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Veröffentlicht am 15.05.2023

Leben ist Leiden

Solange wir leben
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David Safier, bekannt durch humorvolle Romane und Drehbücher zu Fernsehserien, beschreibt in diesem Buch die Geschichte seiner Eltern. Seine Mutter Waltraut, bei Kriegsbeginn gerade drei Jahre alt, wuchs ...

David Safier, bekannt durch humorvolle Romane und Drehbücher zu Fernsehserien, beschreibt in diesem Buch die Geschichte seiner Eltern. Seine Mutter Waltraut, bei Kriegsbeginn gerade drei Jahre alt, wuchs in Bremen auf, sie kam aus ärmlichen Verhältnissen und lebte mit ihren Eltern und dem älteren Bruder Klaus einige Jahre in einem Eisenbahnwaggon in dem auch Ratten hausten. Einen Schulabschluss hat sie nicht geschafft, aber sie war eine Löwin, sie kämpfte für das, was sie wollte. Und sie wollte Verkäuferin bei Karstadt werden. In Kindertagen war Friedrich ihr Freund, sie verloren sich aus den Augen, verliebten sich, und als sie schwanger wurde heirateten sie. Friedrich starb, noch bevor Gabi geboren wurde.
Der Vater Joschi hat es 1939 als 23-jähriger gerade noch geschafft von Wien nach Palästina, jetzt Israel, zu flüchten. Außer ihm hat nur seine Schwester Rosl überlebt, die ganze Familie wie auch seine schwangere Freundin sind dem Holocaust zum Opfer gefallen. Ohne abgeschlossene Ausbildung und sehr unstet versuchte er sich in vielerlei Tätigkeiten, als Barkeeper, beim Militär und als Spion. Dora, die das Konzentrationslager überlebte, wurde seine Frau, doch sie blieb kinderlos und litt so sehr darunter, dass Joschi die Flucht ergriff und zur See fuhr. In Bremen traf er auf Waltraut und es passierte, was er sich nicht vorstellen konnte. Aus Liebe zog er nach Bremen, ins Land der Täter, er heiratete eine Christin und sie bekamen ihren Sohn David. Die Höhen und Tiefen, die Rückschläge im beruflichen und privaten Bereich aber auch das immer wieder Aufstehen beschreibt David Safier in sehr persönlicher Weise, ernst, doch auch mit Passagen, in dem der jüdische Humor seines Vater zu erkennen ist. In zwei verschiedenen Schrifttypen gedruckt weiß man, aus welcher Sichtweise gerade erzählt wird. Ein hoch interessantes Buch.

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Veröffentlicht am 04.04.2023

Hawaii - Japan 1941

Fünf Winter
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Das Leben von Joe McGrady wäre völlig anders verlaufen, wenn er in seiner Stammkneipe auf Hawaii im November 1941 bei seinem Feierabendbier nicht ans Telefon gegangen wäre. So ermittelt er gemeinsam mit ...

Das Leben von Joe McGrady wäre völlig anders verlaufen, wenn er in seiner Stammkneipe auf Hawaii im November 1941 bei seinem Feierabendbier nicht ans Telefon gegangen wäre. So ermittelt er gemeinsam mit Detective Fred Ball vom Honolulu Police Department an einem grausamen Doppelmord. Der junge tote Mann ist der Neffe des Oberbefehlshaber der Pazifikflotte, die junge Frau eine Asiatin. Wurden sie gefoltert um Geheimnisse preiszugeben? Da Joe einen Reisepass besitzt wird er auf die Spur des Verdächtigen John Smith gesetzt, dessen Spur nach Hongkong führt. In der Hoffnung, bald wieder zurück zu sein, plant er ein romantisches Wochenende mit Molly, die er aufrichtig liebt.
Doch es kommt anders, in Hongkong wird er verhaftet und nach Japan gebracht. Der Diplomat Takahashi Kansei erfährt davon und schleust ihn aus dem Gefängnis zu sich nach Haus. Die junge, getötete Asiatin war seine Nichte, die bei ihm und seiner gleichaltrigen Tochter Suchi lebte. In dieser Zeit führt Joe ein Tagebuch für Molly, die Gedanken an ihre Liebe hält ihn aufrecht. Viele Jahre vergehen, wird sie immer noch für ihn da sein?
Fünf Winter ist ein Thriller, da es um die Aufklärung des Doppelmordes geht, doch das ist nur eine Seite des sehr gut geschriebenen Romans. Die politische Lage im zweiten Weltkrieg zwischen Japan und den USA, der Angriff auf Pearl Harbour, die Gegenangriffe und die Atombomben auf Japan spielen genauso mit hinein wie die kulturellen und gesellschaftlichen Unterschiede der beiden Nationen. Wir werden mitgenommen in die Kriegswirren und Grausamkeiten des Krieges wie auch in eine aufblühende Liebesgeschichte voller Zartheit. Dieses Buch bereitet in allen Genres höchstes Lesevergnügen. Ein Extralob geht an die Buchgestaltung, die mit einem hervorragenden Cover ohne Umschlag überzeugt.

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Veröffentlicht am 04.04.2023

stilles Ertrinken

Die spürst du nicht
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Die 14-jährige Sophie Luise Strobl-Martinek ist eine sehr gute Schülerin, aber in der Klasse eine Außenseiterin. Dem sehr stillen Flüchtlingskind aus Somalia, Aayana, geht es genauso und so verbringen ...

