Wilder Girls
Wilder GirlsDen Fantasy-Roman “Wilder Girls” von Rory Power wollte ich schon lesen, als das englische Original erschienen ist. Das Cover hat mich total angesprochen! Das Buch ist am 01.09.2022 im Piper Verlag erschienen ...
Den Fantasy-Roman “Wilder Girls” von Rory Power wollte ich schon lesen, als das englische Original erschienen ist. Das Cover hat mich total angesprochen! Das Buch ist am 01.09.2022 im Piper Verlag erschienen und hat 352 Seiten. Es geht um Raxter Island, auf der sich ein Mädcheninternat befindet. Nach dem Ausbruch einer Seuche im Internat, steht die gesamte Insel unter Quarantäne.
MEINE MEINUNG
Ich denke, ich beginne diese Rezension damit, die Triggerwarnung am Anfang des Buches zu wiederholen: Body Horror (Veränderungen des Körpers/Mutationen), grafische Beschreibungen von Gewalt, Tod (Nebencharaktere, Eltern, Wildtiere), explizite Beschreibungen von Wunden, Narben und Blut, selbst verletzendes Verhalten, Selbstmord, Tierleichen, Würmer, Köfer, Parasiten, Hunger, Emesis, Krankenhaus-Horror (Behandlung ohne Einwilligung, Fixierung im Bett), Vergasung.
Da kommt einiges zusammen. Natürlich werden einige Themen mehr behandelt als andere. Im Fokus steht ganz klar Body Horror. Denn nachdem die Seuche auf Raxter Island ausgebrochen und alle Mädchen auf dem Internat infiziert hat, verändern sich ihre Körper in Schüben. Ein Mädchen hat zwei Herzen, einem anderen wächst eine zweite Wirbelsäule. Die Protagonistin verliert an die Seuche ein Auge und kann spüren, wie dahinter etwas wächst. Ihre Freundin erhält von der Seuche eine Silberhand.
Als Leserin wird man direkt in die Handlung geworfen. Wir erleben den Ausbruch der Seuche nicht mit, sondern steigen ein Jahr später ein. Die Insel steht bereits seit 18 Monaten unter Quarantäne, fasst alle Mädchen hatten schon Schübe und haben irgendwelche körperlichen Veränderungen durchgemacht. Einzig bei der Direktorin und bei einer Lehrerin sind die Auswirkungen und Symptome nicht so stark. Einige, Lehrerinnen wie Schüler*innen, sind sogar daran gestorben. Man hat nicht so wirklich Zeit, sich an die Situation zu gewöhnen, weil die Handlung nicht viel erklärt und einfach voranschreitet. Ich hätte mir aber ehrlich gesagt noch ein paar mehr Hintergrundinformationen gewünscht. Auch nach dem Beenden des Buches sind mir zu viele Fragen offen geblieben. Ich weiß bei Büchern am Ende einfach gerne, woran ich bin. Und bei “Wilder Girls” ist das nicht der Fall.
DIE CHARAKTERE
Mit den Charakteren habe ich mir genauso schwer getan wie mit dem Einstich in die Geschichte. Die Protagonistin, Hetty, konnte ich nicht so richtig greifen, und die Beziehung zu ihren besten Freundinnen Byatt und Reese fand ich ziemlich merkwürdig. Es wirkte ein bisschen so als wären alle drei eher schwierige Charakter. Man fragt sich schon, was das für ein Mädcheninternat war, da alle drei auffällige Charakterzüge an sich haben. Trotzdem wirkten sie dadurch nicht unbedingt dreidimensionaler. Einen Pluspunkt gibt es für queere Repräsentation.
SPANNUNG
Einerseits fand ich dieses Buch unglaublich spannend. Ich liebe das Thema “Body Horror”, denn es stellt für mich genau das dar: Horror. Das hat für mich genau den Gruselfaktor, den ich gerne habe. Es ist schräg und beängstigend, aber genauso interessant und lässt Rätseln. Deshalb hätte ich so gerne gewusst, was es mit dieser Seuche auf sich hat, was Wissenschaftler darüber erfahren hat. Gerade diese Schocker-Elemente wurden meiner Meinung nach nicht ausgenutzt, da wurde extrem viel Potenzial verschenkt.
Vielleicht liegt es auch am Schreibstil an sich, den ich als eher nüchtern empfand. Denn die Seuche und der Body Horror kommen durchaus vor. Vor allem auch außerhalb des Internats, wo wilde Tiere noch wilder geworden sind und sich genauso verändert haben wie die Mädchen. Wenn nicht sogar mehr. Es gab einige Szenen, die das Potenzial hatten, dass man nur noch durch die Schlitze der vorgehaltenen Hände liest. Aber diese Szenen gingen einfach nicht tief genug. Sie haben nicht nach einem gegriffen und einem die Brust zugeschnürt. Was ich bei diesem Buch wirklich schade finde.
FAZIT
Vielleicht hatte ich einfach zu hohe Erwartungen an das Buch, vielleicht hätte ich es ein paar Jahre jünger lesen müssen. Jetzt in diesem Moment hat es mich jedenfalls nicht so mitgerissen, wie ich das erwartet hatte. Die Charaktere sind mir persönlich etwas zu flach gewesen, die Schockelemente waren nur das: schockierend, aber wenig emotional, weshalb sie das meiste an Wirkung eingebüßt haben. Es ist kein schlechtes Buch, ich habe mich unterhalten gefühlt, aber … ich habe einfach mehr erwartet.