

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Veröffentlicht am 27.08.2023

Jeder Satz Poesie und Alltag – Im Positiven wie im Negativen, so wie es soll

Sylter Welle
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Aufmerksam wurde ich auf das Buch, da ich Max Richard Leßmann auf Instagram folge und seine poetischen, prägnanten Posts meist sehr fühle und begeistert bin, wie viele Emotionen und Gedanken er schafft, ...

Aufmerksam wurde ich auf das Buch, da ich Max Richard Leßmann auf Instagram folge und seine poetischen, prägnanten Posts meist sehr fühle und begeistert bin, wie viele Emotionen und Gedanken er schafft, in ein paar Wörter zu fassen, die dadurch so viel aussagen und in mir auslösen. Im Positiven wie im Negativen, aber ich glaube, das soll so.
Ähnlich ging es mir jetzt mit Sylter Welle, in der er so viele nachvollziehbare Gefühle und Eigenheiten gekonnt beschreibt, die ich selbst nie imstande wäre, so in Worte zu fassen. Gefühlt ist jeder Satz eine sehr bildhafte und schwerwiegende Metapher. Das kann man mögen oder auch nicht. Mir persönlich hat es eine Welt und Personen, die mir fremd sind, so schonungslos nahegebracht, dass mir die Geschichte im Umkehrschluss auch sehr nahe ging. Im Positiven wie im Negativen, aber ich denke, das soll so.
Ich habe nicht nachgeforscht, inwieweit der Roman autobiographisch ist, aber der Autor bietet so besondere und eigenwillige Beschreibungen, wie sie eigentlich nur das Leben und das genaue, jahrelange Beobachten dessen bieten kann (zumindest aus der Sicht einer hoffnungslosen Overthinkerin ohne jegliche Poesie in den Adern). Daher bewundernswert, wie poetisch Max Richard Leßmann Alltag und Familie aufarbeitet und einen Einblick bietet, wie er Dinge wahrnimmt und verarbeitet.
Zuletzt möchte ich noch das wunderschöne Cover erwähnen, dass neben dem mir bekannten Instagram-Poeten direkt meine Aufmerksamkeit und Neugierde geweckt hat. Für mich das schönste Kunstwerk an Buchcovern seit langem!

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Veröffentlicht am 08.06.2023

Empathischer Einblick in eine mir fremde Gedankenwelt

Idol in Flammen
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Empathischer Einblick in eine mir fremde Gedankenwelt
Ich hatte mich als Fan der (für mich) immer besonderen und überraschenden Literatur aus Asien und Japan im Speziellen für dieses Buch interessiert ...

