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Veröffentlicht am 26.05.2023

Aus dem Leben eines Uhus

Strix
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Auf dieses Buch wurde ich durch Zufall aufmerksam, als ich durch die Randomhouse Vorschau stöberte. Die simple, aber doch irgendwie fesselnde Darstellung der Eule machte mich neugierig und als ich erfuhr, ...

Auf dieses Buch wurde ich durch Zufall aufmerksam, als ich durch die Randomhouse Vorschau stöberte. Die simple, aber doch irgendwie fesselnde Darstellung der Eule machte mich neugierig und als ich erfuhr, dass dieses Buch ein “wiederentdeckter” Klassiker von 1920 ist, war meine Neugierde endgültig geweckt.

Leben und Kampf eines Uhus
Der dänische Autor Sven Fleuron erzählt in diesem Buch die Lebensgeschichte, der großen und mächtigen Eule Strix Bubo. Ein Uhu Weibchen, das in den Wäldern der Fjorde ihr Revier hat. Die Geschichte beginnt, als Strix gerade auf dem Höhepunkt ihrer Kraft ist und ihn ihrem Wald gefürchtet und geachtet ist. Der Autor nimmt uns mit auf eine Reise in das Leben der Eule Strix und zeigt uns die Welt aus ihrer Sicht.

"Sein Kopf ist größer als der einer Wildkatze, vorne flach abgeschnitten, so daß er das schönste Gesicht bildet. Der Schnabel ist stark und gekrümmt, und die Schneiden sind so scharf wie eine Rosenschere. Sie behandeln einen Braten meisterhaft, zerlegen ein Stück Wild im Handumdrehen. Ritsch, ratsch. […] Sie ist so groß, daß sie im Morgen- und Abendlicht, wenn sie über die Waldeswipfel herangleitet, einer kleinen Wolke gleicht – einer schwarzen und an den Rändern sonderbar zerfransten Wolke. Ihr Körper ist wie der einer Gans, und ihre Stärke gibt einen Königsadler in nichts nach. […] Die Dämmerung hat sie mit ihrem Pfeffer und Salz überstreut und die Nacht hat ihr mit schwarzem Pinsel über Flügel und Rücken gestrichen. Über die Mitte der dicken breiten Brust läuft ein weißlicher Strich […] Das ist das einzige, was wirklich hell ist an ihr, so etwas wie eine Erinnerung an den Glanz des Tages, an das Licht der Sonne – ganz willl sie sie doch nicht lassen."
(Strix: Die Geschichte eines Uhus von Svend Fleuron, Diederichs, 2023, S.8ff.)


Was an dieser Textpassage direkt auffällt, ist der Stil Fleurons, der dieses Buch seine ganz eigene Stimmung verleiht. Auf der einen Seite haben wir diese metaphernreiche, fast schon lyrische Sprache, in der alles Natürliche, sei es der Wald, der Wind, die Nacht oder die Dämmerung eine Seele und ein Wesen hat. Eine Sprache, in der die Natur und die Wildnis stark romantisiert wird. Auf der anderen Seite haben wir hart dazu im Kontrast stehend einen ungeschönten Realismus, was den Überlebenskampf und das Jagdverhalten von Raubtieren, zu denen Strix ohne Zweifel gehört, angeht. Die Beschreibungen von Jagd und Tötung sind pathoshaft und stellenweise auch brutal. Eine Jägerin zu sein und Beute zu ergreifen wird nicht simpel als Strix Art der Nahrungsbeschaffung geschildert, nein, es ist ihr ganzes Wesen.

Interessant ist, dass sich diese Glorifizierung des Rechts des Stärkeren jedoch strikt auf die Wildnis und Natur beschränkt. Svend Fleuron macht überdeutlich, dass der Mensch nicht in diese Rechnung gehört. Seine Überlegenheit wird nicht als naturgegeben, sondern als zerstörerisches Eindringen in die natürliche Ordnung dargestellt. Während der Autor Strix eine gewisse Freude an der Jagd zuspricht, weil es ihrer Natur entspräche, wird die Jagd des Menschen als eigennützige und im Sinne der Trophäenjagd sinnlose Brutalität dargestellt. Ich möchte an dieser Stelle jetzt kein Essay über die Jagd an sich schreiben, finde aber, dass dieser Punkt das Buch sehr interessant und ambivalent macht. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Svend Fleuron selbst leidenschaftlicher Jäger war.

