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Veröffentlicht am 21.07.2023

Eingeschneit

Das Sanatorium
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Elin Warners Leben besteht aus Problemen: mit ihrem Job als Detective Inspector, ihrer Vergangenheit, ihrer Familie. Dennoch reist sie zur Verlobung ihres Bruders in die Schweizer Berge, in ein erst kürzlich ...

Elin Warners Leben besteht aus Problemen: mit ihrem Job als Detective Inspector, ihrer Vergangenheit, ihrer Familie. Dennoch reist sie zur Verlobung ihres Bruders in die Schweizer Berge, in ein erst kürzlich eröffnetes Luxushotel. Früher war dieses Gebäude ein Sanatorium für Lungenkranke, heute ist es für die zahlende Kundschaft. Elins Ankunft steht unter keinem guten Stern: ein heftiger Schneesturm schneidet das Hotel von der Außenwelt ab. Dann verschwindet die Verlobte ihres Bruders. Und als eine Tote gefunden wird, ist Elin auf sich allein gestellt, denn die Schweizer Polizei hat nach einem Lawinenabgang keine Chance, zu ihnen durchzukommen.

Allein dieses Setting hätte doch ausreichen müssen, um einen spannenden Thriller zu schreiben, sollte man meinen. Was will man mehr? Bar jeder Hilfe, Wetterextreme, Serienkiller. Da kann man doch eigentlich nichts falsch machen, oder? Nun, es fällt schwer, zugegeben. Aber Sarah Pearse hat ihr Bestes gegeben, um diesen Thriller in den Sand ... Verzeihung: den Schnee zu setzen. Es fängt mit der unglaublich unsympathischen, nervigen, weinerlichen, anstrengenden und manchmal regelrecht dummen Elin Warner an, geht mit den seltsamen Reaktionen der Opfer weiter (Niemand denkt in kritischen Situationen "Denk nach! Denk nach!" - aber hier denken das einfach mal alle und verschwenden damit sinnlos Zeit - ihre und die der LeserInnen) und endet mit den völlig absurden Motiven sämtlicher Beteiligter, irgendwelche Dinge zu tun. Nein, im Ernst. Das war mal nix.

Veröffentlicht am 09.07.2023

Basgiath

Fourth Wing – Flammengeküsst
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Violet Sorrengail ist die jüngste Tochter einer Generalin, klein, zierlich und leidet unter einer chronischen Krankheit, weshalb sie schwach und untrainiert ist. Dennoch wird sie von ihrer Mutter gezwungen, ...

Violet Sorrengail ist die jüngste Tochter einer Generalin, klein, zierlich und leidet unter einer chronischen Krankheit, weshalb sie schwach und untrainiert ist. Dennoch wird sie von ihrer Mutter gezwungen, am Auswahlverfahren zum Drachenreiter teilzunehmen, bei dem schon bei der ersten Prüfung viele Prüflinge sterben. Auch später noch ist die Verlustrate unter den zukünftigen Drachenreitern enorm hoch, denn nicht nur die Drachen sind tödlich, auch die anderen Anwärter bringen gern mal ihre Konkurrenten um. Doch am allerallerallergefährlichsten ist Xaden Riordan, der zwar Staffelführer ist, aber auch der Sohn eines hingerichteten Rebellen und der mit der Familie Sorrengail eine Rechnung offen hat. Violet versucht zu überleben, dabei wünscht sie sich so sehr den petite mort, seit sie Xaden das erste Mal gesehen hat ...

Mich hat die Leseprobe total angesprochen, denn schon da konnte man extrem mitfiebern, gerade der Lauf über den Viadukt war heftig, auch wenn da schon die ersten Fragen auftauchten. Und rein vom Schreibstil her hätte mich das Buch genauso hypen können, wie es anscheinend alle anderen hyped - nur dass ich irgendwann so viele unbeantwortete Fragen in Sachen Logik hatte, dass es mich einfach nur gestört hat. Es fängt schon mal damit an, dass man kein vernünftiges Worldbuilding erhält. Hier unser Königreich, da die anderen (die mit den Greifenfliegern statt Drachenreitern), seit 600 Jahren Krieg, so reicht. Okay? Mir reicht das nicht. Außerdem gab es mal eine Rebellion in diesem Königreich, die mal niedergeschlagen wurde und man richtete die Rebellen hin. Die Kinder der Rebellen wurden jedoch dazu gezwungen, Drachenreiter zu werden, weil ...? Ja, einige werden draufgehen und nichts mehr anzetteln. Aber die anderen? Die kriegen gleich mal eine mörderische Macht in die Hand, um sich zu rächen, wenn sie Bock haben? Wer bitte macht so was?

