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Veröffentlicht am 05.04.2023

Eine Lieblingsreihe, die mich immer noch packen kann

Ein Pakt mit dem Teufel
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London, 1867: Eine Frau wird ermordet und gräßlich verstümmelt auf einem Pier gefunden. Zunächst muss William Monk von der Wache Wapping der Thames River Police herausfinden, wer die Tote überhaupt ist. ...

London, 1867: Eine Frau wird ermordet und gräßlich verstümmelt auf einem Pier gefunden. Zunächst muss William Monk von der Wache Wapping der Thames River Police herausfinden, wer die Tote überhaupt ist. Zenia Gadney lebte zurückgezogen, bekam aber regelmäßig Besuch von einem Mann, der sie offenbar aushielt. Dieser, Dr. Joel Lambourn, hatte vor einigen Wochen Suizid begangen – hatte das die Tote auf die Straße getrieben, und damit ihrem Mörder in die Hände? Lambourns Ehefrau glaubt nicht an Suizid, doch kann sein Tod kaum mit Zenia Gadneys Tod in Zusammenhang stehen – oder doch?

Neben der Reihe, die das Ehepaar Pitt im Zentrum hat, habe ich auch immer schon gerne die mit den Monks gelesen, aber leider in den letzten Jahren pausiert, nun endlich habe ich begonnen, die beiden Reihen weiterzulesen, und es war für mich schnell wie ein Wiedersehen mit lang vermissten Freunden. Im ersten Band trafen Monk, der damals sein Gedächtnis verloren hatte, und Hester, die als Krankenschwester gerade aus dem Krimkrieg nach Hause gekommen war, erstmals aufeinander. Nun, im achtzehnten Band, sind sie, nach vielen Aufs und Abs ein glückliches Paar, Hester leitet eine Klinik für Straßenmädchen, Monk ist der Leiter der oben genannten Wache und die beiden haben einen Straßenjungen bei sich aufgenommen.

Natürlich ist auch der Anwalt Oliver Rathbone wieder Teil der Geschichte, den es gerade privat schwer getroffen hat, was auch an seinem Selbstbewusstsein knabbert. Nachdem Monk jemanden verhaftet hat, übernimmt Rathbone die Verteidigung, was einen harten Kampf bedeutet, den er kaum gewinnen kann. Dieser Kampf im Gerichtssaal nimmt einen großen Teil des Romans ein, der seine Spannung u. a. daraus zieht, wie die Geschworenen letztlich entscheiden werden. Dabei stellt man sich als Leser:in natürlich auch auf eine Seite.

Anne Perry erzählt sehr detailreich, aus verschiedenen Perspektiven und immer nah an ihren Charakteren. So kann man z. B. Oliver Rathbones inneren Kampf mit sich selbst verfolgen, er hadert stellenweise damit, das Mandat in diesem Fall übernommen zu haben, er ist sich nicht immer über seine Strategie klar, ist manchmal unsicher und hat zudem mit privaten Problemen zu kämpfen. Mir gefällt das, denn so kommen mir die Charaktere sehr nahe.

Wie immer in Anne Perrys Romanen ist ein großer Anteil Gesellschaftskritik enthalten. Dieses Mal dreht sich viel um das Thema Opium, das damals das einzige Schmerzmittel war, das wirklich Hilfe versprach, insbesondere bei starken Schmerzen. Es war freiverkäuflich und seine Dosierung unklar. Da es auch bei Kindern, sogar Säuglingen, z. B. bei Bauchschmerzen oder beim Zahnen verwendet wurde, kam es relativ häufig zu Todesfällen. Zudem waren die „Opiumkriege“ kein Ruhmesblatt für Großbritannien, und es steckte eine Menge Geld dahinter – hier treffen eine Reihe Interessen aufeinander.

Auch nach längerer Pause konnte ich mich direkt wieder in die Reihe einfinden, William und Hester Monk, sowie Oliver Rathbone sind für mich wie alte Bekannte, und es war schön, sie wiederzutreffen. Dazu gibt es einen komplexen Kriminalfall, Gesellschaftskritik, eine gelungene Auflösung und viel subtile Spannung, so dass ich den Roman zufrieden beenden konnte und mich auf den nächsten Band freue.

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Veröffentlicht am 26.03.2023

Was für eine Geschichte!

Fünf Winter
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Ende 1941: Der ehemalige Soldat Joe McGrady arbeitet seit kurzem beim Honolulu Police Department. Sein erster Mordfall hat es direkt in sich, ein junges Paar wird bestialisch ermordet. Als Joe wegen weiterer ...