Empathischer Einblick in eine mir fremde Gedankenwelt
Ich hatte mich als Fan der (für mich) immer besonderen und überraschenden Literatur aus Asien und Japan im Speziellen für dieses Buch interessiert und wurde nicht enttäuscht. Ein Thema, das mir eher fremd ist, der fanatische Fankult einer jungen Frau und ihre damit verbundenen Charakterzüge, wurden mir auf so sensible und detaillierte Art und Weise lyrisch umschrieben, dass ich das sehr kurze Buch regelrecht verschlungen habe und so viel Gefühl und Empathie für diese junge und gequälte Seele der Protagonistin Akari empfunden habe, wie ich es mir vorher nicht vorstellen hätte können. Man fühlt einfach mit ihr, auch wenn einem selbst im echten Leben oft das Verständnis für das Verhalten und die Obsession junger Menschen mit popkulturellen Phänomenen fehlt. Dabei schwingt auch immer eine Kritik an den ausbeuterischen Zügen moderner Popkultur mit, sowohl die Ausbeutung der Fans durch teuren Konsumzwang als auch die Ausbeutung und Ausschlachtung der Stars, hier sogenannte „Idole“, selbst. Dies werden teilweise regelrecht von klein auf im Showgeschäft großgezogen und nach Maßstäben geformt, bis sie als erfolgreiche Popkünstler kein Privatleben oder menschliche Fehler haben dürfen.
Akari ist eine wirklich komplexe Persönlichkeit, die sie mit sich selbst auszumachen scheint und wenig davon an die Außenwelt lässt. Gerade weil Rin Usami das Innenleben dieses Mädchens aber so gekonnt und umfassend vermittelt, hat man das Gefühl ihre Gedanken und vor allem ihre Schwierigkeiten in Schule, Arbeit und Alltag besser nachvollziehen zu können. Es scheint, zumindest schwingt der Eindruck im Subtext so mit, dass sie in diesen Bereichen des Lebens sehr zu kämpfen hat, weil sie mit einer Konzentrationsschwäche und/oder Lese-/Rechtschreibschwäche und/oder sogar an einer Art von Autismus zurechtzukommen versucht. Vermeintlich hat sie den Versuch sogar aufgegeben und sich ganzheitlich dem gewidmet, was sie gut kann und wo sie noch nie versagt hat und Anerkennung bekommt, dem Fansein und darüber einen Blog und detaillierte Dokumentation über ihr Idol Masaki Ueno zu führen. Das Ende der Geschichte war sehr abrupt und offen, was allerdings auch Gedankenspielraum für den weiteren Werdegang von Akari zulässt und da mich die Geschichte erstmal nicht mehr los lässt, ist es auch eine schöne Art, selbst nochmal zu reflektieren und die Geschichte im Kopf weiterzuspinnen.

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Veröffentlicht am 23.03.2023

Sehr liebevoll, habibi!

Bissle Spätzle, Habibi?
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Ich stehe Liebesgeschichten über alleinstehende Frauen, die in ihren frühen 30ern die große Liebe suchen, immer skeptisch gegenüber, da sie oft kitschig und nicht besonders originell sind. Anders ist es ...

Ich stehe Liebesgeschichten über alleinstehende Frauen, die in ihren frühen 30ern die große Liebe suchen, immer skeptisch gegenüber, da sie oft kitschig und nicht besonders originell sind. Anders ist es hier bei „Bussle Spätzle, Habibi“, weil es um so viel mehr geht. Man ist von Anfang an in der Welt von Amaya und versteht ihre inneren Konflikte und gleichzeitig sympathisiert man mit ihr und ihrer smarten und starken, sehr humorvollen und schlagfertig Art. Die Dynamik in ihrer Familie ist genauso fesselnd, wie ihr Liebesleben und ihre Freundschaft und Karriere. Vielmehr lernt man auch noch sehr viel über die Religion und Kultur und die Struggle, die für junge Muslim*innen oftmals Alltag sind. Neben Amaya sind auch fast alle anderen Charaktere sehr komplex und liebevoll gestaltet und erzählt, was mir sehr gut gefallen hat. Das und die geschickte Art, gegenwärtige und vergangene Geschehnisse zu erzählen, haben mich das Buch in kürzester Zeit verschlingen lassen. Was bleibt, ist eine schöne Liebesgeschichte, die Hoffnung schenkt, aber viel mehr noch die Erkenntnisse und alle interessanten Details über das Leben einer jungen, modernen Frau und ihrem Umgang mir ihrer Religion, dem Islam, und ihrer muslimischen Kultur.

Ich hätte gerne nicht schon durch den Titel gespoilert bekommen, worauf ihr Dating rausläuft. Dadurch hätte ich gespannter den Verlauf ihrer Dates verfolgt und wäre nicht so voreingenommen gegenüber all ihrer männlichen Begegnung gewesen, da ich ja wusste, mit wem ich mitzufiebern habe, aber das ist nur ein Kritikpunkt der mir in den ersten Kapiteln aufgefallen ist und schnell egal wurde :)

Das Buch war mehr, als ich erwartet habe und ich bin sehr angetan von der liebevollen Art und Weise, wie Abla Alaoui schreibt und erzählt.

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