Profilbild von bookloving

bookloving

Lesejury Star
offline

bookloving ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit bookloving über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.05.2023

Ein fesselnder Segeltörn ins Ungewisse

In blaukalter Tiefe
0

MEINE MEINUNG
Nach ihrem Spiegel-Bestseller „Unter Wasser Nacht“ hat die deutsche Autorin Kristina Hauff mit „In blaukalter Tiefe“ erneut einen höchst fesselnden Spannungsroman vorgelegt.
Hierin nimmt ...

MEINE MEINUNG
Nach ihrem Spiegel-Bestseller „Unter Wasser Nacht“ hat die deutsche Autorin Kristina Hauff mit „In blaukalter Tiefe“ erneut einen höchst fesselnden Spannungsroman vorgelegt.
Hierin nimmt sie uns mit auf einen Segeltörn in die wildromantischen schwedischen Schären mit fünf Protagonisten wie sie kaum unterschiedlicher sein könnten. Was als ein unbeschwerter Traumurlaub beginnt, der frischen Wind in ihre Ehekrise und schleichende Entfremdung bringen soll, gerät langsam außer Kontrolle und endet schließlich in einem Alptraum.
Mit diesem typischen „closed-room-Szenario“ hat die Autorin das ideale Setting für einen zwar nicht neuen, aber vielversprechenden Plot gewählt, das natürlich aufgrund ungewohnter Nähe und fehlender Rückzugsmöglichkeiten großes Konfliktpotential in sich birgt und dramatische Zuspitzungen befürchten lässt.
Erzählerisch hat mich dieser Roman mit seinem ansprechenden, eindringlichen Schreibstil und insbesondere den atmosphärisch dichten, bildgewaltigen Beschreibungen der Landschaft und Naturgewalten sehr begeistern können.
Bereits mit dem einführenden Erzählstrang werden geschickt ungute Vorahnungen geweckt. Die Autorin versteht es hervorragend, uns mit spannenden Wendungen zu überraschen und die von Beginn an schwelende, unheilvolle Stimmung stetig zu verdichten.
Erzählt wird die Geschichte aus den unterschiedlichen Perspektiven der vier Protagonisten – Caroline, Andreas, Daniel und Tanja, so dass wir eindrückliche Einblicke in ihre Gedankenwelt, Emotionen und inneren Abgründe erhalten und mehr über. ihre Hintergrundgeschichten erfahren.
Die raschen Perspektivwechsel und die Gegenüberstellung der so unterschiedlichen Charaktere sorgen für einen kontinuierlichen Spannungsaufbau. Gebannt verfolgt man Geschehnissen an Bord der Segelyacht - den zunehmenden Animositäten und sich allmählich zuspitzenden Konflikten, die zwangsläufig auf eine Katastrophe hinauslaufen.
Während die verschiedenen Charaktere anfangs noch die von ihnen erwarteten Rollen spielen, bekommt die künstlich aufrecht erhaltene perfekte Fassade immer mehr Risse, Beziehungen werden infrage gestellt bis schließlich alle Masken fallen und sich jeder – an seine absoluten Grenzen getrieben - in einem psychischen Ausnahmezustand befindet. Hauff ist es hervorragend gelungen, die faszinierende, sich immer weiter verselbständigende Gruppendynamik, die dramatischen psychologischen Entwicklungen und verhängnisvollen Verwicklungen an Bord der „Querelle“ einzufangen.
Auf geniale Weise spiegelt Hauff die explosive Atmosphäre und eskalierenden Machtspielchen während des Segeltörns in den zunehmend aufgeladenen Naturgewalten, und lässt das Ganze schließlich in dem bedrohlichen Aufziehen eines Sturmtiefs kumulieren. Die Autorin zeichnet ein sehr eindrucksvolles und überaus glaubhaftes Psychogramm ihrer Figuren. Ob nun der wortkarge, undurchschaubare Skipper Eric, die distanzierte, karriereorientierte, selbstbewusste Caroline, die von ihrem Mann entfremdet ist und einen Neuanfang sucht, ihr geltungssüchtiger, erfolgsverwöhnter Mann Andreas, oder der ehrgeizige, opportunistische Daniel, der sich als Anwaltskollege von Andreas Hoffnungen auf eine Partnerschaft in der Kanzlei ausrechnet bis schließlich zu seiner bodenständigen, empathischen und unsicheren Freundin Tanja, die sich als schwarzes Schaf völlig deplatziert fühlt – sie alle sind sehr stimmig und tiefgründig ausgearbeitet. Auch wenn sie kaum Sympathien bei mir weckten, habe ich ihre Handlungen angesichts der herausfordernden Krise mit großem Interesse verfolgt und nachvollziehen können.

