Ein Münsterländer Frauenschicksal im 16. Jahrhundert
Am Fluss der ZeitenDer historische Roman "Am Fluss der Zeiten" von Ulrike Renk ist der erste Band einer Trilogie über das einfache Leben einer landwirtschaftlich geprägten Familie im 16. Jahrhundert.
Die Familie lebt auf ...
Der historische Roman "Am Fluss der Zeiten" von Ulrike Renk ist der erste Band einer Trilogie über das einfache Leben einer landwirtschaftlich geprägten Familie im 16. Jahrhundert.
Die Familie lebt auf dem Kalmulehof in der Nähe von Lüdenscheid im Münsterland und ist sehr abhängig von den Launen und Wünschen des Amtmannes, dem sie unterstehen.
Durch die Härte ihres Alltages hat die Familie einen sehr starken Zusammenhalt. Doch das Schicksal schlägt über Naturgewalten wie eine Überschwemmung, den Nachwehen der Täufer aus Münster und dem Ausfall des Vaters durch eine schwere Verletzung am Bein gnadenlos zu.
Gerade als es ihnen gelingt, das Leben wieder einigermaßen in den Griff zu bekommen, verlangt der Amtmann, dass die Tochter des Hauses, Elze, ihren Pflichtdienst als Küchenmagd und Haushaltshilfe in einem Haus in Münster antritt.
Elze verliert dadurch nicht nur zunächst für ein Jahr ihre Familie, sondern trauert auch ihrer ersten großen Liebe hinterher.
Wie wird es Elze in dem Haus in Münster ergehen? Und wie lebt die Familie ohne sie weiter?
Der Roman hat autobiographische Züge, da in der Geschichte Personen auftreten, die es tatsächlich gegeben hat und mit denen die Autorin sogar ein verwandtschaftliches Verhältnis im Nachwort des Buches offenbart.
Ulrike Renk gelingt mit dem Roman ein gekonnter Mix aus Fiktion und historischen Fakten. Wir Leser/innen kommen somit nicht nur in den Genuß einer sehr interessanten und zeitweise spannenden Erzählung, sondern lernen viele geschichtliche Hintergründe und Tatsachen kennen, wie zum Beispiel das Treiben der selbsternannten Täufer, dessen oberstes Mitglied sich sogar zum König von Münster kürt. Auch der Einblick in das Leben der einfachen Leute im 16. Jahrhundert und deren Abhängigkeit von ihren Amtmännern oder Vogten wird so lebendig und bildhaft geschildert, dass man das Erzählte regelrecht vor Augen hat. Die Autorin nimmt sich in den ersten zwei Dritteln des Romans auch alle Zeit, um diese Bilder, die historischen Hintergründe, Personen und Orte den Leser/innen detailiert näher zu bringen, bevor sie dann auch Spannung in die Geschichte hineinbringt.
Sehr aufschlussreich gestalten sich am Ende des Buches ein sehr interessantes Nachwort, ein ausführliches Personenregister und ein Glossar, in dem viele altertümliche Begriffe erläutert werden.
Die Gestaltung des Buches ist sehr schön geglückt. Das Cover ziert eine junge Frau in einfacher Kleidung, auf deren Kleid eine für das Münsterland typische Wasserburg zu sehen ist. Für mich persönlich, gerade bei historischen Romanen, auch immer sehr schön, ist ein eingeklebtes Lesebändchen.
Mit "Am Fluss der Zeiten" ist Ulrike Renk ein toller Einstieg in ihre historische Trilogie gelungen. Die Darstellung der Personen, deren Verhältnisse untereinander und das Lokalkolorit sind dabei so eindrucksvoll, dass ich über ein bisschen fehlender Spannung gerne und wohlwollend hinwegsehe.
Liebhaber/innen von historischen Romanen, die zudem auch noch einen persönlichen Bezug des/r Autor(s)/in haben, werden an dem Buch ihre wahre Freude haben.