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Veröffentlicht am 13.08.2023

Krimis aus Skandinavien sind die besten!

Refugium
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Das Buch beginnt so harmlos: auf dem Bootssteg einer Schäreninsel soll eine kleine Midsommerparty steigen. Der längste Tag, der keine richtige Nacht aufkommen lässt soll mit Geschäftspartnern und deren ...

Das Buch beginnt so harmlos: auf dem Bootssteg einer Schäreninsel soll eine kleine Midsommerparty steigen. Der längste Tag, der keine richtige Nacht aufkommen lässt soll mit Geschäftspartnern und deren Ehefrauen gefeiert werden. Die pubertierende Tochter des Hauses muss da mitmachen und repräsentieren. Doch die Party findet ein jähes Ende, als alle plötzlich erschossen werden. Nur die junge Astrid entkommt, geistesgegenwärtig hat sie sich unter den Tisch fallen lassen und von da in das Wasser unter dem Bootssteg. Von da an beginnt der eigentliche Thriller. Vorher erfahren wir noch, wie Julia Malmros, ehemalige Polizistin und nun Krimiautorin und der junge gut situierte Hacker Kim Ribbing sich kennenlernen. Ungewollt werden sie in den Untersuchungen zu den Morden im Schärengarten hinzugezogen. Kim entdeckt Astrid im Wasser und zieht sie heraus. Kim und Julia beginnen parallel zur Polizei auch zu ermitteln, sie helfen sich gegenseitig und es kommen immer mehr Details ans Tageslicht. Vom Schärengarten erweitern sich die Ermittlungen nach Stockholm, Shanghai, Kuba und auf einer Bohrinsel vor Norwegens Küste, weil der Fall immer internationaler wird und weite Kreise zieht.
Der Thriller wird noch interessanter durch die erotische Anziehungskraft zwischen Julia und Kim und Johnnys Eifersucht, Julias Ex-Ehemann. Faszinierend ist es, Kims Werdegang zu erfahren. Seine qualvolle Kindheit beim sadistischen Großvater und wie Kim Rache genommen hat, seine offene Rechnung mit einem anderen Sadisten, Martin Rudbeck. Erst als sich Martin Rudbeck an Astrid, der Überlebenden der Midsommermorde vergreifen will, beschließt Kim, es ist an der Zeit, diese offene Rechnung ebenfalls zu begleichen. Kim ist ein interessanter Charakter, mit sehr vielfältigen Kenntnissen und Fähigkeiten. gefährlich und anziehend zugleich, wirkt er faszinierend. Julia hingegen ist bodenständig und realistisch. Als sie erkennt, dass ihre Ehe mit Johnny in eine Sackgasse geraten ist, lässt sie sich scheiden und lebt sehr wohl allein weiter. Die Begegnung mit Kim bedeutet ihr sehr viel, ohne es offen zuzugeben. Lindquist beschreibt diese Gestalten sehr lebensnah und mit Feingefühl.
Die Handlung spielt auf mehreren Ebenen, die Kindheit von Kim, die Krimiautorin, die einen neuen Roman schreiben wird und ein Massaker auf einer Schäreninsel im Midsommer. Das Zusammenspiel der Hauptgestalten, die ganze Dynamik die sich zwischen ihnen entwickelt macht das Buch noch interessanter, abgesehen von der Handlung.
Die Lektüre war spannend. Sowohl die Anfangsszene, in der die Morde geschehen, als auch die beiden anderen Showdowns gegen Ende des Buches waren atemberaubend. Kims Flashbacks in seine Kindheit und Jugend waren an einigen Stellen direkt verstörend zu lesen. Sie geben direkt Aufschluss auf sein gegenwärtiges Handeln. Vor allem die Schlussszene hat mir imponiert.
Fazit: klare Leseempfehlung für einen nach klassischem Krimi aufgebauten Roman. Spannung, Erotik und glaubwürdige Handlung lassen dieses Buch lesenswert erscheinen.

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Veröffentlicht am 30.06.2023

Skandinavische Krimis gehören zur Meisterklasse

Sommersonnenwende (Wolf und Berg ermitteln 1)
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Das Autorenduo Pascal Engmann und Johannes Selaker hat einen sehr interessanten und vielschichtigen Krimi vorgelegt. Traumatische Erinnerungen aus den Balkankriegen verknüpfen sich mit gegenwärtigen Kriminalfällen ...

Das Autorenduo Pascal Engmann und Johannes Selaker hat einen sehr interessanten und vielschichtigen Krimi vorgelegt. Traumatische Erinnerungen aus den Balkankriegen verknüpfen sich mit gegenwärtigen Kriminalfällen für einen Ermittler der Stockholmer Polizei. Hinzu addiert sich noch die Wiederbegegnung mit einer jungen Frau, in die er sich während seines Bosnien-Einsatzes verliebt hatte. Eine junge Journalistin, Vera Berg muss sich um einen fremden Jungen, Sigge kümmern, obwohl sie einen neuen Job antreten müsste. Sigges Vater Johnny ist einfach abgehauen und hat sich wochenlang nicht mehr gemeldet. Vera kann Sigge nicht einfach der Jugendfürsorge übergeben. Kurzentschlossen nimmt sie ihn mit, in ihr neues Leben nach Stockholm.
Es geschehen mehrere Frauenmorde, Tomas ermittelt vonseiten der Polizei, Vera als Journalistin. Sie bedienen sich unterschiedlicher Informationsquellen, kommen aber zum gleichen Schluss. Der Serienmörder macht sich gewisse Umstände in Schwedens Polizeiapparat zunutze, um ungehindert morden zu können. Zeitweise gerät Tomas selbst in Verdacht, die Morde getan zu haben. Der Krimi ist sehr interessant, vor allem durch die Verwicklungen, die sich für die Protagonisten ergeben. Dieses Buch schreit nach einer Fortsetzung. Das Ende ist dermaßen offen, dass es für mich direkt frustrierend war. Vera muss Johnny gegenübertreten, Tomas steht eine blutige Auseinandersetzung mit seinem Bruder entgegen. Von keiner dieser Konfliktsituationen wissen wir, wie sie ausgehen wird. Ich hoffe sehr, die Herrn Engman und Selaker wissen, was sich gehört!
Ein Highlight des Buches ist die Fußball WM die 1994 in den USA ausgetragen wurde und die Spiele der schwedischen Nationalmannschaft im Buch eine wichtige Rolle spielen. Woran kann ich mich an diese WM erinnern? Da war doch ein Skandal um Effenberg, der dem amerikanischen Publikum den Effenberg-Finger gezeigt hatte. Ich eiß nicht einmal mehr, wie weit unsere Mannen damals gekommen waren. Ist mir ehrlich gesagt, auch nicht so wichtig um es zu googeln.Ich kann mich noch an das deutsche Sommermärchen 2006 erinnern: da hatten unsere geschätzten Politiker heimlich und im Schatten des kollektiven Fußballrausches eine drastische Diätenerhöhung für sich selbst durchgesetzt. Ja, ja, Fußball Weltmeisterschaften sind immer wichtig.
Doch zurück zum Buch: der lebhafte Stil, die knappen Dialoge, die oft wie aus einer Theaterszene herausgeschnitten sind, die interessante Handlung, die Vera oder Tomas als Hauptagierenden haben, machen daraus eine sehr angenehme Lektüre.
Ich mag skandinavische Krimis. Sie haben Tiefgang und zeigen gleichzeitig auch die menschliche Seite der Protagonisten.

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Veröffentlicht am 29.06.2023

Die Geschichte des Aeneas heute

City of Dreams
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Vergil schrieb vor gut 2000 Jahren die Aeneis und brachte somit den ersten Sequel in der Literaturgeschichte zu Wege. Denn Homer schrieb die Ilias über den trojanischen Krieg und die Odyssee, über den ...

Vergil schrieb vor gut 2000 Jahren die Aeneis und brachte somit den ersten Sequel in der Literaturgeschichte zu Wege. Denn Homer schrieb die Ilias über den trojanischen Krieg und die Odyssee, über den von den Gestaden Trojas heimkehrenden Odysseus. Nun hat also Vergil Aeneas’ Flucht aus dem brennenden Troja und seine Fahrt nach Westen in heldenhaften Gesängen beschrieben. Don Winslow greift dieses Thema der Flucht auf und macht daraus einen Roman epischen Ausmaßes. Was Don Windows hier tut, ist Aeneas' Geschichte in die heutige Zeit und in die Staaten zu versetzen. Obwohl - ich weiß nicht, ob Aeneas Mannen sich in einer Taverne mit Transvestiten oder Drag Queens abgegeben haben.
Auch der Vorgängerroman, City of Fire, basiert auf ein antikes Epos, Ilias von Homer. Der Kampf um Troja der mit der völligen Zerstörung der Stadt und dem Sieg der Griechen über die Trojaner endet, wird im modernen Rhode Island im Kampf zwischen der irischen Band um Danny Ryan und der italienischen Mafia-Familie der Morettis aufgegriffen.
Nun also hat die Zerstörung der irischen Bande stattgefunden und Danny / Aeneas flieht mit Vater und Sohn und seinen überlebenden Getreuen auch gen Westen, den Westen der USA. City of Dreams ist Hollywood, Königin Dido aus dem alten Karthago ist die wunderschöne, talentierte und Drogenabhängige Diane Carson. Genau wie im Altertum verlieben sich Danny und Diane und wollen einfach nur zusammen glücklich sein, doch es gibt immer größere Probleme. In der Aeneas mischen Götter und Nebenbuhler sich ins Geschehen ein, hier, im modernen Hollywood sind es alte Mafiastrukturen die den Liebenden im Weg stehen.
Und das ist gerade das Interessante am Buch: man kann es sehr gut lesen, auch ohne die antiken Vorbilder zu kennen, denn es ist spannend, voller Leben, Ironie und Witz, die Handlung lässt einen kaum das Buch aus der Hand legen. Wer aber die antiken Vorbilder kennt, hat ein zusätzliches Schmankerl zum Lesevergnügen und einen Grund mehr, mal wieder die alten Werke zur Hand zu nehmen. Der Stil und das Thema erinnern an Mario Puzos Paten und brauchen den Vergleich nicht zu scheuen.

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Veröffentlicht am 16.06.2023

Was wäre wenn

So weit der Fluss uns trägt
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Was wäre wenn?
Was wäre wenn Victorias Mutter, Tante Viv und Cousin Cal nicht tödlich verunglückt wären? Hätte die Mutter es vermocht, den wilden und brutalen Seth beizeiten zu zähmen, ihn zu beruhigen? ...

Was wäre wenn?
Was wäre wenn Victorias Mutter, Tante Viv und Cousin Cal nicht tödlich verunglückt wären? Hätte die Mutter es vermocht, den wilden und brutalen Seth beizeiten zu zähmen, ihn zu beruhigen?
Was wäre wenn Victorias Mutter Seth bestraft hätte, weil er die Nachbarin Ruby-Alice Akers mit Steinen beworfen und verletzt hatte? Aber die streng gläubige Mutter, immer mit einem passenden Bibelspruch zur Hand, hat Seths Tat sogar sanktioniert. Die Nachbarin wich von der von den Yola-Bewohnern etablierten Norm ab, also galt sie als Freiwild, genau wie Jahre später Wilson Moon. Wil war Indianer, kam von außerhalb, also war er schuldig, ergo Freiwild.
Was wäre wenn der Vater zu Victoria gehalten hätte, sie mehr in Schutz genommen hätte, vor Seth und Ogden? Hätte sie dann noch fliehen müssen? Die Schwangerschaft geheim halten müssen? Oder hätte sie das Kind daheim entbinden und sogar behalten können? Was wäre wenn der Vater Seth und Ogden aus dem Haus geschmissen hätte, ehe Victoria fliehen musste?
Was wäre wenn der Großteil der Bewohner von Yola nicht solch ein verlogener bigotter Haufen gewesen wäre, in dem Andersdenkende, Andersartigkeit und Schwache toleriert wurden? Es nicht gut hießen, Menschen mit Steinen zu bewerfen und Indianer verjagt würden? Aber Yolas Bewohner sind schnell dabei, über andere den Stab zu brechen, Böses über sie zu kolportieren, ihnen den Rücken zu kehren. Als Victoria Haus und Grundstück verkauft und Ruby-Alice Akers bei sich aufnimmt, verurteilt sie die Stadt, macht sie zur Außenseiterin. Doch Victoria ist schon durch eine harte Schule gegangen. Sie kümmert sich nicht um diese selbstgerechten Menschen. Sie verfolgt unbeirrt ihre Ziele und baut sich eine neue Existenz in Paonia auf. Nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihre geliebten und wertvollen Pfirsichbäume.
In all diesen Jahren denkt sie ständig an ihren Sohn, sucht die Wiese im Wald auf, in der sie ihr halb verhungertes Baby in ein fremdes Auto gelegt hat.
Was wäre wenn die andere Frau das fremde Kind nicht angenommen hätte?
Interessant, wie sowohl Victoria als auch Lucas jeweils einen hartherzigen, aggressiven und verlogenen Bruder haben, Seth und Maxwell, die Victoria und Lucas das Leben schwer machen.
Was wäre wenn? Ganz einfach, dann hätten wir dieses wunderbare Buch in der meisterhaften Übersetzung von Wibke Kuhn nicht in den Händen.
Shelley Read greift in ihrem Buch schwere Themen auf: die untergeordnete und rechtlose Rolle der Frau in den 40ern bis Ende der sechziger Jahre in der Gesellschaft, Rassismus und die Misshandlung der Native People in den USA, als ob der Slogan des 19. Jahrhunderts - nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer - auch Mitte des 20. Jahrhunderts noch gültig ist. Ein weiteres Thema ist die Behandlung behinderter Menschen, entweder mit psychischen oder physischen Problemen. Wenn Präsident Roosevelt sich öffentlich mit dem Rollstuhl gezeigt hätte, wäre die Akzeptanz der behinderten Menschen, ob kriegsversehrt oder Andersartigkeit, in der breiten Masse der Bevölkerung gestiegen.
Die phantastischen Naturbeschreibungen im Buch, das Mädchen, das allein gegen die Gesellschaft kämpfen muss, und dann als Siegerin hervorgeht, erinnert an "Der Gesang der Flußkrebse", aber dann hören auch die Gemeinsamkeiten auf. Höchstens, dass beide Bücher stilsicher und herzergreifend gut sind.

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Veröffentlicht am 14.05.2023

Mit dem Schlauchboot übers Mittelmeer - klingt bekannt, oder?

Mit dem Mut zur Liebe
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Sehr ergreifendes Buch, das den Leser direkt und von Anfang an in medias res bringt. Eine typisch deutsche Familie in den vierziger Jahren im 20. Jahrhundert, bestehend aus Mutter und drei Kindern, weil ...

Sehr ergreifendes Buch, das den Leser direkt und von Anfang an in medias res bringt. Eine typisch deutsche Familie in den vierziger Jahren im 20. Jahrhundert, bestehend aus Mutter und drei Kindern, weil der Vater an der Front ist, zeigt sich von seiner schönsten und menschlichsten Seite. Die junge Frau und ihre drei Kinder überstehen die wilden und gnadenlosen Bombardements von Dresden, verlieren trotz allem aber nicht ihre Menschlichkeit. So gelingt es den beiden Jungen heimlich polnisch-jüdischen Zwangsarbeiterinnen etwas Brot zuzustellen, die Mutter bringt die Frauen in einen abgeschlossenen Raum unter, stellt sich gegen den Reserveoffizier Huber und weist ihn in seine Schranken. Nachdem sie total ausgebombt wurden, müssen sie hinaus aufs Land fliehen, wo der Krieg nicht solche Verwüstungen angerichtet hat und wo die Flüchtenden den Alteingesessenen ein Dorn im Auge sind. Das Ende des Krieges erleben sie in Clausnitz, wo sie beim ehemaligen Arbeitgeber des Vaters Unterschlupf finden. Da gibt es auch ein Zwangsarbeitslager, aber von amerikanischen Soldaten. Die werden besser behandelt, die Soldaten geben den Kindern von ihren Schokoladen- und Kaugummi Rationen ab. Nach Kriegsende werden die US-Soldaten freigelassen und ziehen sofort ab Richtung Westen. Grete und ihre Kinder bleiben zurück, obwohl die Soldaten sie anflehen, mitzukommen. Aber sie wollen die Heimat nicht verlassen, ohne zu ahnen, wie viel Elend und Not auf sie zukommen wird. Zuerst werden Grete und Inge tagelang von russischen Soldaten vergewaltigt, dann der Weg zurück nach Dresden, mit einem Abstecher zu Gretes Vater und und ihrer Schwester in Chemnitz, wo sie nicht willkommen sind. In Dresden Notunterkünfte, dann Notwohnungen, die unerwartete Heimkehr des Vaters aus dem Krieg, endlich hat es den Anschein, es will aufwärts gehen. Aber mittlerweile ist der Kalte Krieg in vollem Gange, die politischen Lager sind voll abgehärtet, die Grenzen dicht. Dieto will unbedingt Artist werden, angespornt durch die Erzählungen des Vaters, wie er die russische Gefangenschaft überlebt hat. Dieto verwirklicht seinen Traum, es folgen Auftritte innerhalb der DDR, aber auch in den anderen sozialistischen Bruderländern. Zusammen mit seiner Verlobten Johanna, die aus einer Artistenfamilie stammt, wollen sie in den Westen fliehen, sie fühlen sich in den einengenden ostdeutschen Verhältnissen nicht mehr wohl.
Die Beschreibung der Gefahren und Strapazen, der Mühen und haarsträubenden Abenteuer, die das junge Paar auf sich genommen hat, bis sie endlich in den Westen gelangen, sind sehr eindrucksvoll und dramatisch beschrieben. Wie viele versuchen es nicht heute noch, mit dem Schlauchboot übers Mittelmeer zu fliehen, weil sie das Leben in der Diktatur in ihren Herkunftsländern nicht mehr aushalten. Diese Parallele hat sich mir unwillkürlich aufgedrängt bei der Lektüre des Buches.
Der Erzählfluss ist abwechselnd, mal dramatisch, wie z.B. die Kriegszeit oder die Flucht in den Westen, mal fließt er ruhig dahin, beschaulich und gediegen. Belustigend fand ich die Begründung, weshalb ein Teil der Handlung von Hanau nach Salzburg verlegt wurde. Hera Lind hat einen sogenannten “Tatsachenroman”, nach wahren Begebenheiten verfasst, in Zusammenarbeit mit Dieto Kretschmann. Wenn wir diese Tatsachen als literarische “alternative Fakten” betrachten, kann ich gut damit leben. Literatur ist ja eine Vermischung von Wahrheit und Fiktion.
Manche Details erinnern dermaßen stark an die Ost-West Unterschiede, die normalerweise denen im Westen geborenen gar nicht auffallen würden: der Geschmack einer Cola, z.B., oder von Senf aus dem Westen. Oder der Qualitätsunterschied zwischen einem Koffer aus der DDR und einem Koffer aus der BRD Dieto wird auch der Unterschied zwischen einem dunkelgrünen Polyesteranzug hergestellt in einem VEB der DDR und einem echten Smoking schnell bewusst. Im Polyester darf er nicht in den noblen Speisesalon auf einem Kreuzschiff essen gehen. Das sind so Anekdoten, die das Leben schreibt.

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