So viel mehr als ein Liebesroman
Wie Papierschiffchen im FlussDas war mein erstes Blind-Date mit einem Buch. Ich hatte mich in einem Bücherforum für eine Leserunde angemeldet, ohne zu wissen, welche Geschichte wir zusammen lesen würden. Gleich vorneweg: Es war für ...
Das war mein erstes Blind-Date mit einem Buch. Ich hatte mich in einem Bücherforum für eine Leserunde angemeldet, ohne zu wissen, welche Geschichte wir zusammen lesen würden. Gleich vorneweg: Es war für mich ein sehr gelungenes Experiment mit Lernfaktor.
Darum geht’s:
Jannas Leben sieht auf den ersten Blick perfekt aus: Attraktiver Ehemann, mit dem sie ein erfolgreiches Architekturbüro führt, zwei tolle Kinder, ein Traumhaus an der Oker. Doch etwas scheint trotzdem zu fehlen. Janna fühlt sich wie auf einem Papierschiffchen, das kaum zu steuern ist. Das Schiffchen gerät vollends ins Strudeln als sie auf Maris wiedertrifft, ihre erste große Liebe, der sie als junge Frau mit einer SMS abserviert hatte, den sie jedoch nie ganz vergessen konnte. Was bedeutet dieses Wiedersehen für ihre Ehe, für ihre Familie? Ob sie will oder nicht: Janna steht am Scheideweg ihres Lebens und ihrer Karriere.
So fand ich’s:
Das war es also, mein erstes Blind-Date mit einem Buch. Die erste „Begegnung“ entfachte ehrlicherweise gemischte Gefühle: Das Cover gefiel mir sofort außerordentlich gut und ich hätte das Buch im Laden aus Neugierde sehr wahrscheinlich zur Hand genommen, jedoch nach dem Lesen der Kurzbeschreibung wieder zurückgelegt. Es war definitiv nicht mein Genre. Zu dem Zeitpunkt war ich jedenfalls noch überzeugt davon. Als es dann ans Lesen ging war ich überraschend schnell in der Geschichte drin und fast schon ein wenig gefangen von so einfühlsamen Beschreibungen der Gefühlswelt.
Auch wenn die Geschichte keine Action oder eine besondere Spannung bietet, entwickelte sich ein mitreißender Lesesog. Und auch wenn ich mich oft über Janna ärgerte – ich hätte sie so manches Mal gerne geschüttelt – konnte ich ihr immer gut nachfühlen. Aber gerade diese Empörung, die Janna in mir auslöste, fand ich großartig. Denn wenn eine Autorin es schafft, solche intensive Gefühle in mir zu entfachen, hat sie so einiges richtig gemacht.
Wie in diesem Genre üblich, gibt es selbstverständlich auch romantische Momente. Wobei die Autorin gerade auch die intimeren Szenen auf sehr natürliche und sensible Art erzählt, ohne kitschig zu werden. Lediglich Jannas Schwärmerei war mir ab und an ein wenig zu teenagerhaft.
Die Geschichte entwickelt sich immer mehr in eine für mich überraschende Richtung und ich habe selten ein perfekteres Buchende gelesen. Auch wenn sich meine Leserinnenwünsche (die ich hier natürlich nicht verrate) nicht erfüllt haben, ist für mich „Wie Papierschiffchen im Fluss“ eine absolut runde Sache und ich darf nie mehr behaupten, dass dieses Genre nichts für mich ist. Julia Stumpp hat mich hier eines besseren belehrt.