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Veröffentlicht am 12.04.2023

Billig gemachter Blockbuster!

Finstere Lügen
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So funktioniert Hollywood. Man nehme ein Thema, von dem der Durchschnittsbürger nur wenig Ahnung hat, das aber bedrohlich wirkt, in dem Fall Geldwäsche am Aktienmarkt von undurchsichtigen Wall-Street-Playern. ...

So funktioniert Hollywood. Man nehme ein Thema, von dem der Durchschnittsbürger nur wenig Ahnung hat, das aber bedrohlich wirkt, in dem Fall Geldwäsche am Aktienmarkt von undurchsichtigen Wall-Street-Playern. Dann einen Action-Held, ein Ex-Soldat ist immer gut, schalte das Tempo hoch, dass der Zuschauer durch die Geschichte rasen muss, und fertig ist der Blockbuster.
Leider hat für mich in dem Buch nichts funktioniert. Angefangen bei Travis, der aus zweifelhaften Gründen (um sich mit seinem Vater zu versöhnen) aus dem Armeedienst ausscheidet und als Analyst bei einem Finanzriesen anfängt. (Wir erfahren eigentlich nichts über das, was er da tut.) Nachdem man in einem leeren Stockwerk der Firma seine Exfreundin erhängt auffindet, steht er unter Mordverdacht. (Allerdings hat die Polizei keine Beweise, nur so ein Gefühl.) Ein Ex-General vom Heimatschutzministerium erpresst ihn, dass er den zweifelhaften Vorgängen in Travis’ Firma auf die Schliche kommen soll. Unser muskelbepackter Held sollte also ordentlich in Schwierigkeiten kommen. Da er aber außer Kämpfen keinerlei weitere Eigenschaften besitzt, kann sich in Schlägereien gegen alles wehren, was haarsträubend geschildert wird. Obwohl er weder von seinem Job noch von Ermittlungen irgendeine Ahnung hat, ist er natürlich sofort Profi. Alle Achtung! Ein bisschen Jack Reacher für Arme.
Um weitere Verwirrung zu stiften, werden noch ein paar Leute umgebracht, die Polizei als Dilettanten dargestellt, ein paar Frauen als kleine Dummchen ins Rennen geschickt und ein paar falsche Fährten wie Leuchtbojen platziert. Und wie gesagt, damit die gesamte Unlogik der Story nicht auffällt, wird der Turbo eingeschaltet und die Action-Kanone gezündet. Und bitte nicht so genau über die Dialoge lesen, die teils hanebüchen sind. »Scheiße« ist so ziemlich das Lieblingswort von allen.

Die Figuren sind nicht mehr als ausreichend beschriebene Kleiderständer, die wahlweise einen Bugatti fahren oder ein Motorrad, sich mit einem Bikini am Pool in einem Palast räkeln und beim Überqueren der Straße ständig joggen müssen.
Das alles ist so lächerlich, so billig, so vorhersehbar, dass ich beinahe körperliche Schmerzen hatte. Die letzten 100 Seiten habe ich mir nicht mehr angetan, weil es mich schlichtweg nicht mehr interessiert hat und ich mir das nicht mehr antun wollte.

Auch wenn ich es lieber verschweigen würde, aber ich habe vor ungefähr fünfzehn Jahren Baldacci gern gelesen. Heute frage ich mich ernsthaft, was mich daran begeistert hat. War er damals besser? Hat sich mein Anspruch so sehr verändert? Man darf nicht vergessen, dass einige seiner Bücher erfolgreich verfilmt wurden, zum Beispiel »Der Präsident« unter »Absolut Power«. Klar, letztlich ist es nur Unterhaltung ohne jeglichen literarischen Anspruch, aber die Storys hatten Hand und Fuß und waren bei weitem nicht so an den Haaren herbeigezogen wie diese hier.
Das war das schlechteste Buch in diesem Jahr und definitiv mein letzter Baldacci.

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