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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.05.2023

Eine gelungene Fortsetzung

Belgische Schatten
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Piet Donker hat eine berufliche und familiäre Auszeit genommen. Gut bekommt ihm das Alleinsein allerdings nicht, denn er trinkt zu viel und droht spielsüchtig zu werden.

Da kommt ihm der Mord an einer ...

Piet Donker hat eine berufliche und familiäre Auszeit genommen. Gut bekommt ihm das Alleinsein allerdings nicht, denn er trinkt zu viel und droht spielsüchtig zu werden.

Da kommt ihm der Mord an einer Politikerin in Eupen gerade recht. Zunächst sieht alles nach einem politischen Motiv aus. Doch als dann ein weiteres Mordopfer gibt, wackelt diese Theorie. Recht bald stellt sich heraus, dass die beiden Toten Mitglieder einer Jugendclique waren. Interessant ist, dass vor Jahren die junge Joleen verschwunden ist. Niemand weiß, ob sie noch lebt. Kann sie zurückgekehrt und die Täterin sein?

Jetzt gilt es weitere Angehörige dieser Jugendgruppe zu finden, denn die könnten auch in Gefahr sein. Und welche Rolle spielt Donkers Kollegen Uma? Immerhin war sie seinerzeit auch in dieser Clique. Weiß sie mehr, als sie zugibt?

Meine Meinung:

Wie wir es von Stephan Haas gewöhnt sind, gibt es auch hier wieder einen komplexen Fall, der seine Ursache in der Vergangenheit hat.

In einem Verwirrspiel um Schuld und Sühne sowie um Manipulation und Ausgrenzung weiß Piet Donker nicht mehr, wem er vertrauen kann. Üblicherweise bereiten ihm solche komplexen Fälle keine Probleme, doch in seinem angeschlagenen Zustand, ist die Lösung des Falles eine Herausforderung.

Die Charaktere sind wieder gut gezeichnet. Alle haben ihre Ecken und Kanten, Piet Donker die eine oder andere mehr.

Mir hat der fesselnde Krimi gut gefallen. Bis zum schlüssigen Finale, das menschliche Abgründe aufdeckt, dauert es ein wenig.

Ob Piet seine Ankündigung, den Polizeidienst zu quittieren, ernst meint, erfahren wir hoffentlich in einem nächsten Fall.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung, der ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 30.04.2023

Nichts ist, wie es scheint

Kärntner Finale
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„Schließe alles aus, was unmöglich ist, und was dann noch übrig bleibt, das ist, so unwahrscheinlich es auch aussehen mag, die Wahrheit.“ (S. 129)


Andreas Pittler, Historiker und Autor zahlreicher Brücher, ...

„Schließe alles aus, was unmöglich ist, und was dann noch übrig bleibt, das ist, so unwahrscheinlich es auch aussehen mag, die Wahrheit.“ (S. 129)


Andreas Pittler, Historiker und Autor zahlreicher Brücher, unter anderem der grandiosen Reihe um David Bronstein, hat sich mit diesem Krimi in den Süden von Österreich, in die Büchsenmacherstadt Ferlach begeben.

Hier gehen die Uhren noch ein wenig langsamer als sonst irgendwo. Die Verbrechen spielen sich zwischen Falschparken und Fahrraddiebstahl ab. Als dann ein Wiener Wanderer aufgeregt einen Toten meldet, ist es mit der Beschaulichkeit vorbei. Denn nicht nur, dass der Mann erschossen worden ist, ist er ein bekannter Ortspolitiker.

Mord ist für die beiden Dorfpolizisten Obiltschnig und Popatnig schon von Amts wegen eine Nummer zu groß und deshalb reitet die Kavallerie aus dem nahen LKA Klagenfurt ein. Man ist einander nicht grün und die Kriminalbeamten behandeln die örtlichen Polizisten herablassend. Noch bevor die Ermittlungen so richtig in Fahrt kommen, stirbt ein weiterer Stadtrat, diesmal von einer anderen Partei.

