Im Zwiespalt
3,75 / 5
"Sei selbstsüchtig", flüsterte er. "Sei mutig."
Dies ist eine Aussage die ich aus diesem Roman mitnehmen werde, neben sehr viel Fachwissen über die Sprache. Doch in gewisser Hinsicht nehme ich ...
3,75 / 5
"Sei selbstsüchtig", flüsterte er. "Sei mutig."
Dies ist eine Aussage die ich aus diesem Roman mitnehmen werde, neben sehr viel Fachwissen über die Sprache. Doch in gewisser Hinsicht nehme ich noch sehr viel Mehr aus diesem Buch mit, mit dem ich nicht gerechnet habe. Generell habe ich mit vielen Dingen in diesem Roman nicht gerechnet.
Ich habe gedacht es wird erstklassige Fantasy. Wurde es irgendwie nicht, obwohl es ein ausgeklügeltes Magiesystem gab, das leider an manchen Stellen viel zu kurz kam. Stattdessen gab es doch eher einen historischen Roman mit herausragendem Dark Academia Setting, das mich in seinen Bann gezogen hat. Denn die Aufmachung des Buches harmoniert perfekt damit.
Doch leider konnte dies nicht über die Längen im Buch hinwegtäuschen, die mir das Lesen immer wieder erschwert haben, denn immer wieder kam bei mir der Gedanke auf, dass man dies oder das doch auch hätte kürzer fassen können. Ob der Roman dann noch seine Wirkung erzielt hätte? Ich weiß es nicht. Was ich weiß, ist, dass das Ende, im Vergleich zum Rest des Buches, für mich, viel zu schnell über die Bühne gebracht wurde. Erst steht die Handlung gar nicht im Vordergrund und man bemerkt kaum ein Voranschreiten in der Erzählung, bis man von ihr förmlich überrannt wird. Nichtsdestotrotz kam das Ende für mich wenig überraschend und war zum Teil vorhersehbar.
Ebenfalls wäre es schön gewesen schon früher im Buch mehr über die Unterschiedlichen Protagonisten zu erfahren. So blieben sie zum Großteil ziemlich blass, was sehr schade ist, da viel Potential gegeben war. Trotzdem hat es gerade Victoire, durch ihre Art und Ehrlichkeit, in mein Herz geschafft, auch wenn damit erst nicht zu rechnen war. Kuang ist es außerdem hervorragend gelungen Antipathie gegenüber so manchen Charakteren hervorzurufen und dies hat das Leseerlebnis wieder gehoben. Genau wie das Fachwissen über Sprache und Übersetzung, bis es zwischendurch ein bisschen zu viel wurde.
Erschreckend ist es, wie aktuell manche Thematiken, die in Babel aufgegriffen wurden, auch heute noch sind. Sei es der Rassismus, der eine große Rolle gespielt hat, oder die Unterdrückung von Menschen. Diese anschauliche Darstellung hält dem Leser einen Spiegel vor die Nase, sodass er zum Nachdenken gebracht wird.
Abschließend ist festzuhalten, dass dieses Buch noch lange nachhallt und es mir noch nie so schwer gefallen ist eine Rezension zu einem Buch zu schreiben, wie zu Babel, da es auf so vielen Ebenen präsent ist.
R. F. Kuang ist es, auf hervorragende Weise, gelungen, zu zeigen welche Macht und welche Gewalt Worte besitzen.