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Veröffentlicht am 25.07.2023

Ein Lebenslied auf die Großeltern

Sylter Welle
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Feinsinnig, empfindsam und mit einer Ehrlichkeit, die ohne Vorsicht und von Herzen menschlich eine glaubwürdige Huldigung der Großeltern zeichnet, so begegnet mir „Sylter Welle“. Der geradsinnige, wortsensible, ...

Feinsinnig, empfindsam und mit einer Ehrlichkeit, die ohne Vorsicht und von Herzen menschlich eine glaubwürdige Huldigung der Großeltern zeichnet, so begegnet mir „Sylter Welle“. Der geradsinnige, wortsensible, autobiographische Roman kommt mit schmalem Plott aus und lebt bei einer Prise Humor von den Emotionen. Zurück bleibt nach dem Lesen eine warme, weiche und zugleich aufwühlende Darstellung der Beziehung zwischen Enkel Max und seinen Großeltern, der Familie von Max insgesamt. Und ich stellte mir wie der Erzähler Max selbst die Frage „ Wen von den ganzen Leuten würdest du eigentlich mögen, wenn es nicht deine Familie wär?“

Die Handlung des Romans ist nur ein Teil des Erfolgs. Max verbringt ein vermutlich letztes Mal mit Oma Lore und Opa Ludwig auf Sylt. Max ist ein Esser in den Augen seiner Oma und Max fühlt sich anders als die anderen. Selbst als die, die auch anders sind. Während sich zu Beginn der drei Tage die Erinnerungen an die Zeiten mit den Großeltern, an Geschichten aus dem Familienalbum und die nur dezente Handlung ineinander verstricken, zeigt sich erst am dritten Tag ein Fokus auf die eigentlich stattfindende Reise, denn mit Opa Ludwig ist etwas anders.

Der Roman lebt von der Zeichnung der Großeltern. Oma Lore ist eine harte Frau mit weichen Wangen. Und weil sie „eine praktische Frau ist, neigt sie auch dazu, unnötige Wörter einfach wegzurationalisieren.“ Sie erschlägt Mäuse mit dem Spaten, zaubert mit Maggie Fondor und „weint leise in den Käsekuchen“. Opa Ludwig ist ein Flüchtlingskind und hat „keinen bösen Knochen am Körper“. Dass mit ihm etwas nicht stimmt, wird deutlich, als er plötzlich nach lebenslangem Tagebuchschreiben auf die letzte Seite schreibt „Es reicht jetzt. Ich habe keine Lust mehr.“ Bei den Großeltern sind Kartoffeln heilig und Brathähnchenknochen werden abgesucht. Und zu einer Reise nach Sylt gehören Apfelringe.

Dieses Buch ist eine herrliche Erzählung voller alltäglicher Absurdität für alle die, die ihre schrulligen Großeltern doch irgendwie in ihr Lebensherz geschlossen haben, die sie manchmal kopfschüttelnd lieben wie sie sind und mit warmem, weichen, erinnernden Herzen auf sie zurückschauen.

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Veröffentlicht am 25.06.2023

Unaufgeregter Roman von der Erfüllung innerer Sehnsucht

Wo du mich findest
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Das Buch ist für dich. Du wirst in der Geschichte angesprochen, direkt redet die Ich-Erzählerin mit dir und schreibt sich von der Seele, was du liest. Es ist die Geschichte einer inneren Sehnsucht, die ...

Das Buch ist für dich. Du wirst in der Geschichte angesprochen, direkt redet die Ich-Erzählerin mit dir und schreibt sich von der Seele, was du liest. Es ist die Geschichte einer inneren Sehnsucht, die durch ein Ereignis ausgelöst wird und ihre Bahnen zieht, bis sich das Leben in ganz neue Wege verändert.

Sophie kleckert Kaffee auf das Hemd eines Unbekannten, weil dieser über die Hundeleine ihre geerbten Hundes stolpert. Aus dieser unscheinbaren Situation heraus schleicht sich der unbekannte Bekleckerte in Sophies Träume. Es sind Träume voller Nähe, Zartheit, Vertrautheit und alltäglicher Verwobenheit. Bis sich Sophie auf den Weg macht, den Unbekannten zu suchen.

Der Roman von Anne Barns ist eine unaufgeregte Geschichte einer Frau mitten im Leben. Es ist die Geschichte der inneren Sehnsucht, deren Kraft und Trugschlüsse und welche Macht sie hat, ein Leben zu verändern. Die Normalität, mit der die Autorin arbeitet, die ohne Anstrengung dahinfließt, macht dieses Buch zu einem Urlaubsbuch, einem Sommer-Sonne-Strand-Buch… am besten auf Rügen, denn es ist auch eine Liebeserklärung an die Insel. Das Buch ist aber auch ein Wegweiser für alle Menschen mitten im Leben, die das Gefühl nicht loswerden, da müsse doch noch etwas kommen.

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Veröffentlicht am 21.05.2023

Außen provokanter Titel, innen überzeugende Story

Komplizin
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Mich hat das Cover des Buches zum Lesen gebracht. Wie kann man eine Frau als Gehilfin, Mittäterin oder Helfershelferin auffassen? Verdreht dies nicht die #metoo-Debatte? Spielt dies nicht den wahren Tätern ...

Mich hat das Cover des Buches zum Lesen gebracht. Wie kann man eine Frau als Gehilfin, Mittäterin oder Helfershelferin auffassen? Verdreht dies nicht die #metoo-Debatte? Spielt dies nicht den wahren Tätern in die Hände?

