Hoffnung und verlorene Träume
Wo ich wohne, ist der Mond ganz nahSchon seit 36 Jahren lebt Mani mit ihren Eltern in demselben Haus im Seouler Viertel S-dong, doch nun steht ein Umzug an und damit die Hoffnung, von der Armut der Unterschicht in die Mittelschicht aufzusteigen. ...
Schon seit 36 Jahren lebt Mani mit ihren Eltern in demselben Haus im Seouler Viertel S-dong, doch nun steht ein Umzug an und damit die Hoffnung, von der Armut der Unterschicht in die Mittelschicht aufzusteigen. Mani als Frau trägt neben den Makeln des fehlenden Geldes und ihrer Arbeitslosigkeit noch einen weiteren: sie ist unverheiratet und wohnt noch immer mit ihren Eltern zusammen. Wird der Umzug in ein neues Viertel wirklich die gewünschte Veränderung bringen?
„Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah“ ist der zweite, auf Deutsch erschienene Roman der südkoreanischen Autorin Cho Nam-Joo; die Übersetzung stammt von Jan Henrik Dirks. Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive von Protagonistin Mani in der Ich- und Vergangenheitsform. Der Titel des Romans ergibt schon bald einen Sinn, denn das Viertel S-dong befindet sich auf steilen Hügeln, die sich dem Mond entgegen recken.
Hier träumte Mani seit ihrer Kindheit von einer Karriere als Kunstturnerin, doch dieser Traum sollte sich aufgrund der fehlenden Mittel und, ehrlich gesagt, auch ihrer fehlenden Begabung nicht erfüllen. Diese Erfahrung hat ihr Leben geprägt und zwar deutlicher, als die im Klappentext erwähnte Schande des Unverheiratet-Seins. Hier hätte ich mir einen etwas stärkeren Blick auf die Rolle der Frau in Korea und speziell die Erwartungen an junge Frauen gewünscht.
Das zweite zentrale Thema ist die Armut der Familie. Der Vater bemüht sich, Frau und Tochter zu ernähren, doch die Zeiten haben sich geändert und sein Imbiss hat nicht mehr so viele Kunden wie früher. Manis Job hingegen wurde von ihrer Firma gestrichen, um Geld zu sparen und die Mutter kann selbst nicht arbeiten. Als der Familie ein Angebot gemacht wird, ihr Haus an einen Investor zu verkaufen, klammert sich die Familie an diese Hoffnung, doch es scheint, als wollte man sie betrügen – kann ihr Traum noch wahr werden oder sind all ihre Ersparnisse verloren?
Fazit: Ein nüchterner Roman über Armut und verlorene Träume, der sich so auch in einem deutschen Plattenbau abgespielt haben könnte. Cho Nam-Joos vorangegangene Bücher konnten mich mehr abholen.