Aktueller denn je
Neben dem Eingreifen des Menschen ins Leben der Tiere in Form der Jagd spielt noch ein weiteres Thema eine wichtige Rolle: die Bedrohung des Lebensraums durch die Ausbreitung der menschlichen Bevölkerung. Der Autor zeigt, wie Strix Lebensraum immer wieder durch Abholzung, Landwirtschaft und Städtebau bedroht ist und wie schwer es für urtümliche Tiere, wie Strix es ist, sich an diese Veränderungen anzupassen. Immer wieder muss Strix vor den Menschen fliehen und sich neue Reviere suchen, doch der Mensch dringt unaufhaltsam auch in den hintersten Fjord vor. Diese Botschaft, die in Form von Strix beständiger Suche nach der letzten Wildnis ein zentrales Thema des Buches ist, ist aktueller denn je, da die Ausbreitung der bald acht Milliarden Menschen weiterhin in nahezu ungebremsten Tempo den Lebensraum zahlreicher Tiere zerstört. So liest man zwar ein hundert Jahre altes Buch, aber trotzdem werden Leserinnen und Leser dazu gebracht, über die Bedeutung von Umwelt- und Naturschutz nachzudenken. Die Geschichte von Strix ist ein Sinnbild für den Kampf, den viele Tiere tagtäglich führen, um in einer sich verändernden Welt zu überleben.

Letztendlich habe ich abgesehen, von den zuvor bereits erwähnten manchmal übertriebenen Glorifizierung des Jagdverhaltens von Strix nur einen weiteren Kritikpunkt: Einige Passagen, insbesondere die Beschreibung des “Alltagslebens” von Strix, sind zu langatmig und wiederholend. An manchen Stellen scheint der Autor zu sehr in die Beschreibung der Handlung vertieft zu sein, anstatt die Spannung aufrechtzuerhalten.

Fazit:


Insgesamt ist “Strix” ein faszinierendes Buch, das aufzeigt, wie wichtig es ist, den Lebensraum der Tiere zu erhalten und zu schützen. Der Kontrast zwischen der poetischen Sprache und des ungeschönten Überlebenskampfes der (Raub)tiere macht das Buch auf mehrere Ebenen interessant, wenngleich der Pathos an manchen Stellen zurückgeschraubt werden könnte und andere Passagen wiederum etwas mehr Schwung vertragen hätten.

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Veröffentlicht am 22.04.2023

Gut, aber nicht Diana Wynne Jones bestes Werk

Die verborgene Geschichte des Tom Lynn
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Auf dieses Buch habe ich mich schon seit der Ankündigung gefreut, ich kann einfach nicht genug von Diana Wynne Jones bekommen und freue mich tierisch über jede Neuauflage ihrer Bücher, die ich im Knaur ...

Auf dieses Buch habe ich mich schon seit der Ankündigung gefreut, ich kann einfach nicht genug von Diana Wynne Jones bekommen und freue mich tierisch über jede Neuauflage ihrer Bücher, die ich im Knaur Programm entdecken kann. Daher wanderte das Buch direkt nach Erhalt auf meine Leseliste.

