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Veröffentlicht am 17.07.2023

Fesselnder biografischer Roman über Marie Tussaud

Die Meisterin der Wachsfiguren
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Schon immer wollte ich gerne mehr über diese Madame Tussaud erfahren, denn ich hatte zwar vor längerer Zeit die Ausstellungen in London und Amsterdam besucht, aber über die Person, die den Wachsfigurenkabinetten ...

Schon immer wollte ich gerne mehr über diese Madame Tussaud erfahren, denn ich hatte zwar vor längerer Zeit die Ausstellungen in London und Amsterdam besucht, aber über die Person, die den Wachsfigurenkabinetten ihren Namen gab, war mir bis vor kurzem so gut wie nichts bekannt.
Dies konnte ich nun glücklicherweise ändern, denn im biografischen Roman „Die Meisterin der Wachsfiguren“ wird Marie Tussauds Leben und Werdegang sehr lebendig geschildert. Im Roman kommt Marie schon in jungen Jahren mit zahlreichen berühmten Zeitgenossen in Kontakt. Es ist die Zeit der französischen Revolution, und die damaligen Ereignisse und Begegnungen prägen Maries Lebensweg sehr stark. Auch wenn die Handlung fiktiv ist, so kommen doch sehr viele wahre Begebenheiten zur Sprache, die für Marie schicksalsweisend waren. Das beginnt schon mit dem großen Rätsel über ihre Herkunft, das sie bis zuletzt beschäftigt. Tiefgründige Freundschaften, eine unerfüllte Liebe und eine unglückliche Ehe sind die Eckpunkte, zwischen denen sich Maries Privatleben abspielt. Aber das Wichtigste in ihrem Leben ist die Wachsmodelierkunst, der sie sich verschrieben hat. Für ihre Zeit war sie allem Anschein nach eine sehr moderne und selbstständige Frau. Sie ließ sich nicht so leicht aus der Fassung bringen, und wenn sie während der Französischen Revolution die abgeschlagenen Köpfe nachbilden musste, brauchte sie stahlharte Nerven. Es ist faszinierend, mit der Autorin in die Geschehnisse dieser Zeit einzutauchen. Anna-Luise Melle schreibt sehr plastisch und lebendig, so dass man die Ereignisse quasi aus der Nähe verfolgen kann. Wie sich Marie Tussaud durchs Leben schlägt und nicht unterkriegen lässt, ist schon toll. Auch wenn vieles, vor allem aus ihrem Privatleben, nur vage bekannt ist, hat die Autorin ihre Geschichte doch wunderbar erzählt und die Lücken zwischen den historischen Tatsachen bestens aufgefüllt. Ich habe den Roman, mit all seinen Höhen und Tiefen, sehr gerne gelesen und bin dadurch der Meisterin der Wachsfiguren sehr viel näher gekommen.

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Veröffentlicht am 16.05.2023

Schöner historischer Roman über die Kraft der Liebe und des Glaubens

Wenn ein neuer Tag anbricht
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Der Roman beginnt mit einem tragischen Ereignis. Bei einer gemeinsamen Bootsfahrt verlieren Margaret und ihre jüngere Schwestern Violet durch einen Unfall ihre Eltern. Maggie kann diesen schweren Verlust ...

