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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.04.2023

Lesenswert mit Tiefgang

Krabbenbrötchen für Kenner
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Nike ist dreißig Jahre alt und besucht obligatorisch ihren doppelt so alten Vater in seinem Kieler Domizil. Er ist ein Künstler und ziemlich exaltiert, macht die Dinge so, wie er mag und nicht so, wie ...

Nike ist dreißig Jahre alt und besucht obligatorisch ihren doppelt so alten Vater in seinem Kieler Domizil. Er ist ein Künstler und ziemlich exaltiert, macht die Dinge so, wie er mag und nicht so, wie die Gesellschaft meint es wäre „richtig“. Heute ist er anders. Er lädt sie zu einem gemeinsamen Urlaub nach Föhr ein und will mit ihr alle Gutscheine einlösen, die sie ihm mal geschenkt hat.

Nike wundert sich, bekommt von ihrem Chef den Urlaub genehmigt und erlebt die ersten zusammenhängenden Tage mit ihrem Vater überhaupt. Sie wuchs bei ihrer Mutter auf.
Nach und nach kristallisiert sich heraus, wie Nike tickt und was sie bisher von ihrem Vater gewöhnt war. Ebenso erfährt man wie nebenbei die liebenswerten Macken von Willi, er anscheinend ein Geheimnis mit sich herumträgt und damit lange nicht herauskommt. Tatsächlich weiß man es erst im letzten Viertel, ahnt aber längst etwas.

Es ist ein Roman mit Tiefgang, der vom langsamen, leisen Abschiednehmen handelt ohne das der Tod selbst mitmischt. Willi hat eine heftige Diagnose erhalten und beschlossen, wie er sein Leben beenden möchte. Auf einer Insel, mit allem, was das Leben so an Gutem zu bieten hat. Und mit Nike. Die da erst reinwachsen muss, wenn sie denn will.
Sehr lesenswert. Ich habe den Roman gestern Abend „auf ex“ durchgelesen, konnte ihn nicht aus der Hand legen.

Veröffentlicht am 17.04.2023

Leselust!

Abschied auf Italienisch
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Vito Grassi hatte sich seine Ankunft im väterlichen Haus und Erbe anders vorgestellt. Mit seinem schnittigen Elektro-Roadster kurvte er die von Schlaglöchern übersäte, steile Zufahrt hinauf und hatte Glück: ...

Vito Grassi hatte sich seine Ankunft im väterlichen Haus und Erbe anders vorgestellt. Mit seinem schnittigen Elektro-Roadster kurvte er die von Schlaglöchern übersäte, steile Zufahrt hinauf und hatte Glück: Sein Motor erstarb direkt vor der Haustür. Hoffentlich gab es Strom im Haus und ein genügend langes Kabel… Vorher jedoch

bekam er es mit seiner unerwarteten Mitbewohnerin zu tun. Sie lebte bei seinem Vater bis dieser starb und eben jetzt auch noch. Und okkupierte dessen Schlafzimmer, so dass Vito mit der Couch vorlieb nehmen musste. Ein guter Auftakt!
Zwischenmenschlich ziept es an einigen Ecken, man lernt die Müllleute kennen, die sich bei Pietro an der Bar morgens den ersten Kaffee zu Gemüte führen und das Leben im Dorf. Bevor Grassi seine neue Tätigkeit bei der Staatspolizei aufnehmen kann, kommt ihm schon der erste Tote quasi entgegen. Die zweite Leiche findet ein Strolch auf einem entlegenen Stück seines Olivengartens, den seine Mitbewohnerin hegt. Seine Vorgesetzte ist auch nicht ohne, er selbst tritt gerne bei Kollegen ins Fettnäpfchen und ermittelt nicht immer korrekt nach Lehrbuch. Aber wer tut das schon?
Man fängt an zu lesen und braucht ein wenig Zeit dafür. Ideal für „zum so weglesen“, er macht süchtig. Weniger der Krimi selbst als die Art, wie was geschieht und wie damit umgegangen wird.

Veröffentlicht am 17.04.2023

Herb

Die Toten von Friesland
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Auf der westfriesischen Insel Schiermonnikoog wird eine Leiche gefunden. Etwa zeitgleich wird eine weitere in Aurich und auf Sylt entdeckt. Alle hängen irgendwie miteinander zusammen. Es bahnt sich eine ...

Auf der westfriesischen Insel Schiermonnikoog wird eine Leiche gefunden. Etwa zeitgleich wird eine weitere in Aurich und auf Sylt entdeckt. Alle hängen irgendwie miteinander zusammen. Es bahnt sich eine Zusammenarbeit an, zwischen der niederländischen Kommissarin van Loon und dem Deutschen Jaspari.