Ende 1941: Der ehemalige Soldat Joe McGrady arbeitet seit kurzem beim Honolulu Police Department. Sein erster Mordfall hat es direkt in sich, ein junges Paar wird bestialisch ermordet. Als Joe wegen weiterer Ermittlungen nach Hongkong reist, gerät er mitten in den Pazifikkrieg, und sein Leben wird für Jahre auf den Kopf gestellt. Nach dem Krieg nimmt er den alten Fall wieder auf, denn er hat ein Versprechen gegeben.

Was für eine Geschichte! Anders kann ich das nicht sagen, und im Grunde ist das schon mein Fazit. Von der ersten Seite an hat sie mich gepackt, und bis zum Ende nicht losgelassen. James Kestrel hat einen recht sachlichen Erzählstil, trotzdem, aber vielleicht auch gerade deswegen, hat mich Joes Geschichte, sein Leben, dennoch sehr berührt. Im Grunde passt der Erzählstil zu Joe, denn oft scheint er alles sehr sachlich zu sehen, und tut, was er tun muss – und trotzdem scheinen seine Emotionen immer durch. Und auch mein Kopfkino hat sehr gut funktioniert – ganz großes Kino (eine Verfilmung könnte ich mir gut vorstellen).

Ich mochte Joe von Anfang an, und habe mit ihm mitgefühlt. Im Laufe seiner Geschichte begegnet er einer Reihe Personen, viele sind nur (sehr) kurz Weggefährten, nur wenige davon prägen sich tiefer ein, diese wird man dann aber nicht so schnell vergessen, wie etwa seinen Kollegen und Partner im Mordfall, Fred Ball, der gerne seine Fäuste einsetzt, um Geständnisse zu bekommen, oder Emily Kam und Takahashi Sachi, die beide auf ihre Art betroffen und für Joe wichtig sind.

Der historische Hintergrund war mir nicht in seiner Gänze bekannt, den Angriff auf Pearl Harbor kennt man natürlich, aber z. B. über Hongkongs Schicksal hatte ich bisher kaum etwas auf dem Schirm. Das macht den Roman für mich umso interessanter, denn so habe ich Neues erfahren. Da alles eng mit Joes Schicksal verbunden ist, wird es umso eindringlicher vermittelt. Der Roman erzählt, durchaus auch kritisch, ein Stück Kriegsgeschichte.

Joes Ermittlungen nach dem Krieg sind naturgemäß schwieriger, aber dennoch kann er den einen oder anderen Faden aufnehmen, und nun strebt die Geschichte ihrem endgültigen Höhepunkt zu, bietet noch ein paar Überraschungen – und ein sehr passendes Ende. Selten habe ich einen Roman so zufrieden und gleichzeitig berührt zugeklappt.

Was für eine Geschichte! Sie hat mich von Anfang bis Ende gepackt und berührt, mich Neues gelehrt, mir einen überaus interessanten Protagonisten und sehr viel Spannung beschert, sowie ein gelungenes Ende – ich bin rundum zufrieden und empfehle den Roman unbedingt weiter.

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Veröffentlicht am 06.03.2023

Unterhaltsamer historischer Krimi

Fräulein vom Amt – Die Nachricht des Mörders
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Baden-Baden, 1922: Alma Täuber ist ein Fräulein vom Amt, und hört eines Tages etwas mit, was sie nach einer Zeitungsmeldung am nächsten Tag, zur Polizei gehen lässt. Offenbar wurde in dem Telefonat ein ...

Baden-Baden, 1922: Alma Täuber ist ein Fräulein vom Amt, und hört eines Tages etwas mit, was sie nach einer Zeitungsmeldung am nächsten Tag, zur Polizei gehen lässt. Offenbar wurde in dem Telefonat ein Mord bestätigt. Bei der Polizei nimmt man sie, bis auf Kommissaranwärter Ludwig Schiller, nicht so ganz ernst, doch Alma lässt die Sache keine Ruhe.

Ehrlich gesagt, hatte ich mir gar nicht so viel von dem Roman versprochen, da Baden-Baden aber einmal ein neues Setting verspricht, und mich sowohl die 20er Jahre als auch historische Kriminalromane interessieren, hatte ich doch ein gewisses Interesse an dem Roman entwickelt – der mich dann tatsächlich schon nach kurzer Zeit gepackt hat.

