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Veröffentlicht am 11.04.2023

Dem Wahnsinn auf der Spur

Wahnspiel
2

Eine sehr beklemmende Szene bekomme ich gleich mal vorgesetzt. Da schwingt einer einen Baseballschläger, das Gesicht gleicht eher einem glupschäugigen Frosch, die Jeans schlackert um seine dünnen Beine, ...

Eine sehr beklemmende Szene bekomme ich gleich mal vorgesetzt. Da schwingt einer einen Baseballschläger, das Gesicht gleicht eher einem glupschäugigen Frosch, die Jeans schlackert um seine dünnen Beine, dazu der schwarze Hoodie… Wer filmt da? Und wer hat diesen Clip ins Netz gestellt? Schon der Prolog lässt Schreckliches ahnen.

Das „Wahnspiel“ hat viele Darsteller, die beiden Hauptakteure werden mir auf der vorderen und der hinteren Innenseite des Umschlags in Stichpunkten vorgestellt. Sofija Marković ist Kriminalhauptkommissarin, sie leitet die spätere Soko und holt zur Verstärkung ihres Teams den Kriminaloberkommissar Alexander Schwerdt dazu. Zwei ganz und gar gegensätzliche Typen, die sich nicht besonders mögen und sich doch ergänzen, auch wenn dies nicht unbedingt auf den ersten Blick sichtbar wird.

Dass Lukas Schneider vorzeitig aus der Haft entlassen wird, passt einer gewissen Klientel so gar nicht. Die Hater sind online unterwegs und nicht nur das, bald auch stehen sie vor seiner Tür, die Bedrohung ist real. Als dann Schneider spurlos verschwindet und durch Zufall seine rechte Hand gefunden wird, nimmt der Wahnsinn seinen Lauf. Der Fall gestaltet sich sehr komplex, auch bleibt es beileibe nicht bei dem einen Vermissten und auch nicht bei dem einen grausigen Fund.

Es ist ein durchaus realistisches Szenario, im Schutze der Anonymität werden Hassparolen und Tötungsphantasien auf die Spitze getrieben. Und nicht nur Schneider bekommt dies zu spüren, auch die Ermittler, allen voran Alex, geraten ins Fadenkreuz. Daneben tritt eine Burschenschaft in den Fokus, so etlichen zwielichtigen Gestalten ist nicht zu trauen bzw. ist ihnen alles zuzutrauen, auch spielt der Rechtsradikalismus mit hinein.

Die umfangreichen Ermittlungen stehen im Vordergrund, ganz klar. Und doch lässt Kilian Eisfeld seine Leser auch ein wenig hinter die privaten Kulissen der Kommissare mit all ihren Schwächen, mit ihren Vorlieben und so manchen Macken blicken. Es sind durchaus auch launige Momente dabei, wenn etwa Alex seine Katze als Massenmörder entlarvt oder Sofija lapidar meint, dass man in die Steckdose greifen sollte, wenn man Spannung haben möchte, schließlich sind sie Beamte. Diese kleinen, humorigen Spitzen lockern das sehr bedrückende, grausame Spiel auf.

Es ist der erste Fall für die Heidelberger Kommissare und auch der erste Kriminalroman aus der Feder von Kilian Eisfeld, dessen historische Romane ich schätze. Diese schreibt er als Daniel Wolf, sehr unterhaltsam, sehr kurzweilig - was auch für diesen seinen ersten Krimi gilt. Ich hoffe, dass das Duo Alex Schwerdt und Sofija Marković bald wieder ermittelt, ich würde mich freuen.

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Veröffentlicht am 11.04.2023

Unterhaltsam, humorig mit einer gehörigen Prise Ernsthaftigkeit

Lemmings Blues
2

„Nichts ist, wie es scheint, und alles ist vielleicht ganz anders. Aber sicher ist das nicht.“ Nein, sicher ist gar nichts, aber möglich ist alles, meistens zumindest. Ein wenig verschwurbelt? Ja, schon. ...

„Nichts ist, wie es scheint, und alles ist vielleicht ganz anders. Aber sicher ist das nicht.“ Nein, sicher ist gar nichts, aber möglich ist alles, meistens zumindest. Ein wenig verschwurbelt? Ja, schon. Es gibt noch etliche dieser Sätze, auch solche, die man ohne groß nachzudenken sofort versteht.