FAZIT
Ein sehr atmosphärischer und eindringlich erzählter Spannungsroman – mit differenzierten, feinfühligen Charakterstudien, einer mitreißenden Dynamik und eindrucksvollen Natur- und Landschaftsbeschreibungen und!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.04.2023

Grandiose Zeitreise in das Krisenjahr 1923

1923
0

MEINE MEINUNG
Etliche Bücher widmen sich inzwischen dem legendären Weimarer Krisenjahr 1923, das zugleich für viele Deutsche ein Schicksalsjahr war, und in dem viele Weichen für die Zukunft gestellt wurden. ...

MEINE MEINUNG
Etliche Bücher widmen sich inzwischen dem legendären Weimarer Krisenjahr 1923, das zugleich für viele Deutsche ein Schicksalsjahr war, und in dem viele Weichen für die Zukunft gestellt wurden. Augenfällig und erschreckend sind viele Parallelen zur heutigen Zeit, so dass es sich lohnt, sich mit den damaligen Vorboten und unheilvollen Entwicklungen eingehender auseinander zu setzen.
In seinem unterhaltsamen und lehrreichen Sachbuch „1923. Endstation. Alles einsteigen!“ nimmt uns der deutsche Drehbuchautor, Historiker und Schriftsteller Peter Süß mit auf eine faszinierende Zeitreise tief hinein in das geschichtsträchtige Wendejahr 1923 und wirft interessante Schlaglichter auf die damaligen Ereignisse in Politik, Ökonomie, Gesellschaft und Kultur.
Süß versteht es hervorragend, die sorgsam recherchierten historischen Details sehr anschaulich, kurzweilig und humorvoll aufzubereiten und uns einen aufschlussreichen Einblick in dieses denkwürdige Jahr und die historischen Zusammenhänge zu vermitteln. Geschickt szenisch inszeniert können wir mühelos in die damalige verhängnisvolle wie außergewöhnliche Zeit eintauchen und die lebendig gewordenen Geschehnisse vor unserem inneren Auge Revue passieren lassen.
Im monatlichen Verlauf erzählt Peter Süß von turbulenten Ereignissen, Umsturzplänen und erstarkendem Nationalismus -der Ruhrbesetzung, Hyperinflation und dem Hitler-Putsch. An der Seite von exemplarisch ausgewählten, mehr oder weniger prominenten Deutschen (Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky, Käthe Kollwitz, Franz Kafka und viele andere) erleben wir jene Zeit voller Kontraste und haben in aufschlussreichen Episoden Anteil an ihren sehr persönlichen Schicksalen, Sorgen und Nöten. Gekonnt führt uns Süß aus immer wieder neuen Perspektiven vor Augen, welche Folgen die Entwertung des Geldes, Arbeitslosigkeit und Verelendung der Bevölkerung mit sich bringen. Hautnah wir können die vielfältigen ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen miterleben und nachvollziehen, wie dicht damals Glanz und Elend beieinander lagen. Kaleidoskophaft fügen sich schließlich die unterschiedlichen Stimmungen, Begebenheiten jener Zeit und historischen Hintergründe zu einem facettenreichen Bild zusammen. Abgerundet wird diese fesselnde Zeitreise durch zahlreiche eingestreute Fotografien.

