Nachdenklich, bedrückend, genial geschrieben
Dinge, die wir brennen sahenDer Roman von Hayley Scrivenor beginnt schon mit dem Auffinden einer Leiche – und liest sich daher ganz zu Beginn fast wie ein Thriller. Aber sehr bald wird klar, dass es sich bei diesem Roman um so viel ...
Der Roman von Hayley Scrivenor beginnt schon mit dem Auffinden einer Leiche – und liest sich daher ganz zu Beginn fast wie ein Thriller. Aber sehr bald wird klar, dass es sich bei diesem Roman um so viel mehr handelt: Eine einfühlsame Studie der Gefühlswelt einer ganzen Stadt, die den Leser trotz feststehendem Ausgang mit den Menschen in der Stadt mitfiebern lässt als Esther verschwindet und die groß angelegte Suche zunächst nichts ergibt. Nach und nach kommen durch den Druck, den die Ermittlungen in der Gesellschaft auslösen, Risse in der Oberfläche zutage, die einen Einblick in die Geheimnisse und Probleme der Kleinstadt geben.
Hayley Scrivenor erzählt die Geschichte in einem unaufgeregten, poetischen Ton, der perfekt zu der bedrückten Atmosphäre passt, der es aber auf der anderen Seite auch schafft, dass die schrecklichen Ereignisse und Wendungen den Leser beinahe überraschend überfallen und für mich beim Lesen besonders eindrücklich waren.
Ab dem Mittelteil überwiegt eine eher melancholische Stimmung, die gut dazu passt, dass nach und nach immer mehr Menschen die Hoffnung auf einen guten Ausgang des Verschwindens verlieren und scheinbar nur auf die schlimmsten Nachrichten warten. In diesem Zusammenhang waren auch die „Wir“-Kapitel – Einschübe, die aus einer interessanten Gemeinschaftsperspektive heraus geschrieben sind – wunderschön geschrieben und ein bisschen verwirrend gleichzeitig. Lange hatte ich beim Lesen das Gefühl, wie vor einem Puzzle zu sitzen, bei dem mir immer noch ein paar Teilchen fehlen, um das Gesamtbild zu erkennen. Zwar kommen nach und nach viele „Randteile“ dazu, das Ende weiß dann aber trotzdem zu überraschen.
Die kleinstädtische Gemeinschaft ist absolut glaubwürdig dargestellt und dadurch, dass einige Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und erzählt werden, ergibt sich ein dichtes Bild der Stimmung in dieser Situation, die für die Bewohner der Stadt vieles für immer verändern wird.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung, auch wenn (oder gerade weil?) mich das Buch in einer melancholischen Stimmung zurückgelassen hat.