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Veröffentlicht am 27.04.2023

Es braucht wenig, um zufrieden und glücklich zu sein

Das Leben ist gut
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Seit fünfundzwanzig Jahren sind Max und Tina schon verheiratet, jetzt sind sie zum ersten Mal getrennt. Tina ist in Paris, wo sie eine Gastprofessur erhalten hat, während sich Max um die drei halbwüchsigen ...

Seit fünfundzwanzig Jahren sind Max und Tina schon verheiratet, jetzt sind sie zum ersten Mal getrennt. Tina ist in Paris, wo sie eine Gastprofessur erhalten hat, während sich Max um die drei halbwüchsigen Söhne kümmert. Er betreibt eine kleine Bar, wo sich abends die Stammgäste aus allen Gesellschaftsschichten der Stadt treffen, und ist nebenbei auch noch Schriftsteller. Max vermisst seine Frau samt ihrer Schrullen und Marotten. Voller Liebe denkt er an sie, während er seine täglichen Arbeiten verrichtet. Er ist glücklich mit seinem Leben, so wie es ist. Veränderungen mag Max nicht, er liebt seine Heimat, die große weite Welt kommt ja in den Erzählungen seiner Freunde und Gäste zu ihm - mehr braucht er nicht für ein zufriedenes Leben …

Alex Capus ist ein Schweizer Schriftsteller, der 1961 in Frankreich als Sohn einer Schweizerin und eines Franzosen geboren wurde. 1966 zog seine Mutter mit ihm in die Schweiz, wo er später an der Universität Basel Geschichte, Philosophie und Ethnologie studierte. 1994 veröffentlichte er seinen ersten Erzählband - Kurzgeschichten, historische Reportagen und Romane folgten, für die er etliche Auszeichnungen erhielt. Mit seinem Roman „Léon und Louise“ war er 2011 für den Deutschen Buchpreis nominiert. Geschichtlich überlieferte Tatsachen recherchiert er sorgfältig und verknüpft diese gerne mit fiktiven Geschichten, die oft in der Schweiz spielen. Der Roman „Das Leben ist gut“ (2016) enthält einige Details, die Rückschlüsse auf Capus‘ eigenes Leben zulassen. Der Autor ist verheiratet und Vater von fünf Söhnen. Er lebt heute als freier Schriftsteller in Olten/Schweiz.

Wie wohltuend einmal ein Buch zu lesen, in dem der Protagonist nicht nach dem Sinn des Lebens sucht oder seine diversen Probleme zu bewältigen hat. Der Reiz dieses Romans besteht darin, dass wir den Protagonisten eine Woche lang durch sein ganz normales, unspektakuläres Leben begleiten. Er lässt uns teilhaben an seinen Gesprächen mit Freunden und Gästen und an seinen Gedanken über das alltägliche Glück, über schöne Erinnerungen und die innige Liebe zu seiner Familie. Er erinnert sich auch an vergangene Tage, an alte und neue Freundschaften und lässt uns fühlen, dass er mit sich und der Welt im Reinen ist. Es geschieht nicht viel in diesem Leben, aber das merkt man als Leser eigentlich erst, wenn man das Buch am Schluss mit einem angenehmen, zufriedenen Gefühl zuklappt.

Fazit: Ein kleines feines Buch, das Ruhe ausstrahlt und wohltuend zu lesen ist.

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Veröffentlicht am 15.04.2023

Somebody is watching you

Going Zero
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Um die CIA von der Wirksamkeit ihres neu entwickelten Überwachungsprogrammes zu überzeugen, veranstaltet die FUSION-Initiative unter Leitung des Milliardärs Cy Baxter einen Betatest. Zehn Personen wurden ...

Um die CIA von der Wirksamkeit ihres neu entwickelten Überwachungsprogrammes zu überzeugen, veranstaltet die FUSION-Initiative unter Leitung des Milliardärs Cy Baxter einen Betatest. Zehn Personen wurden ausgewählt, um 30 Tage lang abzutauchen, spurlos zu verschwinden. Wem dies für die Dauer des Testlaufs gelingt, den erwarten 3 Millionen Dollar als Prämie. Eine dieser Personen ist Kaitlyn Day, eine Bibliothekarin Mitte 30 aus Boston, von der die Verantwortlichen glauben, sie als erste zu erwischen. Doch Kaitlyn ist schlauer als erwartet, sie schafft es immer wieder ihren Häschern zu entkommen. Für sie geht es nicht um das Preisgeld, sie hat andere Gründe hier mitzumachen …

Anthony McCarten wurde 1961 in New Plymouth/NZL geboren und ist ein neuseeländischer Schriftsteller, Dramatiker, Drehbuchautor und Filmproduzent. Er schrieb zahlreiche Romane, Theaterstücke, Drehbücher und Kurzgeschichten für die er mehrfach Auszeichnungen erhielt. Der Autor hat drei Kinder und pendelt abwechselnd zwischen Los Angeles, London und München.

Wie in all seinen bisherigen Romanen gelingt es McCarten, dem Leser auch in „Going Zero“ ein ernsthaftes, brisantes Thema mit viel Witz und Humor zu vermitteln. Ist es überhaupt noch möglich, in unserer heutigen digital vernetzten Welt zu verschwinden, ohne Spuren zu hinterlassen? Gibt es weiterhin eine Privatsphäre, oder werden wir schon alle überwacht ohne es zu merken? Unser leichtsinniger Umgang mit sensiblen Daten, sei es mittels Mobiltelefon, Laptop oder PC, wird aufgezeigt, dem ungeahnte neue raffinierte technische Möglichkeiten gegenüber stehen. Wir erfahren, wie gut vernetzte Organisationen auch psychologische Mittel anwenden, um unsere Spuren zu verfolgen – das alles unter dem Vorwand, das Volk vor Gefahren zu bewahren.

Ein ungewöhnlich spannender Psycho-Thriller, ein gedankliches Experiment, dessen Handlung durchaus real und glaubwürdig rüber kommt. Man fiebert mit der Protagonistin mit, hofft und erwartet einen guten Ausgang für sie. Die Spannung ist durchweg hoch gehalten, so dass man das Buch vor dem Ende nicht mehr aus der Hand legen kann. Ich kann es nur jedem empfehlen, der mit Handy, Laptop oder PC im Internet zugange ist.

Wie der Diogenes-Verlag anmerkt, ist das Buch bereits in 23 Sprachen verkauft und eine Verfilmung in Planung.

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Veröffentlicht am 05.04.2023

Überforderung

22 Bahnen
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Um den ganzen Stress abzuschütteln ist es Tilda zur täglichen Gewohnheit geworden, im Schwimmbad exakt 22 Bahnen zu schwimmen. Sie ist Studentin der Mathematik, arbeitet nebenbei an der Kasse im Supermarkt, ...

Um den ganzen Stress abzuschütteln ist es Tilda zur täglichen Gewohnheit geworden, im Schwimmbad exakt 22 Bahnen zu schwimmen. Sie ist Studentin der Mathematik, arbeitet nebenbei an der Kasse im Supermarkt, kümmert sich um den Haushalt und ist Ersatzmutter für ihre kleine Schwester Ida. Mit Mutters Hilfe ist nicht zu rechnen, die liegt meist betrunken auf dem Sofa im Wohnzimmer oder richtet in wachen Momenten ein heilloses Durcheinander in der Wohnung an. Im Grunde hasst Tilda dieses einengende Leben, doch die Verantwortung und Liebe zu Ida überwiegt alles. Nun aber soll sich bald einiges ändern, denn Tilda bekommt eine Promotion in Berlin angeboten. Kann sie das Angebot annehmen und ihre kleine Schwester mit der alkoholkranken Mutter alleine lassen? Und außerdem ist da auch noch Viktor, ein Freund aus Teenagertagen, der nach fünf Jahren wieder zurück in die Stadt gekommen ist …

„22 Bahnen“ ist der Debütroman der jungen, 1995 in Mainz geborenen, Autorin Caroline Wahl. Sie wuchs in der Nähe von Heidelberg auf, studierte Germanistik in Tübingen sowie Deutsche Literatur in Berlin und arbeitete danach in mehreren Verlagen. Heute lebt sie in Rostock.

Der Schreibstil war für mich anfangs sehr gewöhnungsbedürftig, da er sehr an der Jugendsprache orientiert ist – doch bald wurde ich von der Geschichte regelrecht mitgerissen. Zwei Schwestern, denen das Leben übel mitspielt, die sich lieben und zusammenhalten und versuchen, aus der bedrückenden häuslichen Situation das Beste zu machen - und eine Mutter, die man aufrütteln und schütteln möchte, die aber in ihrer Krankheit gefangen ist. Immer wieder keimt zwischendurch eine trügerische Hoffnung auf, die zum Ende zu stabil zu werden scheint. Es bleiben jedoch am Schluss sehr viele Fragen über die Zukunft aller Beteiligten offen. Ob hier eine Fortsetzung geplant ist?

Fazit: Eine Geschichte die unter die Haut geht, die mitreißt, aufrüttelt und nachdenklich stimmt.

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Veröffentlicht am 21.03.2023

Was geschah mit Melody?

Melody
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Als nach dem Tod seines Vaters die monatlichen Zahlungen ausbleiben, ist der 34-jährige Langzeitstudent Tom Elmer gezwungen, einen Job anzunehmen. Es trifft sich günstig, dass der einstige Nationalrat ...

Als nach dem Tod seines Vaters die monatlichen Zahlungen ausbleiben, ist der 34-jährige Langzeitstudent Tom Elmer gezwungen, einen Job anzunehmen. Es trifft sich günstig, dass der einstige Nationalrat Dr. Peter Stotz einen Juristen sucht, der seinen Nachlass ordnen, Wichtiges von Unwichtigem trennen und alles etwas beschönigen soll. Dafür bietet er als Gegenleistung eine großzügige Bezahlung samt Wohnung und Verpflegung in seiner Villa. Bereits bei seinem Einzug fällt Tom das Portrait einer jungen Frau auf, deren Foto auch in jedem Raum des Hauses präsent ist. Es handelt sich um Melody Alaoui, die ehemalige Verlobte seines Arbeitgebers, die vor vierzig Jahren spurlos verschwand – drei Tage vor ihrer Hochzeit. Diesen Verlust konnte Dr. Stotz nie verwinden. In täglichen Gesprächen am Kamin erzählt er Tom von seiner großen Liebe, von ihrem Verschwinden und seiner vergeblichen Suche nach ihr …

Martin Suter, geb. 1948, ist ein Schweizer Schriftsteller. Nach seiner Ausbildung zum Werbetexter schrieb er Reportagen, eine wöchentliche Kolumne sowie zahlreiche Drehbücher für Film und Fernsehen. Sein Durchbruch als Schriftsteller gelang ihm 1997 mit seinem ersten Roman „Small World“. Für seine zahlreichen Romane, die alle im Diogenes Verlag erschienen und auch international sehr erfolgreich sind, erhielt Suter mehrere Preise und Auszeichnungen. Nach Wohnsitzen auf Ibiza, in Guatemala und in Marrakesch lebt Martin Suter heute mit seiner Familie in Zürich.

„Melody“ ist ein Roman, dessen Plot mich sofort in seinen Bann zog. Die Geschichte ist unterhaltsam, birgt viele Geheimnisse und ist spannend wie ein Krimi. Was verbirgt Dr. Stotz? Warum will er seine Vita in besserem Licht erscheinen lassen? Was enthüllen die Unterlagen in seinem Archiv? Nicht minder interessant ist das Rätsel um Melody und ihrem mysteriösen Verschwinden. Wer war sie? Warum verschwand sie? Wurde sie entführt? Beide Handlungsabläufe hat Suter hervorragend miteinander verwoben und bietet sie dem Leser häppchenweise dar, wodurch der Spannungsbogen stets aufs Äußerste gespannt ist.

Der Schreibstil ist sehr ansprechend, liest sich angenehm flüssig und lässt den Leser am Geschehen teilhaben. Die einzelnen Charaktere sind großartig ausgearbeitet und wirken in ihrem Tun und Handeln äußerst authentisch. Der Roman ist die Geschichte einer Liebe, aber keine der üblichen Liebesgeschichten, denn nach vierzig Jahren erscheint vieles in anderem Licht. Einige unerwartete Wendungen und ein überraschendes Ende runden das Geschehen stimmig ab.

Fazit: Suter hat es wieder einmal geschafft, mich mit seiner Geschichte zu fesseln und zu überraschen – ein Lesevergnügen, das ich gerne weiter empfehle!

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Veröffentlicht am 08.03.2023

Vater und Sohn

Erstaunen
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Nach dem Tod seiner Frau Aly muss Theo Byrne seinen 9jährigen Sohn Robin alleine großziehen. Keine leichte Aufgabe für den engagierten Astrobiologen, denn der Junge hat das Asperger-Syndrom. Er ist verhaltensauffällig, ...

Nach dem Tod seiner Frau Aly muss Theo Byrne seinen 9jährigen Sohn Robin alleine großziehen. Keine leichte Aufgabe für den engagierten Astrobiologen, denn der Junge hat das Asperger-Syndrom. Er ist verhaltensauffällig, leicht reizbar, neigt zu Wutanfällen und dreht durch, wenn etwas nicht nach seinen Vorstellungen läuft. Dabei ist er hochbegabt und interessiert sich brennend für Tiere und Pflanzen und deren Arterhaltung in Zeiten des Klimawandels. Theo weigert sich das Verhalten des Jungen als Krankheit zu sehen und ihm Medikamente zu geben, stattdessen fährt er mit ihm einige Tage in die Smoky Mountains in der Hoffnung, dort Besserung zu erzielen. Wieder zurück in Madison weigert sich Robin zur Schule zu gehen und das Jugendamt droht Theo mit Kindesentzug. Ein Lichtblick bietet sich dem besorgten Vater durch die neuartige Möglichkeit, die Hirnaktivität therapeutisch zu beeinflussen. Tatsächlich zeigt die Behandlung gute Erfolge – bis die Regierung dem Labor die Fördermittel streicht und weitere Experimente verbietet …

Richard Powers, geb. 1957, ist einer der bedeutendsten US-amerikanischen Schriftsteller der Gegenwart. Er ist bekannt dafür, in seinen Werken komplexe naturwissenschaftliche und philosophische Themen zu verarbeiten. Er veröffentlichte bisher sieben Romane - mit „Erstaunen schaffte er es 2021 auf die Shortlist des Booker Prize. Der Autor lebt heute in Urbania/Illinois.

Wie in allen seinen Büchern behandelt der Autor auch in
„Erstaunen“ wieder brisante, aktuelle Themen. Neben der bewegenden Vater-Sohn-Beziehung ist es eine Liebeserklärung an die Natur - und eine Anklage an die Menschheit über den allzu sorglosen Umgang mit ihr. Wir erfahren, wie ein Astrobiologe sich Leben im Universum auf weit entfernten Planeten vorstellt und lesen kritisch über ein reaktionäres Amerika unter einem Präsidenten, dessen Handlungen uns leider noch allzu gut in Erinnerung sind.

Wie gewohnt schreibt Powers flüssig, präzise und schnörkellos und ist in der Lage, dem Leser auch die kompliziertesten naturwissenschaftlichen Vorgänge verständlich zu beschreiben. Er erzählt die Geschichte aus Sicht des Vaters, so dass man seine zwischen Hoffnung und Verzweiflung schwankenden Gefühle hautnah miterlebt. Neben Anlehnungen an Greta Thunbergs Aktionen zum Klimaschutz und großartigen Naturbeschreibungen erfährt man auch noch ganz nebenbei Neuigkeiten in Sachen Neurologie und Gehirnforschung.

Fazit:* Ein Buch das ich gerne weiter empfehle, da es eine Fülle von Emotionen beim Leser hinterlässt.

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