Gelungen atmosphärisch erzählt
Adas Fest„Adas Fest“ war in vielerlei Hinsicht eine erfreuliche Überraschung für mich. Dies lag vor allem an Katrin Bursegs herrlichem Umgang mit Sprache, der mich das ganze Buch hindurch erfreut hat. Der Stil ...
„Adas Fest“ war in vielerlei Hinsicht eine erfreuliche Überraschung für mich. Dies lag vor allem an Katrin Bursegs herrlichem Umgang mit Sprache, der mich das ganze Buch hindurch erfreut hat. Der Stil ist leicht und entspannt lesbar, enthält aber trotzdem – wie die Geschichte auch – viel Tiefe. Immer wieder genoss ich herrlich bildhafte Formulierungen, die das Wesentlich in wenige, gut gewählte Worte packten. Dies ist eine Autorin, von der ich noch weitere Bücher lesen möchte.
Am Anfang des Buches taucht der Leser gleich in eine gekonnt geschaffene Atmosphäre. Wir kommen mit Ada in ihrem Ferienhaus an der französischen Küste an und sehen, fühlen, riechen, schmecken alles durch die gelungenen Beschreibungen. Es war ein Genuss, diese Atmosphäre zu erleben. Über der Sinnlichkeit des Sommers, des Essens – das während des ganzen Romans eine große Rolle spielt – und der Natur liegt eine ebenfalls exzellent vermittelte Wehmut, da Adas geliebtes Refugium aufgrund von Klimaveränderungen bald verlorengehen wird; sie weiß, es ist ihr letzter Sommer dort. In der ersten Hälfte des Buches, die mir mit Abstand am besten gefiel, passiert äußerlich wenig und trotzdem wird es keine Sekunde langweilig, denn man genießt nicht nur die Atmosphäre, sondern lernt auch Ada und ihre Geschichte genauer kennen. Dies geschieht u.a. durch diverse Rückblicke, die elegant in das aktuelle Geschehen eingeflochten werden. Man merkt recht schnell, das hier wird keine seichte Sommergeschichte, hier geht es tief hinein. Es wurde letztlich alles noch tiefer und teilweise dunkler, als ich erwartet hatte und die Autorin weiß ihre Leser mit unerwarteten Wendungen zu überraschen.
Nach und nach lernen wir die anderen Charaktere kennen. Sie sind fast ausnahmslos herrlich gezeichnet, werden lebendig und wirken sehr echt, selbst die nur kurz auftretenden Nebencharaktere und die beiden schon verstorbenen Personen. Einziges Manko war hier für mich Adas Tochter Imme. Während Immes Schwestern und deren Beziehung zueinander und zu ihrer Mutter ausgezeichnet dargestellt sind, blieb Imme blass. Ihre Geschichte wirkte auf mich halbherzig und ihre sehr seltene Interaktion mit ihren Schwestern und ihrer Mutter bestand hauptsächlich in Vorträgen über den Klimawandel, welcher Teil ihres Berufs ist. So hatte ich manchmal den Eindruck, Immes Funktion sei die eines erhobenen Zeigefingers, die Passagen mit ihr fielen für mich immer sehr ab. Ansonsten aber war das Miteinander der Charaktere und auch all das, was sich allmählich über sie offenbart, faszinierend zu erleben. Hier ist sehr viel – eigentlich fast alles – nicht so, wie es scheint.
Nach und nach werden allerlei Geheimnisse enthüllt – in sehr kurzer Zeit folgt eine Offenbarung der nächsten. Das wurde mir zunehmend zu viel und es war mir auch zu viel des Zufalls, wie sich manches genau in diesem Zeitraum erschloss. Irgendwann habe ich gedacht: „Nein, nicht noch ein Geheimnis.“ Es hätte mir mehr zugesagt, wenn hier weniger offenbart und sich dem dafür tiefgehender gewidmet worden wäre. Zwar ist das Buch alles andere als oberflächlich, aber manches wurde mir doch zu rasch und problemlos abgehandelt, weil schon die nächste Enthüllung folgte, auch war es in dieser Häufung nicht ganz nachvollziehbar für mich, mir zu überfrachtet. So war das letzte Drittel des Buches nicht ganz mein Geschmack, auch wenn alles interessant verwebt, überlegt und geschildert wurde. Ganz am Ende wurde es mir dann auch ein wenig zu rührselig. Trotzdem blieb das Buch durchweg ausgesprochen lesenswert, die Atmosphäre habe ich bis zur letzten Seite genossen und vor dem Erzähltalent Katrin Bursegs kann ich nur den Hut ziehen.