Das liegt vor allem auch an den Charakteren. Sowohl Alma als auch Ludwig mochte ich direkt, und auch ihr Umfeld bzw. das von Alma (von Ludwig erfährt man noch nicht so viel) hat mir gefallen, ihre Mitbewohnerin Emmi, ihre Familie, aber tatsächlich in erster Linie Alma selbst, die modern, klug und zupackend ist, und sich nicht aufhalten lässt, wenn sie das Gefühl hat, es läuft etwas schief.

Sehr gut finde ich auch den Zeitkolorit, den der Roman aus jeder Pore verströmt, da werden historische Persönlichkeiten und Ereignisse mit hineingepackt, aber auch die damalige Zeit lebendig, die Automobile, die mehr und mehr die Straßen erobern, aber auch z. B. Almas Beruf, und die Tatsache, dass nur unverheiratete Frauen arbeiten (sollten). Und auch Baden-Baden spielt seine Rolle, wenn es z. B. auf die Pferderennbahn geht. Ich habe mich schnell in die Zeit zurückversetzt gefühlt. Durch das Glossar im Anhang erhält man zusätzliche Informationen.

Der Fall ist komplex und bietet überraschende Wendungen, am Ende wird er nachvollziehbar gelöst. Vielleicht ist es nicht ganz realistisch, dass Alma in manches miteinbezogen wird, das hat mich aber nicht gestört, denn Alma ist auch hier klug und patent, und eher eine Bereicherung als eine Störung.

Ich bin begeistert, freue mich schon darauf, den nächsten Band zu lesen und hoffe auf viele weitere Bände dieser Reihe. Wer gerne historische Kriminalromane mit sympathischen Charakteren, interessanten Fällen und viel Zeitkolorit liest, ist hier genau richtig.

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Veröffentlicht am 28.02.2023

Wieder herrlich!

Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel (Die Mordclub-Serie 3)
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Der Donnerstagmordclub hat sich einen neuen Cold-Case-Fall ausgesucht, den es zu lösen gilt. Joyce ist begeistert, denn es steht zu erwarten, dass sie den Fernsehmoderator Mike Waghorn kennenlernen wird, ...

Der Donnerstagmordclub hat sich einen neuen Cold-Case-Fall ausgesucht, den es zu lösen gilt. Joyce ist begeistert, denn es steht zu erwarten, dass sie den Fernsehmoderator Mike Waghorn kennenlernen wird, Kollege und Freund des Opfers. Nahezu parallel werden Elizabeth und ihr Ehemann Stephen entführt. Es ist wieder viel los in der Seniorenresidenz Coopers Chase …

Der dritte Fall und es geht gleich wieder zur Sache. Ich mag diese Reihe sehr, die sympathische Charaktere mit, sagen wir, „besonderen“ Fähigkeiten zu bieten hat, spannende Fälle und viel (britischen) Humor. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich wieder geschmunzelt oder gar laut gelacht habe.

Auch dieses Mal gibt es zu den Vier vom Donnerstagmordclub und ihren „Helfern“ wieder ein paar interessante neue Charaktere, eine Maskenbildnerin, ein ehemaliger KGB-Offizier, ein „Wikinger“ und ein paar mehr oder weniger Kriminelle. Wer nicht aufpasst, wird flugs miteingespannt.

Der Fall ist wieder einmal nicht einfach zu lösen, zumal man ja auch noch verhindern muss, dass der Entführer etwas unangenehmes tut. Aber nach und nach ergeben sich neue Erkenntnisse, und als Leser:in kann man auch gut mitraten. Gut gefallen haben mir auch die mehr oder weniger innigen zwischenmenschlichen Beziehungen, die sich ergeben, und natürlich auch das Miteinbeziehen von Charakteren aus den Vorgängerbänden, was man nicht in jedem Fall erwarten würde, und was sich in zukünftigen Bänden (die es hoffentlich geben wird) interessant entwickeln könnte.

Am Ende ist alles gut gelöst und hat noch ein paar herrliche/überraschende Wendungen bereit. Ich habe den Roman mit einen lachenden und einem weinenden Auge zugeklappt, weinend, weil ich jetzt wieder warten muss. Ich bin so gespannt auf den nächsten Fall, aber auch, wie sich manches und manche Beziehung weiterentwickeln wird.

Wer gute Krimis mag, aber auch ebenso guten Humor zu schätzen weiß, dabei von spannenden Fällen und interessanten (wenn auch schon etwas älteren) Protagonist:innen lesen möchte, sollte hier unbedingt zuschlagen. Ich kann diese Reihe absolut empfehlen.

