emotional, vielschichtige Charaktere
The Last Piece of His HeartDritter Band: In jedem Band der Reihe steht ein anderes Pärchen im Mittelpunkt. Es ist nicht zwingend notwendig, die anderen Bücher zu kennen, um der Handlung folgen zu können. Die anderen Figuren spielen ...
Dritter Band: In jedem Band der Reihe steht ein anderes Pärchen im Mittelpunkt. Es ist nicht zwingend notwendig, die anderen Bücher zu kennen, um der Handlung folgen zu können. Die anderen Figuren spielen aber alle ebenfalls eine Rolle, da sie zu Beginn der Geschichten gemeinsam zur Schule gehen und teilweise gut befreundet sind. Damit gibt es natürlich immer wieder Querverbindungen, die Handlungen der anderen Bände laufen teilweise parallel zu dem, was man im jeweiligen Band dann liest. Man sollte die Bücher aus meiner Sicht zumindest nicht in der falschen Reihenfolge lesen, da man sich sonst doch das eine oder andere vorwegnehmen könnte.
Shiloh ist taff, selbstbewusst und lässt sich nicht so schnell was vormachen. Nach außen hin wirkt sie gefestigt, sicher und innerlich gefestigt. Auch für ihre Zukunft hat sie einen klaren Weg vor Augen: sie möchte ihr eigenes Schmuckgeschäft haben. Doch in Shiloh ist längst nicht alles so gut sortiert und stark, wie sie nach außen hin präsentiert. Sie kämpft um die Aufmerksamkeit und Liebe ihrer Mutter, schon immer. Es würde ihr die Welt bedeuten, wenn ihre Mum sie nicht so abweisen würde.
Rein optisch ist Ronan eher Typ Bad Boy. Seine eindrucksvolle Erscheinungen wird durch die zahlreichen Tatöwierungen noch unterstützt, aber auch sein oft finsterer Blick trägt dazu bei. Der Kern der Finsternis in ihm liegt in seiner Kindheit begraben. Und auch die Zeit danach war nicht übermäßig mit Sonnenschein gefüllt. Ronan hat Ziele, Wünsche und doch verliert er immer wieder den Glauben an sich und die Hoffnung. Angst und Wut übermannen ihn, er hält andere auf Abstand, auch Shiloh, obwohl sie ihm nicht wieder aus dem Kopf geht und er nichts lieber will, sie sie glücklich machen zu können. Aber könnte er das, wo er sie doch eigentlich eher in Gefahr bringt?
Ich kannte die beiden Protagonisten schon aus den anderen Büchern der Reihe. Shiloh ist die beste Freundin von Violet, Protagonistin aus Band eins, und tauchte sowohl dort als auch im zweiten Buch am Rande immer wieder mit auf. Einen Teil ihrer Geschichte kennt man daher natürlich bereits, hier geht es jetzt aber noch viel mehr in die Tiefe. Ronan ist einer der lost boys und gemeinsam mit Miller und Holden sitzt er oft am Strand vor „ihrer Hütte“. Da diese Szenen in den anderen Bänden immer wieder auftauchen, weiß man auch von ihm schon einiges und die Offenbarungen hier, sind nicht alle überraschend, auch von ihm bekommt man jetzt aber sehr viel tiefgründigere Einblicke und vor allem stehen eben auch die Entwicklungen zwischen den beiden Protagonisten im Mittelpunkt der Handlung.
Das Buch enthält die beiden Ich-Perspektiven von Shiloh und Ronan wodurch man sehr detaillierte Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelten bekommt. Es gibt ganz unterschiedliche Gründe, aus denen sie Protagonisten zwischenzeitlich aufgewühlt, verzweifelt oder hoffnungsvoll sind. Nach und nach bekommt man ein gutes Gespür für die beiden als Einzelpersonen, aber auch für das, was sich da zwischen ihnen entwickelt, was sie zunächst jedoch nicht so zulassen wollen.
Shiloh ist eher die stille Kämpferin. Nach außen hin wirkt sie stark, mutig und wild entschlossen ihren eigenen Laden zu eröffnen. Dafür schiebt sie neben der Schule Nachtschichten in ihrer kleinen Werkstatt, versucht sich ein kleines Startkapital zu erarbeiten und ihre Werke bekannter zu machen. Sie ist eine gute Zuhörerin, redet selbst über sich jedoch nicht so gern. Hilfe anzunehmen, fällt ihr eher schwer, sie will es allein schaffen, andere stolz machen, zeigen, dass sie es kann. Besonders ihrer Mutter will sie zeigen, dass es kein Fehler war, sie zu bekommen. Sie bemüht sich verzweifelt um die Aufmerksamkeit ihrer Mum, scheitert jedoch immer wieder. Einer der Punkte, der Shiloh wirklich beschäftigt und fertig macht. Im Verlauf bekommt man dazu dann auch tiefere Einblicke und kann das besser einordnen. Wirklich überrascht hat es mich nicht, es hat aber manches erklärt. Ich mochte Shiloh sehr. Auch wenn sie sich selbst manchmal nicht so ist, empfand ich sie wirklich als starke Figur, auch wenn sie andere nicht so leicht in ihr Herz lässt und auch nur wenig über sich preisgeben möchte, um sich nicht angreifbar zu machen. Sie hat so viele tolle Eigenschaften, auch wenn sie sie nicht jedem zeigt. Sie ist kreativ, mitfühlend, sorgt sich um die, die ihr wichtig sind, ist loyal… Und doch ist sie eben keine Überfliegerin, bei der alles gut läuft und die nie Ängste hat. Sie hat verschiedene Facetten und ist vielschichtig. Ganz ähnlich wie Ronan.