Der Roman beginnt mit einem tragischen Ereignis. Bei einer gemeinsamen Bootsfahrt verlieren Margaret und ihre jüngere Schwestern Violet durch einen Unfall ihre Eltern. Maggie kann diesen schweren Verlust nicht verwinden, und sie wird den Gedanken nicht los, dass es womöglich kein Unfall war. Nathaniel, der Sohn des Großindustriellen William Harcourt, war Maggies Freund aus Kindertagen. Nun kommt er zurück, weil sein Vater im Sterben liegt und er dessen Nachfolge antreten soll. Die Freundschaft ist jedoch belastet, weil es in der Vergangenheit unschöne Ereignisse zwischen William Harcourt und Maggies Familie gab. Können die jungen Leute wieder zusammenfinden und die Schatten der Vergangenheit hinter sich lassen? Das Verhältnis der beiden ist sehr angespannt, und Maggie fragt sich, wie viel Nathaniel über den Unfall und das Verhalten seines Vaters und seiner Stiefmutter weiß. Vor allem für Nathaniel ist es ein hartes Stück Arbeit, Maggie von der Aufrichtigkeit seiner Gefühle ihr gegenüber zu überzeugen.
Neben der Liebesgeschichte, die sich so widersprüchlich anlässt, erfährt man in diesem Roman sehr viel über die Situation der damaligen Arbeiter. Die Arbeitsbedingungen sind schlecht, was Sicherheit und Arbeitszeiten angeht, und irgendwann kommt es zum Streik, weil sich die Menschen gegen die Ungerechtigkeit wehren. Nathaniel wird, als Erbe seines Vaters, mit diesen Problemen konfrontiert und versucht, die beste Möglichkeit zu finden, den Menschen zu helfen. Maggie kann nicht vergessen und sucht weiterhin nach Spuren zu den Ereignissen rund um den Bootsunfall. Sie kann einfach nicht loslassen und ihre Sorgen in die Hände ihres Schöpfers legen, wie ihre Großmutter ihr rät.
Es geschehen noch einige Dinge, die Maggies Leben zusätzlich durcheinanderwirbeln, und über die selbstlose Hilfe Nathaniels ist sie erstaunt. Finanzielle Unterstützung lehnt sie ab, denn das lässt ihr (falscher) Stolz nicht zu. Nach und nach erkennt sie jedoch, dass Nathaniel immer für sie da ist, ihr Fels in der Brandung, und dass der gemeinsame Glaube sie stark macht.
Die Autorin hat die Geschichte von Maggie und Nathaniel wunderbar und fesselnd in Worte gefasst und die Charaktere sehr plastisch herausgearbeitet. Nicht alles war für mich absolut schlüssig, vor allem was die Handlungsweise von Nathaniels Stiefmutter angeht. Aber das Gesamtbild ist stimmig, und wie sich am Ende alles fügt, gefällt mir sehr.

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Veröffentlicht am 22.04.2023

Faszinierende Geschichte in einem tollen Setting

Töchter der Speicherstadt – Der Duft von Kaffeeblüten (Die Kaffee-Saga 1)
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Im ersten Teil der Familiensaga um die Kaffeefirma Behmer geht es hauptsächlich um Maria. Die junge Brasilianerin ist fest entschlossen die Kaffeeplantage ihres Vaters zu retten und geht daher eine Heirat ...

Im ersten Teil der Familiensaga um die Kaffeefirma Behmer geht es hauptsächlich um Maria. Die junge Brasilianerin ist fest entschlossen die Kaffeeplantage ihres Vaters zu retten und geht daher eine Heirat mit dem Hamburger Kaffeehändler Johann Behmer ein. Behmer ist fasziniert von der temperamentvollen und willensstarken Frau. Es ist keine reine Zweckheirat, sondern die junge Ehe ist geprägt von beiderseitiger Zuneigung. Als Maria in ihrer neuen Heimat Hamburg ankommt, ist der Empfang in der Familie eher frostig. Vor allem ihre Schwägerin Gertrud, eine Frau mit Standesdünkel, legt Maria ständig Steine in den Weg und nimmt die „Wilde“, wie sie Maria nennt, nicht ernst. Aber Maria gibt nicht auf. Sie verfolgt ihre Ziele sehr geradlinig. Ihr neues Leben in Hamburg ist ein ständiger Kampf – um ihre Ehe, ihre Unabhängigkeit und ihr Glück. Der erste Weltkrieg zerstört vieles, auch das, was sich Maria aufgebaut hat. Manchmal befällt sie Mutlosigkeit, aber letztendlich geht sie ihren Weg, auch wenn er noch so steinig ist. Aber es gibt da auch ein Familiengeheimnis, das alles verändern kann.

Ich habe das ungekürzte Hörbuch gehört. Der Sprecherin, Felicity Grist, gelingt es, die verschiedenen Charaktere sprachlich sehr gut herauszuarbeiten. Ihrer angenehmen Stimme hört man nur gerne zu, und ich habe die Geschichte um Maria und ihre neue Familie mit großer Spannung verfolgt. Die verschiedenen Personen erscheinen typisch für die damalige Zeit und das Umfeld. Sehr gut hat mir gefallen, dass man viel über die Hamburger Speicherstadt erfahren hat. Dieser Teil Hamburgs hat mich schon immer fasziniert, und die Autorin füllt die Lagergebäude dort mit dem Leben ihrer Protagonisten. Im Großen und Ganzen fand ich die Handlung schlüssig, nur ab und zu haben sich für mein Empfinden ein paar Zufälle zu viel eingeschlichen, was aber der Spannung keinen Abbruch tat. Besonders Maria ist eine sehr sympathische Protagonistin mit dem Herz auf dem rechten Fleck. Vor allem am Ende beweist sie wahre Größe.
Mir hat das Hörbuch sehr gefallen, und ich werde die Geschichte der Familie Behmer sicher auch weiter verfolgen.

