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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.05.2023

Außen provokanter Titel, innen überzeugende Story

Komplizin
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Mich hat das Cover des Buches zum Lesen gebracht. Wie kann man eine Frau als Gehilfin, Mittäterin oder Helfershelferin auffassen? Verdreht dies nicht die #metoo-Debatte? Spielt dies nicht den wahren Tätern ...

Mich hat das Cover des Buches zum Lesen gebracht. Wie kann man eine Frau als Gehilfin, Mittäterin oder Helfershelferin auffassen? Verdreht dies nicht die #metoo-Debatte? Spielt dies nicht den wahren Tätern in die Hände?

Die Story des Buches überzeugt mich dann. So einfach ist es nämlich nicht. Die Filmbranche ist ein komplexes System, in das viele sich hineinsehnen. So auch die Protagonistin Sarah Lai. Sie kommt, wie es der Wunsch so vieler ist, zufällig und als Assistentin in die Produktion von Filmen. Die Maschinerie hinter den Kulissen der großen Hollywoodstreifen ist dann geprägt von Reichtum, Machtgebahren, Misogynie und der Lust am exzessiven Feiern, an Rausch und Obszönitäten. Und dabei zeigt sich auch, dass Komplizenschaft ganz unbewusst beginnt und irgendwann auf der Hand liegt, solange man die Maschinerie der Filmindustrie unangefochten so bestehen lässt, indem man ein Teil von ihr ist.

Das Buch lebt auch von den sachlichen Informationen, wie Filme gemacht werden und wie Produktionen entstehen. Der nüchterne Schreibstil unterstreicht dies noch. Mir hat an dem Buch etwas mehr Drive gefehlt. Weil die Story aber so wichtig ist, vergebe ich trotzdem volle Sterne.

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Veröffentlicht am 14.04.2023

Geschichte seiner Eltern - Saphir im ernsten Gewand

Solange wir leben
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David Saphier ist für seine humoristischen Werke bekannt. „Solange wir leben“ hingegen hat einen wahren und ernst zu nehmenden Hintergrund. Es ist die Geschichte seiner Eltern und damit auch seine Geschichte.

Saphiers ...

David Saphier ist für seine humoristischen Werke bekannt. „Solange wir leben“ hingegen hat einen wahren und ernst zu nehmenden Hintergrund. Es ist die Geschichte seiner Eltern und damit auch seine Geschichte.

Saphiers Vater Joschi war Jude und floh 1939 aus Wien nach Israel, wo bereits seine Schwester Rosl auf ihn wartete, lebte ein ereignisreiches Leben und landete schließlich wieder in Deutschland. Von der großen Familie seiner Eltern blieb nach der NS-Zeit nur eine Cousine übrig. Zu den beiden überlebenden Frauen hatte Joschi zeitlebens eine enge Bindung.

Saphiers Mutter Waltraut war 20 Jahre jünger als Joschi, erlebte in Deutschland Krieg, Trümmerjahre und Hunger. Von Waltrauts Mutter stammt auch einer der Aussprüche zum Titel des Buches. Nach einem Bombenangriff auf Bremen sagt sie „Solange wir am Leben sind und ein Dach über dem Kopf haben, ist alles gut.“ Als Waltraut Joschi kennenlernte, war sie Anfang Zwanzig und Witwe.

David Saphier kommt in diesem Buch marginal vor, denn er ist das jüngste Kind. Betont bescheiden und zurückhaltend nimmt sich David Saphier selbst aus dem Mittelpunkt des Geschehens, um der Lebensleistung seiner Familien mehr Raum zu geben. Der Titel „Solange wir leben“ zeugt von der Verbundenheit, welche in dieser Familie Bestand hatte.

David Saphier erzählt in seiner gewohnt prägnanten und schnörkellosen Weise. Das Motto der Mutter „Leben heißt leiden“ ergibt sich folgerichtig aus den Ereignissen des Lebens, die hier als Lebens- und Leidensgeschichte dargestellt werden. Eindrücklich und feinfühlig erhalten die Eltern und deren Familien ein literarisches Denkmal, eine Stimme und eine Wertschätzung. Es entsteht eine Geschichte, die traurig ist, still bewegt, betroffen macht, tief geht und im Kern die wahre Liebe im Leben spiegelt. David Saphir kann auch Ernst.

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Veröffentlicht am 09.04.2023

Hilfreicher Leitfaden nicht nur für Führungskräfte

Superkräfte für Führungskräfte
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Susanne Lorenz präsentiert sich auf dem Cover des Buches als Superheldin. Wer dieses Buch liest, hat die Chance, wie sie Superkräfte in der Kommunikation zu entwickeln. Das hilft auch der Führungskraft ...

Susanne Lorenz präsentiert sich auf dem Cover des Buches als Superheldin. Wer dieses Buch liest, hat die Chance, wie sie Superkräfte in der Kommunikation zu entwickeln. Das hilft auch der Führungskraft und nicht nur der.