Zwei Träumende, die sich finden
Schon der Beginn der Geschichte hielt ein paar Überraschungen für mich bereit: Zum einen war ich überrascht, dass das Buch in der gegenart (naja, zumindest die Gegenwart der 80er, als es erschien) und unsere Welt spielt. Irgendwie hatte ich angenommen, es würde wie die Howl Saga in einer fiktiven Welt spielen. Die zweite Überraschung war, dass die Polly der Gegenwart zwar 19 ist, sie ihre Geschichte aber 9 Jahre früher beginnt zu erzählen. Wir begleiten also zunächst die zehnjährige Polly und sehen damit die Welt durch die Augen eines Kindes. Daran musste ich mich zunächst gewöhnen, doch schnell zeigt sich, dass diese Perspektive gerade erwachsenen LeserInnen viel bietet, denn die zehnjährige Polly nimmt die Welt auf eine Art und Weise war, wie es viele Erwachsene vergessen haben, nämlich mit Lebensfreude und einer sprudelnden Fantasie. In Tom Lynn findet Polly dann durch Zufall einen Seelenverwandten, der ihre Freude an Geschichten und dem Träumen teilt. Und der ihr ein Freund und eine Stütze ist, wo es ihr Vater, der jede Verantwortung scheut und ihre Mutter, die nur das eigene Glück sucht, nicht sind.
In manchen Rezensionen habe ich gelesen, dass manche die Beziehung, der beiden seltsam bis unangemessen fanden, kann das aber nicht wirklich nachvollziehen. Klar, der Altersunterschied ist groß, aber die Beziehung zwischen Tom Lynn und der jungen Polly bleibt zu aller Zeit platonisch freundlich. Es sind zwei Menschen, die eine Leidenschaft zur Fantasie, Literatur und dem Träumen teilen und einander halt geben, da es ihr jeweiliges Umfeld es nicht tut.

Vom Älterwerden und der Macht der Fantasie
Doch auch wenn Tom Lynn und Pollys Verbindung zu ihm eine zentrale Rolle in diesem Roman spielen, ist dieses Buch doch eigentlich entgegen dem Titel nicht Tom Lynns Geschichte, sondern Pollys. Sie schildert und ihre Erinnerungen von dem Tag an, an dem sie als zehnjähriges Mädchen Tom das erste Mal traf, bis hin zu ihrem gegenwärtigen neunzehnjährigen Selbst, das auf dem Rückweg nach Oxford ist. Der Roman umfasst also eine Zeitspanne von fast zehn Jahren, in der wir Pollys Leben mitverfolgen. Wir erleben als LeserIn, wie sie von einem Kind, zum Teenager, zur jungen Frau aufwächst. In vielerlei Hinsicht ist das Buch daher eine klassische Coming-of-Age Geschichte, die vor allem deswegen überzeugt, weil Jones es meisterlich versteht, das Älterwerden und die damit einhergehende Entwicklung, die Polly durchlebt, spürbar und doch subtil zu schildern. Manche typische Dinge, die mit dem Älterwerden einhergehen, wie sich ändernde Interessen oder Freundschaften, sie sich auseinanderleben sind offensichtlich, andere Entwicklungen Pollys sind subtiler, wie zum Beispiel die Art, wie sie ihre Umwelt wahrnimmt, wie sie Menschen begegnet oder auch wie sie sich selbst reflektiert.

Vor diesem Hintergrund rücken tatsächlich die fantastischen Elemente des Romans in den Hintergrund, was ich ein bisschen schade fand, da Jones in Das wandelnde Schloss bereits gezeigt hat, dass sie eine großartige Coming-of-Age Geschichte auch mit allerhand Magie schreiben kann. Auch muss ich zugeben, dass ich zwar objektiv betrachtet diese Coming-of-Age Geschichte literarisch gut gemacht finde, der Funke bei mir aber trotzdem nicht ganz übersprang. Ein paar Passagen aus Pollys Alltag hätte man meiner Meinung nach kürzen können und an der ein oder anderen Stelle hätte ich mir einfach etwas mehr gewünscht. “Was mehr?”, fragt ihr euch jetzt vielleicht, aber eine genaue Antwort kann ich darauf gar nicht geben, da ich es schwerlich in Worte fassen kann. Etwas mehr Pepp, etwas mehr wow, ein Funken, der die Geschichte mit noch mehr Leben füllt. Ich weiß, das ist alles ziemlich schwammig, aber besser kann ich mein Gefühl, nach der Lektüre nicht ausdrücken.

