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Veröffentlicht am 28.05.2023

Kleinkrieg nicht nur in der Küche

Die Küchenfee
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Spitzenköchin Lilli kocht seit Jahren gerne in einem der besten Restaurants der Stadt. Bis sie eines Tages erfahren muss, dass ihre Chefin seit längerer Zeit die Geliebte ihres Mannes ist. Die Köchin fängt ...

Spitzenköchin Lilli kocht seit Jahren gerne in einem der besten Restaurants der Stadt. Bis sie eines Tages erfahren muss, dass ihre Chefin seit längerer Zeit die Geliebte ihres Mannes ist. Die Köchin fängt daher mit »Lillis Schlemmereien« beruflich nochmal ganz neu an. Und als Draufgabe tritt Biobauer und Lieferant Mike auch noch in ihr Privatleben ein.
Das Cover mit Früchten, Blüten und Kochutensilien ist erfrischend in den Farben und macht neugierig auf eine heitere Küchenkomödie. Die Sprache ist einfach und die Dialoge sehr lebhaft gehalten. Sprecherin Katharina Abt führt in gemütlichem Tempo und großartiger Betonung durch die Geschichte. Der Sprecherin gebührt hier wirklich großes Lob, denn ihr ist es zu verdanken, dass man gerne weiter zuhört.
Die Geschichte an sich ist leider überfüllt mit Klischees und dadurch oft entfernt vom realen Leben. Der deutsche Koch, der nur mit französischem Akzent spricht, ist hier noch der kleinste Schwachpunkt. Leihköchin Lilli kann in dieser Geschichte keine Sympathie gewinnen. Sie wird geradezu als perfekt dargestellt, ob als Köchin in ihrem Cateringunternehmen oder als Hausfrau; und zusätzlich ist sie auch noch für ihre beiden Töchter da, denn von ihrem Mann ist in dieser Hinsicht ja leider so gar nichts zu erwarten. In Wirklichkeit befremdet Lillis Benehmen. Mit abfälligem Sprechen über ihre Kunden, aber vor allem mit der unterschiedlichen Behandlung ihrer Töchter; zudem ist auch deren Benehmen nicht immer nachvollziehbar.
Ich habe hier eine leichte Komödie zum entspannenden Hören erwartet, richtig lachen konnte ich aber nicht. Und etwas mehr glaubwürdigere Charaktere hätten der Geschichte sicher gutgetan. Als großer Pluspunkt bleibt aber die perfekte Intonation der Sprecherin erhalten.

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Veröffentlicht am 16.04.2023

Bücher als Heimat

Das Bücherschiff des Monsieur Perdu
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Buchhändler Jean Perdu lebt seit vier Jahren mit der Bildhauerin Catherine in der Provence. Die letzte Bitte des Schriftstellers José Saramago holt ihn aber wieder zu seinem Bücherschiff zurück. Er kann ...

