Venedig im 2. Weltkrieg
1999 – Der 15-jährige Nico besucht sein Großvater, zu dem er schon immer ein besonders inniges Verhältnis hatte, im Krankenhaus. Nonno Paolo hat nicht mehr lange zu leben und gibt Nico jede Woche einen ...
1999 – Der 15-jährige Nico besucht sein Großvater, zu dem er schon immer ein besonders inniges Verhältnis hatte, im Krankenhaus. Nonno Paolo hat nicht mehr lange zu leben und gibt Nico jede Woche einen von fünf Umschlägen, in denen er seine Geschichte erzählt. Und die ausschließlich für Nico bestimmt sind und hofft, dass sie ihm in Zukunft nützlich ist. Er soll die Vergangenheit verstehen und damit auch sich selbst.
1943 – Venedig ist seit 2 Monaten von den Deutschen besetzt, das Leben wird für alle immer unsicherer. Der damals 18-jährige Paolo hat seine Eltern bei einem Bombenangriff verloren und lebt nun allein in einer kleinen, runtergekommenen Weberei. Das Einzige, womit Paolo sich Geld verdienen kann, ist ein letzter Auftrag seiner Eltern. Er soll für einen wohlhabenden Kunden drei identische Banner aus Samt weben mit Venedigs traditionellen Löwen. Doch er ahnt nicht, wer sein Kunde ist. Nach dem tragischen Tod einer Jüdin ändert sich Paolos Leben schlagartig, er soll zwei flüchtigen, jüdischen Partisanen einen Unterschlupf gewähren. Paolo muss eine schwere Entscheidung treffen, die viel Mut von ihm verlangt.
Während Nico die Geschichte liest, fragt er sich immer mehr, weshalb ihm die Alten nichts über die damalige Zeit erzählen, auch scheint ihm die Last zu groß, die Nonno Paolo von ihm verlangt zu tragen. Er wird viele Jahre brauchen, sich seinem Erbe z stellen.
»Garten der Engel« ist ein bewegendes Porträt des venezianischen Lebens während der deutschen Besatzung. Aber ebenso eine Coming-of-Age-Geschichte, die einfühlsam viele Themen behandelt, Einsamkeit, Homosexualität, Verantwortung, Zivilcourage und Mut. Hewson hat sehr vielschichtige, lebendige Charaktere geschaffen, die in ihrer Zeit authentisch verankert sind.
Obwohl es ein Roman ist, der getragen wird von dem düsteren, beklemmenden Alltag im Krieg, hat er viele Spannungsmomente, die schon fast an einen Krimi erinnern. Denn am Ende erfährt Nico ein Geheimnis, das alles in Frage stellt, da konnte ich mir die Träne nicht mehr verdrückend.
Man spürt Hewsons Liebe zu Venedig und seine akribische Recherche hat die Geschichte sehr lebendig gemacht. Im Anhang finden sich interessante Fakten rund um die jüdische Gemeinde in Venedig, sowie ein Stadtplan, in dem die wichtigsten Schauplätze eingezeichnet sind. Das half mir ungemein, mich im Wirrwarr der Kanäle zurechtzufinden, die eine atmosphärische Kulisse schufen für den immer spannender werdenden Fortgang der Handlung.
Durch seine geografische Besonderheit und die vielen Kulturgüter blieb Venedig weitestgehend von Bombenangriffen verschont. Während rundherum in Europa der Krieg wütet, kommen hochrangige Nazis zum Feiern in die Lagunenstadt. Dennoch verfolgen sie hartnäckig ihr Ziel, auch hier die Juden zu deportieren, doch aufgrund der vielen Kanäle ist es nicht so einfach, deren Verstecke zu finden. Einmal mehr scheitern sie hier auch an dem Mut einzelner Menschen, im richtigen Moment das Richtige zu tun.
Interessant war für mich auch die Geschichte um die traditionelle Jacquardweberei von Samt. In einige Szenen sitzen wir mit Paolo und seiner Angestellten Chiara am Webstuhl und bekommen Einblicke in das kunstvolle und aufwendige Handwerk.
Insgesamt ein sehr lesenswerter, ergreifender Roman, den ich gern weiterempfehle.