Stark und wütend
Drei KameradinnenEin unbequemes Buch. Ein anstrengendes, aggressives, anklagendes und ausfallendes Buch. Provokant, pessimistisch - und intim.
Es geht um die drei Frauen Kasih, Saya und Hani, über die wir ganz bewusst ...
Ein unbequemes Buch. Ein anstrengendes, aggressives, anklagendes und ausfallendes Buch. Provokant, pessimistisch - und intim.
Es geht um die drei Frauen Kasih, Saya und Hani, über die wir ganz bewusst nicht viel erfahren. Denn wir sollen mit unseren einverleibten, rassistischen Denkmustern mal so gehörig auf die Schnauze fallen - und wenn man denkt 'nee, ich doch nicht', dann spätestens zum Ende eben doch.
Was wir hingegen wissen ist, dass es sich um drei Frauen unter Alltagsrassismus an einem beliebigen deutschen Stadtrand handelt. Der Interpretation des Lesers werden hier keine Grenzen gesetzt. Ich will gar nicht viel zur Handlung sagen - das Geschehen spitzt sich lediglich auf irgendeine vage angedeutete Katastrophe zu und erzählt währenddessen von einigen prägnanten Erlebnissen aus dem Alltagsleben der drei Kameradinnen, komplett ohne roten Faden.
Kasih übernimmt die Rolle der Erzählerin, springt dabei von einem belanglosem Thema zur nächstbesten zynischen Anekdote. Dann verliert sie sich wieder in Abschweifungen, dass das genau so passiert wäre, wäre es denn tatsächlich passiert. Und dies und jenes ist passiert, das kann sie sich denken und das weiß sie auch ganz sicher und der Leser natürlich nicht, denn der ist dumm und grundlegend rassistisch und kann aus seinem angeborenen rassistischem Sog nicht ausbrechen. Puh, irgendwie anstrengend zu lesen und verwirrend, aber das ist die Eigenart des Romans.
Also. Was will das Buch nun vom Leser? Aufklären durch Publikumsbeschimpfung vielleicht, oder Sensibililisieren durch Rollentausch. Hasstiraden mischen sich mit stumpfen Parolen, die drei Protagonistinnen wollen das Gegenteil dessen sein, was sie anprangern, sind aber letztendlich genau so, wie sie nicht sein wollen. Klingt irgendwie verquirlt, aber ist so.
Vom Leser wird unterdessen viel abverlangt. Die Erzählerin spielt ein komplexes Spiel mit uns, das uns irgendwo zwischen Vertrauen, Interpretation und Abrechnung komplett an der Nase herum führt. Die Charaktere sind überwiegend nervig und ja, ich war froh, als sich das Buch irgendwann dem Ende neigte. ABER am Ende gab es dann doch plötzlich ein unerwartetes Gefühlschaos bei mir, denn das Ende war wirklich gut. Wer es schafft bis zum Ende zu lesen, wird hier belohnt. Das Ende ist nicht nur gut, sondern eigentlich wirklich ziemlich grandios.
Es ist auf jeden Fall ein starker und wütender Roman. Ein Lesegenuss war es mittendrin ganz sicher nicht, aber im Nachhinein irgendwie schon. So verworren wie das Buch auch meine Rezi, entschuldigt, ich bin komplett geplättet.
Ich war mir noch nie so unschlüssig bei der Bewertung eines Buches, das hier liegt irgendwo zwischen Grottenschlecht und Lesehighlight. Daher keine pauschale Leseempfehlung von mir und neutral gemeinte (aber lodernde) 3 Sterne.