Der Lemming ist ein Wiener durch und durch. Er, der ehemalige Polizist, betreibt mit seinem Spezl eine Agentur. Seit nunmehr drei Jahren sind der Lemming und sein Partner Polivka detektivisch unterwegs. Alle sind ausgeflogen, nur er hält die Stellung. Seine Familie ist gen Amsterdam aufgebrochen, auch Polivka wandelt auf Freiersfüßen, als die Tür aufgeht, eine Frau in Blau hereinstürmt und ihm einen Mops regelrecht aufzwingt. So schnell kann er gar nicht schauen, ist sie wieder weg. Was war das? Und wer spricht da? Halluziniert er? Nein, es war der Mops…

Sehr unterhaltsam, sehr mysteriös und launig starte ich in „Lemmings Blues“. Auf humorige Weise sind die brennenden Themen unserer Zeit benannt. Sei es der Krieg in Osteuropa, das Virus und die Pandemie oder gar der „alternde, mit Botox aufgespritzte Rottweiler…“ und noch so vieles mehr. Man weiß sofort, was und wer hier gemeint ist.

Und ganz nebenbei gibt es auch noch eine Leiche, da ist detektivischer Spürsinn gefragt. Auch ist so mancher Verschwörungstheoretiker unterwegs, Action gibt es reichlich. Stefan Slupetzkys Schreibstil ist witzig, spritzig, schräg und immer unterhaltsam. Der Ton ändert sich minimal, als es in Richtung Verschwörung geht. Für mich ist diese ganze Thematik eher hanebüchen, eine gewisse Klientel jedoch verbreitet diese und ist sogar noch von diesen kruden Ideen überzeugt. All dies ist eingebettet in die Story um den Mops, der von gewissen Leuten unbedingt gefunden werden muss. Warum, das wird zunehmen klarer.

Ein kurzweiliger, zudem sehr vergnüglicher Lesespaß mit durchaus ernstem Hintergrund. Diese Reise nach Wien und hier unterwegs mit dem Lemming hat sich allemal gelohnt.

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Veröffentlicht am 06.04.2023

Hochspannung auf Sylt

Zornige Flut
6

Kaum zurück in den Dienst wird Liv Lammers nach Sylt gerufen. Ein Kollege von ihr will klammheimlich abspecken, er hat sich dafür in eine Privatklinik begeben. Der Hunger nagt zu sehr an ihm, bei seinem ...

Kaum zurück in den Dienst wird Liv Lammers nach Sylt gerufen. Ein Kollege von ihr will klammheimlich abspecken, er hat sich dafür in eine Privatklinik begeben. Der Hunger nagt zu sehr an ihm, bei seinem nächtlichen Streifzug nach was Essbarem beobachtet er die Fische in dem großen Aquarium, das kurz danach in tausend Stücke zerbirst. Verborgen unter den üblichen Pflanzen und Steinen kommt ein menschlicher Schädel zum Vorschein. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als diesen Fund seinen Kollegen zu melden. Denn dass es sich hier nur um eine Gewalttat handeln kann, ist nur zu offensichtlich.

Zu wem gehört dieser Schädel, warum liegt er hier, wo ist der Rest und wer ist dafür verantwortlich? Die Suche danach gestaltet sich nicht gerade einfach. Bald stellt sich heraus, dass seit längerer Zeit Felicitas Sterl vermisst wird, die mit dem umschwärmten Chef der Fastenklinik liiert war. Mir war dieser Typ nicht ganz geheuer, auch Felicitas Ex, ein eher schmieriger Galerist, kam nicht gerade sympathisch und zudem sehr undurchsichtig rüber. Keiner jedoch scheint sich daran zu stören, dass sie schon lange kein Lebenszeichen mehr von ihr erhalten haben, selbst eine ihr nahestehende Freundin macht sich keinerlei Sorgen deswegen. Aber nicht genug damit, auch in Livs Privatleben deuten alle Anzeichen darauf hin, dass ihr jemand nach dem Leben trachtet.

