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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.05.2023

Ein wichtiges Buch in der feministischen Debatte!

Die Erschöpfung der Frauen
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Ich kann dieses Buch gar nicht angemessen rezensieren, denn die Mannigfaltigkeit seines Inhalts ließe sich nochmal in viele weitere Themen unterteilen, über die jeweils wieder lange Bücher geschrieben ...

Ich kann dieses Buch gar nicht angemessen rezensieren, denn die Mannigfaltigkeit seines Inhalts ließe sich nochmal in viele weitere Themen unterteilen, über die jeweils wieder lange Bücher geschrieben werden könnten, die gar nicht oft genug gelesen werden.
Catcalling; Kampf um den öffentlichen Raum; die weiteren Risiken, die von destabilisierter cis Männlichkeit ausgeht; Homosozialität unter Männern, die Frauen von den Ebenen der Macht auszuschließen versucht; perfekte Elternschaft, deren Unperfektheit überwiegend auf die Mütter zurückfällt - das sind nur einige Stichworte, die mir ad hoc rückblickend einfallen, mit denen Franziska Schutzbach zur Debatte der weiblichen Erschöpfung beiträgt.
Frauen verausgaben sich in diversen Lebensbereichen hauptsächlich dadurch, dass sie ständig an sie gerichtete Erwartungen abwehren müssen, von denen Männer in diesem Ausmaße verschont bleiben.
Das war mal wieder diese Art Buch, die ich nicht ohne einen Vorrat an Haftmarkern lesen konnte. Aus meiner Ausgabe schauen einige Markierungen an wichtigen Stellen heraus, um mir die notwendigen Stellen auch später dringend nochmal ins Gedächnis zu rufen.

Veröffentlicht am 06.05.2023

Ein kurzweiliges Wohlfühlbuch

Die Tage in der Buchhandlung Morisaki
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Als eines Abends ihr fester Freund Takako eröffnet, er werde heiraten, wundert sie sich noch über dessen Formulierung, als ihr klar wird, dass er eine andere und nicht sie meint. Für ihn sei sie lediglich ...

Als eines Abends ihr fester Freund Takako eröffnet, er werde heiraten, wundert sie sich noch über dessen Formulierung, als ihr klar wird, dass er eine andere und nicht sie meint. Für ihn sei sie lediglich eine Affäre gewesen. Takako zieht sich zurück, und als ihr Onkel ihr anbietet, sie könne für eine Weile in der Wohnung über seinem Antiquariat unterkommen, ist das für sie zunächst wenig anziehend. Aufgrund fehlender anderer Möglichkeiten willigt Takako aber ein und soll im Gegenzug täglich das Geschäft öffnen und bis zum Mittag hüten. Bald schon lernt sie die schrullligen Kund:innen kennen, und inmitten all dieser Bücher entdeckt sie ihre eigene Liebe fürs Lesen. Der Aufenthalt im Laden ihres Onkels tut Takako gut, und sie findet die Ruhe hier zu genesen. Doch dann taucht erneut ihr Ex-Freund auf und droht sie wieder komplett aus der Bahn zu werfen.

Das Antiquariat Morisaki hat auf mich seinen ganz eigenen Reiz gehabt. Angezogen durch das Cover habe ich mich durch die Geschichte um Takako und ihren Onkel entschleunigt gefühlt und das sehr genossen. Anspruchsvolle Literatur findet man hier nicht, dafür ein Wohlfühlbuch mit einem Augenmerk für Bücherliebe.

Veröffentlicht am 23.04.2023

Kinder als Mittel zum Zweck

Die Kinder sind Könige
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Seit sie denken kann, träumt Melanie davon, berühmt und geliebt zu werden. Angefixt durch Reality-TV wie Big Brother meldet sie sich für eine neue Show. Doch beim Casting ist sie den Machern der Sendung ...

