"die Vergangenheit zerfällt in Stücke / die Ereignisse verschwimmen" Mina Loy
Ein Geist in der KehleAls kinderlose Mittdreißigerin hätte ich mir das Buch aufgrund des Klappentextes wohl nicht ausgesucht. Ich mag jedoch literarische Abwechslung und lasse mich gern überraschen. Als Rezensionsexemplar erhalten, ...
Als kinderlose Mittdreißigerin hätte ich mir das Buch aufgrund des Klappentextes wohl nicht ausgesucht. Ich mag jedoch literarische Abwechslung und lasse mich gern überraschen. Als Rezensionsexemplar erhalten, war ich sowohl gegenüber der Handlung als auch der mir unbekannten Autorin unvoreingenommen.
Das Caoineadh: die Autorin definiert das Gedicht als "Trauergesang und Klagelied, Hymne, Choral und Totenklage". Wer sich selbst ein Bild machen will, findet es im irischen Original sowie der englischen Übersetzung von Doireann Ní Ghríofa am Ende des Buches. Die deutsche Version ist natürlich ebenfalls beigefügt. Im Nachhinein betrachtet, hätte ich das Gedicht besser im Vorfeld gelesen, um die Referenzen besser einordnen zu können. In Teilen erinnert das Buch an Gedichtinterpretationen der Oberstufe.
Es ist auf jeden Fall ein interessanter Ansatz anhand des Gedichtes Parallelen zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu ziehen. Faszinierend ist die detailgetreue Recherche in der heutigen Zeit über Eibhlín Dubh Ní Chonaill, welche immerhin Mitte des 18. Jahrhunderts geboren wurde! Äußerst gelungen finde ich auch die biografischen Einblicke in den Alltag der Mütter.
Den Schreibstil der Autorin kann man tatsächlich als poetisch, aber auch fesselnd bezeichnen - in jedem Fall liest sich das Buch flüssig. Schwierigkeiten bereitete mir teilweise der Inhalt. Die Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit waren nachvollziehbar, kompliziert wurde es jedoch, wenn Nebenschauplätze ins Spiel kamen. Für einen ersten Eindruck empfehle ich Klappentext, Leseprobe und den treffend formulierten Auszug der Einleitung eines Gesprächs von Rhian Sasseen (THE PARIS REVIEW) mit der Autorin: "Im Werk der irischen Schriftstellerin Doireann Ní Ghríofa begegnet man Geschichte als etwas Amorphem, etwas Lebendigem, das immer wieder ins Leben von Menschen in der Gegenwart dringt oder darin für Brüche sorgt. Meine Einführung in Ní Ghríofas Werk geschah durch "Ein Geist in der Kehle", und seitdem habe ich[...]über die Fragen nachgedacht, die es thematisiert: Geschichte, Mutterschaft, Obsession und die Durchlässigkeit von Zeit, Ort und Identität."