Ist das etwas überdimensionierte Stadion, das sich die beiden Stadtrivalen auf dem Fußballplatz in Zukunft teilen müssen, der Stein des Anstoßes? Haben die beiden Toten vielleicht geheime Absprachen zu den Grundankäufen durch die Stadtgemeinde getroffen?

Als dann noch ein dritter Mann getötet, der nichts mit dem Rathaus zu tun hat, ermordet wird, ist guter Rat teuer.

Obiltschnig und Popatnig denken laut nach und erhalten von einer ungewohnten Stelle einen interessanten Hinweis. Was, wenn die drei Morde etwas Persönliches sind?

Meine Meinung:

Als halbe Kärntnerin und Fan von Andreas Pittlers Krimis hat mir dieser Krimi sehr gut gefallen. Ein bisschen schade finde ich, dass der Kärntner Dialekt dem (bundes)deutschen Publikums wegen kaum verwendet wird und auf hochdeutsch parliert wird. Die humorvollen Dialoge, in denen sich Obiltschnig und Popatnig die Bälle (oder wie man in Wien sagt: die Wuchteln) zuspielen, haben mich schmunzeln lassen.

Der schwarze Humor, den ich aus der Bronstein-Reihe kenne, blitzt immer wieder durch. So musste ich herzlich lachen, als zum Ende hin, die Klagenfurter wieder anrücken, die Polizeistation Ferlach einfach okkupieren und dabei ist das Verbrechen schon aufgeklärt.

Die Charaktere sind herrlich herausgearbeitet. Die gemütlichen Dorfpolizisten, die ihre Schäfchen kennen und gezielt Fragen stellen, stehen den Cowboys aus der Großstadt gegenüber, die letztlich beschämt die Heimreise antreten müssen.

Es dauert ein wenig, bis die Ermittlungen Erfolg haben und wir Leser sind der Polizei immer einen kleinen Schritt voraus. Für mich war bald klar, wer die drei Männer umgebracht hat. Das Motiv ist eine Summe von Kränkungen. Gut gefallen hat mir, dass das Privatleben der beiden eine eher untergeordnete Rolle spielt und nicht überhandnimmt.

Die Beschreibung von Ferlach und Umgebung macht Lust auf Urlaub in Kärnten, um auf der Koschuta oder dem Loibl zu wandern und einen Abstecher in die Landeshauptstadt zu machen.

Fazit:

Ich hoffe auf eine baldige Fortsetzung und gebe diesem Landkrimi vom Feinsten 5 Sterne.

Veröffentlicht am 30.04.2023

nichts für Zartbesaitete

Die marmornen Träume
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Mit diesem Buch ist dem französischen Autor Jean-Christophe Grangé ein Thriller gelungen, der drei höchst unterschiedliche Personen dazu zwingt, wider Willen miteinander zu kooperieren. Diese drei sind: ...

Mit diesem Buch ist dem französischen Autor Jean-Christophe Grangé ein Thriller gelungen, der drei höchst unterschiedliche Personen dazu zwingt, wider Willen miteinander zu kooperieren. Diese drei sind: der kleinwüchsige Psychoanalytiker und Traumdeuter Simon Kraus, der ehrgeizige SS-Mann Franz Beewen sowie die Psychiaterin Minna von Hassel, die gegen ihre eigenen Dämonen kämpft.

Der Autor entführt uns in das Berlin von 1939. Der Zweite Weltkrieg steht unmittelbar bevor. Eine junge Frau wird grausam ermordet. Die Aufklärung des Verbrechens führt Beewen zu Simon Kraus, da die Tote bei ihm in Behandlung stand. Noch bevor hier Licht ins Dunkel gebracht werden kann, gibt es einen noch eine Tote, der noch weiter folgen.

Die einzige Verbindung zwischen den Opfern scheint Simon Kraus zu sein, denn alle Opfer waren seine Klientinnen, in deren Träumen einen Kopf aus Marmor eine Rolle spielt. Wer oder was steckt hinter den Verbrechen? Handelt es sich um politische Morde? Können die illegal aufgenommenen Gespräche Simon entlasten?