Seit sie denken kann, träumt Melanie davon, berühmt und geliebt zu werden. Angefixt durch Reality-TV wie Big Brother meldet sie sich für eine neue Show. Doch beim Casting ist sie den Machern der Sendung zu grau und unscheinbar.
Fast forward: einige Jahre später ist Melanie erfolgreiche Influencerin auf YouTube und Instagram, die den Familienalltag streamt und das Leben ihrer beiden Kinder Sammy (8) und Kimmy (6) vermarktet. Zunehmend leidet die Sechsjährige unter dem Stress der ständigen Verfügbarkeit, auch wenn Melanie nach außen hin behauptet, ihre Tochter genießt es zu wissen, dass so viele Menschen sie lieben und täglich sehen.
Als Melanie auf Instagram eine Story postet, um die nächste Familienchallenge anzukündigen, dürfen die beiden Kinder noch ein wenig mit den anderen Kindern im Hof auf dem Spielplatz spielen. Doch als Melanie ihre Kinder ruft, ist Kimmy verschwunden. Sofort vermutet die Polizei, dass jemand die Story gesehen und das kleine Mädchen entführt hat.

Die Protagonistin dieses Buches hat es geschafft: Melanie ist reich und berühmt geworden. Dank ihren Werbeverträgen, die mit der Bekanntheit ihrer Channel einhergehen, haben die Kinder mehr Spielzeug als sie brauchen und Melanie ein berstendes Konto. Doch zu welchem Preis? Die Kinder sind Könige in einem Palast aus Glas, in dem sie über ihre eigene Privatsphäre nicht entscheiden können und arbeiten müssen wie zu früh gereifte Erwachsene. Dieser Roman liefert reichlich Grübel- und Diskussionsstoff!

Veröffentlicht am 07.04.2023

Was wäre wenn...?

Look Back
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Fujino zeichnet seit der Grundschule kleine Comics für die Schüler:innenzeitung. Als eines Tages der Lehrer fragt, ob Fujino die Schulschwänzerin Kyomoto bei den Comics mitmachen lassen würde, stehen sich ...

Fujino zeichnet seit der Grundschule kleine Comics für die Schüler:innenzeitung. Als eines Tages der Lehrer fragt, ob Fujino die Schulschwänzerin Kyomoto bei den Comics mitmachen lassen würde, stehen sich die beiden Zeichnungen ab sofort gegenüber, und Fujino fühlt sich dazu angestachelt, besser zu werden. Sie besorgt sich Zeichenbücher und lernt sich zu verbessern. Doch weiterhin stehen ihre Zeichnungen hinter Kyomoto zurück und frustriert gibt sie das Zeichnen auf.
Am Ende der Grundschule bittet der Lehrer Fujino, das Abschlusszeugnis bei Kyomoto vorbeizubrungen, da diese ja nie zur Schule kommt. Widerwillig stimmt Fujino zu und sieht, wie zurückgezogen die Schulschwänzerin lebt. Kyomoto überrascht Fujino allerdings, denn sie sagt, erst Fujinos Comics hätten das Mädchen, das an einer sozialen Phobie leidet, dazu gebracht, sich für das Zeichnen zu interessieren. Nicht mehr Konkurrenz, sondern Freundschaft verbindet daraufhin die beiden Mädchen, und sie beginnen gemeinsam Manga zu zeichnen, die sehr erfolgreich werden. Fujinos offene Art bringt Kyomoto dazu sich mehr zuzutrauen, und sie traut sich einen eigenen Weg zu gehen. Fujino fühlt sich verraten in dem gemeinsamen Vorhaben weitere erfolgreiche Manga zu erschaffen, und die Freundschaft zerbricht. Eine furchtbare Tragödie zerreißt das Schweigen, und eines der Mädchen sieht sich der Frage gegenüber, ob alles anders gelaufen wäre, wenn sie auf andere Weise gehandelt hätte. Was wäre wenn...?

