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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.08.2017

Abgründe

Totenkalt
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Logan Macrea ist Sergeant bei der schottischen Polizei. Er ist das, was man einen „harten Hund“ nennt, der sich aber einen Blick für Gerechtigkeit bewahrt hat. Was seltsam anmutet, denn er hat eine verhängnisvolle ...

Logan Macrea ist Sergeant bei der schottischen Polizei. Er ist das, was man einen „harten Hund“ nennt, der sich aber einen Blick für Gerechtigkeit bewahrt hat. Was seltsam anmutet, denn er hat eine verhängnisvolle Nähe zum Chef einer Bande, die den Drogenhandel und andere lukrative Unterweltgeschäfte in der schottischen Stadt fest in der Hand hält.
Sein Verhältnis zu Vorgesetzten ist gespalten, ganz besonders zu Roberta Steel, einer Frau, die auf wirkte wie ein Dobermann auf Drogen: angriffslustig, sexistisch und vulgär. Dass Logan per Samenspende Roberta und ihrer Frau zu Nachwuchs verholfen hat, ist ein aberwitziger Dreh in der Beziehung.
Ein Toter wird im Wald gefunden, sein Mord trägt die Handschrift eines Killers, doch Logans Bauchgefühl lässt ihn nicht an so eine einfache Lösung glauben. Vor allem, da der Tote Geschäftspartner des seit Tagen vermissten Martin Milnes war. Aber bei der Sonderermittlungstruppe steht er mit seinen Vermutungen allein, außerdem hat er an mehreren privaten Fronten zu kämpfen.
Meine Schwierigkeiten hatte ich mit dem Sprachstil. Vulgarität ist ein häufig eingesetztes Stilmittel. Die sexistischen Bemerkungen der Vorgesetzten zu ihren Mitarbeitern sind grundsätzlich im genitalen Bereich angesiedelt. Einzig, dass es sich um weibliche Chefs handelt, die ihre männlichen Kollegen so runterputzen, könnte man als Augenzwinkern ansehen. Der Autor liebt außerdem lautmalerische Einsprengsel, die mich durch die ständigen Wiederholungen nervten. Die „Aaaaarghs“ konnte ich bald nicht mehr zählen.
Die Handlung des backsteinschweren Thrillers rast geradezu durch die Geschichte. Wer die Vorgängerbände kennt, ist bei der Vielzahl von Personen und deren Verflechtungen klar von Vorteil. Nach dem ersten Drittel ist mir erst klar geworden, dass ich irgendwann auch mal einen Band gelesen hatte, der mir allerdings nicht sonderlich im Gedächtnis geblieben ist. Die Handlung nimmt im zweiten Teil der Geschichte noch einmal rasant an Tempo auf und die Handlungsstränge werden genial verbunden. Ein rabenschwarzer und böser Thriller, der mich trotz meinen Kritikpunkten bis zum Schluss in Bann gehalten hat.

Veröffentlicht am 29.08.2017

Der Tod ist ein Geschäft

Wildeule
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Gesine Cordes arbeitet seit 10 Jahren als Friedhofsgärtnerin. Nach einer schweren persönlichen Krise hat sie damals ihre Arbeit als Polizeikommissarin aufgegeben, ihre Instinkte als Ermittlerin sind ihr ...