Die Ermittlungen verlaufen auf beiden Seiten der Grenzen zunächst zäh, fast schon schwerfällig. Dabei ist der Erzählstil jedoch flüssig und ich fing im ersten Viertel an mitzurätseln. Das düstere Titelbild täuscht nicht, es passt gut zum herben Inhalt. Nach den ersten drei Morden passieren weitere und das Duo tappt im Dunklen. Irgendwann erhärtet sich ein Verdacht und Anzeichen verdichten sich bis es fast zu spät zum Handeln ist. Bis zur Buchmitte ringen beide um Motive und Möglichkeiten, lernen sich kennen. Ebenso lernen Lesende in diesem Auftakt die Ermittler und ihre Kollegen kennen, die teils doch sehr unterschiedlichen friesischen Landschaften und die wiederum typischen Friesen, die sich vom Wesen her sooo sehr gar nicht mal unterscheiden. Es fließen also auch regionaltypische Besonderheiten ein. Zum Ende hin zieht der Krimi an sich gewaltig an. Es kommt Schwung in die Sache und auch immer neue Wendungen bleiben nicht aus. Gekonnt verfasst mit sehr gut gesetzten Spannungsbögen! Ich freue mich schon auf den nächsten Band 🙂

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Veröffentlicht am 03.04.2023

Krimi mit Lokalkolorit

Mord am Haff
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Usedom ist eine beschauliche Insel? Das war bevor die Kunstdiebe eine bestimmte Siedlung unsicher machten! Die Insulaner sind sauer, die Ferienhausvermieter/-besitzer ebenso und die Bewohner jener Häuser ...

Usedom ist eine beschauliche Insel? Das war bevor die Kunstdiebe eine bestimmte Siedlung unsicher machten! Die Insulaner sind sauer, die Ferienhausvermieter/-besitzer ebenso und die Bewohner jener Häuser erst Recht. Radioreporterin Franziska wittert Übles und ihr Chef möchte, dass sie auf eigene Faust recherchiert.

Kay Lorenz hingegen möchte den Kontakt zu Franziska gerne wieder aufnehmen, allerdings lieber nur privat. Dafür denkt er sich allerhand romantische Dates aus, die allesamt irgendwie unterwandert werden. Vor allem, nachdem er mit den polizeilichen Ermittlungen zu diesem Fall betraut wird. Es entwickeln sich sehr amüsante Pingpong-Gespräche zwischen Polizisten und Franziska sowie ihrem jungen Kollegen. Ebenso wie Lorenz und seine Kollegin verfolgen die Reporter ihre eigene Spur. Und nebenbei liest man gespannt und amüsiert weiter, bekommt Gelegenheiten mit zu rätseln und sich zu wundern. Die Aufklärung kommt wirklich erst am Schluss und ist sehr unerwartet.

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Veröffentlicht am 02.04.2023

Mit Tiefgang und Kurzweil

Ein Sommer mit Esel
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Ein sehr angenehm zu lesender Roman mit Tiefgang. Natalie verlor vor zwei Jahren ihren Mann bei einem Badeunfall. Sie konnte ihre Tochter retten, aber Pascal ertrank. Pierrette verlor ihren einzigen Sohn. ...

Ein sehr angenehm zu lesender Roman mit Tiefgang. Natalie verlor vor zwei Jahren ihren Mann bei einem Badeunfall. Sie konnte ihre Tochter retten, aber Pascal ertrank. Pierrette verlor ihren einzigen Sohn. Alle drei trauern auf ihre Art und wie sie trauern, kristallisiert sich nach und nach heraus. Es ist dennoch ein eher fröhlicher und hintersinniger Roman, der sich zügig durchlesen lässt:

Der Sommer mit Esel findet in den Cevennen statt. Pierrette schnappte sich ihre Enkelin und informierte ihre Schwiegertochter, dass sie sie bei einer Wanderung näher kennenlernen wolle. Dabei spielt sie ein tückisches Spielchen. Nathalie erfährt von Pierrettes Lebensgefährten, wohin die beiden unterwegs sind. Auch er verschweigt ihr etwas. Nathalie wird von einem Esel ausgewählt und beginnt ihre Wanderung. Dabei lernt sie ihre Trauer herauszulassen, sich auf den Vierbeiner einzulassen und den bodenständigen Typ Mensch kennen, der in den Dörfern der Cevennen lebt und arbeitet. Pierrette stellt fest, dass wandern mit einer Siebenjährigen gar nicht so einfach ist und Nathalie wohl doch nicht so eine Helikoptermutter ist, wie sie bisher dachte.
Oma und Enkelin wandern, lernen sich kennen und es passiert so allerlei. Beide sind störrisch, ihr Esel hingegen verhält sich klug. Nathalie lernt unterwegs einen charmanten Zweibeiner kennen, erlebt ebenfalls Micro-Abenteuer und freundet sich mit ihrer Salomé an. Beide Erzählstränge verlaufen lange parallel. Dabei baut Nau fein gesetzte, kleine Spannungsbögen auf und beschreibt die Umgebung so, dass man am liebsten sofort selbst loswandern möchte. Die Geschichte ist weder rührselig noch in irgendeiner Form gemein, tatsächlich konnte ich mich sowohl in die relativ junge Oma als auch in Leonie und Nathalie hinein versetzen und ihre Beweggründe verstehen. Der Schluss passt wunderbar und macht Lust darauf mehr von Sabrina Nau zu lesen.

P. S.: Auch das Nachwort ist lesenswert. Während Schwiegermütter hierzulande oft als „Schwiegerdrachen“ wahrgenommen werden, sind sie in Frankreich positiv besetzt „belle-mére“ (schöne Mutter).

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