Ronan ist eher düster und unnahbar. Wenn man weiß, was er hinter sich hat, dann kann man das auch irgendwie verstehen. Er hat kräftige Mauern um sich errichtet, um nicht auch noch das letzte Stück seiner Seele zerbrechen zu lassen. Dadurch wirkt er manchmal kalt, abweisend und feindselig. Er ist aber viel vielseitiger als das Bild, das man zuerst von ihm gewinnt, glauben machen mag. Wenn ihm jemand am Herzen liegt, tut er viel, damit es diesen Menschen gut geht, damit sie in Sicherheit sind, auch wenn das heißt, sich selbst und die eigenen Bedürfnisse zurück zu stellen. Er hat ein Versprechen gegeben, das er verzweifelt versucht zu halten, auch wenn ihm dabei viele Steine in den Weg gelegt werden und er immer wieder zu scheitern droht. Er kämpft- viel. An verschiedenen Fronten, mit verschiedenen Dämonen. Und doch wird immer wieder deutlich, was für ein warmherziger Mensch er ist. Aber es macht ihm auch Angst, wenn andere seine Mauern durchbrechen, gut zu ihm sind, für ihn da sein wollen…
Der Schreibstil vom Emma Scott ist mitnehmend und gefühlsgeladen. Im Buch sind zahlreiche unterschiedliche Emotionen verarbeitet, die sehr gut transportiert werden. Manchmal sind sie ganz offen kommuniziert, manchmal schwingen sie eher zwischen den Zeilen mit. Es ist insgesamt sehr emotional, sowohl aufwühlend als auch mit positiveren Gefühlen.
Beide Charaktere haben so ihre Päckchen zu tragen, die an vielen Stellen im Buch eine Rolle spielen, die irgendwann auch aufgearbeitet und angegangen werden, auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Es gibt eine ziemliche Achterbahnfahrt an Gefühlen, Hochs und Tiefschläge, neue Sorgen, neue Hoffnungen. Durch die Perspektivwechsel bekommt man von Ronan und Shiloh viel mit, auch was sie über den jeweils anderen denken und was sie für Gefühle auslösen. So kann man auch ihre Motivationen, Hoffnungen und auch die teilweise herrschende Vorsicht und Zurückhaltung gut nachvollziehen.
Mir hat die Dynamik zwischen den beiden gut gefallen. Wodurch beide Figuren so facettenreich sind und sie so tiefgründig beschrieben werden, kann man intensiv mit ihnen mitfühlen und miterleben, wie Mauern bröckeln, wie sie gegenseitig beim anderen Erfolge erzielen, selbst wenn sich Türen dann auch noch mal schließen. Sie gehen sich unter die Haut, sie berühren sich. Und das geht weit über die körperliche Anziehung, die ohne Frage auch da ist, hinaus. Szenen, in denen sie dieser Anziehung nachgeben, sind ebenfalls im Buch enthalten.
Mir hat Ronan vielleicht sogar noch ein wenig besser gefallen, weil er düsterer und noch vielschichtiger ist. Sein Weg hat mich einfach noch etwas mehr berührt. Die Mischung aus unbeholfen, unerfahren, wild entschlossen, rau, tiefgründig, liebevoll, beschützend und kämpferisch, gepaart mit einen Problemen, der Wut, die immer mal rausbricht, seiner Hoffnung und Verzweiflung, hat mich einfach sehr mitgenommen.
Aus meiner Sicht hätte man um Shilohs Vergangenheit nicht so lange ein Geheimnis machen müssen, für mich war es nicht mehr wirklich überraschend, was da kommt. Natürlich ohne Frage schlimm, aber wodurch es sich etwas zog in der Geschichte, hat es auch ein bisschen die Wirkung für mich verloren. Andere Dinge in der Geschichte haben mich dann aber durchaus überrascht und noch mal zu Wendungen geführt, die ich so nicht habe kommen sehen.
Holden, Miller, Violet und River spielen immer wieder in der Handlung eine Rolle. Ihre Geschichten verlaufen ja parallel zu den Ereignissen bei Shiloh und Ronan. Das wird aber nicht zu intensiv eingeflochten, teilweise treffen die Figuren sich aber natürlich oder man bekommt mit, wie sie sich Gedanken machen. Kennt man die anderen Bücher, kann man das gut einordnen. Einiges wirkt dadurch natürlich auch mal wiederholend. Neben den bereits bekannten Charakteren tauchen auch noch ein paar andere mit auf, hauptsächlich aus dem direkten Umfeld von Ronan und Shiloh, die vorher keine so große Rolle spielten. Besonders ins Herz geschlossen hab ich Bibi, bei der Shiloh aufgewachsen ist. Obwohl ihre Augen inzwischen sehr schlecht sind, sieht sie so viel und hat ein untrügbares Gespür für Shiloh entwickelt.
Fazit
Eine sehr schöne, tiefgründige, emotional aufwühlende Geschichte mit zwei facettenreichen Charakteren, die mit so manchen Dingen zu kämpfen haben. Stellenweise ist es schon eher bedrückend und düster, aber es gibt auch sehr wärmende, positive Passagen. Eine ziemliche Achterbahnfahrt an Gefühlen und Ereignissen, bei der nicht alles überraschend kommt, mich manches aber schon eher unvorbereitet getroffen hat. Mir hat die Dynamik zwischen den Figuren gefallen, wie sie ihren Weg finden, auch mal in Sackgassen landen, Umwege gehen müssen und trotzdem nie ganz aufgeben.