Solide Fortsetzung mit Luft nach oben
Die Kinder von Schönbrunn (Die Schönbrunn-Saga 2)"»[…] das Allerwichtigste sind liebevolle Menschen, die die Kinder betreuen und ihnen ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität vermitteln.«"
Im zweiten Band der Schönbrunn-Saga aus der Feder von Bestsellerautorin ...
"»[…] das Allerwichtigste sind liebevolle Menschen, die die Kinder betreuen und ihnen ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität vermitteln.«"
Im zweiten Band der Schönbrunn-Saga aus der Feder von Bestsellerautorin Beate Maly begleiten wir Emmas Schwester Greta dabei, wie sie nach und nach die Schatten der Vergangenheit hinter sich lässt und im Rahmen einer Ausbildung zur Erzieherin ihre neue Erfüllung (- und womöglich sogar eine neue Liebe? -) findet.
Greta lebt gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter Gisela bei ihrer Schwester Emma und deren Mann, kümmert sich aufopferungsvoll um den Haushalt und lebt einzig für ihre Familie. Jegliches Vertrauen in sich selbst und in ihre Fähigkeiten - sie hatte einst wunderschöne Kleider geschneidert -, jegliche Zukunftsambitionen hat sie verloren. Ihr geliebter Mann, Gustav, kehrte nie aus dem Krieg zurück, gilt als verschollen. Die Jahre gehen ins Land, doch Gretas Trauer bleibt allgegenwärtig. Da meine eigene Uroma, die ich nur aus Erzählungen meiner Oma kenne, das gleiche Schicksal erlitten und bis an ihr Lebensende immer auf eine Rückkehr ihres Mannes gehofft hatte, kann ich in etwa erahnen, welch Qualen die junge Frau durchlebt. Verständlich, dass man sich nach solch einem Schicksalsschlag am liebsten vor der Welt verstecken möchte. So erstaunte es mich kaum, dass Greta eher zufällig in ihre neue Aufgabe hineinstolpert. Umso mehr freute mich ihre Entwicklung in der Handlung - Greta wird selbstbewusster und versierter, steht für ihre Meinung ein und zeigt viel Mitgefühl für die Kinder, die sie betreut.
Apropos Kinder: Einige Passagen sind aus der Sicht des kleinen Emils geschrieben, der nach einem traumatischen Verlust eine zunächst nicht minder traumatische Zeit im Heim erlebt. Als Mama haben mich die Szenen der Heimkinder ehrlich gesagt am meisten mitgenommen.
Die Geschichte kann in puncto Verständnis mühelos separat, auch ohne Vorkenntnis vom Reihenauftakt gelesen werden - allerdings hat mir Band 1 damals so gut gefallen, dass ich diesen insbesondere Fans von stimmungsvollen, historischen Frauenromanen dennoch ans Herz legen möchte. In meinen Augen war der Auftakt sogar einen Hauch lebendiger, mitreißender, spannender als das vorliegende Werk, das mir nichtsdestotrotz wieder unterhaltsame Lesestunden beschert hat.
Man spürt, dass die Autorin sich sowohl mit der Szenerie als auch mit dem Themenschwerpunkt Pädagogik intensiv auseinandergesetzt hat. Alles wirkt selbstverständlich und rundum authentisch. Lediglich der romantische Aspekt - jene Entwicklung, die ich speziell der sympathischen weiblichen Hauptfigur so sehr gegönnt habe – kam mir dieses Mal ein wenig zu kurz und gegen Ende erschienen mir manche Punkte ein wenig zu schnell abgehandelt bzw. gänzlich unaufgelöst. Wer weiß, vielleicht erfahren wir ja in den Folgebänden mehr dazu.
Dank atmosphärischer Beschreibungen und zeitgemäßer Wortwahl in den Dialogen wähnte ich mich direkt im alten Wien des 20. Jahrhunderts. Wie anders die Lebensumstände und Ansichten damals doch waren! Nach der Lektüre von Romanen dieses Genres staune ich immer wieder über die den Fortschritt, den wir seitdem erleben durften. … und bin gleichermaßen bestürzt darüber, dass die Menschheit gerade im Hinblick auf ein friedliches Miteinander scheinbar nichts dazuzulernen scheint. Wenn ich an die aktuelle Situation denke, wird mir bei den Worten Michael Brenners (= Gretas Vorgesetzter) regelrecht schwer ums Herz:
"»[…] Es ist das Wesen des Krieges, dass er Menschen in Monster verwandelt. Die Angst, selbst zu sterben macht uns zu Mördern. […] Wir müssen dafür sorgen, dass sich eine Katastrophe wie dieser Krieg nicht wiederholt […]. [… ] Wenn die nächste Generation lernt, was Demokratie bedeutet, welcher wertvolle Schatz sie sein kann, wird es nie wieder einen Flächenbrand geben.«"
Fazit: Am gekonnten Schreibstil der Autorin gibt es nichts auszusetzen. Ich denke, mehr Umfang hätte dem an sich soliden historischen Roman noch zu deutlich mehr Tiefe verholfen. Für mich war es (trotz Luft nach oben) insgesamt ein gelungener Read, den ich gerne weiterempfehle.