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Veröffentlicht am 06.08.2017

sorgfältig gestaltete, romanhafte Biografie

Und Marx stand still in Darwins Garten
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Karl Marx und Charles Darwin als Romanfiguren. Das funktioniert überraschend gut. Darwins Ehefrau teilt nicht in allen seine Einstellung, insbesondere über Gott und das ewige Leben. Doch Darwin ist durch ...

Karl Marx und Charles Darwin als Romanfiguren. Das funktioniert überraschend gut. Darwins Ehefrau teilt nicht in allen seine Einstellung, insbesondere über Gott und das ewige Leben. Doch Darwin ist durch und durch Wissenschaftler. Bei Marx ist es seine Haushälterin Lenchen, die eine enge Beziehung zu ihm hat.
Sowohl Darwin als auch Marx sind zum Zeitpunkt der Handlung gesundheitlich angeschlagen.
Die erste Gemeinsamkeit der beiden berühmten Persönlichkeiten ist somit ihr Hausarzt, Dr.Beckett, der gerne über politische und wissenschaftlichen Themen plaudert.
Ein wichtige Entscheidung der Autorin war, die Handlung zu einem Zeitpunkt einsetzen zu lassen, als Darwin und Marx ihre Hauptwerke bereits gesetzt habe.
Entsprechend bekannt sind sie. Ihr Erfolg ist aber nicht unumstritten. Neben Bewunderern gibt es auch viele Kritiker.
Marx und Darwin werden trotz ein paar Gemeinsamkeiten als sehr verschiedene Charaktere ausgeführt. Darwin ist ruhiger, Marx oft aufbrausend.
Ihre Thesen sind natürlich sehr gegensätzlich, dennoch gibt es anscheinend bis zu einem gewissen Grad gegenseitige Bewunderung zwischen ihnen.
Zur persönlichen Begegnung kommt es erst auf CD4.

Es gibt wenig Handlung, jedoch viele Dialoge über Theorien und Thesen, über Atheismus und über Gott und das Leben, das macht das Buch aus. Hinzu kommt eine Spur Melancholie! Das muss man als Zuhörer aber auch mögen, sonst langweilt man sich schnell.

Insgesamt haben mir die Darwin-Passagen besser gefallen als die mit Marx. Übermäßig spannend ist das ansonsten gut gemachte Hörbuch nicht, aber doch überwiegend interessant. Streckenweise gleicht es mehr einer Biografie als einem Roman.

Das Hörbuch ist ruhig gesprochen. Alles andere wäre auch unpassend. Ihm gelingt es, den Figuren eigene Persönlichkeiten zu geben.
Der Sprecher ist Peter Kaempfe, ein bekannter Schauspieler. Als Hörbuchsprecher kannte ich ihn bisher noch nicht.

Veröffentlicht am 04.08.2017

ungewöhnlich

Dem Kroisleitner sein Vater
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Die konservative Krimileserschaft war anscheinend von dem Roman irritiert, im Sinne von zu wenig Krimi. Ich habe das Buch daher mehr aus literarischer Sicht gelesen.
Zunächst geht es ja tatsächlich um ...

Die konservative Krimileserschaft war anscheinend von dem Roman irritiert, im Sinne von zu wenig Krimi. Ich habe das Buch daher mehr aus literarischer Sicht gelesen.
Zunächst geht es ja tatsächlich um einen Mord an einen alten Mann. Vermutlich ermordet, offenbar gewaltsam mit Gift, das langsam und qualvoll wirkte.
Der Sohn des Toten, Karl Kroisleitner, nimmt es schwer, dennoch kommt der Verdacht gegen ihn auf, auch bei der Polizei.
Dann gibt es noch Polizisten Frassek aus Berlin, der offenbar Familienstress handelt und eine junge Frau, Emma, die nach einer missglückten Karriere unter dem Künstlernamen Amy in ihre Heimat zurückkehrte.
Diese verschiedenen Handlungsstränge wirken anfangs verwirrend, man muss sich erst einlesen.
Auch sind die Figuren alle nicht unbedingt sympathisch gehalten, und sie können auch nerven! Das macht es dem Leser nicht einfacher, aber es lohnt sich, denn interessant sind sie schon.
Überzeugend jedoch ab Kapitel 9, in dem Emma alte Briefe aus Kriegszeiten liest. Die Vergangenheit spielt eine Rolle. Das macht den Stoff schon interessanter. Doch es gibt noch mehr Überraschungen, die ich hier natürlich noch nicht verraten werde.

Veröffentlicht am 29.07.2017

Afternoon Tea at Renfield Hall

Darcy - Der Glückskater und der Geist von Renfield Hall
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Dieser Kurzroman wurde mir empfohlen, und ich habe ihn dann wirklich gerne gelesen. 
Der herumwandernde Kater Darcy sorgt durch seine Begegnungen mit Menschen dafür, dass man einen Einblick in ihre Probleme ...

Dieser Kurzroman wurde mir empfohlen, und ich habe ihn dann wirklich gerne gelesen. 
Der herumwandernde Kater Darcy sorgt durch seine Begegnungen mit Menschen dafür, dass man einen Einblick in ihre Probleme und Sorgen bekommt. Das gilt auch für die eigentlich noch relativ junge Witwe Freda, die Darcy bei sich aufnimmt. Sie nennt ihn Beresford. 
Freda hat einen alten Landsitz Renfield Hall, der hohe Kosten verursacht, aber keine finanziellen Mitteln. Die inzwischen erwachsenen Kinder ihres verstorbenen Mannes haben auch wenig Möglichkeiten sie zu unterstützen und eine Halbtagsstelle findet sie auch nicht so leicht. Letzte Hoffnung, den Landsitz zu erhalten, ist ein Bed & Breakfast zu eröffnen. Dank Darcys Einsatz kommt eine alte Frau namens Sally zum Landsitz, die möglicherweise Teil eines alten Familiengeheimnisses ist. 