FAZIT
Eine lehrreiche und sehr unterhaltsame Geschichtsstunde über das unglaublich ereignisreiche Krisenjahr 1923 – hervorragend recherchiert, anschaulich inszeniert und mitreißend erzählt!
Eine grandiose und empfehlenswerte Zeitreise, für alle die ihr Allgemeinwissen auffrischen möchten!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.03.2023

Beeindruckendes Romandebüt

Gleißendes Licht
0

MEINE MEINUNG
In seinem eindrucksvollen, sehr bewegenden Roman „Gleißendes Licht“ widmet sich der deutsch-türkisch-armenische Komponist, Gitarrist und Debütautor Marc Sinan den schwierigen Themenkomplexen ...

MEINE MEINUNG
In seinem eindrucksvollen, sehr bewegenden Roman „Gleißendes Licht“ widmet sich der deutsch-türkisch-armenische Komponist, Gitarrist und Debütautor Marc Sinan den schwierigen Themenkomplexen von Tätern und Opfern, von Verfolgung und dem Völkermord an den Armeniern zu Beginn des 20. Jahrhunderts und Bemühungen zur Aufarbeitung dieses Unrechts.
Hierin erzählt er eine facettenreiche wie tragische Familiengeschichte, die deutlich autobiografische Züge trägt, wie wir dem äußerst kurzen Nachwort entnehmen können.
Sinan beleuchtet in Schlaglichtern die ethnisch-kulturelle Vielfalt der Türkei, die Geschichte des türkischen und armenischen Volks und lässt zudem mythologische Erzählungen einfließen. Zugleich spürt er dem Schicksal und den Traumata seiner persönlichen Familiengeschichte nach, die unbewusst auch das Leben der nachfolgenden Generationen nachhaltig beeinflussten.
Im Mittelpunkt der vielschichtigen Handlung steht der erfolgreiche Berliner Musiker Kaan mit deutsch-türkisch-armenischen Wurzeln, der aufgrund einer Identitätskrise beginnt, die Geschichte seiner türkischen Familie anhand seiner verdrängten Erinnerungen zu rekonstruieren. Ähnlich wie sein musikalisch hochtalentierter Protagonist wuchs der Mitte der 1970er-Jahre geborene Autor in einer bayerischen Kleinstadt auf, gefördert und angetrieben von seiner extrem ehrgeizigen türkischen Mutter avancierte er schließlich zu einem gefragten klassischen Gitarristen und widmet sich vorrangig seiner Karriere als Musiker.
Sinan hat seine Geschichte nicht-chronologisch auf verschiedensten Zeitebenen mit vielen Zeitsprüngen angelegt. Mit seinem kraftvollen, poetischen Schreibstil zieht der Autor uns bald in seinen Bann.
Aus der Perspektive des Protagonisten Kaan erzählt er aufschlussreiche Episoden aus dessen Kindheit, Jugend und lässt uns an seiner bewegten Familiengeschichte teilhaben. In Rückblenden springt er von der Gegenwart zurück in die Vergangenheit zum türkischen Großvater Hüseyin und seiner armenischen Großmutter Vahide und gibt uns zugleich bedrückende Einblicke in die Hintergründe des 100 Jahre zurückliegenden Genozids und der Verfolgung des armenischen Volkes.
Nach und nach fügen sich die vielen Fragmente der tragischen Geschichte seiner Großmutter zusammen und offenbaren die in der Vergangenheit erlittenen Traumata. Bis heute wird das Leben des Protagonisten durch das konsequente Schweigen darüber unbewusst beeinträchtigt und geprägt. Immer wieder verwebt der Autor die Motive von Schmerz und Anklage, von Schuld, Vergeltung und Rachegedanken eindrücklich in seine Handlung. Auch mythologische Geschichten und aufwühlende Traum-Sequenzen setzen brillante Akzente und spiegeln die teilweise unergründlichen gedanklichen Assoziationen des Helden wider, der mir mit seinem recht egomanischen Auftreten leider bis zum Ende hin nicht sonderlich sympathisch war.
Marc Sinan hat seinen beeindruckenden Roman als eine hochkomplexe, bildgewaltige Komposition angelegt, die mit verschiedenen wiederkehrenden Motiven, subtilen Anspielungen und surrealer Sequenzen in ihrer Vielschichtigkeit nicht immer leicht zu erfassen und zu verstehen ist.

