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Veröffentlicht am 21.04.2023

Das Sonntagskind Leopoldine ...

Der grüne Palast
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Aha, ein ganzer Roman in Briefform. Mmmmhh, so gar nicht meins, dachte ich. Doch ich hatte das Buch einer lieben Freundin versprochen und da musste ich nun durch. Umso überraschter war ich dann, als ich ...

Aha, ein ganzer Roman in Briefform. Mmmmhh, so gar nicht meins, dachte ich. Doch ich hatte das Buch einer lieben Freundin versprochen und da musste ich nun durch. Umso überraschter war ich dann, als ich nach wenigen Seiten ganz fasziniert war von diesem Schreibstil und vor allem von der wunderbaren Wahl der Worte. Die Autorin Peggy Hohmann ließ mich teilhaben am Leben im frühen 19. Jahrhundert, und zwar auf eine ganz charmante Weise, die sich anfühlte, als hätte ich mich direkt selbst in eine Zeitmaschine gesetzt. Der Roman ist eine gelungene Mischung aus Wahrheit und Fiktion und befasst sich im Hauptaugenmerk mit der jungen Erzherzogin Leopoldine, einer Tochter Kaiser Franz I., die von den Wienern liebevoll Poldi genannt wurde. Und nun soll eben diese junge, aufgeweckte und intelligente Frau verheiratet werden. Natürlich zum Wohle Österreichs. Man hat den portugiesischen Thronfolger Pedro von Bragança und eine Reise nach Brasilien, wohin dessen Familie ins Exil geflüchtet ist, steht auf dem Plan. Während Leopoldine zu Anfang noch voller Zuversicht und Liebe ist, dreht sich die Schicksalsschraube bald immer schneller und schneller in Grund und Boden und reißt die junge Kaiserin mit in den Abgrund …

Wie schon erwähnt, vermischt sich Reales mit dazu Gedachtem und so ist dieser Roman gespickt mit allerlei bekannten Namen, allen voran Graf Klemens Wenzel Lothar von Metternich, ein österreichischer Diplomat, Politiker und Staatsmann. Er war bekannt für seine zahlreichen Affären, vor denen sogar die Gräfin Lazansky, die Poldi nach Brasilien begleitet, nicht ganz gefeit ist. Gastauftritte haben aber auch diverse reale Wiener Künstler und Künstlerinnen der Zeit und sogar Napoleon, der mit der Schwester der Erzherzogin verheiratet ist, gibt ein Debüt. Der überaus interessante Briefwechsel, der einen spannenden Einblick in die damalige Zeit gibt, besteht immer im Wechsel zwischen der Gräfin, der Erzherzogin, dem Kaiser, Metternich und vielen anderen und ist wirklich an keiner Stelle langatmig oder gar langweilig. Gewünscht hätte ich mir, dass die Briefe ein Datum getragen hätten, um die Zeitabstände besser einschätzen zu können, ohne ist für mich das Buch haarscharf an der Bestnote vorbeischrammt. Ich vergebe jedoch sehr, sehr gerne 4,5 von 5 Sternen und kann zukünftigen Lesekandidaten nur empfehlen: traut euch ran an das Buch. Ihr werdet vielleicht genauso begeistert sein wie ich.

Noch eine kleine Anmerkung in eigener Sache: In „Der grüne Palast“ trifft man sich unter anderem in dem venezianischen Caffé de Florian, nach dem die Protagonistin Marthe de Florian aus dem Buch „Ein Zimmer aus Samt“ – welches ich kürzlich gelesen hatte - ihren Künstlernamen wählte. Das zauberte doch glatt ein Lächeln auf mein Gesicht.

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Veröffentlicht am 12.04.2023

Ein Haus, drei Schicksale ... "come in and find out" ...

Das Stranddistelhaus
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Man glaubt bis weit über die Mitte des Buchs drei völlig voneinander unabhängige Geschichten zu lesen. Fast war ich versucht, bei immer einem Erzählstrang zu bleiben und die drei Stories hintereinander ...

Man glaubt bis weit über die Mitte des Buchs drei völlig voneinander unabhängige Geschichten zu lesen. Fast war ich versucht, bei immer einem Erzählstrang zu bleiben und die drei Stories hintereinander weg zu lesen. Gut, dass ich das nicht getan habe, denn sonst hätte es mir das wunderbare Ende, an dem alle Stränge ineinander laufen, gründlich verhagelt.

