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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.04.2023

Tolles Setting, ungewöhnliche Perspektive, schöner Krimi

Wenn Worte töten
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Anthony Horowitz und Daniel Hawthorne sind auf einem Literaturfestival auf Alderney eingeladen um ihren ersten gemeinsamen Fall, der jetzt als Kriminalgeschichte in Buchform verewigt ist, dem Publikum ...

Anthony Horowitz und Daniel Hawthorne sind auf einem Literaturfestival auf Alderney eingeladen um ihren ersten gemeinsamen Fall, der jetzt als Kriminalgeschichte in Buchform verewigt ist, dem Publikum vorzustellen. Doch es bleibt nicht bei einem Mord auf dem Papier und die beiden müssen auf der Insel die Mordermittlungen aufnehmen. Denn der Mörder ist noch unter ihnen…

Das Buch ist der dritte Teil der Hawthorne-Reihe. Auch wenn ich die ersten Teile nicht kenne, hatte ich nicht das Gefühl etwas verpasst zu haben. Die Geschichte wird aus einer ganz ungewöhnlichen Perspektive erzählt. Der Autor selbst ist nämlich auch einer der Hauptprotagonisten und erzählt alles aus der Ich-Perspektive, was ich eine ganz fantastische Idee finde, die mir so auch noch nicht untergekommen ist. Nicht nur, dass wir ganz viel über die Gedanken des Autors erfahren, er uns sogar am Schluss verrät, wen er als Mörder in Verdacht hatte, nein, ich habe mich viel näher an der Geschichte gefühlt, als sonst bei einem Krimi. Einfach weil Tony mir von Anfang an wahnsinnig sympathisch war (gut, ich hätte mich selbst als Autor auch im besonders guten Licht dargestellt) aber vor allem, weil er oft ganz genau das ausspricht, was ich mir als Leser in diesem Moment gedacht habe. Hawthorne war mir jetzt nicht unsympathisch, aber er ist auch nicht so charismatisch, wie man sich einen Ermittler wünschen würde.

Das Setting ist ganz toll. Alderney ist eine von den kleinen Kanalinseln und ich habe die ganze Zeit die Wellen gegen die Steilküste und den Wind in den Gräsern rauschen hören. Dass die Insel einen grausamen Platz in der Geschichte einnimmt, war mir tatsächlich nicht bekannt und ich finde es toll, dass ich auch historisch etwas dazu lernen durfte.

Der Plot ist solide, rund, eben ein klassischer Whodunnit Krimi. Die besondere Erzählperspektive hat es zu einem tollen Leseerlebnis gemacht, weshalb ich das Buch sehr gerne an alle Krimiliebhaber empfehlen möchte.

Veröffentlicht am 18.04.2023

Eine großartig erzählte und fesselnde Geschichte, die zum Nachdenken anregt.

Unschuld
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Molly Carvers Vater sitzt im Gefängnis und soll für den Mord an dem 16 jährigen Casper Rosendale hingerichtet werden. Molly glaubt an die Unschuld ihres Vaters und als sich die Gelegenheit ergibt für die ...

Molly Carvers Vater sitzt im Gefängnis und soll für den Mord an dem 16 jährigen Casper Rosendale hingerichtet werden. Molly glaubt an die Unschuld ihres Vaters und als sich die Gelegenheit ergibt für die reiche Familie des ermordeten Jungens unter falschem Namen zu arbeiten, hofft sie im Haus der Rosendales Antworten und Hinweise zu finden um ihren Vater vor dem Tode zu bewahren.

Der Klappentext verrät schon, was auch der Titel vermuten lässt - „Wenn alle lügen. Und niemand unschuldig ist.“ zieht sich als roter Faden durch das Buch. Es ist für mich schwer noch mehr zum Inhalt zu sagen, ohne aus Versehen etwas zu spoilern. In dem Moment, in dem Molly die Familie Rosendale kennenlernt, gab es für mich nur einen Weg, wie der Plot sich auflösen konnte, was sich dann auch bewahrheitete. Aber die Geschichte ist unabhängig davon wahnsinnig fesselnd gewesen. Es ging für mich in diesem Moment gar nicht so sehr darum was wirklich passiert ist, sondern wie Molly, die die Folgen der Schuld aller anderen auf ihren Schultern trägt, damit umgeht. Nicht zuletzt trägt auch die fantastische Erzählweise dazu bei, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Ich hab das Buch in kürzester Zeit verschlungen und dennoch hallt es ziemlich nach und regt sehr zum Nachdenken an.

Es werden auf eine unterhaltsame und mitreißende Art einige gesellschaftskritische Punkte (Todesstrafe, Sucht und Medikamentenmissbrauch, Waffenbesitz) thematisiert. Was mich zu folgendem Punkt bringt: Ich bin kein Freund davon zu sagen dieses oder jenes Buch muss man gelesen haben, aber Leute - dieses Buch ist nicht nur fantastisch, es gehört für mich in den Schulunterricht und in jeden Buchclub! Ich bin fast ein bisschen traurig, dass ich es alleine gelesen habe. Ich platze förmlich, dass ich es mit mir selbst ausdiskutieren muss. Die Figuren - allen voran die Familienmitglieder Rosendale - sind so interessant ausgearbeitet, dass ich das Gefühl habe ich werde dem überhaupt nicht gerecht ohne mit jemandem darüber gesprochen zu haben.

Daher gibt es auch nur ein logisches Fazit für mich: uneingeschränkte und generell für alle Zeit gültige Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 10.04.2023

Hervorragender 20er Jahre Krimi mit Suchtpotential

Melodie des Bösen
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Wir sind zurück in Paris. Knapp ein halbes Jahr nach den Maldoror Morden kehrt Julien Vioric zurück in die Stadt. Die nächste Mordermittlung lässt nicht lange auf sich warten, da ein genialer Pianist tot ...

Wir sind zurück in Paris. Knapp ein halbes Jahr nach den Maldoror Morden kehrt Julien Vioric zurück in die Stadt. Die nächste Mordermittlung lässt nicht lange auf sich warten, da ein genialer Pianist tot aufgefunden wird. Gleichzeitig wird ein menschliches Herz am Grab von Chopin abgelegt, was Vioric an einen ungelösten Mordfall vor über 10 Jahren erinnert.
Wir treffen auch alte Bekannte wieder: Lysanne, Heloise und Luis Aragon sind wieder mit von der Partie und es fühlt sich wieder genauso rund an, wie bei Stadt der Mörder. Nun allerdings gilt dem Jazz und den Einwanderern aus den französischen Kolonien und den USA die Aufmerksamkeit. Ich durfte wieder viel dazu lernen, diesmal über die Musik der 20er Jahre, undnd wie im ersten Teil treten fiktive und reale Charakter parallel auf.

Die schöne und bildhafte Sprache hat mich wieder sofort abgeholt. Die Kriminalgeschichte war ordentlich aufgebaut und super spannend, auch wenn ich dem Mörder dieses Mal auf die Spur kommen konnte. Besonders gefallen hat mir die Ärztin Elsa Lammée und ich hoffe sehr, dass wir sie im nächsten Teil auch wiedersehen dürfen.
Nächster Teil? Ja, bitte! Nicht nur, weil das Buch mit einem kleinen Cliffhanger endet, es wird auch auf den Auftritt von Josephine Baker im Revuetheater angespielt, weshalb ich mir dies als Schauplatz der nächsten Ermittlungen sehr gut vorstellen kann. Und dann gibt es ja noch so viele interessante Persönlichkeiten, die auf jeden Fall das Potential haben als Protagonist in den nächsten Fällen von Vioric eine Rolle zu spielen… vielleicht Picasso? Oder Getrude Stein?

Es gibt eine Sache, die mir besonders positiv aufgefallen ist und die ich deshalb explizit hervorheben möchte:
Seit ich Der große Gatsby gelesen habe, mag ich Bücher über die 20er-Jahre wirklich gerne. Dabei bedienen sich einige (naja, viele) Autoren der damaligen Sprache; vermutlich um Authentizität zu suggerieren. Dabei stoßen mir regelmäßig rassistische Ausdrucksweisen auf. Aber es geht auch anders: hier fällt kein einziges Mal das N-Wort, obwohl wir einigen Rassisten und Nationalisten begegnen. Der Roman büßt damit in keiner Weise an Authentizität ein. Da können sich andere Autoren eine Scheibe abschneiden!

Wie beim ersten Teil gibt es für mich nichts zu kritisieren und daher eine uneingeschränkte und ganz große Leseempfehlung für alle Krimiliebhaber und Musik-affine Bücherwürmer. Wer Stadt der Mörder noch nicht gelesen hat, es aber plant, sollte die Reihenfolge einhalten und zuerst diesen Teil lesen um sich nicht selbst zu spoilern.

Veröffentlicht am 30.03.2023

Unterhaltsam und spannend von der ersten bis zur letzten Seite

Tote schweigen nie
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Cassie Raven ist Sektionsassistentin in einer Pathologie in London. Sie liebt ihren Job und manchmal scheint es als hauchen ihr die Verstorbenen noch etwas zu um Cassie zu verraten wie sie gestorben sind. ...