„Zornige Flut“ ist der mittlerweile siebte Band um die Kriminalkommissarin Liv Lammers. Er ist in sich abgeschlossen, kann also ohne Kenntnisse der Vorgängerbände gelesen werden.

Auch dieser Band ist komplex, die doch sehr gravierenden privaten Probleme von Liv vermengen sich mit den Ermittlungen auf Sylt. Die Person Liv ist eine hervorragende Kommissarin mit Scharfsinn und Weitblick, ihr analytisches Denken hilft ihr, Zusammenhänge zu erkennen. Nur privat ist sie viel zu vertrauensselig, da hätte ich sie am liebsten nicht nur einmal gewarnt.

Nicht nur Liv, auch all die anderen Charaktere sind aufs Trefflichste skizziert. Sie sind lebensnah, sie sind echt, sie sind Typen, die man mag oder denen man lieber nie begegnen möchte. Lange, sehr lange hat mich Sabine Weiß auf eine falsche Fährte gelockt, die Aufklärung hat mich dann doch sehr verblüfft.

Es ist ein vielschichtiger Krimi, der mir unterhaltsame Stunden beschert hat, der mich lange hat rätseln lassen. Der siebte Fall um die Kommissarin Liv Lammers ist aufgeklärt und ausgelesen, gerne bin ich gedanklich nach Sylt gereist und freue mich auf ihren nächsten Fall.

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Veröffentlicht am 06.04.2023

Beste Unterhaltung

Vinz Solo
2

In der niederbayerischen Provinz ticken die Uhren anders – zumindest meint man dies zu wissen. Und wenn man sich mit Vinzenz Bachmeier näher beschäftigt, scheint dies auch zu stimmen. Nun, er ist in Artlhofen, ...

In der niederbayerischen Provinz ticken die Uhren anders – zumindest meint man dies zu wissen. Und wenn man sich mit Vinzenz Bachmeier näher beschäftigt, scheint dies auch zu stimmen. Nun, er ist in Artlhofen, das liegt bei Landshut, aufgewachsen und hier verbringt er auch seine Jugend, hier wird er erwachsen. Das Dorf hat 853 Einwohner. „Hätte man allerdings noch Schweine und Legehühner mitgezählt, Artlhofen wäre eine Großstadt gewesen.“

Schon der Anfang verspricht viel, das Erwachsenwerden eines Pubertierenden kann nur gut und unterhaltsam werden. Und genau das ist es auch. Sebastian Beck kennt sich aus, er ist selbst auf dem Land aufgewachsen, Parallelen zu seinem Protagonisten sind durchaus vorhanden.

Gleich mal offenbart Vinz drei Wünsche, die er sich unbedingt erfüllen will. Naja, einem Fast-Kumpel die Freundin ausspannen – ob das klappen wird? Ein eigenes Auto dagegen hat er dann bald, auch wenn dies eher eine Klapperkiste ist. Ein „humorloses Spießerauto für Komödienstadel-Glotzer…“ ist sein Commodore, aber immerhin verspricht sein fahrbarer Untersatz Freiheit ohne Ende. Und mit einem ganz besonderen Modell der ersehnten E-Gitarre könnte er als Musiker ganz groß rauskommen. Auch dieser Wunsch ist nicht nur Träumerei. Vinz spielt in einer Band, sie nennen sich The Holy Shit. Schon der Bandname ist Programm. Nicht immer treffen sie jeden Ton und doch spielen sie auch mal in München, zwar nur als Vorgruppe, aber immerhin!

Es sind prägende Jahre. Das Lebensgefühl der 80er wird lebendig. Vinz lässt sich treiben, findet in Kowalczyk einen väterlichen Freund und Arbeitgeber, der ihm Halt gibt. Die Kirche hat viel Einfluss, er wird mit Drogen konfrontiert und gegen die WAA in Wackersdorf muss natürlich demonstriert werden. Er probiert sich aus, er übertreibt nicht nur ein bisschen, er geht an Grenzen und darüber hinaus. Dies alles und noch viel mehr macht „Vinz Solo“ aus. Einen Beziehungstrottel nennt er sich und doch begegnet ihm auch die Liebe, wenngleich nicht alles von Dauer ist. Es ist bei ihm genau so, wie es bei vielen, wie es bei den meisten ist. Da ist er keine Ausnahme.