Dreimal durfte ich Spiekeroog besuchen: einmal in der Gegenwart mit Rieke, einmal im Jahr 1962 mit Viola und einmal im Jahr 1933 mit Silvia, und alle drei hatten ihre ganz eigenen Gründe, sich auf die Insel zu verkriechen. Wie so oft bei Gegenwarts-/Vergangenheitsgeschichten zogen mich auch diesmal die beiden rückliegenden Abschnitte ein wenig mehr in den Bann, doch gut zu lesen war die ganze Geschichte. „Das Stranddistelhaus“ ist ein Buch zum Abtauchen und sich die Meeresbrise um die Nase wehen zu lassen. Die wunderschönen Landschaftsbeschreibungen runden das Ganze sehr harmonisch ab. Ich bin mir ganz sicher, dass es einer lieben Buchfreundin, die das Buch nach mir zum Lesen bekommt, gut gefallen wird. Von mir gibt es ein halbes Sternchen Abzug, weil der junge Lover einer der Frauen auch getrost wegbleiben hätte können. Für mich war er etwas zu viel Klischee aber für Rieke kam er wohl genau zur rechten Zeit. Von mir gibt es also viereinhalb von fünf Sternen verbunden mit einer Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 12.04.2023

Arme, verlorene "Deutschenmädchen" ....

Als Großmutter im Regen tanzte
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Zu Norwegen und dem Zweiten Weltkrieg fallen mir unweigerlich die Lebensborn-Heime ein, die unter der Nazidiktatur ins Leben gerufen wurden, denn Himmler befand die norwegische Rasse als besonders arisch ...

Zu Norwegen und dem Zweiten Weltkrieg fallen mir unweigerlich die Lebensborn-Heime ein, die unter der Nazidiktatur ins Leben gerufen wurden, denn Himmler befand die norwegische Rasse als besonders arisch und wertvoll: stark, blond und blauäugig, so sollte der Nachwuchs sein. Genau dieses Thema erwartete ich eigentlich auch hinter diesem Buch der norwegischen Autorin Trude Teige, einer bekannten Journalistin und erfolgreichen Kriminalautorin. Doch sie griff mit ihrem neuen Buch das Thema Liebe auf, und zwar der Liebe zwischen einem deutschen Besatzungssoldaten und einer jungen Norwegerin namens Tekla, die wohl von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. „Deutschenmädchen“ oder schlimmer noch „Deutschenflittchen“ wurden sie genannt, die Mädchen, die sich mit einem deutschen Soldaten einließen, und von der norwegischen Bevölkerung im besten Falle nur geschnitten. Der blonde Wehrmachtssoldat und seine Braut lassen davon aber nicht unterkriegen. Schweren Herzens bricht Tekla mit ihrer Familie, um Otto Adler nach Deutschland zu folgen. Ein folgenschwerer Fehler, wie sich später herausstellen sollte, denn in Ottos Heimat war nichts mehr so, wie es in seiner Erinnerung noch bestand …

Mit dem Roman „Als Großmutter im Regen tanzte“ arbeitet die Autorin ihre eigene Familiengeschichte auf, erschütternd aber dennoch liebevoll beschreibt sie die Odyssee der Großmutter, die um ihr Leben stets ein großes Geheimnis machte. Sie wollte und konnte nicht darüber reden und so kommt die Wahrheit erst nach ihrem Tod ans Licht. Verdrängung und vergessen wollen, kann man es den Opfern übelnehmen? Ich vergebe gerne begeisterte 4,5 von 5 Sternen mit einer absoluten Leseempfehlung. Ich wundere mich immer wieder, was ich alles über den Zweiten Weltkrieg und seine Auswirkungen noch nicht wusste, so auch z. B. über das Schicksal der Bewohner von Demmin. Man kommt beim Lesen nicht umhin an die im Moment tobenden Kriege in unseren Nachbarländern zu denken und wünscht allen Betroffenen von Herzen baldigen Frieden und nichts als Frieden.

Veröffentlicht am 03.04.2023

Annies Motto muss gewesen sein: "Was nicht passt, wird passend gemacht ..."

Die Radfahrerin
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Die junge Ehefrau und Mutter Annie Londonderry, hinter der eigentlich die jüdische Anna Kopchovsky steckt, hat ein paar kleine oder vielleicht doch große Probleme!? Zum einen fühlt sie sich zu jung und ...

