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Veröffentlicht am 26.04.2023

Auf und Ab des Lebens

Das Café ohne Namen
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Wien im Jahr 1966. Der 31jährige Robert Simon hat als Gelegenheitsarbeiter auf dem Karmelitermarkt gearbeitet und als sich die Chance eröffnet eine Gastwirtschaft zu pachten, da greift er zu und erfüllt ...

Wien im Jahr 1966. Der 31jährige Robert Simon hat als Gelegenheitsarbeiter auf dem Karmelitermarkt gearbeitet und als sich die Chance eröffnet eine Gastwirtschaft zu pachten, da greift er zu und erfüllt sich damit einen Lebenstraum. Bier, Wein, Limo, Schmalzstullen und Salzgurken, dazu im Winter Punsch, das Angebot ist überschaubar. Trotzdem entwickelt sich das Café zum Treffpunkt für die umliegende Bevölkerung. Robert ist mit seiner ruhigen Art der Ruhepol in der Gegend, er bietet den Menschen etwas wie eine zweite Heimat, in der man Karten spielen, reden oder einfach nur sitzen kann. Die Menschen kommen und gehen, bekommen Kinder, werden krank oder sterben und das alles ziemlich unbeeindruckt von der Welt da draußen. Auch das Ende des Café nimmt Simon hin und ändert sein Leben erneut.
Ich mag Seethalers ruhige, unaufgeregte Art zu schreiben. Man hat den Eindruck, dass er in sich ruht und das vermittelt er auch in seinen Büchern. Die ständige Aufgeregtheit der Medien und der sozialen Netzwerke sind ihm fremd. Trotzdem ist das Buch nie langweilig, man schlendert mit Seethaler durch Raum und Zeit und das gefällt mir sehr gut.
Ein Lesehighlight in diesem Jahr!

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Veröffentlicht am 20.04.2023

Tragische Familiengeschichte

Solange wir leben
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David Safier kannte ich bisher als Autoren von eher lustigen, überspitzten Büchern wie "Mieses Karma". Nun erfährt man in diesem Buch viel über seinen familiären Hintergrund und die tragische Geschichte ...

David Safier kannte ich bisher als Autoren von eher lustigen, überspitzten Büchern wie "Mieses Karma". Nun erfährt man in diesem Buch viel über seinen familiären Hintergrund und die tragische Geschichte seiner Eltern.
In zwei verschiedenen Schriftarten berichtet er über Kindheit und Jugend von Joschi und Waltraut.
Joschi wächst in Wien auf und kann in letzter Minute vor den Nazis nach Israel fliehen. Außer seiner Schwester und seiner Cousine werden alle Familienmitglieder im Holocaust getötet. In Israel muss er sich ein neues Leben aufbauen, bleibt aber immer heimat- und ruhelos.
Waltraut dagegen lebt in ärmlichen Verhältnissen in Bremen und will sich hocharbeiten, um ein gesichertes Leben führen zu können. Sie macht eine Lehre bei Karstadt und findet mit dem Zimmermann Friedrich ihr Glück. Doch dann erkrankt Friedrich schwer, während Waltraut schwanger ist. Sie muss sich und die Tochter Gabi allein durchbringen.
Als Joschi und Waltraut sich treffen und lieben lernen, hoffen sie auf ein schönes gemeinsames Leben, doch es kommt anders.
Ich fand es sehr angenehm, dass die Geschichten der beiden Elternteile durch die unterschiedlichen Schriftarten voneinander abgesetzt sind. Das erleichtert die Orientierung sehr. Auch die Fotos der Familie im Einband fand ich sehr passend wie auch die ganze Aufmachung.
David Safier gelingt es mit leichter Hand das schwere Schicksal seiner Eltern aufzuschreiben, dabei spart er aber die traurigen und tragischen Elemente nicht aus. Das hat mir sehr gut gefallen. Oft liegen Freude und Leid sehr nah beieinander, aber das Buch ist auch in diesen Passagen nie kitschig. Auch ist das Buch nicht unpolitisch, der Hass auf Juden hat bis heute angehalten und wird immer schlimmer.
Das Buch hat mir durch den ernsthaften Hintergrund von allen Büchern Safiers am besten gefallen, es ist unbedingt lesenswert. Ihm gelingt der schwierige Spagat zwischen Humor und Ernsthaftigkeit ganz meisterhaft.

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Veröffentlicht am 24.02.2023

Eigenwillig

Dschomba
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Karin Peschka hat ein eigenwilliges und wunderbares Buch geschrieben, eigenwillig sowohl im Stil als auch in der Interpunktion. Das alles lässt Raum für eigene Gedanken und Ergänzungen, nicht alles wird ...

