Profilbild von SimoneF

SimoneF

Lesejury Star
offline

SimoneF ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit SimoneF über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.04.2023

Humorvolles Erstlesebuch

Der Wunschling – Wünsche schmecken nach Brausepulver
0

Theo liegt abends aufgeregt im Bett und kann nicht einschlafen. Mit seiner Schwester Anne und seinen Eltern ist er kürzlich umgezogen, und morgen ist sein erster Tag in der neuen Schule. Da hört er ein ...

Theo liegt abends aufgeregt im Bett und kann nicht einschlafen. Mit seiner Schwester Anne und seinen Eltern ist er kürzlich umgezogen, und morgen ist sein erster Tag in der neuen Schule. Da hört er ein Schmatzen und Tapsen, und entdeckt ein seltsames grünes Wesen aus Fell: Einen Wunschling, der die Wünsche von Kindern erschnüffeln und erfüllen kann. Die üblichen materiellen Wünsche wie Spielzeug oder Süßigkeiten findet er langweilig, doch im Moment ist der Wunschling einem ganz besonders leckeren und aufregenden Duft auf der Spur. Welcher Wunsch könnte das sein?

Als das Buch bei uns zu Hause ankam, hat es sich mein Sohn (3. Klasse) sofort geschnappt und auf einen Rutsch gelesen. Den knuffigen Wunschling haben wir auf Anhieb ins Herz geschlossen - man möchte ihn am liebsten knuddeln! Der Wunschling ist ein aufgewecktes kleines Kerlchen. Beim Erfüllen der Wünsche stellt er sich mitunter etwas schusselig an, was zu witzigen Situationen führt. So kommt beim Lesen auch der Humor nicht zu kurz.

Dank kurzer Sätze und altersgerechter Wortwahl ist das Buch perfekt für Erstleser ab der 2. Klasse. Für jüngere Kinder eignet es sich auch sehr gut als Vorlesebuch. Die liebevollen und farbenfrohen Illustrationen auf jeder Seite lockern die Geschichte zusätzlich auf. 

Ein sehr schönes, unterhaltsames und humorvolles Buch!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.04.2023

Spannender Krimi mit viel Jahrhundertwendeflair

Der treue Spion
0

"Der treue Spion" von Uta Seeberg ist der dritte Band um Major Gryszinski, den königlich-bayerischer Sonderermittler der Münchner Kriminalpolizei. Im Jahr 1896 verschwindet ein französischer Diplomat spurlos ...

"Der treue Spion" von Uta Seeberg ist der dritte Band um Major Gryszinski, den königlich-bayerischer Sonderermittler der Münchner Kriminalpolizei. Im Jahr 1896 verschwindet ein französischer Diplomat spurlos aus dem Hotel Vier Jahreszeiten. Gryszinski nimmt die Ermittlungen in dem Fall auf, der sich als überaus verzwickt und mysteriös erweist und ihn in die Welt von Spionage und Hochstapelei entführt. 20 Jahre später, während des 1. Weltkriegs, befindet sich Gryszinskis inzwischen erwachsener Sohn Fritz als Meldegänger in Verdun und erhält unverhofft neue Hinweise zu dem alten Fall seines Vaters.

Die Geschichte wird abwechselnd in zwei Handlungssträngen erzählt, wobei der erste 1896 spielt und Major Gryszinskis Ermittlungen beinhaltet. Der zweite ist 20 Jahre später angesiedelt und erzählt die Erlebnisse von Fritz.

Uta Seeberg beschreibt die handelnden Figuren und ihre Gedanken sehr detailliert und lebendig, so dass ich sie sofort lebhaft vor Augen hatte und auch mit dem Ehepaar Gryszinski und ihrem Sohn richtig mitfiebern konnte. Auch die Handlungsorte, Hotels, Restaurants, Wohnungen etc. werden in ihrer Austattung und Atmosphäre sehr ausführlich beschrieben, so dass man als Leser*in richtig in die Welt der Jahrhundertwende und die Zeit des ersten Weltkrieges eintauchen kann. Allerdings tritt hierdurch auch der kriminalistische Part manchmal etwas in den Hintergrund.

