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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.02.2019

Solide Story

Anatomie eines Skandals
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Meine Meinung

Staatsanwältin Kate lebt für ihren Beruf. Für die Gerechtigkeit und die Wahrheit. Als James‘ Akte in ihre Hände gerät, sieht sie ihre Chance. Sie möchte den der Vergewaltigung angeklagten ...

Meine Meinung

Staatsanwältin Kate lebt für ihren Beruf. Für die Gerechtigkeit und die Wahrheit. Als James‘ Akte in ihre Hände gerät, sieht sie ihre Chance. Sie möchte den der Vergewaltigung angeklagten Politiker James seiner gerechten Strafe zuführen. Kate hat hart gearbeitet, und sie ist fest entschlossen, James nicht entkommen zu lassen. Der natürlich alle Anschuldigungen von sich weist.

Sophie, James‘ Ehefrau, möchte nicht glauben, was ihrem Mann vorgeworfen wird. Sie wird unsicher. Soll sie James glauben? Wenn er die Wahrheit sagt, warum fügt sich in ihrem Kopf ein Puzzleteilchen nach dem anderen zusammen? Wird sie langsam paranoid? Als sie gerade anfängt, den Vorwürfen zu glauben, schafft James es jedoch, sie wieder einzuwickeln.

„ ... und sie forderte mit ihrer Kleidung solche Annäherungen ja geradezu heraus … Rock gerade mal bis zum Arsch und tief ausgeschnittene Bluse.“ S. 205

Das ist auch schon alles, was man über James wissen muss. Während der gesamten Handlung blieb er für mich überheblich und arrogant, aalglatt und unsympathisch. Dennoch hätte ich nicht mit Sicherheit sagen können, ob die Vorwürfe gegen ihn stimmen.

Von diesen drei Charakteren war mir Kate lange am sympathischsten. Sie ist ehrgeizig und strebsam, und man kann förmlich spüren, wie wichtig es ihr ist, James schuldig zu sprechen. Sophie erschien mir lange Zeit als James‘ Schoßhündchen. Sie stellt sich hintenan – nicht als Mutter, sondern als Ehefrau – um James den Rücken freizuhalten. Denn natürlich profitiert sie von seinem hohen Gehalt, sie mag ihren Lebensstandard, den sie nicht verlieren möchte. Im Nachhinein erscheint es mir aber, als ob sie die Einzige ist, die sich entwickelt, hinterfragt und widerlegt.

Die Geschichte wird auf mehreren Ebenen parallel erzählt. In der Gegenwart werden hauptsächlich Kate und Sophie begleitet, während James und Holly den Leser in die Vergangenheit führen. Zwar werden die Perspektiven durch Kapitelüberschriften abgegrenzt, doch die Sprünge sind oft gewaltig. So liegen zwischen zwei Kapiteln der Gegenwart auch gerne mal ein paar Wochen, was zwischendurch verwirrend war.

„Die Wahrheit ist eine heikle Angelegenheit. Wir mögen das richtig oder falsch finden – aber in einem Rechtssystem, das auf der Verhandlungsmaxime beruht, geht es für uns Anwälte nicht darum, herauszufinden, was die Wahrheit ist. […] Und letztendlich geht es nur darum, zu gewinnen!“ S. 14

In diesem Roman sind einige Spannungselemente enthalten. Wer hier einen Thriller erwartet, wird enttäuscht. Der Leser erfährt einiges darüber, wie ein Prozess in England abläuft sich von einem in Deutschland unterscheidet. Allein das System der Jury wird hier sehr gut beschrieben, und wie Anklage und Verteidigung arbeiten, um sie von ihrer Wahrheit z überzeugen. Auch die Einblicke in das Politikgeschehen waren gut gewählt.

Der Sprachstil war okay, das Buch ließ sich einfach lesen. Die Kapitel in der Vergangenheit waren interessant, auch wenn man lange nur spekulieren konnte, warum sie angeführt werden. Wirklich notwendig waren sie nicht, doch konnte man hier den Charakteren hinter die Fassade schauen.

Persönliches Fazit

Hier geht es mehr um die Veränderungen, die eine Vergewaltigung nach sich zieht. Persönlich und sozial. Die Autorin hat es jedoch geschafft, dies spannend darzustellen, so dass sich das Lesen durchaus lohnt!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Atmosphäre
  • Spannung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.08.2017

Midlife-Crisis und Roadtrip

30 Songs und eine Frau
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Anne ist 50 Jahre alt. Nachdem ihre Mutter, die wegen ihrer Art, sich ständig in den Vordergrund spielen zu müssen, nach einem Sturz in eine Seniorenresidenz gezogen ist, liegt es nun an Anne, das Elternhaus ...

Anne ist 50 Jahre alt. Nachdem ihre Mutter, die wegen ihrer Art, sich ständig in den Vordergrund spielen zu müssen, nach einem Sturz in eine Seniorenresidenz gezogen ist, liegt es nun an Anne, das Elternhaus leerzuräumen. Von ihren Brüdern kann sie keine Hilfe erwarten, und in ihrer Ehe läuft es schon lange nicht mehr, und ihrem fast erwachsenen Sohn scheint sie ziemlich egal zu sein. So machen die Erinnerungsstücke, die sie beim Ausräumen findet, Anne umso sentimentaler. Allem voran eine Kassette, auf der sie zusammen mit ihrer besten Freundin ihre Lebensträume aufgesprochen hat. Als sie merkt, dass sie ihre Wünsche vollkommen aus den Augen verloren hat und sich ihr Leben in eine ganz andere Richtung entwickelt hat, fährt sie in die Stadt, mit der sie viele Erinnerungen verbindet: Wien. Dass dies bei den Daheimgebliebenen keine Freude auslöst, wird ihr schnell klar. Doch als sie zwei Schauspielerinnen kennenlernt, bei denen sie ersteinmal unterkommt, ist das alles schnell vergessen. Zum ersten Mal in ihrem Leben macht Anne sich wirklich Gedanken, ob das Leben, was sie bisher gelebt hat, so weitergehen soll.

Der schöne Schreibstil verführt dazu, das Buch in einem Rutsch durchzulesen, und die schöne, aber auch skurrile Wiener Welt - vor allem das Nachtleben – lässt es so aussehen, als ob die Autorin jeden Moment selbst miterlebt hat. Das Leben in Wien unterscheidet sich total von ihrem Alltagsleben, und führt einen dazu, selbst über sein Leben nachzudenken und warnt einen, seine Träume nie aus den Augen zu verlieren.

Veröffentlicht am 02.07.2019

Hinter dicken Mauern

Herrenhaus
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Weil Sophie das Gefühl hat, von ihrer Tochter als Babysitter ausgenutzt zu werden, beschließ sie, auszuziehen und sich ihre Freiheit wiederzuholen. Das Schicksal meint es gut mit ihr, und so kommt sie ...

Weil Sophie das Gefühl hat, von ihrer Tochter als Babysitter ausgenutzt zu werden, beschließ sie, auszuziehen und sich ihre Freiheit wiederzuholen. Das Schicksal meint es gut mit ihr, und so kommt sie in einer relativ luxuriösen Wohngemeinschaft unter. Ihre Mitbewohner befinden sich, wie Sophie selbst, in den besten Jahren. Der einzige Haken: um mietfrei dort wohnen zu dürfen, betreiben sie einen Begleitservice.
Außerdem sind im Laufe der Zeit Spannungen zwischen den Bewohnern entstanden, die das Zusammenleben nicht vereinfachen. Und als Sophie dann auch noch das Gefühl beschleicht, von einem Stalker bedroht zu werden, ist die Idylle dahin.

Die Geschichte wird aus Sophies Sicht sowie aus der Sicht des Täters erzählt. Wegen des fortgeschrittenen Alters der handelnden Personen sind diese realitätsnah. Es gibt keine unlogischen Kurzschlusshandlungen. Sophie ist besonnen und behält auch in brenzligen Situationen noch einen kühlen Kopf. Ihre Handlungen sind für mich nachvollziehbar, was mir persönlich bei einem Thriller auch wichtig ist.

Die Abschnitte aus der Sicht des Täters sind besonders gut gelungen. Seine Beweggründe und Gedanken sind sehr gut dargestellt. So hat man als Leser das Gefühl, mittendrin zu sein anstatt wie oft nur daneben zu stehen. Der flüssige Schreibstil animiert zum weiterlesen. Auch die vielen ineinander verwobenen Handlungsstränge über die verschiedenen Bewohner sind gut ausgearbeitet. Am Ende eines Kapitels gibt es dann oft einen Cliffhanger, der einen das Buch nicht mehr aus der Hand legen lässt.
Krimiliebhabern kann ich dieses Buch ans Herz legen!

Veröffentlicht am 27.06.2019

Emotional

Nur in der Dunkelheit leuchten die Sterne
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Lost Creek, Alaska, ist mehr oder weniger von der Außenwelt abgeschnitten. Einzig mit dem Hubschrauber kann man das verschlafene Örtchen erreichen. Hier haben Corey und Kyra ihre gemeinsame Kindheit verbracht, ...

Lost Creek, Alaska, ist mehr oder weniger von der Außenwelt abgeschnitten. Einzig mit dem Hubschrauber kann man das verschlafene Örtchen erreichen. Hier haben Corey und Kyra ihre gemeinsame Kindheit verbracht, haben sich eine Freundschaft aufgebaut, die selbst die Bewohner des Dorfes nicht zerstören konnten. Denn Kyra ist den Bewohnern unheimlich. Doch dann zieht Corey weg. Und obwohl Kyra ihr versprochen hat, sich von der langen Dunkelheit des Winters nicht verschlingen zu lassen, bekommt Corey die Nachricht, dass Kyra tot ist. Ungläubig reist sie nach Lost Creek, wo sie feststellen muss, dass Kyra zu einer Art Heiligen erhoben wurde. Was ist passiert in der kurzen Zeit von Coreys Abwesenheit? Doch Lost Creek schützt seine Geheimnisse – um jeden Preis.

Corey erzählt ihre Geschichte. Nicht nur in der Gegenwart, sondern es werden auch Kapitel aus der Vergangenheit beleuchtet, die dazu beitragen, dass wir die beiden Freundinnen besser kennen lernen. Mehrmals musste ich mir ins Gedächtnis rufen, dass Kyra verstorben ist, so plastisch und greifbar ist diese Figur während des Erzählens geworden. Sie hat sich durch ihre Stimmung von der ganzen Geschichte abgehoben, weil die Atmosphäre durchgängig bedrückend und niedergeschlagen war.

Zu den Charakteren konnte ich keine Bindung aufbauen. Sie waren so weit weg, obwohl sie sehr gut dargestellt waren, und ich konnte mich einfach nicht mit ihnen identifizieren. Vielleicht ist das so gewollt? Sah so die Welt aus Kyras Augen aus?

Obwohl die gesamte Handlung sich in weniger als einer Woche abspielt, kam es mir länger vor. Oft fand ich die Geschichte langatmig, sicherlich auch, weil der Hauptteil sich in Kyras Gedanken abspielt und wenig wörtliche Rede benutzt wird. Das Ende kam mir dann aber doch etwas zu abrupt und ist in meinen Augen unbefriedigend. Sprachlich sehr gut gefallen haben mir die Briefe von Kyra an Corey, die nie abgeschickt wurden. Hier erhält man einen Einblick in Kyras Seelenleben, ihre Zerrissenheit.

Veröffentlicht am 27.06.2019

Auf der Suche nach Michelle

Was geschah mit Michelle?
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Claus ist ein schüchterner Leutnant. Er verliebt sich in Michelle, die aus einem gut betuchten Elternhaus kommt und Jura studiert. Als sie seinen Heiratsantrag annimmt, kann er sein Glück kaum fassen. ...

Claus ist ein schüchterner Leutnant. Er verliebt sich in Michelle, die aus einem gut betuchten Elternhaus kommt und Jura studiert. Als sie seinen Heiratsantrag annimmt, kann er sein Glück kaum fassen. Und das Schicksal schlägt zu: während er ins Manöver zieht, verschwindet Michelle spurlos. Je mehr Zeit vergeht, desto weniger Hoffnung hat er, seine Geliebte Michelle wiederzusehen.

Ein Krimi, der in den siebziger Jahren spielt, ist eine nette Abwechslung zu den Büchern, in denen die moderne Technologie eine große Rolle spielt. Obwohl – oder gerade auch weil – das Buch weniger als zweihundert Seiten hat, bleibt die Handlung von Beginn an spannend und interessant.

Auch die Charaktere sind sehr gut gezeichnet. Michelle, die sowohl sprachlich als auch durch ihr Verhalten als selbstbewusste, junge Frau in Erscheinung tritt, und Claus, der schüchterne und nachdenkliche Soldat. Sogar seine Gedanken sind zackig und knapp gehalten, das hat mir sehr gut gefallen.

Mit dem Sprachstil insgesamt konnte ich mich anfangs nicht richtig anfreunden. Ich habe ihn als kantig empfunden und auch gewissermaßen sachlich. Das hat es erschwert, Sympathien für die Figuren zu entwickeln. Sie erschienen distanziert und schwer zugänglich. Nach einiger Zeit hatte ich mich aber daran gewöhnt und konnte das Buch flüssig lesen.
Alles in allem ein spannender Krimi!