Das Thema des dauerhaften Schulschwänzens ist in Japan weit verbreitet, und ich fands interessant, dass das Thema aufgegriffen und damit verbunden wurde, was jemand mit so einer derart ausgeprägten sozialen Phobie mit der Zeit anfängt, in der Altersgenoss:innen in der Schule lernen und Freundschaften pflegen. Insgesamt ein Manga, der zum Nachdenken anregt. Zusätzlicher Pluspunkt: Es ist ein Einzelband!

Veröffentlicht am 03.04.2023

Ein Roman wie ein Flug über die Insel

Zur See
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Die Fähre braucht etwa eine Stunde, um die Nordseeinsel zu erreichen. Saison für Saison strömen die Touristen auf die Insel. Die Familie Sander leben seit fast 300 Jahren hier und blickt auf eine lange ...

Die Fähre braucht etwa eine Stunde, um die Nordseeinsel zu erreichen. Saison für Saison strömen die Touristen auf die Insel. Die Familie Sander leben seit fast 300 Jahren hier und blickt auf eine lange Tradition von Seemännern zurück. Eine Tradition, mit der sie selbst eigentlich nichts mehr zu tun hat, außer sie den Touristen in einem nostalgisch verklärten Rückblick zu verkaufen. Hanne und Jens Sander – ein Paar, das mehr Trennung als Zusammensein erlebt hat. Zunächst fuhr er zur See, hat später das Leben auf dem Meer aufgegeben, um sich dem Vogelschutz zu widmen und einsiedlerisch in einer Hütte abzuschotten. Hanne hat sich arrangiert, sowohl mit der Ehe als auch mit den Touristen. Ihre Kinder mussten die Mutter in der Saison stets mit den Gästen teilen, die in den Fremdenzimmern im Haus untergebracht waren.
Sohn Ryckmer ist wie sein Vater zur See gegangen. Sein Kapitänspatent hat er verloren und darf jetzt nicht mal mehr auf der Fähre arbeiten. Hat ständig gesoffen, um die Angst zu bezwingen vor dem größten aller Stürme, den er durch Flutstatistiken vorherzusagen versucht.
Tochter Eske verabscheut die Touristen und das Schauspiel, das sie erzwingen und man ihnen als Inselkultur auftischt. Sie versucht das Wesen der Insel auf ihre ganz eigene Weise zu bewahren und zu einem Teil von sich zu machen wie der Seemann, der sich den Anker auf die Schulter tätowiert. Der Jüngste, Henrik, war immer mit sich selbst im Reinen. Anders als sein älterer Bruder hat er sich nie in eine Schablone pressen lassen, sondern ist seiner eigenen Fasson gefolgt und wird als großer Künstler gehandelt, der einmalige Werke aus gesammeltem Treibgut erschafft.
Nostalgie ist etwas Schönes, denn man kann die Vergangenheit auf ihre guten Seiten reduzieren. Auch die Insulaner weinen einer verklärten Vergangenheit nach, die in ihrer damaligen Gegenwart kaum zu ertragen war, weil zu kalt, zu windig und zu karg.
Man will sich von den Touristen distanzieren, und verleugnet kollektiv, dass man sie eigentlich vor allem in einer wirtschaftlichen Hinsicht braucht. Das Theaterspiel der einstigen Folklore sind nicht mehr Kultur, sondern ein Gut, das sich gewinnbringender verkaufen lässt als der Ursprung, dem diese Scharade entwachsen ist.

Mein erstes Buch von Dörte Hansen hat mich sofort eingefangen mit der Art des Erzählens. Wie sie von dieser Insel erzählt und den Menschen dort, das hat sich angefühlt wie ein Drohnenflug mal hier- und mal dorthin, ins Haus von Abkömmlingen aus altem Inseladel, dann an den Strand, der in touristenarmen Zeiten die Einsamkeitsuchenden zu sich zieht, in die Inselkirche, wo der Pfarrer seinen Sermon spricht. „Zur See“ war ein großer Lesegenuss für mich!