Eine tolle Fortsetzung
Der Hexenzirkel Ihrer Majestät. Die falsche SchwesterAchtung Rezension enthält Spoiler zu Band 1, dass begabte Kind.
Der Hexenzirkel Ihrer Majestät ist so eine besondere Reihe. Die im ersten Band bereits aufgeworfenen Themen rundum Misogynie, Diversität, ...
Achtung Rezension enthält Spoiler zu Band 1, dass begabte Kind.
Der Hexenzirkel Ihrer Majestät ist so eine besondere Reihe. Die im ersten Band bereits aufgeworfenen Themen rundum Misogynie, Diversität, Identität und patrichale Machtstrukturen innerhalb unserer Gesellschaft, wurden erneut perfekt mit einer modernen Fantasy-Hexen-Serie voller überraschender Momente kombiniert.
Nicht nur, dass es eine spannende Fantasyreihe ist, sondern sie stellt auch Themen wie LGBTQ+ , Feminismus und soziale Ungerechtigkeiten in den Vordergrund. Dabei werden die Gefühle der Charaktere stark in den Vordergrund gestellt- im ersten Band ist Theo, durch Magie zu einer Frau geworden. Ihr Gedankenkarussel wird dabei sehr eindrucksvoll beschrieben: Dass sie überglücklich ist, dass sie nun zu einer Frau geworden ist, aber morgens aufwacht und Angst hat, dass sie sich „zurückverwandelt“ hat. Gleichzeitig kämpft sie mit der Schuld „nicht-trans-genug“ zu sein, da sie durch ihre Verwandlung als „passing“ gilt, und keiner ihre Vergangenheit kennt, da sie neu ist- während ein anderes trans-Mädchen an der Schule gemobbt wird. Dieser innere Kampf nach Zugehörigkeit ist auch- abseits des Fantasy-Settings sehr real- und es ist toll, dass Juno Dawson dies so realistisch beschreibt. Queere Charaktere sowie POC (People of Colour) spielen eine große Rolle im Roman und es kommen noch weitere Figuren hinzu, beispielsweise lernen wir eine inter-Hexe kennen, die Leonie auf ihrer Reise durch Italien begegnet. Auch abseits der queeren Themen beschreibt Juno Dawson das Innenleben der Hexen sehr realistisch: Wir erinnern uns, dass die Freundesgruppe am Ende des Romans Helena verloren hat. Obwohl Helena deutlich fehlgeleitet war und schlimme Dinge getan hat, trauern die Freundinnen auf ihre Art um den Verlust ihrer Freundin: Elle kann Helena nicht aus dem Gruppenchat löschen und Leonie erwischt sich bei einem zärtlichen Gedanken an ihrer ehemalige Freundin, nur um kurz darauf zu erschrecken. Damit kann denke ich jede Leserin mitfühlen, die schon mal eine Freundschaft verloren hat. Nun aber zum großen Cliffhanger des ersten Romans: Ciara tauscht den Körper mit Niamh. Ich war besonders neugierig darauf, was Ciara tun würde und Juno Dawson hat uns nicht enttäuscht, denn auch Ciara kommt im Roman zu Wort und nimmt eine der Perspektiven im Roman ein, aus deren Sicht erzählt wird. Ich fand es tatsächlich sehr reizvoll auch aus der Perspektive einer „bösen“ Protagonistin zu lesen, und zu sehen wie lange Ciara wohl unbemerkt in Niamhs Körper leben kann. (Wobei gut und böse leicht verschwimmen, wie wir aus Band 1 und Helenas Aktionen gelernt haben.) Durch Ciara haben wir auch einen ganz anderen Bereich des Hexenlebens kennengelernt, indem wir ihre Erfahrungen mit Dämonenbeschwörungen miterleben und was diese fordern. Das fand ich super spannend und hat für mich auch zum World Building beigetragen.
Ich habe mich auch stets gefragt, ob es noch eine Chance gibt, dass Niamh zurückkommt und ihren Körper zurück erobern kann? Dazu verrate ich aber
an dieser Stelle nichts, falls noch andere Leserinnen sich dies gefragt haben. Inhaltlich war die Handlung auch wieder rasant: Wir begleiten Leonie erst nach Bologna und dann nach Istanbul, während sie ihren Bruder Radley und den Verräter Hale sucht; während Ciara sich in Niamhs Körper darauf vorbereitet als Hohepriesterin des HIM gekrönt zu werden und sich mit der zunehmenden Anfeindung des profanen Premierministers und weiterer Politik herumschlagen muss; Elle wiederum muss sich mit der Affäre ihres Mannes konfrontieren, für den sie ihre Stellung als Hexe aufgegeben hat, während ihre Tochter Holly ihre Kräfte neu entdeckt. Theo wiederum steht zwischen zwei Geschwistern: Denn sowohl Holly als auch Milo scheinen Gefühle für die junge Hexe entwickelt zu haben- und Theo muss nun ihre eigene Sexualität entdecken: Steht sie auf Männer oder auf Frauen- oder auf beides? Und welches Geschwisterteil wird sie hierbei verletzen?
Dabei fand ich es besonders schön die verschiedenen Facetten aller Charaktere zu entdecken, denn wir erleben auch Ciaras sanfte Seite, sowie Elles etwas düstere Seite.
Ein weiterer Handlungsstrang der Geschichte ist der furchtbare Men’s Club, ein Hexenjäger-Club, der vor allem aus weißen alten Männern und ihren Söhnen besteht, die Jagd auf Hexen, Lesben und Transpersonen machen. Hier gab es einen Verrat, der mich wirklich sehr traurig gemacht hat. Mehr möchte ich an dieser Stelle aber erstmal nicht verraten.
Es ist wirklich sehr erfrischend eine Reihe aus einem rein weiblichen Blickwinkel zu lesen und der auch sehr bedacht auf vorsichtig gewählte Sprache ist – damit meine ich nicht, dass nicht geflucht wird, das wird nämlich leider schon, vor allem wird das Wort Fotze leider sehr oft benutzt, was mir doch etwas missfällt- sondern was ich meine ist beispielsweise, als Theo und Holly sich über böse Magie unterhalten, dass Holly Theo gleich korrigiert und ihr sagt, dass es keine „schwarze Magie“ gibt, da Magie keine Farbe hat, sondern nur die Absichten der Hexe/des Hexers widerspiegelt. Wenn ich etwas kritisieren müsste, würde ich ggf. tatsächlich die Sprache kritisieren, da teilweise eher primitive Schimpfworte verwendet wurden, teilweise aber auch um eben die besagte Diskriminierung gegen Frauen oder queere Menschen zu unterstreichen, weshalb es schon seine Berechtigung hat.