Darcys und Fredas Abschnitte wechseln sich ab, dabei wird Darcy zum Glück nicht über Maß vermenschlicht. mir gefallen Passagen, die das Geschehen sozusagen aus beiden Perspektiven schildern. 
Die Passagen mit Freda Putzfrau Tracy sind auch ganz witzig. Sie ist eine Person mit Herz. 

Gesine Schulz schreibt einen Stil, den man vielleicht als Cozy bezeichnen kann. Das bedeutet ein entspanntes Lesen ohne zu große Spannungsmomente, dennoch ist der Roman ganz interessant. 
Eine weitere Qualität des Buches ist, dass es so englisch wirkt und dadurch entsprechende Atmosphäre aufbaut. Ich glaube, ich werde demnächst noch einmal einen Teil der Reihe lesen. Es interessiert mich auch, ob es einmal einen Abschluß gibt, in dem Darcy heimkehren wird.

Veröffentlicht am 11.07.2017

Dichte Atmosphäre

Dunkels Gesetz
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Dunkels Gesetz ist ein Roman voller dichter Atmosphäre, der eine Gesellschaft im sozialen Abseits zeigt. Kleine Leute, Klein- und Großkriminelle. Der Roman ist ganz von der amerikanischen Noir geprägt.
Überraschend, ...

Dunkels Gesetz ist ein Roman voller dichter Atmosphäre, der eine Gesellschaft im sozialen Abseits zeigt. Kleine Leute, Klein- und Großkriminelle. Der Roman ist ganz von der amerikanischen Noir geprägt.
Überraschend, dass die Titelfigur Dunkel anfangs kaum in Erscheinung tritt.
Es wird sich erst auf die Leute in dem Kaff konzentriert, in dem Richard Dunkel angekommen ist. Das sind überwiegend heruntergekommene Leute. Wenig Chancen auch für die 16jährige Marie, deren Mutter eine Beziehung mit dem Kleinkriminelle Achim hat. Auch der Dealer Falco (!) ist anwesen und eine Gefahr. Gewalt und Brutalität gehört zur Normalität.
Man hofft als Leser, dass Marie eine Chance bekommt, hier rauszukommen.

Dass die Dialoge überwiegend so abgerissen sind, halte ich für glaubhaft. Diese Typen denken, dass sie sprechen müssen, um sich entsprechend gefährlich und lässig zu geben. Natürlich kann so was auch schnell zum Klischee verkommen.

Auch Dunkel selbst ist eine zwiespältige Figur, er wirkt, als hätte er sich selbst verloren. Seine Erinnerungen werden angedeutet, offenbar gab es in seinem Leben Verluste.

Dass der Roman so kurz ist, liegt an der konzentrierten Art des Schreibens. Sven heuchelt scheut nicht den Pathos. Dafür bin ich anfällig. Ich würde durchaus wieder etwas von diesem Autor lesen.

Veröffentlicht am 09.07.2017

ausgewogen

Tiefe Schuld
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Tiefe Schuld ist ein Krimi, konventionell geschrieben, aber mit interessanten Themen.
Es wird offenbar realistisch die Arbeit auf einem Polizeirevier gezeigt, dazu gehören neben dem Leiter der Mordkommission ...

Tiefe Schuld ist ein Krimi, konventionell geschrieben, aber mit interessanten Themen.
Es wird offenbar realistisch die Arbeit auf einem Polizeirevier gezeigt, dazu gehören neben dem Leiter der Mordkommission diverse Kriminalkommissare. Insbesondere werden die Beziehung zwischen den Beamten vertieft.
Dazu gehört aber auch Tonis Gefühl, von den Kollegen geschnitten zu werden, da sie ihren gewalttätigen Freund Mike angezeigt hat, der selbst Polizist ist. Das verunsichert sie, lässt aber auch Wut entstehen.
Toni leidet noch sehr unter der gescheiterten Beziehung und den Misshandlungen, die sie erleiden musste. Aber sie will kein Opfer sein.
Sie ist deutlich als die Figur angelegt, mit der der Leser emotionell mitfühlt.
Wegen ihren Erfahrungen ist sie innerlich stark an dem aktuellen Mordfall beteiligt. Eine Frau wurde ermordet, die deutliche Spuren von Misshandlungen am Körper trägt. Zuerst ist da der Ehemann der Ermordeten verdächtig, aber als Leser ahnt man, dass es nicht so einfach ist. Manuela Obermeier lenkt ihre Leser geschickt durch die Handlung. Private Probleme der Hauptfigur halten sich die Waage mit den Schwierigkeiten der Ermittlung. Das ist ausgewogen gestaltet.
Die Nebenfiguren sind interessant, zum Beispiel Sören, Hans, Contutto oder der Rechtsmediziner Dr. Mulder
An einigen Stellen im Buch tat es mir Leid, dass ich den erste Teil um Toni Stieglitz nicht gelesen habe, da die Vorgeschichte doch ziemlich wichtig ist.