Weiter: Es herrscht seit vielen Jahren Krieg. Man braucht also jede Menge Soldaten, ob die jetzt auf Drachen sitzen oder zur Infanterie gehören. (Hier wird übrigens nie geschrieben, mit was die kämpfen: Die Drachenreiter besitzen Schwerter, Dolche, Magie und natürlich Drachenfeuer, aber wie weit sind die Infanteristen überhaupt? Haben die schon Musketen oder sonst was?) Trotz also der vielen Leute, die man für den Krieg braucht, werden hier am War College permanent die Besten der Besten niedergemetzelt: durch Drachen, durch Abstürze, durch andere Kadetten. Die Erklärung: Es gibt nicht genügend Drachen. Okay. Warum lässt man diejenigen, die nicht von Drachen gebunden werden, einfach zur Infanterie? Weniger Verluste, mehr Leute, die kämpfen können. Aber hey, warum sollten wir uns mit Logik aufhalten?

Violet ist eigentlich als Charakter sehr cool angelegt. Sie ist clever, weiß sich zu helfen, hat Mut und Moral. Eigentlich. Denn sobald sie Xaden erblickt, vergisst sie alles, außer "wie schöööööööööön" er ist. Sie sabbert, sobald er die Bühne betritt. Um ehrlich zu sein, von Xadens Eigenschaften habe ich nicht viel mitbekommen, weil Violet ihn nahezu aufs Äußere reduziert. Sie ist so geil auf ihn, dass er auch den Ententanz machen könnte und sie würde ihn immer noch bespringen wollen. Ich war auch mal 20 und bin mir sicher, dass ich im Falle von Lebensgefahr - egal wie heiß mein Gegenüber gewesen wäre - andere Probleme als meine Libido gehabt hätte. Aber so oder so: Nachdem beide endlich mal gemerkt haben, dass der/die andere das Nonplusultra der Weltgeschichte ist, wurde nur noch geschnulzt. Man hätte locker zweihundert Seiten kürzen können, ohne Informationsverlust zu erleiden.

Nachdem ich mich über 700 Seiten lang über mangelnde Logik, mega Rumgeschnulze und Violets Auserwähltenstatus (mit einem Drachen fängt sie gar nicht erst an) rumgeärgert habe und all diese wunderbaren Möglichkeiten, die hier liegengelassen wurden, ärgerte, verzichte ich wohl auf die weiteren Bände dieser Reihe.

Veröffentlicht am 28.05.2023

Auftritt: Langeweile

If We Were Villains. Wenn aus Freunden Feinde werden
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Zehn Jahre hat Oliver im Gefängnis gesessen, für eine Tat, die er begangen hat oder auch nicht. Sein (ehemaliger) Wärter möchte jetzt, da Oliver rauskommt, endlich die wahre Geschichte hören, und Oliver ...

Zehn Jahre hat Oliver im Gefängnis gesessen, für eine Tat, die er begangen hat oder auch nicht. Sein (ehemaliger) Wärter möchte jetzt, da Oliver rauskommt, endlich die wahre Geschichte hören, und Oliver erweist ihm den Gefallen und erzählt, was wirklich vorgefallen ist. Er führt uns zurück in eine Zeit, in der scheinbar alles in Ordnung ist. An eine Schauspielakademie, an der nur Shakespeare gelehrt und gespielt wird. Jedes Jahr fliegen viele Studenten aus den Kursen und hier, im vierten und letzten Jahr sind von Olivers Kurs nur noch sieben Leute übrig geblieben. Ein eingeschworenes Team, das auch im wahren Leben scheinbar nur noch die Rollen verkörpert, die es auf der Bühne darstellt. Der Herrscher, der Sidekick, das Naivchen ... Sie sind befreundet, von Anfang an. Und dennoch ist einer von ihnen plötzlich tot.

Das hätte so ein großes Kino werden können. Nicht, dass ich großartig Shakespeare-Fan bin, aber für eine Art Dark-Academia-Story ist das mal ein etwas anderer Hintergrund. Schade nur, dass das Ganze zu einem Kammerstück wird und zwar einem, das furchtbar anstrengend zu lesen ist. Die Charaktere bekommen auch in der Rückblende nicht mehr Fleisch auf den Rippen als ihre Bühnen-Alter-Egos und mich haben nicht nur die endlosen Shakespeare-Zitate, sondern auch die Bühnenstückschreiberei genervt. Auftritt: Langeweile. Abgang: Interesse.

Veröffentlicht am 16.05.2023

Freigeist

Wolfskinder
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Hoch oben in den Bergen, weitab von anderen Städten und Dörfern, ja, von der Zivilisation, lebt die Alttäufergemeinde von Jakobsleiter. Das Leben ist hart und karg, kein Strom, kein fließend Wasser, und ...

Hoch oben in den Bergen, weitab von anderen Städten und Dörfern, ja, von der Zivilisation, lebt die Alttäufergemeinde von Jakobsleiter. Das Leben ist hart und karg, kein Strom, kein fließend Wasser, und die Kinder müssen täglich stundenlang den Berg rauf- und runtersteigen, um in die Schule im nächsten Dorf zu gelangen. Den Kindern wird eingeschärft, über nichts zu reden und nur zu schweigen. Doch Jesse kann das Schweigen bald nicht mehr ertragen: seine Freundin Rebecca ist verschwunden. Und in dieser Region sind schon Dutzende Mädchen und junge Frauen verschwunden, wie Smilla, die Volontärin eines Fernsehsenders der nächsten Stadt weiß. Vor zehn Jahren war sie in der Gegend mit ihrer besten Freundin campen, die damals verschwand. Genauso spurlos wie die neue Lehrerin des Dorfes. Was passiert hier? Und weiß Edith, das kleine, wilde Mädchen aus Jakobsleiter, mehr?