Obwohl ich die beiden Vorgängerbände nicht kannte (das wird sich ändern!), bin ich problemlos in die Geschichte hineingekommen, da keinerlei Vorkenntnisse nötig sind. Die Handlung ist richtig spannend, die Puzzleteile fügen sich erst ganz zum Schluss ineinander und ich habe bis zur letzten Minute mitgerätselt.

Das Hörbuch gibt das Buch ungekürzt wieder und hat eine Laufzeit von 13 Stunden und 20 Minuten. Der Sprecher Michael Schrodt hat nach meinem Empfinden eine sehr angenehme, ruhige Stimme und genau das richtige Sprechtempo. Er verleiht jeder Figur eine individuelle Note und baut ihre persönlichen Eigenheiten, wie etwa ein charakteristisches Schnauben oder einen sächsischen Dialekt, gekonnt ein. Einzig bei den wenigen bayerischen Sätzen ist seine norddeutsche Herkunft für mich als Bayerin spürbar (und auch, wenn er die Münchner Liebigstrasse als "Liebichstrasse" ausspricht oder den Odeonsplatz auf der 1. anstatt der 2. Silbe betont.). Da die Familie Gryszinski jedoch selbst aus Preußen stammt, ist ein norddeutscher Sprecher hier sogar authentischer.

Fazit: Ein wirklich spannender, atmosphärisch toll erzählter Krimi, der sehr gelungen als Hörbuch umgesetzt wurde. Wilhelm, Sophie und Fritz Gryszinski sind mir richtig ans Herz gewachsen und ich bin sehr gespannt auf weitere Folgen (und auch die beiden Vorgängerbände, die ich noch lesen möchte).

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.04.2023

Sehr anschaulich und hervorragend geschrieben

Diesseits der Mauer
0

Das Sachbuch "Diesseits der Mauer" von Katja Hoyer verspricht "eine neue Geschichte der DDR 1949 - 1990", und holt hierzu etwas weiter aus: Das ersten beiden Kapitel beginnen bereits mit dem Zeitraum 1918 ...

Das Sachbuch "Diesseits der Mauer" von Katja Hoyer verspricht "eine neue Geschichte der DDR 1949 - 1990", und holt hierzu etwas weiter aus: Das ersten beiden Kapitel beginnen bereits mit dem Zeitraum 1918 - 1945 bzw. 1945 - 1949, um wichtige Zusammenhänge und Voraussetzungen zu erfassen.

Konzeptionell geht die Autorin, die selbst in der DDR aufgewachsen ist, ganz neue Wege, da sie die meisten der chronologisch angeordneten Kapitel mit den Erlebnissen von Zeitzeugen beginnt bzw. durchsetzt. Bei diesen handelt es sich vor allem um gewöhnliche DDR-Bürger, Arbeiterinnen, Soldaten, Lehrerinnen etc., doch auch bekannte Persönlichkeiten kommen zu Wort. Katja Hoyer stützt sich hierzu laut Vorwort auf Interviews, Briefe und Aufzeichnungen.

Diese Vorgehensweise macht für mich den besonderen Reiz und die große Stärke dieses Buches aus. Sie stellt den Menschen in den Mittelpunkt, anstatt die Geschichte der DDR nur anhand trockener politischer und ökonomischer Details abzuhandeln und sich auf Mauer und Stasi zu fokussieren. Vielmehr nehmen die Lebensumstände und der Alltag der DDR-Bürger*innen einen zentralen Platz ein und das politische und wirtschaftliche Geschehen wird durch die Zeitzeugenberichte unmittelbar greifbar. Der Schreibstil ist so wunderbar flüssig und eingängig, dass sich das Buch sehr anschaulich und abwechslungsreich liest und ich stellenweise wie in einen Roman eintauchen konnte.

Ich bin mit Anfang 40 zu jung, um die DDR als Westdeutsche noch bewußt wahrgenommen zu haben und zu alt, um in der Schule in Geschichte eine ausführliche Auseinandersetzung mit der DDR erfahren zu haben. Durch Katja Hoyers Buch habe ich einiges hinzugelernt und konnte mir eine bessere Vorstellung vom Leben in der DDR machen. Genau diese Bücher braucht es, um in Deutschland sachlich, fundiert und gründlich recherchiert ein ganzheitliches Verständnis der DDR zu entwickeln und zur Verständigung zwischen Ost und West auf Augenhöhe beizutragen.

