Platzhalter für Profilbild

Aglaja

aktives Lesejury-Mitglied
offline

Aglaja ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Aglaja über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.04.2023

...mehr Dinge zwischen Himmel und Erde...

Als wir Vögel waren
0

Die Geschichte von Emmanuel und Yejide:

Emmanuel, ein Rastafari, bricht sein nasiräisches Gelübde, das ihm verbietet, sich jemals die Haare zu scheren, oder einen Toten zu sehen. Er begeht dieses größte ...

Die Geschichte von Emmanuel und Yejide:

Emmanuel, ein Rastafari, bricht sein nasiräisches Gelübde, das ihm verbietet, sich jemals die Haare zu scheren, oder einen Toten zu sehen. Er begeht dieses größte Sakrileg aus Not, denn er hat nur eine Arbeit, ausgerechnet als Totengräber gefunden. Er ist selbst entsetzt darüber. Er hat es für seine Mutter getan, doch kann er gerade deswegen nicht mehr bei ihr leben, weil sie ebenfalls eine Rastafari ist und nach den Gesetzen der Religion lebt.

Yejide, eine Kreolin, die einer stark matriarchalischen Familie angehört, hat die Gabe und Verpflichtung geerbt, mit den Toten zu leben, sie zu rufen und sie zu ehren, sie sieht und spürt den Tod im Voraus.
Beide lernen sich auf dem Friedhof Fidelis auf der Insel Trinidad kennen.
Yejide sagt zu Emmanuel:" ...was Sie über Gräber wissen und was ich über Gräber weiß, ist nicht dasselbe."
Trinidad ist ein Völker- und Sprachengemisch, wo sich viele alte Rituale, mitgebracht aus den jeweiligen Ursprungsländern erhalten haben

Die Geschichte der beiden Liebenden ist ein furioses Drama, das sich in der Welt der Lebenden und in der Welt der Toten abspielt, geschrieben in der starken Sprache der Autorin.

Den Schlüssel zum Verständnis dieses Werkes liefert sie uns in dem beigefügten Interview, das dem Leser klar macht, dass sie kein Geistermärchen geschrieben hat, sondern selbst in dieser Realität lebt.
Für einen Leser aus der nüchternen Atmospäre der westlichen Welt, kann dieses Buch verstörend wirken, oder auf Unverständnis stoßen.

Moses: Die Beschäftigung mit Toten, ist Gott ein Gräuel.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.04.2023

Kindheit in Bulgarien

Samuels Buch
0

Mit leichter Hand und feiner Ironie skizziert Samuel Finzi die Stationen seiner heiteren Kindheit bis in sein junges Erwachsenenalter.
Der Sohn von sephardischen Eltern wollte, wie der Rest der großen ...

Mit leichter Hand und feiner Ironie skizziert Samuel Finzi die Stationen seiner heiteren Kindheit bis in sein junges Erwachsenenalter.
Der Sohn von sephardischen Eltern wollte, wie der Rest der großen Familie hinaus in die Welt. Er war von Kind an an Kunst interessiert, schon als Zehnjähriger, gefördert vom Vater, kannte er alle avantgardistischen Filme, die es zu der Zeit, etwa mitte der siebziger Jahre, in Bulgarien zu sehen gab. Als er sich für ein Studienfach entscheiden soll entdeckt er "plötzlich und vollkommen unerwartet den Wunsch, vor anderen ein anderer zu sein. Ich begann, Gefallen daran zu finden, fremde Worte zu sagen und sie mir anzueignen", schreibt Samuel Finzi, zum Leidwesen seines Vaters, der selbst Schauspieler ist. Die sich abzeichnende politische Wende ermöglicht es ihm nach Paris zu gehen, wo er nach enttäuschenden Erfahrungen die Schauspielschulen aufgibt. Er lernt einen bulgarischen Theatermacher kennen, der ihn für sein Stück in Berlin engagiert.
So kommt Samuel Finzi nach Deutschland.
Das Buch ist vielleicht für den Leser, der Samuel Finzi als Schauspieler nicht kennt, nicht ganz so spannend, da ihm gewisse Aspekte des Interesses fehlen, doch wird dies wieder wett gemacht durch die historischen Informationen zum Beispiel über die Sepharden, oder das vergangene Bulgarien und nicht zu vergessen die erste Familie des Staates, Familie Schivkov.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.03.2023

Fast ein orientalisches Märchen

Tochter einer leuchtenden Stadt
0

Smyrna, eine der uralten Städte, wo sich Morgenland und Abendland trafen, wo die Straßen nach Nachtigall und Jasmin benannt wurden, wo der Duft von Opium, Haschisch und Rosen sich mit der frischen Brise ...

