Agentenkämpfe in Triest
„Sturm über Triest“ von Günter Neuwirth bildet nunmehr den Abschluss dieser exzellent recherchierten historischen Romantrilogie mit Inspector Bruno Zabini.
Klappentext:
Über der »Stadt der Winde« tobt ...
„Sturm über Triest“ von Günter Neuwirth bildet nunmehr den Abschluss dieser exzellent recherchierten historischen Romantrilogie mit Inspector Bruno Zabini.
Klappentext:
Über der »Stadt der Winde« tobt der Wüstensturm Scirocco und in den Straßen der Stadt wimmelt es von Agenten. Seit die k.u.k. Kriegsmarine die drei Schlachtschiffe der Radetzky-Klasse auf Kiel gelegt hat, sind die Geheimdienste aller Großmächte hinter den Bauplänen her. Nachts wird auf den Gleisen ein toter Schiffsbauingenieur gefunden. Als Inspector Bruno Zabini den Fall untersucht, ahnt er noch nicht, dass in Triest ein mörderischer Agentenkrieg droht. Zu allem Überfluss kündigt sich die frostige Bora an. Bruno hat alle Hände voll zu tun, eine Eskalation internationalen Ausmaßes zu verhindern.
Da ich bereits die anderen Teile dieser Trilogie kannte, tauchte ich nach wenigen Zeilen wieder ins Triester Leben zu jener Zeit ein, in die Stimmung am Hafen, in das geschäftige Treiben. Ich fand mich ohne weiteres wieder in Brunos beruflichem und privatem Umfeld zurecht. Ich denke, dass auch Neueinsteiger problemlos in die Story hineinfinden, wobei das umfangreiche Personenverzeichnis sich bestimmt als sehr hilfreich erweist. Nichtsdestotrotz würde ich raten, alle drei Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen, um den privaten roten Faden genau verfolgen zu können und die Entwicklung der Protagonisten in vollem Umfang zu durchblicken.
Wie bei den Vorgängerbänden „Dampfer ab Triest“ und „Caffè in Triest“ stimmt auch diesmal das Cover mit einer alten Hafenansicht sehr eindrucksvoll auf die Zeit und die Atmosphäre ein. Die genaue Datierung der Kapitel veranschaulicht einen Handlungszeitraum von knapp über zwei Wochen im November 1907. Der Schreibstil ist flüssig, durch Austriazismen, italienische und antiquierte Ausdrücke sprachlich der damaligen Zeit angepasst.
Der Autor versteht es ausgezeichnet, das historische Ambiente lebendig zu machen. Man versinkt förmlich in der damals herrschenden Stimmung, ob es sich nun um das für Triest so typische Wetter, die Bora, handelt, oder das unruhige politische Klima. Sehr anschaulich gewinnt man einen Eindruck vom Polizeialltag, diversen Neuerungen, wie Daktyloskopie, Fotografie am Tatort, erfährt ebenso, dass das Zehnfingersystem beim Schreibmaschineschreiben Schule machte. Im Zuge des Spionagefalles, der im Mittelpunkt dieses Bandes steht, wird auch das beginnende Wettrüsten mit immer verheerenderen technischen Waffen thematisiert, im Übrigen basierend auf sehr fundiertem Fachwissen.
Die komplexe Handlung entwickelt sich zunächst etwas langsamer, bis die diversen spionierenden Protagonisten vorgestellt sind. Die stetigen Perspektivenwechsel zwischen Bruno Zabinis polizeilichen Ermittlungen, seinem privaten Umfeld und den Aktionen der in Triest stationierten Agenten gestalten die Handlung sehr abwechslungsreich und sorgen für zahlreiche Spannungsmomente. Als Leser fühlt man sich stets nah am Geschehen und genießt so manchen Wissensvorsprung gegenüber den Protagonisten. Überraschende Wendungen stellen Zabini vor immer neue Herausforderungen. Durch geschicktes Taktieren gelingt es ihm, die rivalisierenden Geheimagenten zur Zusammenarbeit mit der Polizei zu bewegen, sodass die Mordserie gestoppt und schließlich in einem dramatischen Showdown die Bösewichte gefasst werden können.
Bruno Zabini steht im Mittelpunkt der Handlung. Er wirkt nicht nur sympathisch, attraktiv und verantwortungsvoll, sondern ist auch aufgeschlossen für alles Neue und führt so manches modernes Ermittlungsverfahren ein. Er ist intelligent und verfügt über einen ausgezeichneten Spürsinn, auch über gute Menschenkenntnis. Seine Methoden sind manchmal unkonventionell, erweisen sich letztlich stets als erfolgreich. Als Schwachpunkt könnte man seinen Hang zur Weiblichkeit sehen. Nicht nur, dass er seit Jahren Affären mit zwei verheirateten Frauen pflegt, ist er auch den Reizen anderer nicht abgeneigt – was aber diesem Roman auch ein bisschen Erotik verleiht.
Auch die diversen anderen handelnden Personen sind mit markanten Eigenschaften gut vorstellbar beschrieben. Positiv empfand ich, dass sich Zabinis Assistent Luigi Bosovich zunehmend profiliert und zu einem wertvollen Mitarbeiter herausmausert. Die Frauen rund um Zabini sind ebenfalls sehr facettenreich charakterisiert, emotional und lebendig.
„Sturm über Triest“ hat mich wiederum begeistert: nicht nur das exzellente historische Flair, sondern auch die spannende Handlung voller Action, gefahrvoller Momente, aber auch der Blick auf Privates, Liebesbeziehungen und generell auf das Leben der Frauen zu jener Zeit. Last but not least nimmt man auch viel Wissenswertes aus dieser Lektüre mit. Mit Bedauern habe ich das Buch geschlossen, freue ich mich aber über die Ankündigung des Autors, dass es jedoch eine weitere Trilogie rund um Bruno Zabini geben wird, die im Jahr 1908 spielt.
Eine unbedingte Leseempfehlung!