Ein Albtraum-Crescendo
Die Tribute von Panem X. Das Lied von Vogel und Schlange"She took her time tuning the instrument and then played song after song, seemingly as starved for the music as for the meals he brought.” (S. 167)
Zu diesem Buch hätte ich schon viele eher greifen müssen. ...
"She took her time tuning the instrument and then played song after song, seemingly as starved for the music as for the meals he brought.” (S. 167)
Zu diesem Buch hätte ich schon viele eher greifen müssen. Die Panem-Trilogie hat mich damals wieder zum intensiven Lesen gebracht, weswegen sie mir sehr am Herzen liegt. Als diese Geschichte Jahre später veröffentlicht wurde hatte ich Vorurteile und Angst, dass es nicht mit der Originaltrilogie mithalten könnte. Doch hätte ich es damals einfach mal versucht, denn ich wurde absolut begeistert.
Das Cover: Ich besitze die englische Hardcoverausgabe und finde das Gewand gut, aber bin der Meinung, dass alle Panem-Bücher nicht mit schönen Covern ausgestattet wurden (mit Ausnahme der 10th anniversary editions).
Die Handlung: Präsident Snow ist bereits als skrupelloser und grausamer Präsident von Panem in der Original-Trilogie bekannt. Doch wie gestaltete sich eigentlich seine Vorgeschichte? Schon früh war er in die Hungerspiele verwickelt – hierbei jedoch als Mentor für den weiblichen Tribut Lucy Gray aus Distrikt 12. Coriolanus hatte sich jedoch jemanden aus den höheren Distrikten erhofft und begegnet Lucy Gray mit Vorurteilen – bis er merkt, dass sein Tribut für Gesprächsbedarf beim Publikum sorgt. Gemeinsam arbeiten die beiden daran, dass Lucy Gray es lebend aus den Hungerspielen hinausschafft. Doch das Kapitol spielt mit gezinkten Karten in den Spielen…
Meine Meinung: Diese Geschichte lebt von einem Crescendo. Langsam, aber sehr unheimlich baut sich die bedrückende Stimmung auf. Gegen Ende verdichten sich die grausamen Ereignisse, weswegen die Einteilung des Buches in die thematischen drei Teile sehr logisch war. Zu Anfang verfolgt man Coriolanus Snow, der unter sehr bescheidenen Umständen aufwächst. Später wird er ein hilfsbereiter Mentor in den Spielen, doch es ist zu Beginn bereits klar, dass alles auf einen Abgrund zusteuert. Letzteres war mir von Anfang an bewusst gewesen, doch so ganz glauben wollte ich es zu Beginn nicht. Doch die Anzeichen wurden von Suzanne Collins ganz fein in der Geschichte gestreut. Für mich war es beinahe etwas befremdlich aus seiner Perspektive zu lesen – dabei wurde hierbei nicht einmal die Ich-Perspektive gewählt. Seine Gedankenspiralen, das ungesunde Bestreben nach einem guten Ruf und die Unzufriedenheit waren im ersten Drittel vielleicht nicht stark zu spüren, doch gegen Ende wurden sie ihm zum Verhängnis. Ich gebe zu, dass ich am Anfang das Buch aufgrund von Längen eine Weile zur Seite legen musste (obwohl ich es sehr stark geschrieben fand), doch spätestens als die Spiele losgingen, konnte ich mich der Geschichte nicht mehr entziehen. Es ist in vielen Teilen bedrückend und erschreckend und dennoch gibt es immer wieder kleine Lichtblicke oder Hoffnung, dass er doch nicht zu dem Präsidenten mutiert, der er wurde. Doch die Geschichte ist wie ein unheimlicher Sog, dem man sich nicht entziehen kann und dem erlag auch der Präsident.
Die Charaktere: Coriolanus Snow ist definitiv ein vielschichtiger Protagonist. Sehr charmant, anfangs sogar sympathisch. Doch irgendwann nistet sich ein Unwohlsein ein, das an den Lesenden immer mal zwickt, aber zu sanft ist, als das es länger anhält – noch entschuldbar ist. Und bald wird aus dem Zwicken eine Wunde, die nicht mehr verheilt. Ein wahnsinnig spannender, aber auch absolut grausamer Charakter, deren Handlungen man nicht mehr entschuldigen kann! Lucy Gray auf der anderen Seite mochte ich sehr gern. Eine Sängerin, die plötzlich zum Kämpfen gezwungen wird und doch immer an ihrer Menschlichkeit festhalten will. Ihre verträumte, künstlerische Ader ging perfekt mit ihrer willensstarken Art einher und ich konnte nicht anders, als sie zu bewundern. Am liebsten hätte ich jedoch noch mehr von Tigris gelesen, die für mich ebenfalls so spannend war.
Fazit: Für mich eine erschreckende, aber auch bittersüße Geschichte, die mir noch immer im Gedächtnis herumgeistert. Ich habe schon lange nicht mehr so eingehend über eine Geschichte nachgedacht. Eine beeindruckende Dystopie, die mich auch noch viele Jahre später beschäftigen wird. Von mir gibt es hier 5/5 Sternen!