Eine Zeitreise durch die Welt des Wirtschaftswunders
Wo der Seewind flüstert. Die St.-Peter-Ording-SagaMoin!
Tanja Janz ist mir in guter Erinnerung als Autorin von romantischen Liebesromanen und unterhaltsamen Küsten-Krimis. Nun hat sie sich an ein neues literarisches Genre gewagt, und ich war sehr gespannt ...
Moin!
Tanja Janz ist mir in guter Erinnerung als Autorin von romantischen Liebesromanen und unterhaltsamen Küsten-Krimis. Nun hat sie sich an ein neues literarisches Genre gewagt, und ich war sehr gespannt auf ihren ersten historischen Roman "Wo der Seewind flüstert", welcher den Auftakt zu einer dreiteiligen Reihe bildet.
Das Cover ist im Retro-Stil gestaltet, wie es sich für einen historischen Roman gehört. Im Fokus steht eine Frau, die mit ihrem Fahrrad die malerischen Dünen entlang fährt. Ihr Weg führt sie an einem auf Stelzen gebauten Restaurant vorbei. Pfahlbauten sind die Wahrzeichen von St. Peter Ording; insoweit lässt sich dieses Werk leicht verorten. Stilistisch hat mich die idyllische Szene an eine vergilbte Fotografie erinnert. Denn sie ist ganz in Sepia-Tönen gehalten; der Himmel darüber leuchtet in einem warmen Blau.
Der romantisch angehauchte Titel "Wo der Seewind flüstert" ist in roter Schreibschrift gehalten; ein echter Hingucker wie der rote Farbschnitt des Buches. Der Untertitel "Die St. Peter Ording Saga" zeigt die Verbundenheit dieses historischen Romans zu einer mehrteiligen Reihe auf.
Zeitlich gesehen, spielt dieser historischen Roman 1959 und 1960, also mitten in der Epoche des deutschen Wirtschaftswunders. Örtlich gesehen, lassen sich zwei Schauplätze lokalisieren, nämlich das durch den Bergbau geprägte multikulturell lebendige Gelsenkirchen und das ruhige St. Peter Ording, welches nach und nach vom Tourismus entdeckt wird. Das Zeitgefühl dieser Epoche ist gut wiedergegeben worden. Konservative Eltern sehen sich mit ihren rebellischen Kindern konfrontiert, die gegen starre Traditionen aufbegehren und ihr Leben nach eigenen Vorstellungen gestalten möchten; dennoch hat der Zusammenhalt in der Familie einen hohen Stellenwert. Die Merkmale von traditionell patriarchalischen Familienstrukturen in dieser Epoche sind von Tanja Janz klar herausgearbeitet worden; der Vater gilt als Haupt der Familie, er übt einen Beruf aus und verdient das Geld, während seine Frau sich auf Kinder und Küche konzentriert. Sabine soll sich in dieses vorgegebene Rollenmuster fügen; nach dem Besuch einer Frauenfachschule darf sie eine Anstellung in der Kantine der Polizei antreten, bis sie (möglichst bald) einen passenden Mann findet, der ihr nicht nur einen Ring an den Finger steckt, sondern sie auch an ihren Platz im Leben verweist. Ihre eigenen Wünsche durchzusetzen und für ihr Lebens- und Liebesglück zu kämpfen, muss sie noch lernen. Dagegen ist ihre beste Freundin Rita eine relativ forsch und selbstbewusst agierende junge Frau, die einen Ausbildungsplatz als Friseuse im Frisiersalon ihrer Eltern angetreten hat, um später in ihre Fußstapfen treten und die Leitung des Geschäftes übernehmen zu können.
Der Einstieg in den historischen Roman ist mir sehr leicht gefallen; dank des angenehmen Schreibstils bin ich förmlich durch die Seiten geflogen. Auch wenn die Handlung recht vorhersehbar ist und keine großen Überraschungen bietet, war es schön, Sabine auf ihrem Weg vom Mädchen zur Frau begleiten und ihre berufliche und persönliche Entwicklung mit verfolgen zu dürfen. Nun freue ich mich auf die Fortsetzung "Was die Dünen verheißen", welche laut Angaben von Harper Collins um 1978 in St. Peter Ording spielt.