Cassie Raven ist Sektionsassistentin in einer Pathologie in London. Sie liebt ihren Job und manchmal scheint es als hauchen ihr die Verstorbenen noch etwas zu um Cassie zu verraten wie sie gestorben sind. Doch eines Tages liegt ihre Lehrerin und Mentorin Mrs Edwards vor ihr im Sektionssaal und Cassie kann und will nicht glauben, dass sie durch einen tragischen Unfall gestorben ist. Nachdem einige gruselige Dinge in der Pathologie passieren, vertraut sich Cassie Detective Phyllida Flyte an und das ungleiche Team beginnt mit den Ermittlungen…

Ja, es geht um Leichen und ja es wird auch berichtet, wie eine Sektion so abläuft. Aaaaaber: das alles gestittet und objektiv, nicht voyeuristisch oder blutig. Natürlich sollte man so etwas abkönnen, aber wer den Klappentext liest (oder meine Kurzzusammenfassung), dem wird klar sein was ihn erwartet. Der sorgsame Umgang von Cassie mit den Verstorbenen fand ich wirklich toll. Sie spricht mit Ihnen, als ob sie noch am Leben wären. Das mag im ersten Augenblick seltsam klingen, aber für mich hat das alles perfekt gepasst, da wir Cassie als sehr empathischen und liebevollen Menschen kennenlernen. Detektive Phyllida Flyte soll das krasse Pendant dazu darstellen, kalt und unnahbar, aber die Fassade bröckelt nach einigen Seiten und ich konnte sie genauso schnell ins Herz schließen wie Cassie. Die polnische Großmutter von Cassie macht die Geschichte noch rund und sie ist genauso liebenswürdig wie die beiden anderen Frauen.

Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und die Geschichte super spannend. Ich lese viele Krimis und rätsel super gerne mit, aber hier bin ich wirklich nicht auf die Lösung gekommen. Ich hab das Buch an zwei Abenden durchgelesen, weil ich es einfach nicht beiseite legen konnte und es gibt wirklich überhaupt gar nichts, was ich hier bemängeln könnte oder wollte. Deshalb eine uneingeschränkte Leseempfehlung für alles Krimiliebhaber. Ich jedenfalls freue mich jetzt auf den zweiten Teil - Wer mit den Toten spricht.

Veröffentlicht am 25.03.2023

Ein fantastische Ausflug in die Literaturwelt der 20er Jahre

Die Verlegerin von Paris
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Lizzy, Tochter einer reichen englischen Familie, entflieht der Langeweile ihrer Ehe mit einem amerikanischen Mann. Sie möchte selbstbestimmt leben und reist zusammen mit Professor Moore, ihrem Mentor und ...

Lizzy, Tochter einer reichen englischen Familie, entflieht der Langeweile ihrer Ehe mit einem amerikanischen Mann. Sie möchte selbstbestimmt leben und reist zusammen mit Professor Moore, ihrem Mentor und Hauslehrer ihrer Kindheit, nach Paris. Dort trifft sie auf Künstler und Schriftsteller und ein ganz anderes Leben als das was sie als verheiratete Frau in New York erlebt hat.

Vorneweg: mir hat das Buch wahnsinnig gut gefallen. Viele Geschichten aus den 20er Jahren sind verständlicherweise düster und kritisch. Aber hier lernen wir mal eine andere Seite kennen. Lizzy durchläuft zwar eine etwas klischeehafte Wandlung zur klassischen Flapper, aber das Setting ist toll gewählt und für alle Literaturinteressierte und Buchliebhaber ein Fest. Es laufen uns allerhand Schriftsteller über den Weg von Ernest Hemingway bis James Joyce und wir lernen viel über das Verlegen von Büchern zur damaligen Zeit. Dabei spielt Shakespeare & Company, eine Buchhandlung, die es tatsächlich gab, und deren Inhaberinnen Sylvia Beach und Adrienne Monier eine entscheidende Rolle. Hier trifft Fiktion auf Realität, da beide Frauen zu engen Freundinnen von Lizzy werden. Wirklich fantastisch!
Ich habe mich an Midnight in Paris erinnert gefühlt (btw: wer den Film mit Owen Wilson nicht kennt - bitte unbedingt ansehen!).

Die Story ist an manchen Stellen etwas vorhersehbar, aber das tut dem Lesespass überhaupt gar keinen Abbruch, weil die Atmosphäre einfach so toll ist. Wenn man unbedingt etwas finden möchte, was vielleicht nicht so glücklich gelungen ist, dann ist es die Darstellung von Ezra Pound. Er ist meines Empfindens nach einfach zu positiv gezeichnet. Es wird zwar thematisiert, dass er ein Anhänger des Faschismus ist, aber hier hätte ich mir eine viel klarere Distanzierung gewünscht.

Alles in allem eine ganz klare Leseempfehlung für alle Bücher- und Literaturliebhaber!