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Veröffentlicht am 03.06.2023

Da hätte man mehr daraus machen können!

Die Verborgenen
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Familie Hofmann lebt in einem schönen Haus in einem abgelegenen Küstenort. Sven und Franziska sind Eltern der 17-jährigen Tabea und zufrieden mit ihrem Leben. Als Rebecca Sandtner, die auf derselben Schule ...

Familie Hofmann lebt in einem schönen Haus in einem abgelegenen Küstenort. Sven und Franziska sind Eltern der 17-jährigen Tabea und zufrieden mit ihrem Leben. Als Rebecca Sandtner, die auf derselben Schule ist wie Tabea, verschwindet, haben sie Angst um ihre Tochter.
Die Hofmanns ahnen nicht, dass das Böse schon in ihrem Haus lebt. Ein Phrogger lebt auf ihrem Dachboden, bedient sich nachts oder wenn niemand zu Hause ist, an ihren Vorräten, durchwühlt Schränke und macht sich mehr und mehr breit. Dinge verschwinden, Türen stehen plötzlich auf und Franziska denkt, dass Sven sie in den Wahnsinn treiben will. Nach und nach kommen Geheimnisse, die lange im Dunkeln lagen, ans Tageslicht.



In abwechselnden Passagen kommen in Ich Perspektive Sven, Franziska, Tabea und der Fremde in Hofmanns Haus zu Wort. Der Phrogger gerät dabei aber zu weiten Teilen in Vergessenheit, da die drei Mitglieder der Familie Hofmann in Ueberzahl sind. In ihren Passagen geht es oft um Befindlichkeiten im eigenen Leben, die Probleme in der Ehe und im Eltern - Kind Verhältnis. Tabea ist eine typische junge Frau, mitten in der Pubertät, die von Joints bis zu schnippischem Verhalten, vor allem gegenüber Franziska, alles intus hat. Nach und nach kommen Geheimnisse in der Ehe und dem Familienleben ans Licht. Weder Sven noch Franziska, macht dabei eine gute Falle.

Gerne hätte ich mehr Szenen, in denen der Phlogger agiert, gehabt. Ich stelle mir das absolut gruselig vor, wenn ein Fremder nachts, wenn die Bewohner schlafen, im Haus umhergeht, Schränke durchwühlt, Wäsche befingert und sich im Küchenschrank und Kühlschrank bedient. Schade hat der Autor nicht seinen Mittelpunkt mehr darauf gelegt, sondern das Verschwinden von Rebecca, sowie die ausserfamiliären Aktivitäten von Franziska, Sven und Tabea höher gewichtet.

Linus Geschke schreibt mit einem einfach gehaltenen und schnörkellosen Schreibstil, der auch gruselige Situationen eher nüchtern beschreibt. Ich zweifle doch stark, dass eine Frau, die weder alkoholisiert ist, noch Drogen genommen hat, im Schlaf nicht merkt, wenn jemand ihr etwas in die Hand drückt und Haare abschneidet. Entweder hat Franziska so einen tiefen Schlaf oder ich einen leichten. Denn ich bin mir sicher, in dieser Situation würde ich erwachen. Einer anderen Figur wurde im Schlaf der Finger genommen und damit ihr Handy entsperrt. Auch da war der Schlaf wohl komaähnlich.

Man hätte meiner Meinung nach aus dem Thema Phrogger mehr machen können. Die Eheprobleme oder die Kifferei von Tochter Tabea, sowie die Teenagerprobleme zwischen ihr und ihrer Clique hätten diesem Thema von Tochter Tabea ruhig Platz einräumen dürfen.

So lässt mich die Geschichte etwas ratlos und mit dem Gefühl, dass Linus Geschke zu viele Themen in dieses Buch gestopft hat, zurück.

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Veröffentlicht am 31.05.2023

Komplex!

Sommersonnenwende (Wolf und Berg ermitteln 1)
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1993: in Bosnien - Herzegowina herrscht Krieg und Tomas Wolf, Kriminalkommissar der Mordkommission in Stockholm, kämpft mittendrin. Ein Aha - Erlebnis an der Front lässt ihn nach Schweden zurückkehren ...

1993: in Bosnien - Herzegowina herrscht Krieg und Tomas Wolf, Kriminalkommissar der Mordkommission in Stockholm, kämpft mittendrin. Ein Aha - Erlebnis an der Front lässt ihn nach Schweden zurückkehren und in seinem ehemaligen Job neu starten. Eine rassistisch motivierte Tat schüttelt ihn und seine neue Ueberzeugung stark durcheinander. Eine junge Frau wird tot in einer Flüchtlingsunterkunft aufgefunden.

Kriminalreporterin Vera Berg ist neu in Stockholm und will ihrem neuen Arbeitgeber unbedingt eine gute Story liefern. Sie recherchiert rund um die Tat der ermordeten Asylsuchenden und entdeckt, dass Tomas Wolfs Brüder in einer Organisation, die rassistisch motiviert ist, aktiv sind.


"Sommersonnenwende" ist der Auftakt in eine Krimiserie, die in Schweden handelt. Die Kombination von einer Kriminalreporterin und einem Polizisten, die ermitteln, ist nicht neu. In diesem ersten Band dauert es doch eine ganze Weile, bis Tomas Wolf und Vera Berg zusammenfinden. Beide haben persönliche Probleme am Hals und müssen diese auch noch neben der anspruchsvollen Ermittlungsarbeit regeln.

Vera Berg, die sich von ihrem Freund trennt und dessen sechsjährigen Sohn Sigge mitnimmt nach Stockholm zu ihrem neuen Job und in ihre neue Wohnung. Dies im Geheimen, da der kleine Junge bei seinem Vater nicht sicher ist. Hier wird ganz schön in die Kerbe "vernachlässigtes Kind" gehauen. Eigentlich war und ist Vera seit 4 Jahren Mutter und Vaterersatz für den Jungen. Dass sie ihn kurzerhand mitnimmt, ist verständlich. Hier zeigt sich ihr grosses Herz.

Tomas Wolf, ehemals in einer Bewegung, die eine rechtsradikale Richtung und Tendenzen zu Gewalt hat und im Krieg in Bosnien metzelt, ist geläutert. Er ist jedoch gestraft mit zwei Brüdern, die in der Bewegung noch aktiv sind. Dann geschehen zwei Morde an jungen Frauen, die den Ursprung wohl in rechtsradikalen Kreisen haben und Parallelen aufweisen und das drängt ihn ordentlich in die Enge.

Der Rätselfaktor ist unbestritten hoch, auch wenn mir teilweise der Kopf geschwirrt hat von all den möglichen Spuren und Fährten. Die Handlung ist mit seinen Nebengeschichten sehr komplex, die Anzahl der Figuren ebenfalls. Es geschehen auch mehrere Straftaten auf unterschiedlichen Zeitebenen. Das Ganze wirkte auf mich leicht überfüllt. Immer wieder Thema ist die Fussball - Weltmeisterschaft im Sommer 1994 und wie Schweden da abschneidet. Etliche Details aus der realen Zeit in diesem Fussballsommer wurden eingewoben und ergänzen die Mordgeschichte sehr gut.

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Veröffentlicht am 21.05.2023

Blutig und spannend!

Cry
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Das Grauen nimmt seinen Lauf als Eve Renner in den Sümpfen von Luisana mit einem Freund aus ihrer Kindheit abgemacht hat. Eve findet nicht nur ihren Freund tot auf, sie wird zudem angeschossen.

Doch der ...

Das Grauen nimmt seinen Lauf als Eve Renner in den Sümpfen von Luisana mit einem Freund aus ihrer Kindheit abgemacht hat. Eve findet nicht nur ihren Freund tot auf, sie wird zudem angeschossen.

Doch der Täter belässt es nicht bei dieser Straftat. Nach und nach bringt er Menschen um, die eine Gemeinsamkeit haben.

Sie alle standen oder stehen in Verbindung mit dem Kloster Our Ladys of Virtues, das vor zwanzig Jahren eine psychiatrische Klinik beherbergte. In dieser Klinik war Terrence Renner, Eves Vater, leitender Arzt.


"Cry" ist ja der vierte Band von der Bentz und Montoya Reihe. Ich lese jedoch diese Reihe kunterbunt durcheinander und komme damit gut klar. Ich habe ganz und gar nicht den Eindruck, dass mir Vorwissen fehlt oder ich gespoilert werde. Der Grund dafür ist sicher auch, da Lisa Jackson immer wieder andere Bereiche der beiden Ermittler in den Mittelpunkt stellt. In diesem Band wird eine Geschichte rund um die Vergangenheit von Reuben Montoyas Verlobte Abby erzählt. Detective Rick Bentz, der in anderen Büchern im Mittelpunkt steht, mischt hier mit, ist jedoch eher eine Nebenfigur.

Lisa Jackson ist Lisa Jackson und ihr Schreibstil sehr detailliert, oft fast ausufernd. Es wird oft blutig und auch brutal. Letzteres vor allem die Passagen, in denen der Serienkiller in Ich Perspektive seine Sicht auf seine Taten erzählt. Eine äusserst kranke Sicht, unter uns gesagt und unter dem Deckmantel der Religion.

Was mir an den Büchern von der Autorin gefällt, bestätigt sich auch hier wieder. Sie kann noch so abschweifend und ausufernd erzählen, ich verliere nie den Faden. Der Grund dafür ist, dass sie immer wieder zur Hauptgeschichte zurückkehrt und diese nicht aus den Augen verliert.

Die Figuren in den Geschichten der Autorin ähneln sich oft. Die weibliche Hauptfigur ist zum Beispiel oft eine Frau, die so attraktiv ist, dass Männer ihr reihenweise verfallen. Immer zur Hand ist ein attraktiver Kerl, der sie liebt und beschützt, jedoch geheimnisumwittert charakterisiert ist. Damit kommen auch etliche Bettszenen ins Spiel, bei denen ich oft Protagonistin Eve nicht ganz nachvollziehen und verstehen konnte. Sie misstraut ihrem Liebhaber über weite Teile des Buches, denkt sogar, dass er sie töten wollte und landet mehrere Male mit ihm im Bett. Das ist wohl dann die berüchtigte und oben angesprochene körperliche Anziehungskraft der Figuren, ohne die es bei der Autorin nicht geht.

Die Morde, die religiös motiviert sind, sind wie gesagt äusserst brutal und nichts für sensible Leser. Die Spannung rund um die Identität des Killers ist jedoch sehr hoch und ich habe bis zum Schluss gerätselt und dabei die verschiedensten Figuren verdächtigt, die Rolle des Mörders innezuhaben.

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Veröffentlicht am 12.05.2023

Mord in Island?

30 Tage Dunkelheit
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Auf der Buchmesse gerät die Autorin Hannah Krause - Bendix mit ihrem Rivalen, dem gekrönten Krimiautoren Jorn Jensen in einen Streit. Sie behauptet, dass jeder einen erfolgreichen Krimi in einem Monat ...

Auf der Buchmesse gerät die Autorin Hannah Krause - Bendix mit ihrem Rivalen, dem gekrönten Krimiautoren Jorn Jensen in einen Streit. Sie behauptet, dass jeder einen erfolgreichen Krimi in einem Monat schreiben kann. Die Autorin, die bisher nicht sehr erfolgreich Prosa veröffentlicht hat, ist in Bedrängnis, da sie keine Ahnung von dem Genre "Krimi" hat.

Sie reist auf den Rat ihres Lektors nach Island, um sich ganz ihrem Schreibprojekt zu widmen. Kaum dort angekommen, wird der 18-jährige Neffe ihrer Gastgeberin Ella ertrunken aufgefunden. Hannah wittert einen Mord und ermittelt inkognito.


Jenny Lund Madsen schreibt als Ratschlag von Autor zu Autorin in der Geschichte, dass in einem Krimi die Hauptfigur nicht sympathisch sein soll. Kein Leser möge eine sympathische Hauptfigur! Tatsächlich hat sie die Hauptfigur Hannah nicht sehr anziehend charakterisiert. Hannah ist von sich und ihrem Können überzeugt, obwohl sich ihre Bücher mehr schlecht als recht verkaufen. Zeitweise grenzt ihr Verhalten an grosser Arroganz und ich habe mich oft schwergetan mit ihrer schnippischen und rechthaberischen Art. Hannah stolpert in eine Sache rein, den Tod eines jungen Mannes, bei dem ich mich über weite Teile der Geschichte gefragt habe, ob es ein Mord oder ein Unfall war. Keineswegs zurückhaltend und ganz und gar nicht subtil dreht Hannah einen Stein nach dem anderen um, in der Hoffnung, dass der junge Mann gewaltsam den Tod gefunden hat. Diese Hoffnung hegt sie, weil sie über diesen Fall ihren Krimi schreiben möchte. Weit hergeholt finde ich das nicht, auch wenn einige Zufälle ihr in die Finger spielen.

Zu Beginn plätschert die Geschichte leicht vor sich hin und es kommt erst Spannung auf, als Hannah in Island angekommen ist. Mir gefallen grundsätzlich Krimis, in denen keine klassischen Ermittler versuchen, die Taten aufzuklären. Hier in diesem Buch also eine Autorin, die Hand in Hand mit der Polizei arbeitet. Etwas, was ich noch nie so gelesen habe in einem Krimi und mir gefallen hat.