Smyrna, eine der uralten Städte, wo sich Morgenland und Abendland trafen, wo die Straßen nach Nachtigall und Jasmin benannt wurden, wo der Duft von Opium, Haschisch und Rosen sich mit der frischen Brise vom Meer her vermischte. Smyrna war eine wahre kosmopolitische Stadt, in der Nationen und Religionen friedlich zusammen lebten, sich zu ihren jeweiligen Festen gratulierten, voneinander lernten, nicht nur ihre verschiedenen Sprachen.
Gerade deshalb war sie als Pulverfass für die Politik geeignet, für diejenigen, die die Fäden des Weltgeschehens in der Hand hielten und die Lunte in das Herz der Stadt legten. Das bisherige Leben ging 1922 in Flammen auf, Vertreibung, Flucht und Tod im Gefolge. Smyrna wurde zu Izmir, "einfarbig und einsprachig". Jahrhundertelange Völkerverständigung war dahin.

Der Leser begegnet abwechselnd verschiedenen Personen, die die Vielfalt des levantinischen Lebens illustrieren. Ihre Geschichten mäandern durch die Zeit, bis sie im Brand von Smyrna kulminieren, wo alles Geschehen zusammenfindet und die Erzählkunst der Autorin ihren Höhepunkt erreicht.
So stellt man sich die Sprache der Scheherazade vor, orientalisch opulent, ein überquellender Schatz an Wörtern, mit vielen Einzelheiten und Nebensächlichem in schimmernder, schillerner Sprache ausgeschmückt, die die Atmosphäre verdeutlichen, leider allerdings den Lesefluss hemmen und viel von der Spannung wegnehmen.
Allein schon des historischen Geschehens wegen, sollte man dieses Buch mit seinem wunderschönen Einband lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.03.2023

spannungsgeladen und stilvoll

Die Passage nach Maskat
0

Theodor Jung, ein Berliner Fotoreporter, macht in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, mit seiner Frau Dora eine Reise in den Orient.
Doras Eltern, eine reiche Hamburger Familie, die mit ...

Theodor Jung, ein Berliner Fotoreporter, macht in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, mit seiner Frau Dora eine Reise in den Orient.
Doras Eltern, eine reiche Hamburger Familie, die mit Gewürzen handelt, hat
die jungen Eheleute eingeladen zu der Seereise auf dem Luxusdampfer
"Champollion" von Marseille nach Ägypten, durch den Suezkanal bis nach
Maskat im Oman.
Theodor ist nicht ganz so begeistert von Seereisen, da er den Untergang des
U-Bootes U68 unter General Dönitz nur knapp überlebt hat und seither das
Gefühl in sich trägt, dass er im Meer seinen Tod finden wird.
Gleich am zweiten Tag der Reise auf dem Schiff, beginnen geheimnissvolle und beängstigende Vorgänge Theodor zu verwirren.

Der Autor versteht es durch seine schöne Sprache den Leser mitten hinein zu locken in seine Geschichte mit ihren treffend inspirierten Bildern und Beschreibungen, denen es auch an Poesie nicht fehlt. Spannenden Charakteren geht er bis auf den Grund, Wissen verpackt er brillant.
Auf die unterhaltsamste Weise ist man mittendrin in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts, in den politischen und kulturellen Strömungen, in
Gesinnungen und Denkarten der Zeit.
Zu schätzen ist auch das Nachwort des Autors.

Das Cover des Buches passt genau in die Zeit, sehr erfreulich ist die geographische Karte auf seiner Innenseite.

Ein Fehler hat sich im Text eingeschlichen, S. 247 ist von Talg und Talgstaub die Rede, wobei Talk, Talcum, Talkstaub gemeint ist. Zwischen beiden besteht
ein riesiger Unterschied. Talg ist ein Tierfett, Talkum eine Magnesiumsilikat-Verbindung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.03.2023

wahrhaft tragisch

Elektra, die hell Leuchtende
0

Aus der Ferne von mehr als drei vergangenen Jahrtausenden erstehen Schicksale vor uns, ergreifend und erschreckend, Götter und Menschen, Halbgötter und Helden erstehen vor unseren Augen. Tragödien, die ...

Aus der Ferne von mehr als drei vergangenen Jahrtausenden erstehen Schicksale vor uns, ergreifend und erschreckend, Götter und Menschen, Halbgötter und Helden erstehen vor unseren Augen. Tragödien, die sich zu jeder Zeit, an jedem Ort abgespielt haben und immer wieder den menschlichen Geist beschäftigen.
Nicht die Helden, sondern das Leid der Frauen kommt in diesem Buch, das einen Teil der griechischen Sagen nacherzählt, zu Wort.
Die Autorin beleuchtet das Schicksal der Frauen in ihrem Werk.
Klytämnestra, die Gattin Agamemnons und ihre Tochter Elektra, die zwei tragischen Hauptgestalten, die ihr friedloses Leben bestimmen ließen durch Vergeltung und Rache. "Bitterer Rachedurst, ein schlimmeres Leiden als das des Tantalos in seinem einsamen See", so sagt Elektra.
Die Autorin hat sich tief hineingefühlt in die fürchterlichen Seelenlandschaften der beiden Figuren, in ihre psychische Entwicklung bis zum bitteren Ende.
Das Buch wäre gut in einer Schulbibliothek aufgehoben, neben den klassischen Werken der griechischen Götter- und Heldensagen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere