Solide Story
Anatomie eines SkandalsMeine Meinung
Staatsanwältin Kate lebt für ihren Beruf. Für die Gerechtigkeit und die Wahrheit. Als James‘ Akte in ihre Hände gerät, sieht sie ihre Chance. Sie möchte den der Vergewaltigung angeklagten ...
Meine Meinung
Staatsanwältin Kate lebt für ihren Beruf. Für die Gerechtigkeit und die Wahrheit. Als James‘ Akte in ihre Hände gerät, sieht sie ihre Chance. Sie möchte den der Vergewaltigung angeklagten Politiker James seiner gerechten Strafe zuführen. Kate hat hart gearbeitet, und sie ist fest entschlossen, James nicht entkommen zu lassen. Der natürlich alle Anschuldigungen von sich weist.
Sophie, James‘ Ehefrau, möchte nicht glauben, was ihrem Mann vorgeworfen wird. Sie wird unsicher. Soll sie James glauben? Wenn er die Wahrheit sagt, warum fügt sich in ihrem Kopf ein Puzzleteilchen nach dem anderen zusammen? Wird sie langsam paranoid? Als sie gerade anfängt, den Vorwürfen zu glauben, schafft James es jedoch, sie wieder einzuwickeln.
„ ... und sie forderte mit ihrer Kleidung solche Annäherungen ja geradezu heraus … Rock gerade mal bis zum Arsch und tief ausgeschnittene Bluse.“ S. 205
Das ist auch schon alles, was man über James wissen muss. Während der gesamten Handlung blieb er für mich überheblich und arrogant, aalglatt und unsympathisch. Dennoch hätte ich nicht mit Sicherheit sagen können, ob die Vorwürfe gegen ihn stimmen.
Von diesen drei Charakteren war mir Kate lange am sympathischsten. Sie ist ehrgeizig und strebsam, und man kann förmlich spüren, wie wichtig es ihr ist, James schuldig zu sprechen. Sophie erschien mir lange Zeit als James‘ Schoßhündchen. Sie stellt sich hintenan – nicht als Mutter, sondern als Ehefrau – um James den Rücken freizuhalten. Denn natürlich profitiert sie von seinem hohen Gehalt, sie mag ihren Lebensstandard, den sie nicht verlieren möchte. Im Nachhinein erscheint es mir aber, als ob sie die Einzige ist, die sich entwickelt, hinterfragt und widerlegt.
Die Geschichte wird auf mehreren Ebenen parallel erzählt. In der Gegenwart werden hauptsächlich Kate und Sophie begleitet, während James und Holly den Leser in die Vergangenheit führen. Zwar werden die Perspektiven durch Kapitelüberschriften abgegrenzt, doch die Sprünge sind oft gewaltig. So liegen zwischen zwei Kapiteln der Gegenwart auch gerne mal ein paar Wochen, was zwischendurch verwirrend war.
„Die Wahrheit ist eine heikle Angelegenheit. Wir mögen das richtig oder falsch finden – aber in einem Rechtssystem, das auf der Verhandlungsmaxime beruht, geht es für uns Anwälte nicht darum, herauszufinden, was die Wahrheit ist. […] Und letztendlich geht es nur darum, zu gewinnen!“ S. 14
In diesem Roman sind einige Spannungselemente enthalten. Wer hier einen Thriller erwartet, wird enttäuscht. Der Leser erfährt einiges darüber, wie ein Prozess in England abläuft sich von einem in Deutschland unterscheidet. Allein das System der Jury wird hier sehr gut beschrieben, und wie Anklage und Verteidigung arbeiten, um sie von ihrer Wahrheit z überzeugen. Auch die Einblicke in das Politikgeschehen waren gut gewählt.
Der Sprachstil war okay, das Buch ließ sich einfach lesen. Die Kapitel in der Vergangenheit waren interessant, auch wenn man lange nur spekulieren konnte, warum sie angeführt werden. Wirklich notwendig waren sie nicht, doch konnte man hier den Charakteren hinter die Fassade schauen.
Persönliches Fazit
Hier geht es mehr um die Veränderungen, die eine Vergewaltigung nach sich zieht. Persönlich und sozial. Die Autorin hat es jedoch geschafft, dies spannend darzustellen, so dass sich das Lesen durchaus lohnt!