Poetisches Lesehighlight
Selten hat mich ein Buch so berührt wie „Das dritte Licht“ von Claire Keegan. Die Autorin braucht keine 100 Seiten, um in ihrer Erzählung eine ganze Welt offenzulegen. Ein Mädchen, das die ganze Erzählung ...
Selten hat mich ein Buch so berührt wie „Das dritte Licht“ von Claire Keegan. Die Autorin braucht keine 100 Seiten, um in ihrer Erzählung eine ganze Welt offenzulegen. Ein Mädchen, das die ganze Erzählung über namenlos bleibt, wird von ihrem Vater an einem heißen Sommertag zu entfernten Verwandten gebracht – und erlebt dort ein ganz neues Bild von Familie.
„Dann, nach einer Weile, wird der Kuchen aufgeschnitten. Die Sahne ergießt sich über den warmen Teig, bildet Lachen.“ (S.17)
Wärme, Zuneigung und Überfluss werden dem Mädchen zuteil – ergießen sich bedingungslos über sie. Beim Lesen steigen unweigerlich Bilder und Fragen auf: Was bedeutet Familie eigentlich? Wie entsteht Bindung? Was brauchen wir im Leben?
Auf dem Buchumschlag steht ein Satz von Jeffery Eugenidis, den ich gerne zitieren möchte, denn ich finde, treffender kann man das Buch kaum beschreiben: „Herzzerreißend, jedes Wort steht am richtigen Platz, und alles ist voller Doppeldeutigkeiten.“
Wirklich beeindruckt bin ich vom Stil der Autorin, die mit so wenigen Worten eine so dichte, fast erdrückende Atmosphäre schafft. Ihre Auswahl - was wird erzählt, was bleibt offen – zwingt dazu Lücken im Kopf zu füllen. Eine große Leseempfehlung!