Karin Peschka hat ein eigenwilliges und wunderbares Buch geschrieben, eigenwillig sowohl im Stil als auch in der Interpunktion. Das alles lässt Raum für eigene Gedanken und Ergänzungen, nicht alles wird ausgesprochen und schwingt doch in der Erzählung mit.
Angesiedelt ist das Buch in der Kleinstadt Eferding an der Donau, eine Stadt wie viele andere in den 1950er Jahren, drei Gasthöfe, eine Kirche, einen Dechanten und seine Haushälterin, einen Querulanten und einen Einfältigen und drumherum viel Volk, das gern schwätzt und unter dem sich Neuigkeiten blitzartig verbreiten. So auch die Nachricht von dem seltsamen Mann, der halb nackt auf dem Friedhof zwischen den Gräbern tanzt: Dschomba, wie man ihn hier nennt, ein Serbe, der auf dem "Serbenfriedhof" nach Spuren seines verschollenen Bruders sucht.
In einer zweiten Zeitebene erfährt man etwa zwanzig Jahre später, dass die zehnjährige Tochter des Dorfwirts heimlich für den inzwischen alten Mann schwärmt, sie fühlt eine unbestimmte Verbindung mit ihm.
Peschka ist selbst in Eferding als Wirtstochter aufgewachsen und hat sicher viele ihrer Erfahrungen in diesem Buch verarbeitet, das macht das Buch sehr authentisch. Die Figuren sind so lebensecht, dass sie in jeder Kleinstadt zu finden sind. Man sieht sie vor sich, die reichen Bauern, ihre herausgeputzten stattlichen Frauen, die einfachen Leute in der Siedlung, die Messdiener, den Polizisten...
Durch die eindringliche Sprache wird das Buch aber ganz besonders lesenswert, ich konnte kaum aufhören zu lesen. Man taucht tief in die Geschichte ein, fühlt und hofft mit den Hauptpersonen. Auch wenn man einige Seiten braucht, um sich in den Stil einzulesen, so hat gerade die Sprache eine tiefe Eindringlichkeit, die mir sehr gefallen hat.
Ein wirklich schönes und berührendes Buch!

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Veröffentlicht am 04.02.2023

Schön zu lesen

Vogel entdeckt - Herz verloren
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Birder - das sind die Leute, die mit Fernglas, Kamera und Gummistiefeln durch Wald und Flur stapfen und versuchen möglichst seltene Vögel zu finden. Seltsame Typen! So sind die beiden Autoren des Buches ...

Birder - das sind die Leute, die mit Fernglas, Kamera und Gummistiefeln durch Wald und Flur stapfen und versuchen möglichst seltene Vögel zu finden. Seltsame Typen! So sind die beiden Autoren des Buches Antonia und Philipp nicht. Sie beobachten zwar Vögel und fotografieren oder filmen sie auch, doch für sie steht nicht die Seltenheit eines Tieres im Vordergrund, sondern die Freude am Beobachten und die Erhaltung der Lebensräume.
In diesem Buch schildern sie ihre Beobachtungen anhand von 14 ausgesuchten Beispielen vom seltenen Ortolan bis zur überall sichtbaren Meise.
Dabei schreiben sie locker und gut lesbar und man erfährt nicht nur Wissenswertes über Vögel und ihre Lebensweise, sondern auch kleine Erinnerungen aus der Kindheit und über den Schutz der Vögel. Fotos ergänzen das Buch, mal in Profiqualität, mal eher wie ein zufälliger Schnappschuss.
Das Buch ist eher ein Lesebuch, bei dem man mal ein Kapitel liest, es dann wieder weglegt und ein paar Tage später wieder zur Hand nimmt. Das macht das Lesen sehr entspannt.
Obwohl ich eigentlich viel über Vögel weiß, so konnte ich doch noch etwas lernen und das Lesen hat mir viel Spaß gemacht, da ich es direkt mit meiner Realität abgleichen konnte. Aber auch Neulingen öffnet es die Augen für die Schönheit der Natur und macht sensibler für alles, was um uns herum kreucht und fleucht.
Ein sehr schönes Buch!

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Veröffentlicht am 16.01.2023

Wunderbarer Liebesroman

Die Liebe an miesen Tagen
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Die Liebe zwischen einer älteren Frau und einem jüngeren Mann scheint im Moment Konjunktur zu haben, wie man auch an dem neuen Buch von Annie Ernaux sehen kann. Ewald Arenz, den ich durch sein Buch "Alte ...

Die Liebe zwischen einer älteren Frau und einem jüngeren Mann scheint im Moment Konjunktur zu haben, wie man auch an dem neuen Buch von Annie Ernaux sehen kann. Ewald Arenz, den ich durch sein Buch "Alte Sorten" kannte, hat ebenfalls dieses Thema aufgegriffen und geht es ganz anders an als Ernaux.

Der Schauspieler Elias trifft die Fotografin Clara bei einer Hausbesichtigung, denn Elias' Freundin interessiert sich für das alte Haus, das Clara verkaufen will. Vom ersten Moment spüren die beiden eine Verbindung, Clara möchte sich nach dem Tod ihres Mannes aber nicht wieder binden und sie scheut den Altersunterschied von fast zehn Jahren. Trotzdem trennt sich Elias von seiner Freundin und es beginnt eine wunderbare, euphorisch verliebte Zeit zwischen Clara und Elias. Doch das ändert sich, als Clara eine Stelle in Hamburg angeboten bekommt und Elias seinen Verpflichtungen in Bamberg nachkommen muss. Auf Claras Betreiben trennen sie sich, doch es kommt alles ganz anders als geplant.

Das Buch ist kein typischer Liebesroman, wie man ihn vielleicht vom Titel her erwartet. Arenz schreibt in einem sehr sensiblen, differenzierten Stil mit Sätzen, die man sich manchmal einrahmen möchte. Die beiden Hauptfiguren sind voller Lebenslust, sie eint die Liebe zu Schönem und die Freude an Sprache und Kunst. Intelligent werfen sie sich Bälle zu, das macht wirklich Spaß zu lesen. Arenz führt seine Figuren niemals vor, er beschreibt sie warmherzig, leichtfüßig und zugewandt. Bis zur letzten Seite begleitet man Clara und Elias gern, freut sich mit ihnen und leidet mit ihnen.

Das Buch zählt jetzt schon zu meinen unbedingten Lieblingsbüchern diesen Jahres!

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