Sehr gefallen hat mir auch das Setting, das kleine Dorf Hüsafjordir in Island. Jenny Lund Madsen hat Eigenheiten, wie zum Beispiel, dass in Islands Supermärkten kein Schnaps und Wein verkauft werden darf, wirkungsvoll in die Story integriert. Das Lektorat hat einmal gepfuscht, als Hannah den Nachnamen Velktorin angedichtet bekommen hat. Leider sind immer wieder mal isländische Sätze oder Bemerkungen eingeflochten, die ich, da ich kein Wort isländisch spreche, nicht verstanden habe. Hier wären Uebersetzungen nett gewesen.

Für mich waren für die Auszeichnung "bester dänischer Kriminalroman 2021" doch zu wenig spannende Elemente vorhanden, da bin ich anderes gewohnt.

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Veröffentlicht am 10.05.2023

Eindrücklich!

Institut für gute Mütter
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Frida macht einen verhängnisvollen Fehler, als sie ihre 18 Monate alte Tochter Harriet 2.5 Stunden alleine lässt. Die alleinerziehende Mutter, die sich das Sorgerecht mit Harriets Vater Gust teilt, ist ...

Frida macht einen verhängnisvollen Fehler, als sie ihre 18 Monate alte Tochter Harriet 2.5 Stunden alleine lässt. Die alleinerziehende Mutter, die sich das Sorgerecht mit Harriets Vater Gust teilt, ist nach einer schlaflosen Nacht mit dem schreienden Kind am Ende mit ihren Nerven.

Ein Nachbar alarmiert die Polizei! Harriet kommt zu ihrem Vater und Frida muss ein Jahr lang in einer Besserungsanstalt beweisen, dass sie fähig ist, Harriet gut zu erziehen. Dort werden den eingewiesenen Eltern mithilfe von menschenähnlichen Puppen Fürsorge für ihre Kinder antrainiert. Wird sie Harriet jemals zurückbekommen?


Vergangenheit oder eher Zukunft? Was in dieser Geschichte beschrieben wird, tönt wie Vergangenes, als Müttern und Vätern ihre Kinder entzogen wurden. Ich denke da an das dunkle Kapitel "Verdingkinder in der Schweiz", als bis in die 60er Jahre Kinder von ihren Eltern getrennt wurden.

Ich gestehe, dass ich zu Beginn sehr voreingenommen war. Frida, die ihre kleine Tochter in ihrem Babyaktivcenter anschnallt und dann 2.5 Stunden alleine lässt, handelt meiner Meinung nach nicht verantwortlich. Dass ihr dadurch vorübergehend das Sorgerecht entzogen wird, kann ich ein Stück weit nachvollziehen. Was aber ab da geschieht, gehört eindeutig in die Rubrik "futuristisches Szenario". Mir hat Frida leid getan, denn unter dem Deckmäntelchen "Schulung" wird Psychoterror verübt in dem Institut des Horrors. Ab ihrer Ankunft in dem Institut liest sich das Buch wie ein Psychoroman, denn systematisch werden die Mütter in dem Institut erniedrigt. Etwas, was sich " Training der mütterlichen Fertigkeiten" nennt. Interessanterweise werden Mütter und Väter ungleich behandelt, obwohl ihre sogenannten Vergehen oft ähnlich sind. Die Passage, die in diesem Institut handelt, nimmt den grössten Teil der Seiten ein und ich empfand mittendrin doch ein Gefühl der Langatmigkeit. Aber auch ein Gefühl der Ungerechtigkeit und Mitleid mit den Müttern, die in diesem Besserungsprogramm stecken. Denn oft wird willkürlich entschieden, ob sie zum Beispiel mit ihren Kindern telefonieren dürfen oder nicht.

Auch wenn ich immer wieder mal denke, dass einige Eltern, die ich kenne oder beobachte, einen Kurs belegen könnten ... ein Szenario wie in "Institut für gute Mütter" ist jenseits von Gut und Böse. Unmenschlich, abartig und entwürdigend!

Das Debüt von Jessamine Chan hat es in sich und hat bei mir eine ganze Reihe von Gefühlen ausgelöst. Tief blickt man in die Psyche von Frida und mich hat die skandalöse Totalüberwachung, der Frida ausgeliefert ist, ebenso schockiert, wie zu lesen, wie sie sich völlig verbiegt, um Kontakt zu Harriet haben zu dürfen. Der Schreibstil der Autorin ist klar, mit einfachen Sätzen und trotzdem eindrücklich.

Dieses Buch stand laut Info im Buch auf der zu lesen Liste von Barack Obama. Was ich gut verstehen kann, denn gerade in Amerika ist ja der Polizeistaat noch mehr gegeben als in Europa.

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