Ein wichtiges und rundum empfehlenswertes Buch!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.04.2023

Sehr lesenswertes Buch über die Auswirkungen plötzlichen Reichtums

In unseren Kreisen
0

Der Schriftsteller Nikolai und die Museumskuratorin Tatjana leben mit ihrer 10jährigen Tochter Marie in einer sanierten 60qm Altbauwohnung in einem gentrifizierten und angesagten Viertel. Das Geld reicht ...

Der Schriftsteller Nikolai und die Museumskuratorin Tatjana leben mit ihrer 10jährigen Tochter Marie in einer sanierten 60qm Altbauwohnung in einem gentrifizierten und angesagten Viertel. Das Geld reicht gerade so, um ein angenehmes Leben zu führen, als sie die Nachricht vom Tod von Tatjanas Tante erhalten. Diese vererbt Tatjana eine Villa nebst großzügigem Barvermögen, und der plötzliche Reichtum verändert alles...

Messerscharf seziert Oswald das Leben der gutsituierten Großstadthipster. Die Gehälter reichen nicht, um sich wie die Elterngeneration den Traum vom Eigenheim zu erfüllen, aber sie ermöglichen einen akademisch-aufgeklärten, bewussten Lebensstil, der auch ein gesellschaftliches Statement ist: Man kauft lokal und fair, lebt möglichst vegan und nachhaltig, ohne dabei die eigene Komfortzone zu verlassen, und fühlt sich moralisch überlegen, da Geld nicht alles ist.

Die plötzliche Erbschaft öffnet nun das Tor in eine neue Welt mit eigenen Codes und Möglichkeiten, und insbesondere Tatjana lernt schnell, diese einzusetzen. Der unerwartete Reichtum verändert unaufhaltsam und tiefgreifend Leben, Umfeld und Verhalten von Nikolai und Tatjana. Die Milieustudie des Reichenviertels ist wunderbar pointiert, Schein und Sein driften auseinander, und auch Tatjana und Nikolai biegen sich die Wahrheit komfortabel zurecht, belügen sich selbst und kommen immer mehr in ihrer neuen Welt an.

Oswald Blick für Details und der mitunter scharfzüngige Schreibstil sind einfach herrlich hintergründig und wunderbar zu lesen. Oswald trifft den Nagel auf den Kopf, blickt hinter scheinheilige Fassaden und hält auch dem Leser den Spiegel vor, der sich fragen muss, wie er sich in einer entsprechenden Situation verhalten würde.

Ein wirklich lesenswertes Buch, das zum Nachdenken anregt!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.04.2023

Wunderbar!

Das Café ohne Namen
0

Robert Simon ist Gelegenheitsarbeiter auf dem Karmelitermarkt in Wien. Er pachtet eine leerstehende Gastwirtschaft gegenüber dem Markt und eröffnet dort sein eigenes Café, bei dem es sich eher um eine ...

Robert Simon ist Gelegenheitsarbeiter auf dem Karmelitermarkt in Wien. Er pachtet eine leerstehende Gastwirtschaft gegenüber dem Markt und eröffnet dort sein eigenes Café, bei dem es sich eher um eine Kneipe handelt. Die Gäste sind einfache Leute aus dem Viertel, Arbeiterinnen aus der Textilfabrik, Bauarbeiter, Marktleute, ältere Damen, junge Leute, Obdachlose und Künstler. Sie streiten sich, betrinken sich, spielen Karten, plaudern miteinander und hängen ihren Träumen nach.

Robert Seethaler erschafft mit seiner schnörkellosen, beinahe nüchternen Schreibweise eine präzise Miliestudie der einfachen Leute des recht armen Viertels um den Karmelitermarkt in den 60er und 70er Jahren. Mt wenigen Worten und einem zauberhaften Blick fürs Detail werden die Figuren und die Atmosphäre des Aufbruchs lebendig und das Existenzielle zeigt sich mitunter ganz beiläufig. Besonders angetan haben es mir die Kapitel, in denen die Gespräche der beiden älteren Damen wiedergegeben sind.

Ein leiser, berührender Roman und unbedingt lesenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere