Tolle Ergänzung zur Serie
Queen Charlotte – Bevor es die Bridgertons gab, veränderte diese Liebe die WeltAnfang Mai 2023 startete auf Streamingdienst Netflix mit "Queen Charlotte: Eine Bridgerton-Geschichte" ein Spin-Off zu der beliebten Serie "Bridgerton", die sich im Zentralen um acht Bridgerton-Geschwister ...
Anfang Mai 2023 startete auf Streamingdienst Netflix mit "Queen Charlotte: Eine Bridgerton-Geschichte" ein Spin-Off zu der beliebten Serie "Bridgerton", die sich im Zentralen um acht Bridgerton-Geschwister dreht, die nacheinander ihr jeweiliges Liebesglück finden. Vorlage ist dort eine Buchreihe nach Julia Quinn. Shonda Rhimes, die mit ihrem Produktionsstudio Shondaland die Welt für Netflix erschaffen hat, hat ebenso auch die Idee entwickelt, ein Prequel auf die Beine zu stellen, die sich der jungen Königin Charlotte widmet und wie sich diese in König George verliebt. Für die Buchfans als Geschenk haben sich Rhimes und Quinn dann auch zusammengetan und haben eben diese Vorgeschichte auch abseits der Drehbücher niedergeschrieben. Für die deutschen Fans ist dieser Roman auch zeitnah zur Serie veröffentlicht worden. Nachfolgend werfe ich nun einen Blick darauf, ob sich Unterschiede auftun, ob das Buch eher als ergänzend und eigenständig einzuschätzen ist und ob es für die Julia Quinn-Fans den bekannten Stil bietet.
Zunächst oute ich mich mal als größerer Fan von der Serie als von der Buchreihe. "Bridgerton" ist insgesamt breiter in den Geschichten erzählt und auch die einzelnen Themen strahlen mehr Relevanz aus. Damit ist nicht nur gemeint, dass in eine historische Zeit hinein Diversität reingebracht wird, sondern auch so sucht sich die Serie Themen, die gesellschaftlich von Bedeutung sind und die Vergangenheit mit der Moderne verbinden. Dennoch habe ich die Buchreihe auch gerne gelesen, zumal Quinn auch einen sehr angenehmen Schreibstil hat, der speziell über Humor zu punkten weiß. Daher war ich auf dieses Buch wirklich sehr gespannt, denn es war unweigerlich klar, dass sich Quinn auch in eine Abänderung ihrer Welt hineinfinden muss, bei der ein Schwerpunkt darauf liegt, dass die Königin als schwarze Frau nach England kommt. Das wäre ein Umstand gewesen, den es sonst bei Quinn und ihren Regency-Romanen wohl niemals so gegeben hätte. Deswegen kann ich auch klar für die Quinn-Fans sagen: es ist anders. Würde nicht der Name der Autorin darauf stehen, dann würde man es wohl nicht erkennen. Letztlich ist es auch schwierig, wie genau dieses begleitende Buch entstanden ist. Ob Rhimes die Drehbücher zur Verfügung gestellt hat, die Quinn dann in eine Romanform erweitert hat? Oder wie genau sah die Zusammenarbeit aus? Schwierig abzuschätzen. Da auch viele Dialoge aus der Serie sofort wiederzuerkennen sind, spricht vieles dafür, dass Quinn nur drum herum ihren Stil aufziehen konnte. Die Serie berücksichtigt die inneren Monologe nicht, das bleibt also dem Buch vorbehalten und dort höre ich auch am ehesten Quinn heraus. Insgesamt verbirgt sich hinter der Konzeption aber vor allem Shonda Rhimes, das muss man klar sagen.
Als Fan des Prequels habe ich das Buch insgesamt dennoch gerne gelesen. Die Parallelen zwischen der sechsteiligen Serie und diesem Buch sind zwar wirklich enorm, was für mich nun kaum Neues bedeutete, aber dennoch finde ich die Absicht gut. Denn nicht jeder verfügt über ein Netflix-Abo und kann so dennoch Teil an dieser Geschichte über eine junge Königin Charlotte sein. Wenn man denn dann damit leben kann, dass es nicht 100% Julia Quinn und ihre Stilistik ist. In der Gesamtsicht ist das Buch aber auch keine Kopie. Zum einen gibt es kleinere Handlungsbögen aus der Serie, die überhaupt keine Berücksichtigung finden. Stichwort Agathas Affäre als Witwe sowie Agatha und Violet in der Zeitebene der "Bridgerton"-Handlung. Vor allem der letztere Aspekt ist aber wirklich gut zu verschmerzen. Das war für mich schon der schwächste Teil der Serie und ihn nun für den Roman gestrichen zu sehen, das hat mich kaum geärgert. Geschichten auf dem Bildschirm und auf den Seiten sind einfach zwei verschiedene Ebenen und ich vermute auch, dass gewisse Handlungsmomente in Romanform noch weniger Sinn ergeben hätte. In dem Sinne wurde eine gute Entscheidung getroffen. Ganz neu ist im Grunde nichts, aber dennoch hat der Roman auch einen großen Mehrwert und das ist der zuvor schon angesprochene innere Monolog. Seien es nun Charlotte und George selbst, aber auch Agatha und Augusta sowie Reynolds und Brimsley, man hat ihnen zu unterschiedlichsten Momenten in den Kopf gucken können und das war ein großer Gewinn. In Serienform haben sich mir die Charakterzüge und die Gedankengänge natürlich auch erschließen können, aber einiges basiert dann doch eher auf Vermutungen oder auf Schlussfolgerungen. Daher sind klar ausgesprochene Gedanken ein zusätzliches Geschenk. Speziell interessant fand ich das bei George, wenn er seine Episoden hatte, oder wenn man so tiefer in Agathas Leben hineinblicken konnte.
Ich finde auch, dass der Roman viel zentraler in den Fokus gerückt hat, dass Charlotte eine dunkle Hautfarbe hat und nicht die bemüht hell gehaltene Haut, die vor allem in der Aristokratie jahrhundertelang von großer Bedeutung war, weil sie auch ausstrahlte, nicht auf dem Feld etc. arbeiten zu müssen und so der Sonne ausgesetzt zu sein. In der Serie ist zwar auch offensichtlich, dass Charlottes Hautfarbe Augusta und den Rat erstmal stutzig macht, aber im Roman wird das alles viel konkreter ausgesprochen und diskutiert. Hier empfand ich das Geschehen also nochmal viel gesellschaftskritischer. Auch später Agathas Kampf um ihren Platz um Ton ist argumentativ so viel dichter gestaltet, weil die Themen wirklich auf den Tisch kommen. Ich habe auch noch einiges über Charlottes altes Leben in Deutschland erfahren, aber auch die Geschwisterschar von George, die in der Serie keine Rolle spielt, wird angesprochen. Man merkt also, es gibt noch einige Details, die ergänzend sehr wertvoll sein können und mein Verständnis von der Geschichte noch einmal erweitert haben.
Fazit: "Queen Charlotte", von Shonda Rhimes und Julia Quinn zusammengetragen, ist auf jeden Fall von Mehrwert. Wer bislang nur die Bücher kennt, der wird sicherlich Quinns typischen Stil etwas vermissen und auch in eine fremder erscheinende Welt eintauchen, aber für Serienfans ist es eine wunderbare Ergänzung, weil vor allem der innere Monolog und einige Details ein vollständigeres Bild ergeben.