Gesine Cordes arbeitet seit 10 Jahren als Friedhofsgärtnerin. Nach einer schweren persönlichen Krise hat sie damals ihre Arbeit als Polizeikommissarin aufgegeben, ihre Instinkte als Ermittlerin sind ihr aber geblieben. Als ihr bei der Bestattung der hochbetagten Madelaine Jablin Unregelmäßigkeiten am Sarg auffallen, öffnet sie ihn trotz des Protests der Sargträger und des Pfarrers. Sie blicken nicht auf den Leichnam der alten Frau, sondern auf die des Bestatters Schellhorn.
Schellhorn hat sich in den letzten Jahren mit seinem Geschäftsgebaren viel Feine gemacht, vor allem die Berufskollegen sind über sein unethisches Vorgehen mehr als sauer. Ausgerechnet einer der wenigen Menschen die Gesine an sich heranlässt, Bestatter Hannes van Deest, ihr Freund und Vertrauter, gerät unter Mordverdacht. Sein Verhalten lässt selbst Gesine zweifeln….
Wildeule ist nun der dritte Fall um die ungewöhnliche, aber sympathische Gesine Cordes. Ich denke, es ist von Vorteil, wenn man die Vorläufer kennt, so kann man Gesines Handlungen und Gedanken besser einordnen. Mir fehlte in diesem Band etwas an Spannung, die Handlung war zwar gekonnt angelegt, aber trotz aller Nebengeschichten war mir schon sehr früh der Täter klar. Vielleicht hat das mein Lesevergnügen etwas geschmälert.
Dabei versteht es die Autorin einen Kreis von besonderen Mitwirkenden zu erschaffen, die allesamt gut und dicht charakterisiert sind. Ich mag auch ihren ganz besonderen Schreibstil und den Schauplatz ihrer Krimis. Der Friedhof, mit seinen herbstlichen Stimmungen wirkt immer ganz besonders passend zur melancholischen Grundstimmung der Protagonistin.
Auch wenn mir dieser Band nicht ganz so gut wie die Vorgängerbücher gefallen hat, freue ich mich auf neue Fälle mit Gesine und neue Ideen der Autorin.

Veröffentlicht am 16.08.2017

Im Dunkeln

Grado im Dunkeln
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Es ist der Alptraum jedes Autofahrers: eine Panne in der Nacht. Genau das passiert Violetta und Olivia, zwei Lehrerkolleginnen, bei der Heimfahrt von einem Konzert. Während sie auf den Abschleppwagen warten ...

Es ist der Alptraum jedes Autofahrers: eine Panne in der Nacht. Genau das passiert Violetta und Olivia, zwei Lehrerkolleginnen, bei der Heimfahrt von einem Konzert. Während sie auf den Abschleppwagen warten und Olivia sich kurz ins Auto beugt, findet der Alptraum noch eine Fortsetzung. In diesem kurzen Augenblick wird Violetta ins Gebüsch gezerrt und vergewaltigt.
Es bleibt nicht die einzige Vergewaltigung. Die Commissaria Maddalena Degrassi sieht eine Serie mit ähnlichem Verhaltensmuster. Bisher kamen die Frauen immer knapp mit dem Leben davon, da der Täter gestört wurde, aber dann verschwindet ein Teenager von einer Party und das Bangen beginnt.
Das bringt die Commissaria ganz schön unter Druck, ist doch ihr Vorgesetzter ein Chef, der gern mit schnellen Ermittlungserfolgen glänzt.
Grado im Dunkeln bringt ein Wiedersehen mit der sympathischen Maddalena Degrassi und ihrem Einsatzort Grado. Der Krimi ist sehr vielschichtig und wie immer bei der Autorin Andrea Nagele mit viel psychologischem Feingefühl erzählt. Vielleicht war das für mich dieses Mal ein Touch zuviel. Die Folgen der Vergewaltigung bei Violetta und dem zweiten Opfer nehmen sehr viel Raum ein und drängen die Ermittlungen fast an den Rand. Obwohl ich faszinierend finde wie die Autorin ihre Figuren entwickelt und mit ihrer Umgebung interagieren lässt, hätte der Roman mehr Spannung vertragen können.
Ein ganz geschickter Schachzug ist das Ende, der Fall ist gelöst aber für den Leser bleibt Interpretationsspielraum offen, damit beschäftigt mit das Buch über das Ende hinaus.

Veröffentlicht am 02.08.2017

Niemand hält ihn auf

Projekt Orphan
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Das Projekt „ Orphan“ ist ein geheimes, hochbrisantes Programm der US-Regierung. In Kinderheimen und Waisenhäuser werden geeignete Kinder ohne Eltern oder Verwandte gesucht und in einem jahrelangen Training ...