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Veröffentlicht am 19.03.2023

Die Geschichte über eine mutige Frau, heimliche Heldin in einer dunklen Zeit

Ein Kind namens Hoffnung
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1938 in Berlin: Elly Berger ist Köchin bei der jüdischen Familie Sternberg. Aber eigentlich ist sie viel mehr, denn für Hanns und Sara sowie für deren kleinen Sohn Leon gehört sie zur Familie. Hanns ist ...

1938 in Berlin: Elly Berger ist Köchin bei der jüdischen Familie Sternberg. Aber eigentlich ist sie viel mehr, denn für Hanns und Sara sowie für deren kleinen Sohn Leon gehört sie zur Familie. Hanns ist Arzt und Sara eine begnadete Pianistin. Von Anfang an hat man den Eindruck, dass die resolute Elly für das reale Leben steht, während Hanns und Sara etwas weltfremd erscheinen. Hanns stürzt sich in seine Forschungen und glaubt selbst dann noch nicht an die drohende Gefahr, als die Nazis quasi schon vor seiner Türe stehen. Sara erkennt die Brisanz der Lage etwas früher, kann sich aber auch nicht mehr retten. Als die Eltern verhaftet werden, ist es an Elly, sich um Leon zu kümmern. Sie flieht mit dem Kind und versucht, in ihrem Elternhaus unterzukommen, aber auch dort will man das Judenkind nicht haben, so dass sie wieder auf der Straße steht. In ihrer Not geht Elly eine Vernunftehe ein, um für sich und Leon eine Heimat zu finden und den Jungen in Sicherheit zu wissen. Es steht ihr ein entbehrungsreiches Leben voller Mühsal und Ungewissheit bevor, und immer hegt sie die Hoffnung, dass Leons Eltern eines Tages wieder zurückkehren. Elly verzichtet auf so vieles, und immer steht das Wohl der anderen, in erster Linie Leons, im Vordergrund.

Elly ist ein interessanter Charakter. Sie macht nicht viele Worte, sondern handelt, wie es ihr richtig erscheint. Auch sie macht Fehler, was ja nur allzu menschlich ist, aber ihre Handlungen sind stets von einem starken Mitgefühl getragen, nicht ausschließlich für Leon, sondern grundsätzlich für die Schwächsten. Letztendlich vernachlässigt sie, in dem Trachten, dass es ihrem Schützling Leon gut geht, ihr eigenes Kind. Dies geschieht jedoch nicht, weil sie ihre Tochter nicht lieben würde, sondern ich hatte beim Lesen den Eindruck, dass sie immer von dem Gedanken begleitet wurde, Leon etwas schuldig zu sein. So wie sie ihr eigenes Wohl stets hintenan stellte, so erwartete sie dies automatisch auch von ihrer Tochter.
Mich hat die Geschichte nachhaltig berührt. Die Autorin schildert die Ereignisse sehr einfühlsam, und ich konnte zwar nicht alles, was Elly getan hat, gutheißen, aber ich habe ihre Beweggründe verstanden. Sie ist wirklich eine heimliche Heldin, der es nicht um offizielle Anerkennung geht, sondern um das Gefühl, menschlich das Richtige zu tun, und dafür ist sie in vielen Situationen über sich hinaus gewachsen. Schicksale wie das der Elly Berger scheint es in der damaligen Zeit nicht selten gegeben zu haben. Um ihr Ziel zu erreichen, musste sie sich beispielsweise auch mit unangenehmen Menschen arrangieren, so zum Beispiel mit Helene Bechstein, bei der es sich um eine historisch reale Person handelt. Ellys couragiertes Auftreten dieser Person gegenüber erforderte viel Mut.
Das Ende des Romans wird seinem Titel gerecht und hat mir sehr gefallen. „Ein Kind namens Hoffnung“ ist Marie Sands Romandebüt, und ich kann nur allzu gut verstehen, wenn sie in einem Interview sagt, dass ihr das Schreiben dieser Geschichte an die Substanz ging. Als Autorin fühlt sie mit ihren Protagonisten und begleitet sie emotional durch alle Höhen und Tiefen. Für mich zeigt Marie Sand hier eine völlig neue Seite dieser Zeit, denn über derartige selbstlose Rettungsaktionen hatte ich bisher noch nichts gehört. Es ist ein gut recherchierter, berührender und meines Erachtens sehr wichtiger Roman.