Die 14-jährige Sophie Luise Strobl-Martinek ist eine sehr gute Schülerin, aber in der Klasse eine Außenseiterin. Dem sehr stillen Flüchtlingskind aus Somalia, Aayana, geht es genauso und so verbringen die beiden Zeit miteinander. Als die wohlhabenden befreundeten Familien Binder und Strobl-Martinek ihren Urlaub in einer exklusiven Villa in der Toskana verbringen möchten, wird Aayana mit eingeladen. Sophie Luises Mutter, die Grünpolitikerin Elisa, erkämpft sich die Zustimmung von Aayanas Eltern. Statt eines unbeschwerten Urlaubs passiert gleich am ersten Abend das Unglück. Aayana ertrinkt im Pool und keiner bekommt es mit.
Aus verschiedenen Sichtweisen und Befindlichkeiten wird das Leben der Protagonisten, ihrer privaten Probleme und deren Umgang mit dem Unglück beschrieben. Da die Politikerin in der Öffentlichkeit steht gibt es reichlich Kommentare im Netz. Als man glaubt, der Vorfall wird zu den Akten gelegt, klagen Aayanas Eltern auf einen hohen Schadensersatz. Und auch Sophie Luise verändert ihr Verhalten eklatant.
Die Schreibweise ist besonders und die Aufarbeitung des Ertrinkungstod eines Flüchtlingskindes, das sehr unterschiedliche Leben der wohlhabenden Familien gegenüber einer geflüchteten, das Verständnis für Fremde, werden ansprechend und packend thematisiert.

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Veröffentlicht am 10.03.2023

Ermittlungen in Geldwäschekreisen

Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel (Die Mordclub-Serie 3)
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Der Donnerstagsmordclub besteht aus einem Quartett an Bewohnern der exklusiven Seniorenresidenz Coopers Chase. Sie untersuchen alte ungelöste Fälle und der jetzige, die vor über 10 Jahren verschwundene ...

Der Donnerstagsmordclub besteht aus einem Quartett an Bewohnern der exklusiven Seniorenresidenz Coopers Chase. Sie untersuchen alte ungelöste Fälle und der jetzige, die vor über 10 Jahren verschwundene Journalistin Bethany Waites, die als Kollegin eines Nachrichtensprechers tätig war. Joyce wollte diesen Anchorman schon lange kennenlernen und so bietet sich eine perfekte Gelegenheit. Vieles ist unklar an diesem Fall, das Auto von Bethany stürzte einen Hang hinab, ihr Blut war im Auto, jedoch keine Leiche. Kann sie ins Meer getrieben worden sein? Bethany ermittelte in Geldwäschekreisen und hat sich einige Feinde gemacht. Der ehemalige Psychiater Ibrahim versucht durch eine Gefängnisinsassin dem Täter auf die Spur zu kommen während der ehemalige Betriebsratsfunktionär Ron mit dem Hauptverdächtigen Billard spielt. Elisabeth, eine ehemalige MI6 Agentin wird mit ihren demenzkranken Mann Stephen entführt und erpresst. Wenn sie nicht den ehemaligen KGB Agenten Viktor ermordet stirbt ihre Freundin Joyce.
Der muntere Seniorenclub ermittelt wie immer auf recht unkonventionelle Weise, vielfach wird ihr Intellekt aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters unterschätzt, was diese für ihre Befragungen ausnutzen. Sehr humorvoll, spannend und mit viel Empathie geschrieben. Auch wenn der Körper nicht mehr so mitmacht und vieles länger dauert, diese Truppe ist nicht unter zu kriegen.

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Veröffentlicht am 10.02.2023

auf der Suche nach sich selbst

Gleißendes Licht
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Aus dem Autor Marc Sinan wird in diesem Roman der Deutschtürke Kaan, der auf der Suche nach sich selbst und seiner Identität ist. Kaan wächst in München auf, sein Vater ist Deutscher, seine Mutter Nur, ...

Aus dem Autor Marc Sinan wird in diesem Roman der Deutschtürke Kaan, der auf der Suche nach sich selbst und seiner Identität ist. Kaan wächst in München auf, sein Vater ist Deutscher, seine Mutter Nur, was soviel heißt wie gleißendes Licht, ist halb Armenierin, halb Türkin. Ehrgeizig sein und immer besser als die deutschen Kinder wurde für Kaan zur Pflicht. Sehr erfolgreich wurde er mit seinem Gitarrenspiel und eigenen Kompositionen. Die Besuche bei seinen Großeltern nehmen den größten Teil des Romanes ein. Die Geschichte seines Dede, der mit kleinen Gaunereien und viel Tatkraft vom einfachen Landkind zum wohlhabenden Haselnussplantagenbesitzer wurde, sich übernahm und wieder verarmte. Seine Großmutter, seine Anneanne, die von ihrer armenischen Mutter zurückgelassen wurde und Glück hatte, dass sie adoptiert wurde. Anhand dieser Personen wird uns die türkische Geschichte nahegebracht, die Art wie sie denken und fühlen, wie wichtig die Familie ist. Manche Episoden werden aus einer anderen Sicht wiederholt, und dabei haben sie sich ganz anders zugetragen. Was ist wahr, was sind erfundene Geschichten? Wie in vielen Fällen Ansichtssache.
Der Schreibstil gefällt mir ausgesprochen gut. Anspruchsvoll und doch gut lesbar, emotional und psychologisch.

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