Fazit:


In Die verborgene Geschichte des Tom Lynn zeigt Autorin Diana Wynne Jones wieder, was für ein Quell der fantastischen Ideen sie ist und was für ein Händchen sie für Coming-of-Age Geschichten hat. Trotzdem ist das Buch im direkten Vergleich mit z. B. der Howl Saga etwas schwächer, denn es hat kleine Längen und es fehlt ihm der letzte Pepp, damit der Funke wirklich überspringt. Nichtsdestotrotz kann ich schon jetzt das hoffentlich nächste kommende Buch von ihr im Knaur Programm kaum abwarten.

Hinweis: In meinem eigenen Bewertungsystem auf meinem Blog hat das Buch 4/6 bekommen.

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Veröffentlicht am 22.04.2023

Avatar ohne Plan

Avatar – Der Herr der Elemente: Der Schatten von Kyoshi
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Mit Die Schatten von Kyoshi wird die Geschichte von avatar Kyoshi nun weitererzählt und ich war mehr als gespannt, wie es mit Kyoshi weitergeht.

Die Feuernation vor Sozin
Als Avatar hat man alle Hände ...

Mit Die Schatten von Kyoshi wird die Geschichte von avatar Kyoshi nun weitererzählt und ich war mehr als gespannt, wie es mit Kyoshi weitergeht.

Die Feuernation vor Sozin
Als Avatar hat man alle Hände voll damit zu tun den Frieden der Nationen zu wahren, das muss auch Kyoshi, frisch anerkannter Avatar, schnell feststellen. Kaum weiß die Welt, dass sie und nicht Yun der Avatar ist, da erreicht auch schon ein Hilferuf des Feuerlords Kyoshi. Dessen Autorität wird nämlich infrage gestellt und es droht ein Bürgerkrieg. Kyoshi reist daher unverzüglich in die Feuernation und ein Ränkespiel rund um den Thron des Feuerlords beginnt.
Da die Romane rund 300 Jahren vor den Ereignissen der Serie spielen, bekommen wir als Leser/in einen Einblick davon, wie die Feuernation war, bevor Feuerlord Sozin den 100-jährigen Krieg begann, das fand ich unglaublich faszinierend. Zu diesem Zeitpunkt hat die Feuernation noch viel Ähnlichkeit mit dem japan der Shogunzeit, sprich es gibt einen Shogun aka Feuerlord, aber auch noch viele Clans, die alle Ehrgeiz auf den Thron haben. Die Feuernation ist also noch deutlich feudaler geprägt, als es später unter Sozin und seien Nachfolger sein wird, aber auch wenn wir hier ein anderes Zeitalter der Feuernation betrachten, fallen trotzdem einige Dinge auf, die zum bereits bekannten Kanon der Serie passen: So zum Beispiel der strenge Fokus auf Ehre und die Bedeutung des Haarknotens in diesem Zusammenhang. Solche Details verknüpfen wieder gekonnt die Romane, mit dem Serienuniversum und lassen die Bücher als natürliche Erweiterung des Kanons erscheinen. Dafür gibt es wieder ein großes Lob.