Buchhändler Jean Perdu lebt seit vier Jahren mit der Bildhauerin Catherine in der Provence. Die letzte Bitte des Schriftstellers José Saramago holt ihn aber wieder zu seinem Bücherschiff zurück. Er kann einfach nicht ohne seine Leidenschaft leben und möchte Bücher und Menschen zusammenbringen. Gegen jedes Seelenleiden existiert nämlich das richtige Buch als rettende Arznei. Dafür muss seine „Pharmacie Littéraire“ aber erst in Paris anlegen. Perdu macht sich daher auf die Reise über die Kanäle Frankreichs um einen zweiten Anfang zu wagen.
Orange hebt sich das Bücherschiff auf dem Aquarell des Covers von der Seine ab. Das Lila der Brücke und der Gebäude erinnert ans Vorgängerbuch „Lavendelzimmer“. Die Sprache ist bildhaft, die Sätze sind teils lang und verschachtelt, wechseln dann aber wieder mit kurzen prägnanten Aussagen ab; auch der Sprachstil variiert – von poetisch bis umgangssprachlich.
Ich fühlte mich beim Lesen hin- und hergerissen. Lange Zeit wusste ich nicht, wohin die Autorin nun eigentlich will. Die Handlung plätschert nur so dahin, ohne tatsächlich voran zu kommen; die Gedanken der Protagonisten schweifen immer wieder ab und es kommt zu etlichen Rückblenden. Diese verweisen auf den ersten Teil von Perdus Lebensgeschichte, aber man findet sich gut zurecht auch ohne das „Lavendelzimmer“ zu kennen. Vieles dreht sich um das Thema Bücher, und auch die Dialoge leben stark davon.
Die Charaktere sind lebensnah, erfrischend sind vor allem die Telefonate mit Perdus Eltern sowie die Gedanken einer Hundedame, die auf der Arche mitfährt. Es geht um verpasste Möglichkeiten, um Ängste, um den Umgang mit sozialen Medien.
Am Ende fast jeden Kapitels befinden sich längere Einträge aus der Großen Enzyklopädie der Kleinen Gefühle, in denen Jean Perdu Buchtitel oder Autoren zu jeweiligen Seelenleiden auflistet. Diese Einträge haben zwar immer einen Bezug zur Handlung, stören andererseits aber manchmal den Lesefluss. Zusammengefasst am Ende des Romans wären sie für mich besser aufgehoben gewesen. Die Autorin verewigt sich sogar selbst im Buch; sie nimmt mit den anderen Protagonisten an einer Feier teil und ihre Werke finden Platz in den Regalen des Bücherschiffs.
Insgesamt ist es ein ruhiges Buch – es entspannt.

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Veröffentlicht am 26.03.2023

Menschliche Schicksale – und mehr

Mathias
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Das Buch beinhaltet zehn Kurzgeschichten, die anhand von Einzelschicksalen vom Leben erzählen. Das Cover ist schlicht, auf dunkelblauem Hintergrund leuchten gelb drei Sterne sowie Titel und der Name der ...

Das Buch beinhaltet zehn Kurzgeschichten, die anhand von Einzelschicksalen vom Leben erzählen. Das Cover ist schlicht, auf dunkelblauem Hintergrund leuchten gelb drei Sterne sowie Titel und der Name der Autorin.
Der Schreibstil ist recht nüchtern; fast wie Tatsachenberichte erscheint die Darstellung der Schicksale. Alle Geschichten, die sich um Menschen drehen, hinterlassen eine eher bedrückende Stimmung. Sicherlich regen sie zu weiterem Nachdenken an, denn es stimmt - das Leben trifft uns manchmal hart, durch Krieg, Flucht, Demenz, Trennung, Verlust und vieles mehr. Was in diesen Geschichten fehlt, sind kleine Hoffnungsschimmer. Aufgrund der offenen Enden bleibt es jedem Leser überlassen, den Geschicken eine positivere Wendung zu geben, dennoch scheint es nicht empfehlenswert mehrere Erzählungen knapp hintereinander zu lesen. Zu düster wird man damit zurückgelassen.

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Veröffentlicht am 25.03.2023

Alte Götter und junge Idole am Geburtsort der Welt

Der weiße Fels
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Einer mexikanischen Küstenstadt ist ein weißer Fels vorgelagert, der für den Yoeme-Stamm bedeutsam ist. Dieser Ort wird aber auch für die Protagonisten der vier Geschichten in diesem Buch zu einem wichtigen ...

Einer mexikanischen Küstenstadt ist ein weißer Fels vorgelagert, der für den Yoeme-Stamm bedeutsam ist. Dieser Ort wird aber auch für die Protagonisten der vier Geschichten in diesem Buch zu einem wichtigen Punkt, ja sogar zu einem Wendepunkt in ihrem Leben: 2020 bereist eine Schriftstellerin den Felsen, 1969 entflieht Jim Morrison dem Gesetz und fanatischen Fans, 1907 werden zwei Schwestern des indigenen Yoeme-Stamms dorthin verschleppt und 1775 startet ein spanischer Leutnant von dort die Eroberung des Kontinents.
Das Gemälde mit dem weißen Felsen überzieht das gesamte Cover, auch dessen Rückseite. Weißer als der Fels erstrahlen jedoch die Lettern des Titels und der Autorin. Am Anfang jeden Kapitels steht eine Skizze des Felsens, immer aus unterschiedlicher Perspektive. Das Buch besteht aus neun Teilen. Es beginnt mit der Geschichte der Schriftstellerin, befasst sich weiter mit dem Sänger, dem Leutnant und dem Mädchen. Die Mitte des Buches ist eine Seite dem Felsen gewidmet, der als Geburtsort der Welt bezeichnet wird. Anschließend werden – diesmal in umgekehrter Reihenfolge – die Geschichten des Mädchens, des Leutnants und des Sängers erzählt, um schließlich wieder bei der Schriftstellerin zu landen. Der Schreibstil ist teils poetisch, dann wieder recht nüchtern und beschreibend.
Die Autorin befasst sich mit den vier Protagonisten fast ausschließlich mit jenen Momentaufnahmen, in denen sie mit dem Felsen in nähere Berührung kommen. Nur beim spanischen Leutnant erzählt sie seinen Werdegang von seiner Kindheit bis zur Übernahme des Kommandos eines Expeditionsschiffs. Die historischen Fakten, auch den Sänger und das Yoememädchen betreffend sind gut recherchiert. Die Autorin gibt am Ende des Buches zahlreiche Quellen dazu an. Dennoch bleiben die vier Hauptpersonen namenlos. Alle Protagonisten haben zwar einen gewissen Bezug zum weißen Felsen, darin erschöpft sich aber die Gemeinsamkeit. Die Erzählstränge werden nicht in Verbindung zueinander gesetzt. Die Gemeinsamkeiten könnte man in ihren Problemen sehen, in den Situationen, die Entscheidungen von ihnen verlangen und in Zerrissenheit enden. Ein weitere Gemeinsamkeit sind wohl Ausbeutung und Aneignung – einerseits der Natur, andererseits der Geschichte eines Volks. Probleme werden angesprochen - Antworten gibt es keine.

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Veröffentlicht am 19.03.2023

Junge Frau nimmt ihr Leben in die Hand

Das Haus an der Herengracht
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1705 fühlt sich Thea Brandt mit achtzehn Jahren alt genug, um ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Sie besucht oft Theatervorstellungen - und ihren Geliebten, einen Bühnenmaler. Um ihre verarmte Familie ...

1705 fühlt sich Thea Brandt mit achtzehn Jahren alt genug, um ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Sie besucht oft Theatervorstellungen - und ihren Geliebten, einen Bühnenmaler. Um ihre verarmte Familie zu retten, soll sie Jacob van Loos heiraten. Eine Ehe mit dem Mitglied der feinen Amsterdamer Gesellschaft wäre ein Aufstieg für die uneheliche Thea, deren Haut dunkler ist, als in ihrer Umgebung üblich. Thea muss sich also entscheiden.
Das Cover erinnert an ein Puppenhaus; die Protagonisten sind als Papierfiguren auf drei Stockwerke verteilt. Der historische Roman ist in sechs Abschnitte unterteilt, die jeweils Kapitel in angenehmer Länge aufweisen. Die Dialoge sind lebhaft; für die Zeit um 1700 wirken sie allerdings – wie die Sprache des Romans allgemein - recht modern. Der Schreibstil ist einfach und man kommt schnell mit dem Lesen voran. Das Ambiente und das Alltagsleben jener Zeit ist detailliert beschrieben, genau wie die Charaktere; dennoch wirkt auch deren Verhalten zu „modern“ für die damalige Zeit. Thea ist mit ihren achtzehn Jahren trotz ihrer Naivität sehr selbstbewusst. Sie möchte sich von ihrer Familie abkapseln und ein selbstbestimmtes Leben führen.
Die junge Protagonistin besucht gerne – und oft auch ganz alleine – das Theater. Es mag ein Übersetzungsfehler sein, oder eine andere Verwechslung vorliegen, jedenfalls musste ich mich schon sehr wundern, dass Thea gerade beim Besuch von „Pyramus und Thisbe“ vor Lachen ganz schwindelig wurde, und ihre Lieblingsschauspielerin in diesem Drama zusätzlich als Diana auftritt.
Wen solche Kleinigkeiten nicht stören, der ist in diesem historischen Roman sicher gut aufgehoben. Die Geschichte weist keine Längen auf und unterhält – auch durch die Auflösung einiger Familiengeheimnisse.

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