Langsam erzählte Geschichte eines Verschwindens
Melody„Es geht ja letztendlich immer um die Frage: Will man sich das Leben nach dem einrichten, was man glaubt, oder will man das, was man glaubt, nach dem einrichten, wie man lebt?“
Jurist Tom Elmer braucht ...
„Es geht ja letztendlich immer um die Frage: Will man sich das Leben nach dem einrichten, was man glaubt, oder will man das, was man glaubt, nach dem einrichten, wie man lebt?“
Jurist Tom Elmer braucht dringend Geld und eine Arbeit. Der reiche Nationalrat Dr. Peter Stotz hat nicht mehr lange zu leben und ist auf der Suche nach einem Nachlassverwalter. Er bietet Tom die Stelle an, eine Wohnung in Stotz Villa und Verpflegung sind dabei inbegriffen. Tom sagt zu. In Stotzs Haus stößt Tom auf das Porträt einer Frau. Es zeigt Melody, die große Liebe seines Arbeitgebers. Die beiden waren in den Achtzigerjahren verlobt, wollten heiraten bis Melody spurlos verschwand. Tom wird neugierig und forscht nach. Was ist mit Melody geschehen?
Martin Suter schreibt gewohnt eingängig, angenehm klar und gut verständlich in der dritten Person Vergangenheit. Hauptsächlich nimmt er dabei Toms Perspektive ein.
Während Tom, der behütet bei wohlhabenden Eltern aufwuchs, wenig Ehrgeiz an den Tag legt, was seine berufliche Karriere betrifft, hat sein neuer Arbeitgeber Dr. Stotz viel erreicht: „Er war einst eine wichtige Persönlichkeit gewesen. Nationalrat. Mitglied der liberalen Wirtschaftspartei, Königsmacher und Geldgeber. In der Wirtschaft spielte er eine große Rolle als Banken-, Versicherungen- und Maschinenindustrie-Verwaltungsrat.“
Dr. Stotz gibt sich sehr großzügig, schätzt Gesellschaft und hört sich gerne reden. Doch gibt er wirklich alles von sich preis?
Nach und nach wird aufgedeckt, was mit Stotzs Verlobter Melody wirklich passierte. Martin Suter setzt dabei ein sehr gemächliches Erzähltempo an. Nebenher wird ausgiebig gegessen und getrunken. Das Ende offenbart eine wirkliche Überraschung. Martin Suter erzählt von Wahrheit, die manchmal doch recht individuell sein kann und sich verändern kann, wenn man nur fest daran glaubt. „Sind Geschichten nicht immer erfunden? Spielt es eine Rolle, ob sie Wahrheit oder Fiktion sind?“. Unterm Strich ist „Melody“ für mich nicht der stärkste Roman des Autors, dafür zieht sich die Handlung doch über weiter Strecken zu zäh hin, die Atmosphäre scheint etwas angestaubt, ja fast aus der Zeit gefallen und die große Liebe, die Suter darzustellen versucht, wird für mich nicht wirklich mit echten Emotionen gefüllt und bleibt etwas blass. Dennoch habe ich die Geschichte insgesamt recht gerne gelesen.