Avatar ohne Plan
Weniger überzeugt hat mich die eigentliche Handlung. Denn ehrlich gesagt passiert überhaupt nicht viel. Kyoshi kommt in der Feuernation an und versucht die gegen den Feuerlord gerichtete Verschwörung aufzuhalten, und einen Bürgerkrieg zu verhindern. Gleichzeitig taucht auch Yun wieder auf und beginnt einen Rachefeldzug. Klingt beides eigentlich nach jeder Menge Potenzial für Spannung und Aktion, doch statt spannende Kämpfe und teuflische Intrigen, bekommen wir hauptsächlich Kyoshi, die von A nach b reist, weil man es ihr sagt und mit Leuten redet, weil man ihr das sagt. Überhaupt zeigt Kyoshi wenig Eigeninitiative. Sie ist zwar ständig unzufrieden mit der Situation, eine Idee wie sie das ändern könnte hat sie aber nicht, und so besteht ein Großteil des Buches daraus, wie Kyoshi planlos durch die Feuernation zieht.
Die ganze Zeit habe ich darauf gewartet, dass sich bei ihr etwas entwickelt, dass irgendwann ein Aha-Moment kommt oder es sonst irgendwie klick macht und sie vom sturen Teenager zu dem Avatar werden lässt, an die sich die Nachwelt noch Jahrhunderte später voller Respekt erinnern. Doch nach Beenden des Buches hatte ich das Gefühl, dass Kyoshi noch immer genau da ist, wo sie am Ende von Band eins stand und meilenweit davon entfernt, die selbstbewusste, starke und mit sich im Reinen seiende Frau zu sein, die wir in der Serie kennenlernten. Da nach derzeitigem Stand die Reihe abgeschlossen ist und keine weiteren Bücher zu Kyoshi erscheinen, ist das ziemlich enttäuschend.

Fazit:


Band zwei der Geschichte rund um Avatar Kyoshi konnte mich leider nicht so überzeugen, wie sein Vorgänger. Zwar haben mir der Einblick in die Feuernation vor Sosin und die Hintergründe zu Avatar Kuruk sehr gut gefallen, aber sonst bietet das Buch einfach zu wenig. Zu wenig Handlung, zu wenig Entwicklung bei den Charakteren.

Hinweis: im Bewertungssystem auf meinem Blog gab es 4/6 Punkte

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Veröffentlicht am 19.03.2023

Tolle Ideen, aber auch vielverschenktes Potenzial

Wilder Girls
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Wilder Girls katapultierte sich schon ganz weit nach oben auf meine Wuli als ich es zum ersten Mal in der englischen Ausgabe gesehen hatte, daher freute ich mich sehr auf die deutsche Übersetzung und hatte ...

Wilder Girls katapultierte sich schon ganz weit nach oben auf meine Wuli als ich es zum ersten Mal in der englischen Ausgabe gesehen hatte, daher freute ich mich sehr auf die deutsche Übersetzung und hatte auch recht hohe Erwartungen an das Buch, vielleicht zu hoch?

Der Feind lauert überall
In Wilder Girls befinden wir uns in einem Mädcheninternat, das sich isoliert auf einer kleinen Insel im Meer befindet. Auf einmal bricht dort eine schreckliche Seuche aus, die die Lehrerinnen schnell tötet und bei den Schülerinnen grausame Mutationen hervorruft, ebenso bei Tieren, sodass selbst einst friedliche Tiere, wie Rehe zur tödlichen Gefahr werden. In dieser Hölle auf Erden versuchen die Schülerinnen so gut es geht zu überleben, dabei müssen sie jedoch nicht nur gegen die Seuche und die mutierte Natur, sondern auch gegen den Hunger kämpfen, denn aus irgendeinem Grund schickt die Armee, die das Internat, versorgen soll bis ein Heilmittel gefunden ist, immer viel zu wenig Rationen. Damit wird jeder einzelne Tag für die Mädchen zum Überlebenskampf.