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Veröffentlicht am 13.02.2023

Familienschicksal in der Nachkriegszeit

Findelmädchen
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Die Geschwister Helga und Jürgen haben nach dem Krieg Schreckliches durchgemacht. Von den Eltern fehlte lange Zeit jede Spur, und so lebten die Kinder einige Jahre in Frankreich. Nun endlich sind sie wieder ...

Die Geschwister Helga und Jürgen haben nach dem Krieg Schreckliches durchgemacht. Von den Eltern fehlte lange Zeit jede Spur, und so lebten die Kinder einige Jahre in Frankreich. Nun endlich sind sie wieder mit dem Vater vereint, der aus russischer Gefangenschaft heimgekehrt ist. Er baut sich mit einem kleinen Kiosk, mit seinem „Büdchen“ eine Existenz auf, und sie leben im Elternhaus ihrer Mutter, von der jedoch nach wie vor jede Spur fehlt. Das Haus ist renovierungsbedürftig, und hier führt die Tante Regie. Sie hat so gar nichts Herzliches an sich und anscheinend so gar keine Ähnlichkeit mit ihrer verschollenen Schwester. Der Vater entschuldigt vieles damit, dass man nicht weiß, was die Ärmste alles durchgemacht hat und so geworden ist.
Jürgen findet einen Arbeitsplatz bei Ford, während der Vater Helga auf einer Haushaltungsschule anmeldet, wo sie sich auf ein Leben als Ehefrau vorbereiten soll. Auf ihren sehnlichsten Wunsch ein Gymnasium besuchen zu dürfen, geht der Vater nicht ein. Von solchen Hirngespinsten will er nichts wissen. Während eines Praktikums in Waisenhaus stellt Helga entsetzt fest, wie schlecht die Kinder dort behandelt werden. Vor allem die kleine Bärbel, ein farbiges „Besatzerkind“ hat einen schweren Stand und wird regelrecht misshandelt. Helga setzt sich nach Kräften für die Kleine ein, kann aber in ihrer Eigenschaft als Praktikantin viele Attacken auf das Kind nicht verhindern.
Rund um die Familie gibt es noch einige weitere Personen, die zur Hausgemeinschaft gehören. Da wäre zum Beispiel die liebenswerte Fanny, die unten im Haus wohnt und den Vater unterstützt, indem sie Kaffee für seinen Kiosk kocht. Wie sich mit der Zeit herausstellt, will sie sich ihren großen Traum verwirklichen und eine Milchbar eröffnen. Dann sind da auch noch der junge Konradin und seine Großmutter, Flüchtlinge, die von den Behörden im Haus einquartiert wurden und laut Tante Meta mit dem zugigen Speicher vorlieb nehmen müssen. Jeder von ihnen hat ein Geheimnis, was das Zusammenleben und das Verständnis füreinander nicht einfacher macht. Wie leider so oft, ist auch hier an vielen Problemen, die sich im Lauf der Zeit ergeben, mangelnde Kommunikation schuld.
Es ist wirklich erschreckend, wenn man hier liest, wie lange sich auch die Zeit nach dem Krieg noch sehr schwierig gestaltete. Besonders entsetzt war ich über die Zustände im Heim. Hier hat die Autorin aber sehr ausführlich recherchiert, und vieles was sie anspricht, beruht auf wahren Begebenheiten. Der damalige Zeitgeist ist insgesamt gut dargestellt, und ich fand den Roman sehr beeindruckend. Nur ab und zu hatte ich so meine Probleme mit den Zufällen, die doch recht gehäuft vorkommen und für mich nicht immer ganz glaubwürdig waren. Nach „Trümmermädchen“ ist dies bereits der zweite Roman der Autorin, der in Köln spielt, und die beiden Bände sind zwar eigenständig lesbar, aber ein paar der Charaktere aus dem ersten Band werden hier wieder erwähnt, so dass man einen Zusammenhang erkennen kann, auch wenn man „Trümmermädchen“ nicht gelesen hat.

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