Das Projekt „ Orphan“ ist ein geheimes, hochbrisantes Programm der US-Regierung. In Kinderheimen und Waisenhäuser werden geeignete Kinder ohne Eltern oder Verwandte gesucht und in einem jahrelangen Training zu Elitekämpfern und Killermaschinen ausgebildet. Evan, als Orphan X, ist eines dieser Kinder. Er hat zu seinem Mentor und Trainer Jack eine besondere Verbindung, er sieht ihn fast als Vaterersatz. Diese menschliche Regung veranlasst Evan auch das Programm kritisch zu hinterfragen. Aber ein Ausstieg ist von den Organisatoren nicht gedacht, Jack bezahlt mit dem Leben und Evan führt fortan ein Leben im Untergrund.
Allerdings ein komfortables, durch seine Aufträge hat er genug Geld, das er auf diversen Konten gebunkert hat. Sein Leben ist hinter einer hochtechnisierten Sicherheitsbarriere versteckt. Evan hat sich eine Aufgabe zu Eigen gemacht, als „Nowhere Man“ hilft Menschen in unverschuldeten Notlagen. Dafür setzt er seine ganzen Kenntnisse und Verbindungen ein. Menschenhändler, Drogenbosse und immer wieder Kinderhändlerringe sind sein Ziel. Das bringt ihm viele Feinde ein, aber auch die Bosse von Projekt Orphan sind hinter her. Aber als er dann in eine Falle gerät, ist es eine Bedrohung aus einer ganz anderen Ecke.
Gefangengehalten in einem bunkerähnlichen Chalet wird Evan erpresst, sein ganzes Vermögen den Kidnappern zu überweisen. Eine geschickte Idee – Schwarzgeld wird von niemandem gesucht. Aber Evan lässt sich nicht unterkriegen, er sinnt auch ein Entkommen und Scharfschützen, Wachleute und Killer sollen ihn nicht aufhalten. Jeder Tag in Gefangenschaft ist eine Tortur, aber Evan kämpft!
Ein unglaublich rasanter Plot. Wann immer ich dachte, jetzt hat er kein Mittel zur Gegenwehr mehr, findet er einen Müllbeutel, einen Serviettenring oder ähnliches, was er zu tödlichen Waffen umsetzt. (McGyver lässt grüßen) Es gab kaum eine Verschnaufpause und der Ideenreichtum des Autors ist gewaltig. Ein fulminanter Einfall jagt den nächsten. Zwar hätte ich mir weniger Kampfszenen und mehr Hintergrund gewünscht, aber trotzdem ist die Geschichte rund aufgebaut. Lediglich der Mittelteil mit den tagelangen Ausbruchsversuchen hat Längen, auch wenn er jedes Mal eine neue List ersinnt, wiederholt sich die Konstellation dann doch. Das Buch ist ein routinierter, fesselnd zu lesender Thriller, der direkt nach einer Verfilmung schreit.

Veröffentlicht am 30.06.2017

Geschichten, die berühren

Liebe wird überschätzt
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„Liebe wird überschätzt“ lautet der Titel der Erzählungen von Valeria Parrella. Es ist ein schmales Buch, grade mal rund 140 Seiten und 8 Geschichten lang. Aber jede dieser Geschichten hat es in sich. ...

„Liebe wird überschätzt“ lautet der Titel der Erzählungen von Valeria Parrella. Es ist ein schmales Buch, grade mal rund 140 Seiten und 8 Geschichten lang. Aber jede dieser Geschichten hat es in sich. Sie erzählen aus ganz unterschiedlichen Sichtweisen von der Liebe zum Partner – zum Kind – zu Gott. Jede dieser Erzählungen ist ganz eigenständig und nicht jede hat mich gleich angesprochen, aber in jeder Geschichte bewunderte ich die Präzision, mit der Autorin ihre Figuren zeichnet. Sie kehrt wirklich schonungslos das Innerste nach außen. Das kühle, fast ein wenig emotionslose Sprache fordert den Leser, aber ich konnte mich sehr gut darauf einlassen. wobei mir die Titelschichte und die „Die Ausgesetzten“ am besten gefallen haben.
Mein Fazit daraus ist allerdings das Gegenteil des Titels, Liebe wird nie überschätzt, man muss sie nur erkennen.
Leider hat mich das Titelbild nicht überzeugt, auch nach längerer Betrachtung bleibt es für mich nichtssagend.