Ein etwas anderes Ferienlager
Mir war Saša Stanišić ("Herkunft") bisher nicht als Kinderbuchautor bekannt, umso mehr hat mich diese Neuerscheinung interessiert:
Mit einem vorlauten und gewitzten, dennoch eher einsamen jungen Mann ...
Mir war Saša Stanišić ("Herkunft") bisher nicht als Kinderbuchautor bekannt, umso mehr hat mich diese Neuerscheinung interessiert:
Mit einem vorlauten und gewitzten, dennoch eher einsamen jungen Mann begeben wir uns in das Abenteuer Ferienlager im Wald. Dort teilt sich der namenlose Erzähler eine Hütte mit seinem Klassenkameraden Jörg, der ebenso Einzelgänger ist und ständig von Marko und seinem Gefolge drangsaliert wird: Den Zwillingen Dreschke 1 und Dreschke 2, das klingt allein schon nach Kloppe auf dem Schulhof.
In weiten Teilen als Innenschau des Ich-Erzählers geschildert, geht die Geschichte ihren typischen Ferienlager-Gang vom Pflanzenbestimmen, über den Kletterwald bis zur Nachtwanderung.
Die Gruppe der Kinder, die in der Handlung auftreten, bleibt übersichtlich, fast ebensoviele Betreuer, inklusive Koch, werden zum Leben erweckt. Das gelingt dem Autor sehr gut. Man kann die verschiedenen Charaktere direkt vor sich sehen und das sind schon ganz besondere Typen.
Beeindruckend ist aber der Ich-Erzähler, der uns einen schonungslosen Blick in seine Gefühlswelt gestattet, die durch die erzwungene Gemeinschaft kräftig auf- und durchgerüttelt wird. Nach und nach wird er mutiger und ergreift erst still im Innern und dann auch laut für Jörg Partei.
Es hat Spaß gemacht das Buch (vor)zu lesen. Die Sprache ist peppig, ironisch und witzig. Kurze Sätze und treffende Gedanken, oft auch philosophisch angehaucht, die einen zum Nachdenken bringen. Die knappen Aussagen machen die Geschichte schnell und frech.
Auch mein Sohn (10) hat dem Buch gerne zugehört und beide fanden wir die Bilder, ganz in schwarz und gelb gehalten, sehr passen. Das ist optisch wirklich gelungen. Ich glaube, mit dem Wolf und dem Hirschen hatte mein Sohn ein bisschen zu kämpfen, weil sie nicht real waren, sondern nur in der Vorstellung des Ich-Erzählers existieren und für seine Gefühlswelt stehen.
Ein wirklich schönes Jugendbuch mit einem alten Thema, das aber deswegen nicht weniger aktuell ist und hier sehr schön modern daherkommt.