Das ist ein Hörbuch, das durch die verschiedenen SprecherInnen der verschiedenen Perspektiven schon fast den Anstrich eines Hörspiels bekommt. Und hier muss ich wirklich loben: Wie perfekt diese SprecherInnen ausgewählt wurden, ist einfach mega! Ob es Jesse war, dem man den 17jährigen, verzweifelten Jungen total abgenommen hat oder dieses kleine, clevere, aber völlig ungebildete Mädchen Edith: Ich konnte sie geradezu vor mir sehen. Leider endete meine Begeisterung nach dem ersten Drittel des Buches und mit den Stimmen. Denn nachdem man erfahren hat, was in Jakobsleiter und Umgebung los war, zog und zog sich die Geschichte wie ein Kaugummi. Und als man sich dem Ende näherte, wurde es immer absurder. Davon abgesehen, dass der Täter schon so zeitig feststand, dass nicht mal da Spannung aufkommen konnte, wurden Situationen an den Haaren herbeigezogen, dass meine eigenen vor Unglauben ergrauten. Besonders genervt haben mich die durchweg dummen Entscheidungen und Gedanken beinahe aller Frauen und Mädchen in diesem Buch, die in keinem Verhältnis zur Realität standen.

Dann all die Ungereimtheiten. Jemand, der mit einer Kette und Seilwinde in hohem Tempo durch einen Felsen gezerrt wird und nur ein paar Schrammen und blaue Flecken hat. Jemand, der einen Schuss in den Oberschenkel bekommt, aber nicht nur noch lustige Gespräche führen kann, sondern auch gefühlt 50 Meter eine Leiter in einer Klamm hochkraxelt. Und wenig später irgendwo ankommt, wo seine Verletzung als "sein Bein stand ein wenig seltsam ab" festgestellt wird. Wurde da vergessen, dass er eine Schusswunde, kein gebrochenes Bein hatte? Davon abgesehen, dass meiner Meinung nach jeder, der nicht rechtzeitig behandelt wird, ziemlich schnell verblutet, weil im Oberschenkel eine fette Arterie fröhlich pulsiert. Nicht zu vergessen ein Wolf, der angeschossen, angefahren, ins Tierheim geschafft, durch Naturschützer wieder freigelassen (hahaha!) wird, nicht nach Hause bzw. in irgendeinen Wald läuft, sondern fröhlich in ein Dorf, um einem Mädchen das Leben zu retten? Ja, klar. Funktioniert vielleicht bei Karl May. Muss ich aber nicht in einer "Thriller-Sensation" (sic!) haben. Die Geschichte war alles Mögliche, aber weder ein Thriller noch eine Sensation. Schade. Hätte Potenzial gehabt.

Veröffentlicht am 20.04.2023

Kakeibo

3000 Yen fürs Glück
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Irgendwie finde ich es schon traurig, dass so ein Buch in Japan ein Nummer-1-Bestseller werden konnte. Er ist furchtbar oberflächig, gefühllos und langweilig. Es geht zum großen Teil um die Frauen einer ...

Irgendwie finde ich es schon traurig, dass so ein Buch in Japan ein Nummer-1-Bestseller werden konnte. Er ist furchtbar oberflächig, gefühllos und langweilig. Es geht zum großen Teil um die Frauen einer Familie: Großmutter, Mutter, zwei Enkelinnen. Und einen Bekannten der Großmutter, der ansonsten mit der Familie überhaupt keine Berührungspunkte hat. Alle fünf Perspektiven drehen sich um Geld, ums Geldausgeben und ums Sparen. Vielleicht ist das in Japan so, vielleicht kreisen die Gedanken aller Menschen wirklich permanent um dieses Thema, aber ich fand es anstrengend.

Das Problem, das ich wahrscheinlich auch hatte, ist, dass keine Person hier irgendwie sympathisch wirkte (außer Mihos gefeuerte Arbeitskollegin) und vor allem dass es bei niemanden in irgendeiner Form in die Tiefe ging. Man hatte beim Lesen das Gefühl, dass hier Stichpunkte ähnlich einer Einkaufsliste abgehakt wurden. Miho, check. Maho, check. Kotoko, check u. s. w. Hätte kein Name dagestanden, hätte es jede dieser Frauen sein können. Und der Bekannte von Kotoko mit seiner alternativen Lebensweise wurde irgendwie nur reingefeuert, ob die Leidensfähigkeit japanischer Frauen zu verdeutlichen? Ich weiß es nicht. Es war mir auch irgendwann gleichgültig, genau wie das ganze Buch.