Meine Meinung:

Wie wir es von Jean-Christophe Grangé gewöhnt sind, erzeugt er eine düstere Spannung, die die Leser kaum aus ihren Fängen lässt. Nur wenige ruhige Abschnitte lassen die Leser verschnaufen. Wer sich, wie ich, mit der Ideologie des NS-Regimes bereits auseinandergesetzt hat, ist klar im Vorteil, denn der brutale Umgang mit Menschen, die dem Weltbild des Nationalsozialismus nicht entsprechen, wird detailliert geschildert. Denn das, was die Ermittler wider Willen im Lauf der Zeit zu sehen bekommen, offenbart Abgründe der menschlichen Seele und die Verkommenheit eines völlig entmenschten Regimes.

„Einfach so. Spaßeshalber. Die heilige Grenze zwischen Leben und Tod ist inzwischen aufgehoben. Man kann alles ausprobieren, ohne eine Verurteilung oder eine Strafe fürchten zu müssen.“


Der Schreibstil ist wie immer düster und fesselnd. Manchmal schummeln sich moderne Ausdrücke in den Text, z.B. „Wir düsen ins Archiv“ (letzter Satz Kap. 55)

Fazit:

Diesem Thriller, der unter die Haut geht und nichts für schwache Nerven ist, gebe ich gerne 5 Sterne.

Veröffentlicht am 30.04.2023

Eine gelungene Fortsetzung

Donaumelodien - Fiakertod
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Der vierte Teil dieser historischen Krimi-Reihe aus dem Wien des 19. Jahrhunderts führt den ehemaligen Geisterfotografen Hieronymus Holstein und seinen Freund, den „Buckligen Franz“ sogar bis nach Paris. ...

Der vierte Teil dieser historischen Krimi-Reihe aus dem Wien des 19. Jahrhunderts führt den ehemaligen Geisterfotografen Hieronymus Holstein und seinen Freund, den „Buckligen Franz“ sogar bis nach Paris. Wie das?

Alles beginnt damit, dass der Uhrmachermeister Gustav Kaderka von seiner Haushältin tot in seiner Wohnung gefunden wird. Die Wienerpolizei legt den Mord recht schnell zu den Akten, denn Kaderka steht im Verdacht, einem Mord im homosexuellen Milieu zum Opfer gefallen zu sein. Aus Gründen der (scheinheiligen) Sittlichkeit werden solche Straftaten im Wien von 1877 nicht allzu genau untersucht oder weiterverfolgt. Salomon Stricker, der Pathologe, der Holstein on der Vergangenheit nicht immer wohl gesonnen war, springt über seinen Schatten und beauftragt ihn mit Recherchen zu Kaderkas Tod. Inzwischen ist mit einem Fiaker ein weiteres Todesopfer zu beklagen, das mit dem Fall Kaderka zusammenzuhängen scheint.

Die Recherchen ergeben eine heiße Spur zu einer ominösen Hellseherin, die das Ermittlerteam im Dampfzug nach Paris reisen lässt. Dort landen sie am Montmatre, und versuchen den Fall zu lösen. Nichts ist so, wie es scheint, und so kehrt man mit zahlreichen interessanten Eindrücken und erweitertem Horizont wieder nach Wien zurück, wo das Grande Finale wartet.

Meine Meinung:

Wie schon in den vorherigen Fällen verdingt sich Holstein nicht mehr als Geisterfotograf, sondern nimmt Aufträge als Privatermittler an. Allerdings wird seine frühere Profession dauernd erwähnt, aber nicht näher erklärt. Neuankömmlinge in dieser Reihe müssen entweder mit der Unwissenheit leben oder die anderen Bücher lesen (was natürlich sowohl den Lesern als auch dem Autor Vergnügen bereitet).

Geschickt verquickt Bastian Zach Fakt mit Fiktion. Dabei entsteht ein Sittenbild von Wien, das nicht nur die schöne Seite mit seinem Bauboom an der Ringstraße, sondern auch die hässliche Seite mit der Wohnungsnot und der Armut der oft aus allen Teilen der Monarchie zugewanderten Einwohner wie Holsteins Quartiergebein Anezka.

Gut wird die Doppelmoral dieser Zeit herausgearbeitet, in der die Polizei bei manchen Verbrechen nur halbherzig ermittelt. Im Jahr 1877 ist die Homosexualität verpönt und verboten, obwohl ein Mitglied der kaiserlichen Familie dieser auch öffentlich frönt. Aber, man kennt ja den lateinischen Spruch „Quod licet Iovi, non licet bovi“.

Dass Holstein seiner großen Liebe Karolina, die an Amnesie leidet, wieder begegnet, lässt auf einen weiteren Fall hoffen.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser gelungenen Fortsetzung mit ihrem Abstecher in die Stadt der Liebe und Sünde 5 Sterne.

Veröffentlicht am 30.04.2023

Regt zum Nachdenken an

Der Putsch
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Autor und Historiker hat sich diesmal eines Themas angenommen, das im Jahr 2023 sein (unrühmliches) 100-Jahr-Jubiläum feiert: Der Hitler-Putsch im Jahr 1923. Ob es da wirklich etwas zu feiern gibt?

In ...

Autor und Historiker hat sich diesmal eines Themas angenommen, das im Jahr 2023 sein (unrühmliches) 100-Jahr-Jubiläum feiert: Der Hitler-Putsch im Jahr 1923. Ob es da wirklich etwas zu feiern gibt?

In seinen Analysen, die auf neuem, bislang unbekannten Material aufbauen, zeigt er, dass der misslungene Putsch keineswegs so operettenhaft war, wie es manche so gerne gesehen haben (bzw. noch immer sehen).

In folgenden Kapiteln erläutert er die neuen Erkenntnisse:

Prolog
Ausgangslage
Vorbild
Anlauf
Volksfront
Sonderweg
Konfrontation
Entscheidung
Sturm
Scheitern
Epilog

Kellerhoff setzt das Geschehen sowohl in zeitlichem als auch in den geopolitischen Kontext. So finden die Ursachen (verlorener Krieg, Besetzung des Ruhrgebietes hohe Inflation etc.) genauso ihren Niederschlag wie die Sicht auf ein gelungenes Vorbild zur kompromisslosen Machtübernahme: Mussolinis Marsch auf Rom von 1922. Dennoch haben die zahlreichen Regierungen der Weimarer Republik die Gefahr von rechts sträflich unterschätzte, da sie von der Angst vor dem Kommunismus wie paralysiert waren, wie gleich zu Beginn des Kapitels „Ausgangslage“ der scharfsichtige Joseph Wirth zitiert wird:

„Da steht der Feind, der sein Gift in die Wunden seines Volkes träufelt. Da steht der Feind, und darüber ist kein Zweifel: Der Feind steht rechts.“

Und doch scheitert Hitlers Versuch mit so etwas wie einem „Marsch auf Berline“ von München aus, die Macht an sich zu reißen. Die Regierungsmitglieder in Berlin und in München lassen sich (vorerst)nicht in dieses Abenteuer ungewissen Ausgangs hineinziehen, obwohl (oder) weil sie alles anders als überzeugte Demokraten waren.

Genau diese Betrachtung der unterschiedlichen Sichtweisen zeichnet dieses Buch aus. Autor Kellerhoff bezieht das Zusammenwirken unterschiedlichster Kräfte und Strömungen mit ein. Ein interessanter Hinweis ist dann auch noch die Verurteilung Hitlers nach dem missglückten Putsch. Die vergleichsweise milde Strafe hat er einem Richter mit ähnlichem Gedankengut zu verdanken.

Wie wir es von Sven Felix Kellerhoff gewöhnt sind, schreibt er verständlich, manchmal pointiert und fesselnd.

Fazit:

Dieses Sachbuch richtet sich an Leser, die sich für Geschichte interessieren. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.