So viel dazu, wie das Buch startet. Interessant fand ich den Zeitpunkt, den die Autorin für den Beginn ihrer Geschichte gewählt hat. Während sich ähnliche Romane häufig zunächst mit dem Ausbruch der Seuche beschäftigen und diesen intensiv schildern, lässt Rory Power ihre Geschichte beginnen, da hat die Tox genannte Seuche das Internat schon über einem Jahr fest im Griff. Die Hoffnung auf zügige Hilfe und dass das Militär schnell ein Heilmittel findet ist längst verflogen, der Kontakt mit der Außenwelt schon lange abgebrochen und die Mädchen haben bereits mehrere Schübe der Tox hinter sich, die ihren Körpern alles abverlangen. Dementsprechend ist die Stimmung im Internat, die die Atmosphäre des ganzen Buches bestimmt: Die Mädchen sind nicht gebrochen, aber sehr pragmatisch und desillusioniert geworden. Ihnen ist mittlerweile klar geworden, dass sie allein für ihr Überleben verantwortlich sind und dass ein Wunder kaum zu erwarten ist.
Diese Gemütszustände zwischen Überlebenswille und Resignation, zwischen Hoffnung und abgebrühten Realismus finden sich besonders bei den drei Protagonistinnen. Sie sind alle drei Charaktere, denen durch die Ereignisse in vielerlei Hinsicht Stacheln gewachsen sind. Das macht sie nicht unbedingt sympathisch, aber interessant. Es sind Charaktere mit Ecken und Kanten, die auch untereinander, obwohl sie Freundinnen sind, häufig aneinander anecken. Sie sorgen zusammen mit dem Erzählstil der Autorin und der Atmosphäre des Buches dafür, dass Wilder Girls keine dieser Survival Story ist, in der ein/e Held/in aller Widrigkeiten zum Trotz über sich hinauswächst und Scharen von Monster/Zombies/Aliens etc. niedermetzelt, nein Wilder Girls fühlt sich anders an. Rauer, roher, ja tatsächlich wilder.

So viel ungenutztes Potenzial
Mit all dies hätte Wilder Girls das Potenzial gehabt, etwas richtig Großartiges zu werden. Eine Geschichte, die dir gleichzeitig das Herz erwärmt und ins Gesicht spukt, die man danach aber nicht mehr so schnell vergisst. Die Ansätze dafür sind definitiv da. Die Autorin zeigt gerade zu Beginn, dass sie tolle Ideen hat, sowohl die Tox, als auch die bereits erwähnten eigenwilligen Charaktere und die raue Atmosphäre faszinieren. Die Weichen sind gestellt für ein tolles Buch und die ersten zwei Drittel lesen sich flott weg. Doch dann beginnen immer mehr eigentlich tolle Ansätze, auf deren Fortführung man gehofft hat, sich im Sand zu verlaufen. Das geschieht sowohl auf der Handlungsebene, als auch bei der Weiterentwicklungen der Figuren und ihre Beziehungen untereinander. Was in der ersten Hälfte des Buches als Handlungsstränge toll in Spiel gebracht wurde, wird einfach nicht konsequent durchgezogen. Stattdessen werden sie entweder ganz fallen gelassen, oder, wie zum Beispiel im Falle der Hintergründe zur Tox, man wird als Leser/in mit einer völlig banalen, unausgegorenen Lösung abgespeist. Gerade zum Ende hin, wirkt das Buch leider so, als hätte die Autorin einfach keine Lust mehr gehabt, das Ding zu Ende zu schreiben, oder als hätten es ursprünglich zwei Bände werden sollen, aus denen plötzlich doch nur einer geworden ist: das Ende und die Auflösungen hinter den Geheimnissen wirken lieblos und einfallslos, das hat mich echt geärgert, gerade weil Rory Power ja zuvor gezeigt hat, dass sie kreative Ideen hat, warum zum Teufel hat sie die nicht zu Ende geführt?

Fazit:


Der Titel des Buches passt hervorragend, denn Wilder Girls ist eine Survival Story mit einer eigentümlichen, rohen Atmosphäre, die einen in den Bann schlägt. Leider wird das große Potenzial des Buches nicht bis zum Ende fortgeführt und viele eigentlich tolle Ideen verlaufen im Sande, bis sie in einem völlig uninspirierten Ende münden. Das Buch ist immer noch lesenswert, hätte aber eben so viel besser sein können, wenn mehr Konsequenz da gewesen wäre.

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Veröffentlicht am 11.03.2023

Niedliche Geschichte mit typischen Schwächen eines Debüt

Sheets
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Sheets landete direkt auf meiner Wunschliste, als ich es zum ersten Mal entdecke, wie könnte es auch anders sein, bei diesem tollen Cover, dieses Bild vom Geist in der Waschmaschine brachte mich zum Schmunzeln ...