Konflikte sind normal, so schreibt die Autorin und begründet dies. Auf diese Einsicht aufbauend wird in dem Buch die Gewaltfreie Kommunikation (GfK) erklärt und an Beispielen vorgestellt. Es wird erklärt, warum es wichtig ist, sich selbst zu kennen und zu coachen, damit man mit anderen gewaltfrei kommunizieren kann. Besonders wertvoll fand ich auch das Kapitel über Stolpersteine bei der GfK, weil dort einige meiner persönlichen Fallen mit aufgeführt sind. So wird auch deutlich, nicht zu schnell aufzugeben, wenn es noch nicht gelingt, sich in GfK sattelfest zu bewegen. Es kommt auf die Übung an.

Die Kapitel sind sehr kurzweilig, in verständlicher Sprache geschrieben und sehr prägnant. Zahlreiche Beispiele untermauern den theoretischen Ansatz. Platz für Notizen lässt Raum zum Mitmachen. Zusammen macht dies, dass man das Buch gut und ohne sprachlichen Anspruch lesen kann. Man muss aber mitdenken und mitarbeiten, selbst reflektieren und anwenden, um zum Erfolg zu kommen.

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Veröffentlicht am 04.04.2023

Feinfühliger Coming-of-Age-Roman

Mein Sommer mit Anja
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Steffen Schroeder ist als Schauspieler bekannt, aber er beweist mit dem Buch „Mein Sommer mit Anja“ auch sein schriftstellerisches Talent. Drei Teenager, die unterschiedlicher nicht sein könnten, halten ...

Steffen Schroeder ist als Schauspieler bekannt, aber er beweist mit dem Buch „Mein Sommer mit Anja“ auch sein schriftstellerisches Talent. Drei Teenager, die unterschiedlicher nicht sein könnten, halten viel Potenzial für diese Story bereit. Konni, der Protagonist, aus dessen Erzählperspektive die Geschichte geschrieben ist, ist mit Holger befreundet. Holger ist gehandicapt, besonders liebenswert und rettet an so mancher Stelle die Story. Und sie beide treffen auf Anja, ein aus dem Heim geflohenes Mädchen. Erzählt wird der Sommer mit Anja, in dem Konni zwölf Jahre alt ist, mitten in den 80ern.
Steffen Schroeder erzählt ganz besonders feinfühlig und sensibel, wie sich Teenager annähern, welche Besonderheiten die 80er Jahre für das Erwachsenwerden boten. Unverblümte und ungehemmte reale Schilderungen vom damaligen Verständnis der Integration behinderter Menschen bereichern diesen Roman und machen ihn zu einer authentischen Sequenz aus dem Leben der Kinder der 80er Jahre. Der Schreibstil ist flüssig und fesselnd, die Worte glaubhaft.
Ich gebe eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 04.04.2023

Schwermütige Geschichte zwischen Schein und Sein

Melody
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Martin Suter zieht mich mit diesem Buch in den Bann, so dass ich nicht aufhören konnte zu folgen und zu blättern und zu rätseln und mitzuerleben.

Der Nationalrat Dr. Stotz stellt Tom Elmer als Verwalter ...

Martin Suter zieht mich mit diesem Buch in den Bann, so dass ich nicht aufhören konnte zu folgen und zu blättern und zu rätseln und mitzuerleben.

Der Nationalrat Dr. Stotz stellt Tom Elmer als Verwalter seines Nachlasses ein, denn Stotz‘ Leben neigt sich dem Ende. Bei ihm im Haus wohnend hantiert Tom mit Bergen von Papieren und Kisten, ist beauftragt zu schreddern oder für die Nachwelt zu sortieren. Stotz, dem Alkohol gut zugetan, erzählt Tom redselig eine tragische Liebesgeschichte. Seine Verlobte Melody sei drei Tage vor der Hochzeit verschwunden. Überwunden hat er diese Frau nie, das Haus vom Kult um diese Frau gezeichnet. Tom begibt sich auf die Suche. Es entspinnt sich eine Geschichte zwischen Schein und Sein, zwischen Wahrheit und Fiktion. Stotz’ Nichte Laura fragt „Sind Geschichten nicht immer erfunden? Spielt es eine Rolle, ob sie Wahrheit oder Fiktion sind?“ Tom antwortet „… Für Juristen ist Fiktion der natürliche Feind der Wahrheit.“ - „Bist du sicher?“ - „Nein.“

Die Charaktere wie bspw. der befreundete Schriftsteller Bruno oder die Nichte Laura sind glaubwürdig, authentisch und ungeschönt. Martin Suter zeichnet mit Sprache plastische Bilder, die schwermütige Stimmung in Stotz‘ Villa und das Bedürfnis, in die Szenerie einzutauchen. Situationen vor dem Kamin oder beim Dinner mit Haushälterin und Pflegerin saugen beim Lesen so ein, dass ich das Buch in einem Rutsch gelesen habe. Es wirkt nach, so wie jeder Suter nachwirkt.

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