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Veröffentlicht am 28.02.2023

Ein Ausnahmetalent

Das Monster und andere Geschichten
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Die Anthologie enthält 12 Geschichten des leider viel zu früh verstorbenen Ausnahmetalentes Stephen Crane.

Erst im letzten Jahr las ich die Kurzgeschichtensammlung „Die tristen Tage von Coney Island“ ...

Die Anthologie enthält 12 Geschichten des leider viel zu früh verstorbenen Ausnahmetalentes Stephen Crane.

Erst im letzten Jahr las ich die Kurzgeschichtensammlung „Die tristen Tage von Coney Island“ mit weiteren Werken von ihm, und war schnell begeistert. Stephen Crane erzählt wie aus dem Leben gegriffen, sehr anschaulich und packend, man erkennt auch manches wieder, auch wenn zwischen den Erzählungen und heute über hundert Jahre liegen. So konnte ich z. B. gerade in den Geschichten aus kindlicher Perspektive (dazu später mehr) etwas wiederfinden.

Die titelgebende Geschichte „Das Monster“ ist die mit Abstand längste, schon fast ein Kurzroman. Es geht um den dunkelhäutigen Henry Johnson, der bei der Arztfamilie Trescott in Stellung ist. Als ein Brand ausbricht, rettet er Jimmie, dem Sohn des Hauses, das Leben, trägt aber selbst schwere Brandwunden, vor allem im Gesicht davon, und wird fortan von der Bevölkerung als Monster bezeichnet und gemieden, letztlich wirkt sein Dasein sich sogar negativ auf das Renommee seines Dienstherren aus. Mich hat diese Geschichte sehr berührt, aber auch bedrückt.

Die Trescotts, vor allem Jimmie kommen auch in weiteren Geschichten vor, diese werden aus Jimmies Perspektive erzählt, und man hat sofort den Eindruck, dass Crane sich noch gut an seine Kindheit erinnert. Diese Geschichten fand ich am eindrucksvollsten, zuzüglich der ersten „Neue Handschuhe“, die ebenfalls aus Kindersicht, dieses Mal aber aus der eines Jungen namens Horace, erzählt wird, dem verboten wird, seine neuen Handschuhe zu verschmutzen. Meine Lieblingsgeschichte ist aber wohl „Redner in Nöten“, mit der ich mich tatsächlich identifizieren kann, und die davon erzählt, welche Nöte ein Kind ausstehen muss, wenn es in der Schule etwas vortragen muss. „Natürlich war Jimmie nicht klar, dass man an diesem Tag die Weichen gestellt hatte für die unwiderrufliche Unfähigkeit öffentlich vorzutragen, die ihn bis zum Ende seiner Tage begleiten würde. (Pos. 367) – ich fürchte, bei mir ist das auch so ….

Aber auch alle anderen Geschichten haben mich auf ihre jeweils eigene Art berührt, sie alle sind absolut lesenswert. Stephen Cranes Geschichten sind nichts für zwischendurch, dafür sind sie tatsächlich auch zu schade. Man sollte sich Zeit nehmen und aufmerksam lesen, damit sie ihr ganzes Potential entfalten können. Was hätte dieser junge Mann wohl noch geschrieben, hätte er länger leben dürfen? Was für ein Verlust. Aber immerhin hat er ein vielfältiges Werk hinterlassen, ich freue mich darauf, weiteres aus seiner Feder lesen zu können.

Die Geschichten sind alle über hundert Jahre alt, Stephen Crane verstarb bereits im Jahr 1900 im Alter von 28 Jahren. So muss man diese auch im Kontext ihrer Zeit lesen, in den Hinweisen zur Übersetzung wird darauf hingewiesen, dass so originalgetreu wie machbar übersetzt wurde, auch wenn manche Begriffe heute anders besetzt sind: „Die Erhaltung der Begriffe ist notwendig, gerade für ein umfassendes Verständnis des zeitlichen Kontextes, und um der Leserschaft eine eigene Einschätzung der seinerzeit herrschenden Verhältnisse zu ermöglichen“ (Pos. 31). Dies kommt vor allem auch in „Das Monster“ zum Tragen.

Stephen Crane ist ein Ausnahmetalent, dessen Werke man gelesen haben sollte. Er erzählt aus dem Leben gegriffen, anschaulich, eindringlich und berührend. Seine Geschichten wirken lange nach.