Sebastian Beck erzählt mit Witz und Hintersinn von Vinz, ich bin ihm gerne gefolgt, habe des Öfteren geschmunzelt und zuweilen laut gelacht. Aber nicht nur das, nicht alles ist Spaß, es wird ernst, bitterernst. Auch diese Seite des Lebens bekommt er zu spüren.

Ein prägendes Stück seines Weges habe ich Vinz begleitet, er hat mich bestens unterhalten. Der Zeitgeist der 80er Jahre auf dem Lande ist gut eingefangen. Sich finden, seinen Weg suchen ist gar nicht so einfach, die Dörfler und ihr zuweilen eingeschränkter Blickwinkel, ihre kleine Welt, sind aufs Beste dargestellt. Der locker-leichte, humorige Schreibstil hat ein Übriges getan, es waren kurzweilige und vergnügliche Lesestunden.

Vinz, machs guad, du wirst es schon packen, das Leben. Mit allen Höhen und Tiefen, eh klar.

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Veröffentlicht am 01.04.2023

Spannendes Verwirrspiel und dazu ein Wiegenlied

Das Wiegenlied: Thriller
2

Wie schön, der 13. Zons-Thriller ist da! Seit dem „Puzzlemörder von Zons“ bin ich Fan von Bastian Mühlenberg, ein wenig auch von Oliver Bergmann und von ihrer Schöpferin Catherine Shepherd sowieso.

…und ...

Wie schön, der 13. Zons-Thriller ist da! Seit dem „Puzzlemörder von Zons“ bin ich Fan von Bastian Mühlenberg, ein wenig auch von Oliver Bergmann und von ihrer Schöpferin Catherine Shepherd sowieso.

…und immer wieder klingt ein Kinderlied an, sowohl in der Gegenwart als auch 500 Jahre zuvor. Ein Wiegenlied…

Schon der Prolog lässt Böses ahnen, aber wie lassen sich diese Gewaltszenen in das Nachstehende einfügen? Noch bin ich komplett ratlos und gehe gleich mal zurück ins ausgehende Mittelalter, nach Zons ins Jahr 1504. Zu noch nachtschlafender Zeit ist die junge Schwester Agnes bereits in der Kapelle zugange, als sie eine Nonne findet - niedergestochen, in der Handfläche ein Brandmal. Der Stadtsoldat Bastian Mühlenberg wird herbeigerufen, leider bleibt es nicht bei dem einen Mord. Auch Oliver Bergmann muss sich in der Gegenwart mit einem Doppelmord auseinandersetzen und auch hier sind weitere Todesfälle aufzuklären - allesamt wurden sie erstochen.

Die beiden Zeitebenen wechseln sich ab. Zusammenhänge tun sich auf wie etwa das Kinderlied, das sich wie ein roter Faden durch beide Erzählstränge zieht. Aber nicht nur dieses Lied, auch wesentliche Merkmale in Verbindung mit den Toten im Heute und im Gestern werden sichtbar. Und immer wieder taucht dieses Teufelsmal auf, wenngleich ich dadurch eher verwirrt bin. Es fehlt nicht nur ein entscheidendes Verbindungsstück, sodass ich meine vermeintlich logischen Lösungsansätze nicht nur einmal verwerfen muss.

Nichts desto trotz führt Catherine Shepherd ihre Leser gekonnt durch dieses Verwirrspiel und am Ende angelangt fügen sich die einzelnen Versatzstücke nonchalant zusammen. Nichts anderes habe ich erwartet.

„Das Wiegenlied“ reiht sich ein in seine zwölf Vorgängerbände, jeder ist in sich abgeschlossen, man kann sie also unabhängig voneinander lesen. Ich aber werde mir keinen Zons-Thriller entgehen lassen, jeder einzelne ist so spannend wie dieser letzte hier, bietet beste Unterhaltung mit authentischen Charakteren – neben hinterhältigen, gewalttätigen Subjekten finden sich auch ehrliche, sympathische Figuren. Beide Epochen haben ihren Reiz, wobei das Zons vor 500 Jahren für mich ganz besonders anziehend wirkt. Ein wiederum gelungener Thriller, den ich am Stück verschlungen habe.

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