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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.08.2017

Brutal und blutig, aber spannend

Die Fährte des Wolfes
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Ein neuer Ermittler ist geschaffen, Zack Herry, ein mutiger und ehrgeiziger Polizist, das jüngste Mitglied der Sondereinheit in Stockholm. Er ist ein Mann mit zwei Gesichtern. Einerseits ist er ein genialer ...

Ein neuer Ermittler ist geschaffen, Zack Herry, ein mutiger und ehrgeiziger Polizist, das jüngste Mitglied der Sondereinheit in Stockholm. Er ist ein Mann mit zwei Gesichtern. Einerseits ist er ein genialer Ermittler, der sich mit großem Einsatz und zielstrebig gegen Kriminelle einsetzt. Andererseits ist er zerrissen und unsicher. Er hat den gewaltsamen Tod seiner Mutter, die ebenfalls Polizistin war, nicht verarbeitet und hofft, nach nunmehr 20 Jahren das Verbrechen aufklären zu können. Seine Zerrissenheit und Unruhe treiben ihn nachts in die illegalen Clubs, wo er Kokain konsumiert und sich die Seele aus dem Leib tanzt. Als er am frühen Morgen an einen Tatort gerufen wird, hat er nach durchtanzter Nacht mit reichlichem Kokainkonsum keine Minute geschlafen. Es fällt ihm schwer sich auf die vier Leichen bestialisch ermordeter Thailänderinnen zu konzentrieren. Er ist müde, verunsichert und rechnet jeden Augenblick mit der Entlarvung seines Doppellebens.
Trotz intensiven Ermittlungen haben Zack und das Team der Sondereinheit Schwierigkeiten die wahre Identität der Frauen festzustellen. Auch ist lange Zeit nicht klar, ob es sich um einen Einzeltäter, einen Frauenhasser oder um einen Bandenkrieg in der Prostitutionsszene handelt. Die Zeit drängt.

Was für ein hammerharter Thriller! Manche Szenen waren einfach zu brutal für mich, dass ich doch immer weitergelesen habe, liegt an den flüssigen Schreibstil und die klare Sprache. Es wurde nicht unnötig brutal beschrieben, sondern eher nüchtern und sachlich.
Mit Zack wurde eine Hauptfigur geschaffen, die sicher keinen Vergleich mit Lisbeth Salander und Harry Hole scheuen braucht. Ein Vergleich, den schon Le Monde gesehen hat. Er ist so unberechenbar, dass man beim Lesen manchmal zweifelt ob er noch die richtige Richtung einschlagen kann. Er wird mehr und mehr zum Helden indem er sein Leben aufs Spiel setzt und sich kopfüber in Situationen stürzt, die er eigentlich nicht alleine bewältigen kann. Das Team ist nach bewährtem System aufgebaut. Vier Ermittler machen die „Fußarbeit“, suchen Verdächtige auf, führen Verhöre, schießen sich, wenn es sein muss, den Weg frei und werden von einer IT-Spezialistin geführt und mit Informationen gefüttert. Die Spannung wird bei jeder Sackgasse und neuen Spur immer hoch gehalten, ein Verdienst der Autoren. Das Buch entwickelt sich schnell zum Pageturner und man kann es kaum zur Seite legen. Aber auch wenn man das Buch zur Seite legt, lässt den Leser die Geschichte nicht los. Auch der Schluss des Buches ist nicht derart gestaltet, dass mich das Thema losließ. Das Buch lässt mich betroffen, nachdenklich und grübelnd zurück.
Zack und seine Partnerin im Team sind vielschichtig beschrieben worden mit diversen Rückblicken in ihre Vergangenheit sodass der Leser sie gut kennenlernt. Ich schließe daraus, dass es wohl eine Serie um Zack und dieses Team geben wird. Auf die Fortsetzung freue ich mich schon jetzt.

Veröffentlicht am 10.08.2017

Allmacht

Allmacht
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1959 kommen neun Studenten am Fuße des Cholat Sjachl zu Tode. Todesursache und Begleitumstände werden nie veröffentlicht.
Fast 60 Jahre später ermittelt Maxim Charkow mit seinem Team in der Mordsache Igor ...

1959 kommen neun Studenten am Fuße des Cholat Sjachl zu Tode. Todesursache und Begleitumstände werden nie veröffentlicht.
Fast 60 Jahre später ermittelt Maxim Charkow mit seinem Team in der Mordsache Igor Komarow, Millionär und offizieller Vertreter der russischen Gasgesellschaft in Zürich.
Alles deutet auf eine Beziehungstat unter Homosexuellen hin, aber Charkow interessiert sich für die Geschichte hinter dem allzu Offensichtlichen. Er stößt mit seinen Ermittlungen tief in ein russisches Intrigen-und Umsturzgeflecht und jagt jemanden, der glaubt die Allmacht zu besitzen.

Allmacht ist ein interessanter und äußerst spannender Kriminalroman. Das Thema ist ein kompliziertes Geflecht mit für mich fremdartigen Namen. Da musste ich einen Notizblock zur Hilfe nehmen um mit den vielen Namen nicht durcheinander zu kommen.
Das komplizierte Geflecht wurde nach und nach entwirrt und alles war logisch nachvollziehbar. Die Protagonisten sind von verschieden Seiten beleuchtet worden, so dass die wichtigen Charaktere wie Frank, Marija usw. gut zu erkennen waren. Auch von den Ermittlern Maxim Charkow, Priska Künzler und Cla Corai erfährt man einiges über ihr Privatleben. Sie kommen sympathisch und lebendig rüber. Das erhöht auch die Vorfreude auf den nächsten Fall von Maxim Charkow, den ich auch nicht verpassen möchte.
Die Brutalität, die Verantwortungslosigkeit, die Gier nach Macht und das Ganze ohne Mitgefühl sind vor diesem Buch sicher bekannt, aber sie werden hier beeindruckend dargestellt.

Veröffentlicht am 17.06.2017

Jeder hat seine eigene Wahrheit

Sieh nichts Böses (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi 8)
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Gerade aus den Flitterwochen angekommen wird Kommissar Tino Dühnfort direkt wieder in den grausamen Alltag seiner Arbeit gerufen. Während einer Spürhundeprüfung der Münchner Polizei wurde eine Frauenleiche ...

Gerade aus den Flitterwochen angekommen wird Kommissar Tino Dühnfort direkt wieder in den grausamen Alltag seiner Arbeit gerufen. Während einer Spürhundeprüfung der Münchner Polizei wurde eine Frauenleiche gefunden. Der Leiche, die sicher schon längere Zeit im Wurzelgeflecht eines alten Baums vergraben war, wurde eine kleine Skulptur beigelegt, die Dühnfort an die drei weisen Affen erinnert.
Jetzt ist Ermittlungsarbeit erforderlich und die Idylle der werdenden Kleinfamilie tritt in den Hintergrund. Es war nicht einfach die Identität der Toten festzustellen, da niemand sie als vermisst gemeldet hat. Ihr Umfeld vermutete, dass sie untergetaucht wäre. Als wieder eine Frau verschwindet, die eventuell auch untergetaucht sein könnte, wird die Mordkommission kurzerhand bei einem Vermisstenfall aktiv.

Endlich ist er da, der neue Krimi aus der Kommissar Dühnfort-Serie. Ich habe alle Bücher dieser Serie gelesen. Es war schon das eine oder andere etwas schwächere Buch darunter, aber dieses Achte ist sicherlich eines der Besten. Frau Löhnig gelingt es meisterlich die private Geschichte des Kommissars unaufgeregt neben den immer wieder interessanten und manchmal kuriosen Kriminalfällen zu erzählen. Tino Dühnfort ist kein gebrochener Mensch, der sich in Alkohol ertränkt oder ständig Sex mit Unbekannten haben muss. Er ist ein zurückhaltender, aber strebsamer Kommissar, der einige Erfolge und Tiefschläge erlebt hat, der seine langjährige Kollegin Gina geheiratet hat, die jetzt das erste Kind erwartet. Egal wie heftig ein Fall seiner Aufmerksamkeit bedarf, das Private läuft immer mit.

Hat man einige Bücher dieser Serie gelesen hat, ist es wie nach Hause kommen. Wenn man das neueste Buch in den Händen hält, legt man ist nicht mehr weg. Ich habe das Buch leider schon nach zwei Tagen ausgelesen. Ich hätte gerne länger gelesen.

Was mir als erstes bei diesem Buch auffiel war, dass die einzelnen Mitglieder der Mordkommission einschließlich der Pathologin mit vollem Namen vorgestellt wurden. Ich glaube, in der Ausführlichkeit wurde das noch in keinem Dühnfort-Buch gemacht.
Der Kriminalfall war sehr gut aufgebaut. Die Erzählweise, die beiden Erzählstränge mit zahlreichen Flashbacks hat mir gut gefallen. Die Beschreibung der aufwendigen Recherchen, die Sackgassen und Fehleinschätzungen zeigen ein Bild von solider Polizeiarbeit, wie wir sie uns nur wünschen können. Die Lösung war nachvollziehbar und sicher hat der eine oder andere Leser die Lösung schon früher erahnt. Der Fokus lag besonders auf den Folgen schlechter oder kranker Beziehung zwischen Eltern und Kind. Im Gegensatz dazu zeigt Tino auch im Umgang mit den privaten Krisen wie sensibel und tiefgreifend er alle Probleme angeht.

Als Fazit kann ich nur sagen: Mir hat das Buch sehr sehr gut gefallen. Frau Löhnig, bitte schenken sie uns noch viele solch guter Bücher.

Veröffentlicht am 22.05.2017

Suche nach Wahrheit

Glaube Liebe Tod (Ein Martin-Bauer-Krimi 1)
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Auf der Brücke steht ein Polizist und er will springen. Polizeiseelsorger Martin Bauer kann ihn überlisten und glaubt ihn zur Umkehr bewegt zu haben. Vier Stunden später liegt der Polizist im Hof eines ...

Auf der Brücke steht ein Polizist und er will springen. Polizeiseelsorger Martin Bauer kann ihn überlisten und glaubt ihn zur Umkehr bewegt zu haben. Vier Stunden später liegt der Polizist im Hof eines Parkhauses. Für die Polizei ist es Suizid, Martin Bauer hat so seine Zweifel. Hat er den Polizisten falsch eingeschätzt, kann er sich nicht mehr auf seine Intuition verlassen? Nachdem er der Familie die Todesnachricht überbracht hat und deren Reaktion gesehen hat, begibt er sich auf die Suche nach der Wahrheit. Diese Suche verlangt ihm alles ab und er riskiert nicht nur sein eigenes Leben.

Dies ist ein Krimi ganz nach meinen Geschmack. Er ist teilweile aus dem Blickwinkel des Polizeiseelsorgers geschrieben, was für mich überraschend und spannend war. Martin Bauer ist fast liebevoll beschrieben, als leicht übergewichtiger, unsportlicher Gemütsmensch, der seine Frau und Tochter genauso umsichtig und nachsichtig behandelt wie jeden Mitmenschen in seiner Umgebung. Er sucht seine Heimat in Gott, vertraut aber nicht blind und hegt immer wieder große Zweifel an seinen Glauben und seiner Intuition, die er von Gott gegeben ansieht. Er zitiert auch nicht ständig Psalmen, sondern redet wie alle anderen kurz und direkt. Es wird zwar kein Duisburger Slang gesprochen, aber die kurzen knappen Dialoge kommen der Duisburger Redensart schon sehr nah. Die Story fand ich durchgehend spannend. Bauer und die Hauptkommissarin Verena Dohr finden nach und nach ein Puzzleteilchen nach dem anderen und machen den Fall nachvollziehbar. Es fehlen nicht die Grabenkämpfe innerhalb der Behörde. Der enttäuschte, bei der Beförderung übergangene, ehemals gleichrangige Kollege sägt an Dohrs Stuhl und wird dabei von einem um seine Karriere fürchtenden Vorgesetzten unterstützt. Nicht neu, aber immer wieder aktuell.
Auch das Ende hat mir gefallen, vielleicht weil es untypisch für Krimis ist, aber für Polizeiseelsorger Martin Bauer eher typisch.
Ich denke „Glaube Liebe Tod“ ist der Beginn einer Reihe, die ich mir nicht entgehen lassen werde.

Veröffentlicht am 17.05.2017

June - was für eine Frau!

June
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June ist Cassandra Danvers Großmutter. Nach Junes Tod zieht Cassie in das halb verfallende Herrenhaus „Two Oaks“, das sie von ihrer Großmutter geerbt hat. Ab ihrem achten Lebensjahr wurde sie von ihrer ...

June ist Cassandra Danvers Großmutter. Nach Junes Tod zieht Cassie in das halb verfallende Herrenhaus „Two Oaks“, das sie von ihrer Großmutter geerbt hat. Ab ihrem achten Lebensjahr wurde sie von ihrer Großmutter aufgezogen. Ein Autounfall hatte sie zur Waise gemacht. In den letzten Jahren hat ihre Großmutter sich wieder auf „Two Oaks“ zurückgezogen. Cassie ist verzweifelt darüber, dass sie die tödliche Erkrankung ihrer Großmutter erst sehr spät erkannt hat.
In ihre Trauer und Zurückgezogenheit platzen plötzlich die Nachkommen des Schauspielers Jack Montgomery in ihr Leben. Zunächst teilen sie ihr mit, dass sie die Alleinerbin des Schauspielers wäre, da sie seine Enkelin wäre. Dann wird jedoch klar, dass sie das Testament anfechten wollen und Cassie mithilfe eines DNA-Test vom Erbe ausschließen möchten.
Jetzt beginnt für Cassie eine turbulente Zeit, die sie auf den Spuren ihrer Großmutter wandeln lässt und ihr ermöglicht sie endlich richtig kennenzulernen.

June ist ein wundervoller Roman. In zwei Zeitebenen wird die Lebensgeschichte der June Danvers erzählt. Ihr Leben wird langsam, mit vielen Unterbrechungen, die der Gegenwart geschuldet sind, und mit eine Art Weichzeichner erzählt.
Im Jahre1955 schnuppert die Kleinstadt St. Jude Hollywoodluft, mit allen Aufregungen, Intrigen und Skandale. Das Provinzstädtchen und seine Bewohner werden meisterhaft beschrieben. Die kleinen Scharmützel der Bewohner, politische Intrigen dubioser Geschäftemacher, die es damals natürlich auch schon gab, reihen sich nahtlos an dem Kampf um die Komparsenrollen und um die Beachtung durch die Schauspieler an. Die einzelnen Szenen sind so lebhaft und bildhaft dargestellt, dass der Leser sich mitten im Geschehen sieht.
June wird als junge Frau sehr zurückhaltend dargestellt und doch kann man erkennen, dass sie weiß, was sie will und dass sie ihren eigenen Weg geht.
Der stetige Wechsel zwischen den zwei Zeitebenen hat mir nicht immer gefallen. Er nahm immer wieder das Tempo aus dem Erzählfluss. Das führte dann zu unnötigen Längen. Der Einfall, dass die alte Dame, die Cassie stets beobachtet, Lindie ist, spannt den Bogen und rundet die Geschichte formvollendend ab.
Bemerkenswert finde ich auch, dass die Kleinstadt im Jahr 2015 so realitätsnah beschrieben wird. Nachdem die politischen Intrigen der 1955er Jahre fehlgeschlagen sind, konnte sich diese Stadt nicht entwickeln und stellt sich 2015 ziemlich verlassen und verstaubt vor.
Das träumende, lebendige Haus ist natürlich Phantasie, aber beim Lesen dieses Romans kann man es sich gut vorstellen.
Liebe, Leidenschaft, Intrigen, Verlust, Zeitgeschichte und nochmal ganz viel Liebe sind in diesem Roman vereint. Ich habe ihn richtig gern gelesen und werde ab jetzt die Augen aufhalten nach Büchern von Miranda Beverly-Whittemore.