FAZIT
Ein bewegendes, sehr vielschichtiges Porträt einer traumatisierten Familie, bei der die Auswirkungen des Völkermordes an den Armeniern bis heute nachwirken!
Zugleich ist der beeindruckend erzählte Roman eine Verneigung vor den Opfern des Völkermords und eine bittere Anklage der bis heute ungesühnten Verbrechen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.03.2023

Vielversprechender Auftakt

Fräulein Anna, Gerichtsmedizin (Die Gerichtsärztin 1)
0

MEINE MEINUNG
„Fräulein Anna, Gerichtsmedizin - Die Prinzregentenmorde“ ist der gelungene Auftakt einer neuen vielversprechenden historischen Roman-Serie aus der Feder einer unter dem Pseudonym Petra Aicher ...

MEINE MEINUNG
„Fräulein Anna, Gerichtsmedizin - Die Prinzregentenmorde“ ist der gelungene Auftakt einer neuen vielversprechenden historischen Roman-Serie aus der Feder einer unter dem Pseudonym Petra Aicher schreibenden Bestseller-Autorin.
Diese abwechslungsreiche Geschichte sorgt mit ihrer ansprechenden Mischung aus fesselnden Nachforschungen zu einem tragischen Kriminalfall, zarter Liebesgeschichte und faszinierenden historischen Einblicken für gute Unterhaltung.
Angesiedelt vor dem historischen Hintergrund der ausgehenden Ära des Prinzregenten Luitpold bis hin zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs entspinnt sich eine abwechslungsreiche Handlung rund um den tragischen Tod einer alternden, einst gefeierten Schauspielerin, die mich mit tollem Zeit- und Lokalkolorit rasch in ihren Bann gezogen hat. Gekonnt nimmt uns die Autorin mit auf eine aufregende Zeitreise von 1912 bis 1914 in die bayerische Haupt- und Residenzstadt München und vermittelt mit ihren lebendigen und atmosphärischen Beschreibungen ein stimmiges Bild der damaligen Zeit, spannende Einblicke in die Münchener Gesellschaft und das Alltagsleben der einfachen Münchener Bürger. Wir erleben die blühende Metropole im Wandel der Zeiten zwischen Wirtschaftsaufschwung und Wohlstand, althergebrachten Traditionen, bayerischer Gemütlichkeit und dem ausschweifenden Treiben der Adeligen, Künstler und Literaten.
Äußerst aufschlussreich sind dabei die Einblicke in das Leben der Frauen zu jener Zeit in einer von Männern dominierten Welt – die einen führen ein Leben ohne Rechte und abhängig von Vater oder Ehemann, während die anderen sich in einer arrangierten Ehe mehr für ihren Status und Reichtum interessieren und ihren Ehemännern große Freiräume zubilligen.
In den gut recherchierten zeitgeschichtlichen Rahmen sind zudem interessante historische Fakten eingestreut und bekannte historische Persönlichkeiten eingewoben.