Die Story des Buches überzeugt mich dann. So einfach ist es nämlich nicht. Die Filmbranche ist ein komplexes System, in das viele sich hineinsehnen. So auch die Protagonistin Sarah Lai. Sie kommt, wie es der Wunsch so vieler ist, zufällig und als Assistentin in die Produktion von Filmen. Die Maschinerie hinter den Kulissen der großen Hollywoodstreifen ist dann geprägt von Reichtum, Machtgebahren, Misogynie und der Lust am exzessiven Feiern, an Rausch und Obszönitäten. Und dabei zeigt sich auch, dass Komplizenschaft ganz unbewusst beginnt und irgendwann auf der Hand liegt, solange man die Maschinerie der Filmindustrie unangefochten so bestehen lässt, indem man ein Teil von ihr ist.

Das Buch lebt auch von den sachlichen Informationen, wie Filme gemacht werden und wie Produktionen entstehen. Der nüchterne Schreibstil unterstreicht dies noch. Mir hat an dem Buch etwas mehr Drive gefehlt. Weil die Story aber so wichtig ist, vergebe ich trotzdem volle Sterne.

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Veröffentlicht am 14.04.2023

Geschichte seiner Eltern - Saphir im ernsten Gewand

Solange wir leben
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David Saphier ist für seine humoristischen Werke bekannt. „Solange wir leben“ hingegen hat einen wahren und ernst zu nehmenden Hintergrund. Es ist die Geschichte seiner Eltern und damit auch seine Geschichte.

Saphiers ...

David Saphier ist für seine humoristischen Werke bekannt. „Solange wir leben“ hingegen hat einen wahren und ernst zu nehmenden Hintergrund. Es ist die Geschichte seiner Eltern und damit auch seine Geschichte.

Saphiers Vater Joschi war Jude und floh 1939 aus Wien nach Israel, wo bereits seine Schwester Rosl auf ihn wartete, lebte ein ereignisreiches Leben und landete schließlich wieder in Deutschland. Von der großen Familie seiner Eltern blieb nach der NS-Zeit nur eine Cousine übrig. Zu den beiden überlebenden Frauen hatte Joschi zeitlebens eine enge Bindung.

Saphiers Mutter Waltraut war 20 Jahre jünger als Joschi, erlebte in Deutschland Krieg, Trümmerjahre und Hunger. Von Waltrauts Mutter stammt auch einer der Aussprüche zum Titel des Buches. Nach einem Bombenangriff auf Bremen sagt sie „Solange wir am Leben sind und ein Dach über dem Kopf haben, ist alles gut.“ Als Waltraut Joschi kennenlernte, war sie Anfang Zwanzig und Witwe.

David Saphier kommt in diesem Buch marginal vor, denn er ist das jüngste Kind. Betont bescheiden und zurückhaltend nimmt sich David Saphier selbst aus dem Mittelpunkt des Geschehens, um der Lebensleistung seiner Familien mehr Raum zu geben. Der Titel „Solange wir leben“ zeugt von der Verbundenheit, welche in dieser Familie Bestand hatte.

David Saphier erzählt in seiner gewohnt prägnanten und schnörkellosen Weise. Das Motto der Mutter „Leben heißt leiden“ ergibt sich folgerichtig aus den Ereignissen des Lebens, die hier als Lebens- und Leidensgeschichte dargestellt werden. Eindrücklich und feinfühlig erhalten die Eltern und deren Familien ein literarisches Denkmal, eine Stimme und eine Wertschätzung. Es entsteht eine Geschichte, die traurig ist, still bewegt, betroffen macht, tief geht und im Kern die wahre Liebe im Leben spiegelt. David Saphir kann auch Ernst.

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Veröffentlicht am 09.04.2023

Hilfreicher Leitfaden nicht nur für Führungskräfte

Superkräfte für Führungskräfte
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Susanne Lorenz präsentiert sich auf dem Cover des Buches als Superheldin. Wer dieses Buch liest, hat die Chance, wie sie Superkräfte in der Kommunikation zu entwickeln. Das hilft auch der Führungskraft ...

Susanne Lorenz präsentiert sich auf dem Cover des Buches als Superheldin. Wer dieses Buch liest, hat die Chance, wie sie Superkräfte in der Kommunikation zu entwickeln. Das hilft auch der Führungskraft und nicht nur der.

Konflikte sind normal, so schreibt die Autorin und begründet dies. Auf diese Einsicht aufbauend wird in dem Buch die Gewaltfreie Kommunikation (GfK) erklärt und an Beispielen vorgestellt. Es wird erklärt, warum es wichtig ist, sich selbst zu kennen und zu coachen, damit man mit anderen gewaltfrei kommunizieren kann. Besonders wertvoll fand ich auch das Kapitel über Stolpersteine bei der GfK, weil dort einige meiner persönlichen Fallen mit aufgeführt sind. So wird auch deutlich, nicht zu schnell aufzugeben, wenn es noch nicht gelingt, sich in GfK sattelfest zu bewegen. Es kommt auf die Übung an.

Die Kapitel sind sehr kurzweilig, in verständlicher Sprache geschrieben und sehr prägnant. Zahlreiche Beispiele untermauern den theoretischen Ansatz. Platz für Notizen lässt Raum zum Mitmachen. Zusammen macht dies, dass man das Buch gut und ohne sprachlichen Anspruch lesen kann. Man muss aber mitdenken und mitarbeiten, selbst reflektieren und anwenden, um zum Erfolg zu kommen.

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