Die junge Ehefrau und Mutter Annie Londonderry, hinter der eigentlich die jüdische Anna Kopchovsky steckt, hat ein paar kleine oder vielleicht doch große Probleme!? Zum einen fühlt sie sich zu jung und energiegeladen, um den Rest ihres Lebens auf engstem Raum mit einem eher schwachen Ehemann und einer ganzen Kinderschar zu verbringen, zum anderen braucht die Familie dringend Geld. Ihr Mann trägt als Hausierer eher weniger als mehr zum Lebensunterhalt bei und so muss sie sich neben allen häuslichen Pflichten auch noch um das Geldverdienen kümmern. Und bei ebendiesem stößt sie auf die unglaubliche Herausforderung, hervorgebracht durch eine eigenwillige Männerwette, mit der sie auf einen Schlag alle ihre Probleme lösen kann. Sie gibt sich eine kurze Bedenkzeit und wagt es schließlich, sich der schwierigen Aufgabe zu stellen. Neben Unverständnis erntet sie von ihrem Umfeld blanke Wut für diese Entscheidung, doch sie bleibt eisern. Sie wird die erste Frau sein, die die Welt mit dem Fahrrad umrunden wird!

Die Autorin hat wahrlich ein Händchen dafür, starken Frauen in ihren Romanbiografien neues Leben einzuhauchen. Das tat sie schon bei Marie Curie und Dian Fossey, beides Bücher, die ich geliebt habe. Diesmal hat sie sich eine junge Frau ausgesucht, die eigentlich schon fast vergessen war, und hat ihr ihr drittes Buch gewidmet: „Die Radfahrerin“. Während über die beiden erstgenannten reichlich Recherchematerial zur Verfügung stand, sah es bei Annie eher mau aus. Ein Großneffe hatte vor einigen Jahre einiges ans Licht gebracht, auf das sich die Autorin auch beruft, aber in vielen Fällen lässt sie ihrer Fantasie ein wenig freien Lauf. Doch auch das hat durchaus seinen Charme und so musste ich oft schmunzeln oder war beim Lesen voller Bewunderung, wenn Annie mal wieder eines ihrer haarsträubenden Abenteuer zum Besten gab. Sie hat es damals wirklich geschafft, die Leute zu begeistern und ihren Gewinn einzustreichen, wenn ihr auch mancher herbe Rückschlag widerfuhr. Ich hatte beim Lesen die verrücktesten Bilder vor Augen und habe mich sehr gut amüsiert. Ein wenig kurz abgehandelt fand ich den Schluss und auch die Klärung des Verhältnisses zu ihrer ältesten Tochter Mollie war nicht so ganz rund. Ich vergebe vier starke von fünf möglichen Sternen und bin schon sehr gespannt, welche Frau Susanna Leonard als nächstes im Visier haben wird.

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Veröffentlicht am 30.03.2023

Wenn einem ein Versprechen zum Verhängnis zu werden droht ...

Helden der Stille
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Fast nahtlos knüpft dieser zweite Teil an den ersten an und meine Sorge, vielleicht nicht so leicht wieder in die Geschichte zu finden, war natürlich vollkommen unbegründet. Obwohl sie einen anderen liebt, ...

Fast nahtlos knüpft dieser zweite Teil an den ersten an und meine Sorge, vielleicht nicht so leicht wieder in die Geschichte zu finden, war natürlich vollkommen unbegründet. Obwohl sie einen anderen liebt, löst Elise ihr Versprechen ein und heiratet den Blender Fletcher Cunningham. Schon auf der Hochzeitsreise in den Süden der USA offenbart er sein wahres Gesicht, redet mehr als abfällig über die Sklaven, die in seinen Augen nichts als „Menschenware“ sind. Umso schockierter ist Elise, als er schließlich eine schwarze Spielgefährtin mit in seine Heimat England bringt, um sie seiner armen Frau vor die Nase zu setzen. Elise bleibt nur, sich in der Liebe zu ihrem Kind zu verlieren und von zu Hause zu träumen …

Wie schon der erste Teil, liest sich auch „Helden der Stille“ flüssig und verursachte bei mir dank des anschaulichen Schreibstils mehr als einmal Kopfkino. Ich litt mit Elise auf dem schwankenden Schiff, sah mich in einer Kutsche durch Straßen gesäumt von prächtigen Plantagen gleiten und freute mich über jeden Ausritt, um den Kopf freizubekommen. Mir sind Elise, Konrad und die kleine Leah richtig ans Herz gewachsen und ich bin schon sehr gespannt, wie es mit ihnen weitergehen wird. Ich freue mich schon heute auf den letzten Teil der Trilogie und vergebe für diesen zweiten Band gerne sehr verdiente 4,5 von 5 Sternen.

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