Im Mittelpunkt der vielschichtigen Geschichte steht mit der jungen Krankenschwester Anna Zech eine trotz ihrer einfachen Herkunft bemerkenswerte, selbstbewusste Protagonistin, die als Obduktionsassistentin in der Münchner Gerichtsmedizin beginnt und schon bald in ihrer ungewöhnlichen Arbeit aufgeht. Als zweite Hauptfigur lernen wir den jungen adligen Friedrich von Weynand kennen, der seiner unglücklichen Ehe zu entfliehen versucht, sich als proletarischer Journalist Fritz Nachtwey ausgibt und in München Skandalgeschichten für eine Zeitung recherchiert. So entlockt er mit seinem Charme auch der unbedarften Anna nach ihrer ersten Obduktion wichtige Details zu der berühmten Wasserleiche aus der Isar und verfasst hierzu einen brisanten Zeitungsartikel.
Mit ihrem leichten, abwechslungsreichen Erzählstil versteht die Autorin es hervorragend, uns von Beginn an gemeinsam mit den sympathischen Protagonisten in die farbenprächtige historische Vergangenheit abtauchen zu lassen. So erleben wir mit, wie sich Anna allmählich dem arrogant und etwas schnöseligen wirkenden Fritz annähert, sein Doppelleben entlarvt und die beiden sich schließlich anfreunden. Rasch werden wir hineingezogen in die spannenden Nachforschungen des allmählich gut eingespielten Ermittlerduos zu den mysteriösen Todesumständen. Diese treten allerdings wegen der vielen privaten Verwicklungen immer wieder in den Hintergrund und erstrecken sich so (fast wie im wirklichen Leben) über einen sehr langen Zeitraum. Geschickte Perspektiv- und Schauplatzwechsel sorgen für Dynamik und lassen die Spannung rasch ansteigen. Neben amüsanten Episoden sorgen auch etliche unerwartete Wendungen für Abwechslung. Der packende, recht verzwickte Fall lädt zum Miträtseln ein und konnte mich mit der stimmigen Auflösung am Ende sogar sehr überraschen.
Etwas schade fand ich allerdings, dass wir bis auf wenige höchst aufschlussreiche Episoden nur selten einen Blick in die herausfordernde Arbeit in der Gerichstmedizin werfen konnten. Gerne hätte ich noch mehr über Annas Arbeit und ihre höchst amüsanten Interaktionen mit den beiden etwas wunderlichen Kollegen erfahren.
Die Autorin hat ihre verschiedenen Charaktere lebendig und mit viel Liebe ausgearbeitet, so dass sie mit ihren Eigenarten sehr lebensnah wirken. Sie versteht es, ihre Figuren zum Leben zu erwecken und uns die Gedankenwelt ihrer Charaktere glaubwürdig näher zu bringen. Insbesondere die sympathische, facettenreiche Hauptfigur Anna ist mir rasch ans Herz wachsen und ich bin sehr gespannt, wie sie sich im 2. Band weiterentwickeln wird.