Sheets landete direkt auf meiner Wunschliste, als ich es zum ersten Mal entdecke, wie könnte es auch anders sein, bei diesem tollen Cover, dieses Bild vom Geist in der Waschmaschine brachte mich zum Schmunzeln und ich wollte den Comic unbedingt lesen.

Zwei einsame Herzen und jede Menge Wäsche
Marjorie hat es wirklich nicht leicht in ihrem Leben. Nach dem Tod der Mutter zieht sich ihr Vater völlig in sich selbst zurück und vernachlässigt sowohl seine Kinder, als auch das Familiengeschäft, die Wäscherei. Also ist es Marjorie, die den Haushalt schmeißt, sich um ihren kleinen Bruder kümmert, die Wäscherei betreibt und dabei weiterhin zur Schule geht und das alles mit dreizehn! Und als wäre das alles nicht schon schlimm genug, versucht auch noch ein zwielichtiger Geschäftsmann die Wäscherei zu sabotieren, damit er das Grundstück kaufen kann. Da kann sie den kleinen Geist Wendel, für den die Wäscherei eine Mischung aus Abenteuerspielplatz und Spa ist, grade überhaupt nicht brauchen und das Chaos nimmt schnell seinen Lauf.

Die Story rund um Marjorie und Wendell, zwei einsame Herzen, die beide im Grunde einfach nur wieder ein sorgloses und geliebtes Kind sein wollen, ist an sich ganz gut und kratzt zumindest in ein paar Punkten auch an tiefgründige Themen. Leider ist sie doch sehr geradlinig und während der Anfang sehr gut gelungen ist und dem/r Leser/in die beiden Protagonisten und ihr schweres Los behutsam vorgestellt werden, wirkt die zweite Hälfte übereilt und die Auflösung der Ereignisse zu abrupt. Hier hätte man sich ruhig mehr Zeit nehmen können, um den Aufbau der Freundschaft und die einzelnen Charakterentwicklungen zu vertiefen.

Ein weiterer Punkt, der mir aufgefallen ist, ist das Vorhandensein des ein oder anderen Logikfehlers. Denn auch wenn ich die Intention dahinter verstehe, war die Darstellung der meisten Erwachsenen doch sehr seltsam. Dabei meine ich gar nicht mal Mr. Saubertuck, den diabolischer Yogaanhänger mit albernen Namen, sondern vielmehr die Kundschaft der Wäscherei. Offenbar kratzt es niemand, dass eine offensichtlich völlig überforderte Minderjährige den Laden alleine führt, nein da wird das Kind sogar noch angemeckert, weil es nicht schnell genug arbeitet. Das erscheint mir doch arg unrealistisch. Auch der plötzliche Sinneswandel von Marjories Vater ist zwar ein schönes Happy End, in seiner Abruptheit aber auch nicht ganz logisch, wobei das auch mit dem zuvor genannten Problem des Handlungstempos zusammen hängt.

Insgesamt sind das für mich typische Schwächen eines Debüt, den Comic als gesamtes fand ich trotzdem ganz nett. Vielleicht auch, weil ich die Farbpalette so sehr mochte. Es werden vor allem kalte Blau und Lilatöne verwendet, die aber gut zu der leicht melancholischen Stimmung des Comics passen. Der Stil der Figurenzeichen ist sicherlich nicht jedermanns Geschmack, für mich hat er aber hier gepasst. Darüber hinaus beweist Brenda Thummler an vielen Stellen ein Auge für süße Details, z. B. in der Bibliothek, wo diverse Buchtitel zu sehen sind, oder in einem großen Panel, das die Geisterwelt zeigt, was fast schon wie ein Wimmelbild wirkt und in dem man viele kleine lustige Szenen entdecken kann.

Fazit:


Ein niedlicher Comic, über zwei einsame Herzen, die sich finden und anfreunden, der wunderschön aussieht, in der Handlung aber noch ein paar typische Debüt Schwächen, wie ein paar Logikfehler und ein nicht optimales Handlungstempo aufweist.

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