FAZIT
Ein vielversprechender Auftakt einer unterhaltsamen historischen Roman-Reihe um ein sehr gegensätzliches Ermittlerduo! Mit sympathischen Charakteren, tollem historischen Flair, einer kurzweiligen Handlung und einem verzwickten Kriminalfall!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.03.2023

Fesselnde Neuerzählung der wahren Geschichte Medusas

STONE BLIND – Der Blick der Medusa
0

MEINE MEINUNG
Mit ihrem unterhaltsamen Roman „Stone blind – Der Blick der Medusa“ ist der britischen Bestseller-Autorin Natalie Haynes eine äußerst fesselnde Neuerzählung der antiken griechischen Mythologie ...

MEINE MEINUNG
Mit ihrem unterhaltsamen Roman „Stone blind – Der Blick der Medusa“ ist der britischen Bestseller-Autorin Natalie Haynes eine äußerst fesselnde Neuerzählung der antiken griechischen Mythologie rund um die faszinierende Figur der Medusa gelungen.
Hervorragend hat die Autorin die Darstellungen aus den Varianten des berühmten Mythos und verschiedenen antiken Quellen recherchiert und zu einer anschaulich und mitreißend erzählten Geschichte verwoben.
Eine umfassende Darstellung des Mythos von Medusa und Perseus findet sich in Ovids Werk Metamorphosen.
Da das Schicksal von Medusa untrennbar mit der Legende und dem Heldenepos von Perseus, dem Sohn von Zeus, verbunden ist, beleuchtet die Autorin sehr ausführlich die vielschichtige Vorgeschichte der tragischen Geschehnisse. Gekonnt nimmt uns die Autorin mit auf eine spannende Zeitreise durch das antike Griechenland zu berühmten mythischen Stätten. Sie lässt die alten mythischen Götterhelden wie Zeus, Poseidon, Hera, Hephaistos, Athene oder Hermes aus den bekannten Legenden der klassischen Antike vor unserem inneren Auge lebendig werden und zudem viele hilfreiche Hintergrundinformationen zur komplexen griechischen Mythologie einfließen.
Aus den unterschiedlichen Erzählperspektiven lernen wir die mächtigen olympischen Götter kennen mit ihren unterschiedlichen Persönlichkeiten und Schwächen und erkunden ihre komplizierten Beziehungen zueinander, aber auch ihre Einstellung zu den Halbgöttern und Sterblichen. Zudem erhalten wir sehr aufschlussreiche Einblicke in ihre Geheimnisse, Intrigen, Rache- und Machtgelüste, Eitelkeiten und ihrer permanenten Missgunst, die Ursache für zahllose Familiendramen, erbarmungslosen Streitigkeiten und ihr oftmals grausames Handeln sind.
Poetisch und bildgewaltig erzählt Haynes die facetten- und wendungsreiche Geschichte der Medusa aus einem feministischen Blickwinkel und bietet interessante, erfrischend andere Perspektiven. Es ist die bewegende Geschichte einer jungen selbstlosen Frau, die als jüngste der Gorgonenschwestern als Sterbliche aufwächst und der von den launischen und rachsüchtigen Göttern sehr übel mitgespielt wird. So erleben wir Medusa mehr als mitfühlende Schwester und bedauernswertes Opfer denn als todbringendes Monster, zu dem sie schließlich gemacht wurde, mit ihrem Haupt aus Schlangen und ihrem Blick, der jedes Lebewesen zu Stein verwandelt.
Gekonnt und mit humorvollen Seitenhieben demontiert die Autorin nach und nach das glorreiche Heldenepos von Perseus. Nur mit göttlicher Hilfe gelang es ihm, seine abenteuerliche Mission zu bestehen und das machtvolle Gorgonenhaupt in seinen Besitz zu bringen, das ihn schließlich zu einem wahrhaft furchteinflößenden Monster werden ließ.
Hervorragend hat die Autorin in zahlreichen Episoden die durchtriebene, streit- und rachsüchtige Persönlichkeit von Athene, als Göttin des Krieges, des Handwerks und des Heldenmuts, eingefangen. Ich muss gestehen, dass mich Athenes facettenreicher Charakter mit ihren Eigenheiten und ihre boshaften Intrigen fast mehr in den Bann gezogen haben, als die eigentliche Protagonistin Medusa, die zeitweilig etwas in den Hintergrund gedrängt wurde und leider längst nicht so präsent in der Geschichte war.

Zum Hörbuch:
Die Schauspielerin, Hörbuch- und Synchronsprecherin Laura Maire ist eine sehr gelungene Besetzung für dieses ungekürzte Hörbuch. Mit ihrer angenehmen, frischen Stimme und flottem Tempo präsentiert sie die Geschichte sehr mitreißend und lebendig. Trotz der vielen Charaktere und raschen Perspektivwechsel, die einem beim Zuhören etwas Konzentration abverlangen um nicht den Faden zu verlieren, konnte ich der Handlung gut folgen. Mit Steigerungen des Sprechtempos, Variation der Intonation und wohl dosierten Pausen gestaltet sie die unterschiedlichen Episoden abwechslungsreich und eindringlich. Gekonnt sie bietet ein breites Spektrum an Stimmvarianten auf und schlüpft mit den passend gewählten Stimmnuancen mühelos in die verschiedenen Rollen, so dass man sich in die sich rasch wechselnden Emotionen der verschiedenen Charaktere wunderbar hineinversetzen kann.
Insgesamt eine lebendige und überzeugende Lesung, die dieses Hörbuch zu einem mitreißenden Hörvergnügen macht!

FAZIT
Eine beeindruckende, fesselnde Neuerzählung des antiken griechischen Mythos um Medusa aus einem feministischen Blickwinkel – gut recherchiert, lehrreich und mitreißend erzählt.
Sehr empfehlenswert für alle, die sich für die berühmten Mythen der klassischen Antike interessieren.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere